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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Augenheilkunde oder HNO?



ali1907
29.10.2023, 17:19
Liebe Alle,
ich muss in der nächsten Zeit mein Wahlfach fürs PJ wählen und bin diesbezüglich unentschlossen zwischen der Augenheilkunde und der HNO.
Sind hier Leute aus den Fachbereichen unterwegs und könnten mir berichten, was euch an eurem Fach besonders gefällt und was euch stört. Eventuell könnte mir das bei der Entscheidung weiterhelfen.
Etwas zu mir: Ich habe in der Augenheilkunde bereits famuliert und bin absolut begeistert vom operativen Teil. Der restliche Klinikalltag (Nicht-Universitär) war für mich jedoch eher langweilig.
Mit der HNO hatte ich bisher nur in unserem Uni-Blockpraktikum Berührungspunkte. Da hat mir das Fach ganz gut gefallen. Mir gefällt der Mix aus operativer und konservativer Medizin.
Ich bin für jede Antwort dankbar,
Liebe Grüße ㅤᵕ̈

Feuerblick
29.10.2023, 17:20
Wenn dir an der Augenheilkunde nur der operative Teil gefällt, solltest du dieses Fach ausschließen. Denn weder im PJ noch in der Weiterbildung wirst du ernsthaft operieren dürfen.

Endoplasmatisches Reticulum
29.10.2023, 17:51
HNO ist relativ große Chirurgie, das wird oft unterschätzt. Rotz und Sabber mit Tumorsuppe drin ist zudem eine ganz besonders erlesene Art von Körperfluid, das sollte einem bewusst sein. Ich hatte nie Probleme mit Stuhl, Wunden, Urin oder Erbrochenem. Aber mit den Ausdünstungen von Trachealkanülen und Nasenschleim habe ich mich doch etwas schwer getan.

Ansonsten ist das Fach sehr vielseitig durch den Schlaf-, Schwindel-, und Allergologiekomplex, plastische OPs gehen auch. Wie überall kommt man an das lukrative Zeugs wie Rhinoplastiken aber nicht ran, das wird gut protegiert. Ob das jetzt jeweils Bereiche sind, die man als spannend empfindet, muss man natürlich wiederum für sich selbst entscheiden. Schwindelpatienten im Speziellen sind oft schwierig - chronische Verläufe mit viel Frust und sehr hohem Leidensdruck, Bergen an Vorbefunden und keiner konnte helfen. Ähnliches gilt für Tinnitus, wobei die eher in der Akutphase stationär sind. Stellenlage ist katastrophal. Wenige Kliniken, bei Unzufriedenheit winkt oft der Standortwechsel. Dadurch auch eher miese Arbeitsbedingungen, weil Arbeitsmarkt sehr arbeitgeberfreundlich.

Es ist ein schönes Fach, aber sehr speziell. Muss man mögen.

anignu
29.10.2023, 23:40
HNO ist relativ große Chirurgie, das wird oft unterschätzt.
Naja... HNO ist genauso wie andere chirurgische Fächer. Wieviel Prozent der Viszeralchirurgen machen die ganz große Tumorchirurgie? Wieviel Prozent der Gefäßchirurgen fenestrierte TEVARs oder FEVARs? Wieviel Prozent der Neurochirurgen die komplexen Hirntumoren?

Die Meisten machen die häufigen Eingriffe, manche eben mehr. Wie in jedem chirurgischen Fach kann man sich überlegen bis zu welchem Niveau man gelangen will und entsprechend seine Stelle auswählen...

Mazungu
30.10.2023, 20:19
Mich würde das Argument, dass man während der WB an die Chirurgie nicht dran kommt, bei der Auswahl der Beschäftifung für die nächsten 40-50 Jahre nicht stören.:) Augenheikkunde ist eine schöne Mischung aus den konservativen und operativen Tätigkeiten. Da ist alles drin: Okuloplastik, Orbitachirurgie, Neuro-Ophthalmologie, Netzhautchirurgie, Kinderaugenheilkunde, Onko-Ophthalmologie.. Tätigkeit in den Tropen ist sehr beliebt auch (und bringt die Befriedigung mit, die in den Praxen und Kliniken fehlen kann). Staarstechen sowieso - Brot und Butter. Niederlassungsmöglichkeit ist mit dabei.
Und auch als rein konservativer Augenarzt kannst du ambulant sehr gut verdienen (150+).

Wichtig: an meiner Uni in Diensten konnte ich als Assistenzarzt so ca. um 1:00 in der Nacht fast immer schlafen gehen. Während die KollegInnen aus der HNO weiter mit noch einer Schlange von Patienten in der Notaufnahme arbeiten durften. Sie taten mir immer Leid, wenn ich meine Notaufnahmeliste mit deren vergliechen hatte.

Feuerblick
30.10.2023, 20:34
Hmmm… kann ich leider von meiner letzten Uni-Stelle so nicht bestätigen. Da wir keinen Rufdienst für Konsile mehr hatten und außerdem die Augen-Notfälle über die ZNA kamen, waren die Dienste oftmals auch nachts noch ätzend. Weniger ätzend als in anderen Fachrichtungen, keine Frage, aber Nächte mit wirklich Schlaf waren nicht ganz so häufig. Man musste halt nicht selten etwa einmal pro Stunde raus. Hilft dann auch wenig, dass man den Notfall in aller Regel in zehn Minuten abgearbeitet hat. Wach ist man dann trotzdem.
Mir persönlich hat der chirurgische Teil nie gefehlt, aber wer von vornherein den konservativen Teil schon in der Famulatur (wo man ja eigentlich noch mit großen Augen staunt) blöd fand, der sollte es sich gut überlegen mit dem PJ. Gerade weil HNO vermutlich kompetitiver sein dürfte und die Kontakte aus dem PJ nicht unterschätzt werden sollten.