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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Umgang mit alternativen Heilmethoden



susi323
10.01.2024, 10:23
Herzlich willkommen in der Runde! :-)
Ich habe diesen Thread eröffnet aus Neugier bezüglich eurer Haltung zu alternativen Heilmethoden im Rahmen der modernen Medizin. Aus meiner subjektiven Wahrnehmung scheint es, dass Ansätze wie die chinesische Medizin, Naturheilkunde oder sogar die Frequenztherapie mitunter zu restriktiv betrachtet werden, anstatt als zusätzliche Optionen in Erwägung gezogen zu werden. Wie seht ihr das? Ich freue mich auf eure Meinungen und bitte darum, sich freundlich auszutauschen. Gerne anekdotisch, gerne evident.
Herzlichst

davo
10.01.2024, 15:40
Man kann diese Dinge nicht in einen Topf werfen.

Für viele Aspekte der klassischen Naturheilkunde gibt es ja Evidenz, und eigentlich sind Phytotherapie, Ordnungstherapie, Ernährungstherapie und Bewegungstherapie ja voll und ganz Teil des medizinischen Mainstreams (auch wenn fast niemand den Begriff der Ordnungstherapie verwenden würde). Bei der Hydro-, Balneo-, Thermo- und Klimatherapie ist das vielleicht weniger der Fall, aber auch da gibts ja für einzelne Bestandteile Evidenz.

Die chinesische Medizin ist sehr vielfältig, führt immer wieder zu versehentlichen Intoxikationen, kann manchmal wirken, ist manchmal Humbug. Auch das ist also wieder viel zu vielfältig, um alles in einen Topf zu werfen.

Und die Frequenztherapie... nun gut, dazu muss man eigentlich nichts weiter sagen :-))

Jene Anteile der klassischen Naturheilkunde, für die es Evidenz gibt, sollte man natürlich in den Behandlungsalltag integrieren. Aber das stellt ja glaub ich auch niemand in Frage, und ist ohnehin bei den meisten Hausärzten, Internisten, Psychiatern, etc., Alltag, auch wenn die meisten wahrscheinlich nicht dieses Label verwenden würden.

Ich würde die klassische Naturheilkunde auch definitiv nicht als alternative Heilmethode bezeichnen. Das würde ihr Unrecht tun.

rafiki
10.01.2024, 19:09
Ich nutze sehr oft Elemente der Kneipp`schen Prinzipien, besonders Ordnungstherapie (z. B. Tagesrhythmen, Schlafhygiene), Ernährungstherapie (insbes. hinsichtlich Mikronährstoffmängel, speziell Cobalamin, Folat), Hydrotherapie (Wassertreten, Wechselduschen, spezielle Möglichkeiten bei Schlafstörungen) und Bewegung sowieso. Damit kann man eine Menge an Psychopharmaka u. a. einsparen. Das erfordert natürlich hohe Mitarbeitsbereitschaft der Patienten, die je nach Milieu sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.

Vieles der Naturheilverfahren ist nicht evidenzbasiert, weil es nie gezielt untersucht wurde. Heilkunde ist immer auch Erfahrungswissen. Praktische Medizin ist nur zum Teil Wissenschaft im engeren Sinne, was manche Ärzte gerne negieren.

ProximaCentauri
13.01.2024, 18:43
Hängt ganz von der Art der Therapie ab. Machts irgendwo Sinn, ists sogar irgendwie evidenzbasiert, oder schädigt zumindest nicht? Dann gerne her damit. Gibt aber auch einfach massiven Humbug, und wenn man ein paar Leute gesehen hat, die von Alternativmedizinern quasi umgebracht wurden, hält sich da dann die Zusammenarbeitsbereitschaft in Grenzen. Ich mag über solche Dinge - gerade nach der Pandemie - auch nicht mehr diskutieren.

Liselotte1
09.02.2024, 10:24
Hallo Susi, meinem Empfinden nach hängt das total von der Art des Patienten ab.
Meiner Meinung nach darf man nicht unterschätzen, welche Auswirkung die eigenen Glaubensansätze auf die Art und Weise haben können, ob und wie etwas wirkt. Einige meiner Patienten sind sehr rational, wie auch ich. Denen empfehle ich beispielsweise bei innerer Unruhe Ashwagandha, da das bewährt ist. Andere meiner Patienten sind immer auf der Suche nach weiteren Heilungsmethoden, insbesondere wenn sie teilweise 'austherapiert' sind. Dann erwähne ich auch die Frequenztherapie nach Broers (Informationen dazu beziehe ich von der Seite von Dr. Fleckenstein). Ich kenne persönlich Menschen, denen es geholfen hat. Meinem eigenen Verständnis entzieht sich das ebenfalls, aber das gesellschaftliche Interesse scheint (in manchen Kreisen jedenfalls) vorhanden zu sein. So gibt es neben dem Befeldungsgerät nach Broers ja mittlerweile Geräte wie den Healy. Das Befeldungsgerät nach Broers ist immerhin ein zertifiziertes Medizinprodukt, deshalb würde ich immer eher darauf verweisen. Stimme insgesamt ProximaCentauri zu. Man muss genau abwägen und vor allem darauf achten, dass es nichts verschlimmern kann.

Espressa
10.02.2024, 18:52
Bei mir wurde neulich eine Patientin vorgestellt; alt, dement, lebt im Heim. Hatte ein Entropium am Oberlid, für das die einzig sinnvolle Therapie die chirurgische Korrektur ist. Sie will aber keinesfalls operiert werden, bräuchte mangels compliance eh auch Narkose… es kratzt und stört sie zwar, aber der Reizzustand war überraschend gering, die Hornhaut in Ordnung. So sind wir so verblieben, dass es weiterhin so bleiben kann - hat sie schon seit Jahren.
Dann rief die Tochter an (die Patientin war mit einem Betreuer aus dem Heim da), der erklärte ich das genau so. Da erzählte sie mir, dass es ja früher alles besser war, als sie ihre Mutter selbst gepflegt hatte, weil sie mit ihr immer zu einer Heilpraktikerin ging, die sie „immer gut hinbekommen hatte“ mit irgendwelchen Globuli.
Das hat mich schon dezent geärgert, wenn zu einer Zeit, zu der eine OP vielleicht noch eher akzeptiert worden wäre, irgendwelche Heilpraktiker konsultiert wurden, die die Leute im Glauben ließen, „eh eine Behandlung durchzuführen“.
Am Ende ist jeder seines Glückes Schmied; aber immer Mist wenn es einer richtigen Behandlung im Wege steht.

Relaxometrie
11.02.2024, 11:58
Da erzählte sie mir, dass es ja früher alles besser war, als sie ihre Mutter selbst gepflegt hatte, weil sie mit ihr immer zu einer Heilpraktikerin ging, die sie „immer gut hinbekommen hatte“ mit irgendwelchen Globuli.
Es steht der Tochter doch frei, die Mutter weiterhin zum Globuli-Heini zu schleifen. Warum beschwert sie sich bei Dir, dass früher alles besser war. Dämlich.

Espressa
16.02.2024, 17:03
Es steht der Tochter doch frei, die Mutter weiterhin zum Globuli-Heini zu schleifen. Warum beschwert sie sich bei Dir, dass früher alles besser war. Dämlich.
Gemeint war eher, dass es einfacher war als ihre Mutter noch bei ihr lebte. Jetzt im Heim sind Arztbesuche schon ein großer Aufwand; Transportdienst, Rollstuhl etc.
Aber ich denke genau so entsteht oft der eigentliche Schaden, weil richtige Therapie ausbleibt. Die Leute „tun“ ja etwas, fühlen sich nicht schuldig etwas zu unterlassen. Und unterlassen das sinnvolle eben doch.

Ich hatte in der Klinik früher auch immer mal Patienten die fragten, ob sie Arnika-Globuli nehmen können, um die postoperative Schwellung gering zu halten. Das war mir an sich recht; sie waren da für die echte Therapie, und wenn sie dadurch glaubten dass es besser heilt, warum nicht.