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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ernährungsberatung als Heilpraktiker - Nachteil im Lebenslauf als Arzt??



oatmilk
22.11.2023, 10:05
Hallo ihr Lieben :),

Ich hoffe, das Thema passt hier in dieses Forum - ich würde mich wirklich sehr über eure Einschätzung freuen!

Neben dem Medi-Studium arbeite ich selbstständig als Ernährungsberaterin. Eine entsprechende Ausbildung habe ich vor dem Studium gemacht.
Ich habe noch einige Zeit im Studium vor mir und hatte eine fixe Idee, die mich irgendwie nicht loslässt:
Mit Heilpraktiker-Zulassung dürfte ich meinen Kunden selber Blut abnehmen und so selbst den Versorgungsstatus erheben. Das würde meine Arbeit erleichtern und meinen Kunden so einiges an hin- und her rennen ersparen.
Grundsätzlich stehe ich aber dem ganzen Heilpraktikertum ziemlich skeptisch gegenüber, habe auch mit "Alternativmedizin" nicht viel am Hut, würde das also wirklich nur für das Labor nutzen wollen!!

Zeitlicher und Finanzieller Aufwand sind mir bewusst. Mich interessiert jetzt gerade lediglich Folgendes:

Meint ihr, es wäre ein Nachteil bei späteren Bewerbungen als Arzt, wenn ich in meinem Lebenslauf mal Heilpraktikerin gewesen bin? Soweit ich das in meiner Google-Recherche verstanden habe, müsste ich mich ja so bezeichnen, auch wenn die Ausübung sich auf die Blutabnahme in der Ernährungsberatung beschränkt?!
(Dass man den Titel mit Approbation dann nicht mehr tragen darf, ist mir klar - hätte ich auch nicht vor)

Danke für eure Antworten :))

JJ*
22.11.2023, 12:10
Mal ganz unabhängig von allen anderen möglichen Fragen/Gedanken/Meinungen zum Thema: wer zwingt dich denn, diese Tätigkeit in einem späteren Lebenslauf anzugeben? :-nix

davo
22.11.2023, 15:08
Ich versteh das Problem auch nicht so ganz.

Ernährungsberaterin ist kein geschützter Begriff, also kann sich jeder so nennen. Niemand muss also wissen, dass du mal Heilpraktikerin warst. Wenn du es nicht in den Lebenslauf reinschreibst, sondern einfach eine Tätigkeit als Ernährungsberaterin nennst, wird das auch niemand vermuten.

Teevee
23.11.2023, 13:35
Abgesehen vom Thema: echt? Heilpraktiker dürfen Blut abnehmen? Oh weh

davo
23.11.2023, 13:44
Das Blutabnehmen ist ja echt keine große Kunst. Und besonders gefährlich ist es auch nicht. Machen in den USA aus gutem Grund niedrigqualifizierte Hilfskräfte.

Das eigentlich Erschütternde ist, dass Heilpraktiker behandeln dürfen!

Teevee
23.11.2023, 13:52
Ja eben. Es geht mir nicht um das Blut abnehmen an sich, das ist ja keine wilde Sache. Aber darum, dass dann offensichtlich Heilpraktiker Laboruntersuchungen veranlassen und daraus irgendwelche Konsequenzen ziehen dürfen..

JJ*
23.11.2023, 14:07
Darum habe ich explizit "unabhängig von allen anderen Gedanken zum Thema" geschrieben ;-)
Der Threaderstellerin geht es ja anscheinend primär um den Ausgleich diätetisch bedingter Mängel. Von dem Thema habe ich absolut keine Ahnung und in meinem Kopf ist auch der ganze Komplex "Ernährungsberatung / Ernährungsmedizin" latent schwurbelig aufgeladen, aber sei es drum. Auch im Rahmen (ärztlich) begleiteter Diätprogramme erfolgt ja durchaus eine entsprechende Diagnostik.

rafiki
23.11.2023, 14:39
habe ich absolut keine Ahnung und in meinem Kopf ist auch der ganze Komplex "Ernährungsberatung / Ernährungsmedizin" latent schwurbelig aufgeladen,

Da solltest du mal in deinem Kopf aufräumen. Ernährungsmedizin ist ein extrem wichtiges und komplexes fachübergreifendes Thema, wurde inzwischen als Zusatzbezeichnung von den ÄK stark aufgewertet mit entsprechend schwieriger Prüfung am Ende mit einer Menge Biochemie u. a. Wissen. Wird übrigens in Zukunft sehr stark abrechnungsrelevant werden.

@TE: HP später nicht erwähnen, versteht sich von selbst?

Evil
23.11.2023, 16:15
Da solltest du mal in deinem Kopf aufräumen. Ernährungsmedizin ist ein extrem wichtiges und komplexes fachübergreifendes Thema, wurde inzwischen als Zusatzbezeichnung von den ÄK stark aufgewertet mit entsprechend schwieriger Prüfung am Ende mit einer Menge Biochemie u. a. Wissen. Wird übrigens in Zukunft sehr stark abrechnungsrelevant werden.
Du hast sowas früher schonmal geschrieben, schuldest uns aber noch Quellen für Deine Behauptung :-))

JJ*
23.11.2023, 17:54
wurde inzwischen als Zusatzbezeichnung von den ÄK stark aufgewertet
Von den selben Ärztekammern, bei denen ich mich bis vor Kurzem (und teilweise heute noch) im Rahmen der ZB Homöopathie in Zaubermedizin und heute noch im Rahmen der ZB Naturheilkunde in Schröpfen, Ausleiten und (da sind sie ja wieder) den speziellen Eigenschaften potenzierter Arzneimittel prüfen lassen durfte? :-oopss

Ich bin für Evidenz durchaus offen, aber die Tatsache, dass es eine eigene ZB gibt würde ich eher nicht als zwingendes Argument für Relevanz und Wissenschaftlichkeit zählen.

rafiki
23.11.2023, 18:30
@Evil: Einem Akademiker sollte schon ein wenig eigenes Informationsmanagement und selbstständiger Denkeinsatz möglich sein. :-peng

ehem-user-04-01-2024-1151
23.11.2023, 20:47
Heilpraktiker dürfen mit Ausnahme von meldepflichtigen Infektionskrankheiten extrem viel behandeln und haben da eine sehr große Therapiefreiheit, unabhängig von Leitlinien. Vor allem die Tatsache, dass viele Heilpraktiker auch Krebserkrankungen mit mehr als fragwürdigen Methoden behandeln dürfen, halte ich für gefährlich. Meine Schwester hat vor ihrem Studium den HP-Schein gemacht. Es gibt für HP KEINE vorgeschriebene Berufsausbildung sondern lediglich eine Überprüfung vor dem Gesundheitsamt, dass man keine Gefahr für Patienten darstellt (da das HP-Gesetz von 1939 stammt heißt es wörtlich: „keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt“). Die Überprüfung befasst sich AUSSCHLIESSLICH mit „schulmedizinischen“ Inhalten. Also genau wie die Inhalte in unserem Studium, natürlich weniger ausführlich. Die Methoden der HP werden NICHT geprüft. Das wissen viele nicht. Da es keine „Heilpraktikerausbildung“ gibt, sondern nur vorbereitende, nicht vorgeschriebene Kurse für die Überprüfung, kann man das relativ leicht verheimlichen. Meine Schwester ist Physiotherapeutin und kann durch den HP-Schein gewisse Leistungen ohne ärztliche Verordnung selbst anbieten. Das machen viele Heilmittelerbringer so, auch Ernährungsberater können diesen Schritt gehen

anignu
24.11.2023, 23:09
Du hast sowas früher schonmal geschrieben, schuldest uns aber noch Quellen für Deine Behauptung :-))
Ich kann zur Abrechnungsrelevanz nicht viel sagen, aber ich weiß dass es für die Zertifizierung eines Darmzentrums nach den Kriterien der DKG wichtig ist eine Ernährungsberatung zu haben.
https://www.krebsgesellschaft.de/zertdokumente.html dann auf https://www.krebsgesellschaft.de/zertdokumente.html?file=files/dkg/deutsche-krebsgesellschaft/content/pdf/Zertifizierung/Erhebungs-und-Kennzahlenboegen/eb_dz-M1_221202.docx&cid=106383 und hier der Punkt 1.9

Und wollen wir nicht alle irgendwie zertifiziert sein?

Reflex
25.11.2023, 06:23
Abrechnungstechnisch hat es im niedergelassenen Bereich keine Relevanz, weil es unter der jeweiligen Beratungs-/Gesprächsziffer abgerechnet wird. Wir kooperieren mit dem hiesigen Adipositaszentrum. Die müssen Ernährungsberatung als Teil der Behandlung natürlich schon alleine konzeptionell anbieten. Die leitende Kollegin hat dementsprechend auch die ZB gemacht. Aber das hat für für die Abteilung eben primär inhaltliche und weniger besondere abrechnungstechnische Gründe. Auch, dass die Ausbildung/Prüfung so besonders aufwendig und wertvoll sei, wie Rafiki es hier kolportiert, konnte sie jetzt nicht so nachvollziehen. Und wenn man sich bei uns das Curriculum der Akademie der Ärztekammer anschaut, ist es eben eine inhaltliche Zusammenfassung der ernährungsmedizinischen Aspekte aus allen Bereichen der Medizin. Die Prüfung hat sie nicht als besonders schwieriger empfunden. Mit 100h Theorie und 120h Fallseminar oder 6 Monate Weiterbildungszeit sehe ich auch nicht so sehr den größeren zeitlichen Aufwand im Vergleich zu anderen ZB.

Rein inhaltlich wäre es zu begrüßen, dass Ernährungsmedizin umfänglich einen höheren Stellenwert hätte. Aber selbst mit der ZB ist der meiner Erfahrung nach weiterhin nicht gegeben. Außer für die Zertifizierung bestimmter Fachabteilung gibt es monetär gesehen derzeit auch keine Anreize dafür.

Jan1705
25.11.2023, 08:09
Ich denke es ist kein Nachteil, wahrscheinlich interessiert es auch keinen. Nach dem Studium ist eh alles auf Anfang. Aber wenn man etwas hat was einem neben dem Studium Spaß macht dann ist doch super... ich hab nebenbei im Rettungsdienst gearbeitet, das war super, aber ehrlicherweise ist der Vorsprung in der FA WB dann irgendwann auch von den Kollegen eingeholt und man geht darüber hinweg....

Nefazodon
25.11.2023, 11:51
Du hast sowas früher schonmal geschrieben, schuldest uns aber noch Quellen für Deine Behauptung


@Evil: Einem Akademiker sollte schon ein wenig eigenes Informationsmanagement und selbstständiger Denkeinsatz möglich sein. :-peng

Auch wenn es hier ein bisschen OT ist, rafiki, möchte ich unsere Diskussion zwischen Dir, Evil und mir, an dieser Stelle kurz weiterführen mit drei Quellen:




Eine ausgewogene Ernährung liefert in der Regel ausreichend Nährstoffe.
Es gibt nur wenige Personengruppen, für die eine Nahrungsergänzung als sinnvoll gilt.
Wer ein Nahrungsergänzungsmittel einnehmen möchte, sollte sich vor dem Kauf klar machen wozu und sich gut informieren.

(...)

Produktvielfalt mit häufig fraglichem Nutzen

Auch wenn nur in bestimmten Fällen eine gezielte Ergänzung der Nahrung mit einzelnen Nährstoffen sinnvoll ist, wächst das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln beständig. So gibt es zum Beispiel unzählige Produkte „für Männer“, „für Mamas“ oder „für Best-Ager“, deren Zusammensetzung ganz unterschiedlich ausfällt. Oder es werden die Rubriken „für die Haare“, „fürs Immunsystem“ oder „für die schlanke Linie“ bedient. Diese Sortierungen heißen weder, dass alle Männer, Mamas oder Best-Ager die betreffenden Produkte brauchen, noch dass ein Präparat die schlanke Linie förden oder zum Beispiel Erkältungen vorbeugen kann. Denn Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel. Ihre Wirkung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden kann deshalb nicht über das hinausgehen, was etwa Obst und Gemüse, Vollkornbrot oder andere Lebensmittel auch leisten. Werbeaussagen zur Vorbeugung oder Linderung von Krankheiten sind für sie per se verboten. Angaben zur Gewichtsreduktion sind streng reglementiert und nur erlaubt, wenn diese zugelassen sind. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten daher immer sehr genau lesen, was alles auf der Packung steht

Quelle: Bundeszentrum für Ernährung
https://www.bzfe.de/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/fuer-wen-sind-nahrungsergaenzungsmittel-sinnvoll/



Das Wichtigste in Kürze:

Gesundheitsbezogene Aussagen für Nahrungsergänzungsmittel müssen wissenschaftlich geprüft und von der EU zugelassen sein. Die Prüfung zahlreicher Aussagen zu Pflanzenprodukten ist jedoch noch nicht veröffentlicht.
Gesundheitsbezogene Aussagen dürfen keine Heilung von Krankheiten versprechen oder den Eindruck erwecken, dass herkömmliche Lebensmittel zur Nährstoffversorgung nicht ausreichen.
Seien Sie bei unrealistischen Erfolgsversprechen und vor allem bei Verkauf über das Internet, Postwurfsendung oder Direktvertrieb misstrauisch.
Fragen Sie vor dem Kauf in der Arztpraxis Ihres Vertrauens, in der Apotheke oder bei der Verbraucherzentrale, wie seriös die Werbeversprechen sind.

Quelle: Verbraucherzentrale
https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/projekt-klartext-nahrungsergaenzung/informationen/rechtliches/werbung-mit-gesundheit-meist-zu-viel-versprochen-13245



Hohe Vitamin-D-Supplementierung fördert Stürze bei älteren Menschen

Fazit: Der Nutzen einer regelmäßigen längeren Einnahme von Vitamin-D-Präparaten bei älteren, nicht hospitalisierten Menschen ohne ausgeprägten Vitamin-D-Mangel muss in Frage gestellt werden. Insbesondere eine hohe Supplementierung (> 800-1000 IE/d) scheint das Sturz- und Frakturrisiko zu erhöhen und hat wahrscheinlich ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis (vgl. 12). Kürzlich hatten wir auch darüber berichtet, dass Messungen von 25(OH)D bei gesunden Frauen nach der Menopause, die sich normal ernähren und außerhalb des Hauses bewegen, überflüssig sind (13)
Quelle: Der Arzneimittelbrief
https://der-arzneimittelbrief.com/?post-year=2016&post-page=43

(Hervorhebung in Fett durch mich)

Also, bezogen auf das ganze Thema Ernährungsmedizin ist eine *kritische* Haltung sehr wohl angebracht und jedem angeraten.

Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein (Beispiel: positive Effekte von Nahrungsergänzungsmitteln oder Vitamin-Supplementation) dann ist es das meist auch.

Aber die Menschen *wollen* daran glauben. Denn sie wollen etwas tun. Mundus vult decipi.

Die ZB Ernährungsmedizin kann ich inhaltlich nicht beurteilen. Ich interessiere mich zwar dafür, bin aber bisher nicht dazu gekommen, den Kurs zu absolvieren.
Eine entsprechende Wissensvermittlung über gesicherte Fakten halte ich aber prinzipiell für sinnvoll.

An den TE: Wenn die Beratung auf Fakten beruht und nicht auf falschen bzw. leeren bzw. nicht belegten Versprechungen spricht aus meiner Sicht auch nichts dagegen, den Menschen Ernährungsberatung anzubieten.
Man muss denke ich, da aber sehr vorsichtig sein, dass man nicht (selbst) auf falsche Versprechungen reinfällt.

Insbesondere z.B. zu Vitamin D gibt es zig Studien wofür es angeblich gut sein soll. Nur ist die Datenlage oft widersprüchlich. Und oft können positive Effekte in (größeren) Kontrollstudien nicht repliziert werden.

Das mit der Ernährungsberatung würde ich in meinem Lebenslauf später reinschreiben, das detaillierte rechtliche Konstrukt dazu, mit Heilpraktiker etc. nicht....

Kandra
25.11.2023, 12:59
Ernährungsberatung hat in der Pädiatrie einen hohen Stellenwert, angefangen bei (beginnenden) Fütterstörungen über Zöliakie, CEDs, Obstipation, Mukoviszidose etc. pp. bis hin zur allgegenwärtigen Adipositas. Wie alles was mit sprechender Medizin zu tun hat wird es halt leider finanziell nicht honoriert. Gute ErnährungsberaterInnen sind Gold wert.

Nefazodon
25.11.2023, 13:06
@Kandra: Ich denke, wir sind uns einig, dass gute Ernährungsberatung Gold wert ist.

Nur *kann* die Grenze zur nicht-evidenzbasierten Lifestylemedizin auch schnell fließend sein.
Es kommt immer auf den Kontext an.

Evil
25.11.2023, 17:05
@Evil: Einem Akademiker sollte schon ein wenig eigenes Informationsmanagement und selbstständiger Denkeinsatz möglich sein. :-peng
Gute Ausrede für alle, die entweder zu faul sind, ihre Behauptungen zu belegen, oder keine Belege haben.
Warum soll ich mir die Mühe machen, Belege für Deine Aussagen zu suchen?
Im seriösen Wissenschaftsbereich ist eigentlich anderes üblich...

Also, kommt da noch was von Dir?