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Umzugskarton
04.02.2024, 15:11
Liebes Forum,

ich bin leider aus eigener Naivität, falschen Versprechungen und gut gemeinten Ratschlägen aus meinem Umfeld in die klassische Uniklinik Chirurgie Falle getappt.
Ich bin nun ca. 5 Monate dabei und es ist ein absoluter Albtraum. Ich arbeite mindestens 12 Stunden am Tag, sehr oft auch länger. Tage an denen ich vor 19 Uhr draußen war kann ich an einer Hand abzählen. Hinzu kommen mindestens 2 Wochenenden im Monat. 24h Dienste mache ich ca. 4 im Monat, was an sich ja okay ist nur leider sind es immer mindestens 28 bis 30h Dienste in denen selten geschlafen wird. Ich brauch euch ja nicht zu erklären wie man sich fühlt nachdem man 30h ohne Pause durchgearbeitet hat…
Ich bin unfassbar unglücklich mit der Situation. Die Arbeit an sich ist auch nicht sonderlich prickelnd. Es ist extrem stressig, ich mache fast nie Pausen und trotz der langen Arbeitszeiten wird die Arbeit eigentlich nie fertig. Dementsprechend gehe ich auch meistens mit einer schlechten Laune nach Hause und verbringen die letzten 2 Stunden des Tages damit mir völlig fertig noch was zu Essen zu machen oder Wäsche zu waschen. Für Sport, Freizeit oder sonstige privaten Interessen bleibt absolut keine Zeit.
Ach ja, ich mach natürlich ausschließlich Stationsarbeit. War bisher nur ein paar mal im Dienst im OP und 2-3 mal in der „regulären“ Arbeitszeit. Und jedes mal war es das schlimmste Ereignis des Tages. Es wird nichts erklärt, man ist nur Hakenhalter und wird auch noch angemault wenn man nicht aktiv genug ist. Man wird aber auch angemault wenn man zu aktiv ist oder Gott bewahre mal den Sauger selbständig in die Hand nimmt. Die OPs sind ausnahmslos extrem lange und hochkomplex. Mindestdauer 6h, teilweise auch bis zu 12h.
Auch die älteren Assis dürfen nichts selbständig machen. Wenn sie genug betteln dürfen die mal Bauch auf und zu machen, ansonsten auch nur Haken halten.
Ich war eigentlich extrem überzeugt von der Wahl der Fachrichtung, bin aber momentan schwer enttäuscht und denke praktisch jeden Tag daran zu kündigen.
Das naheliegende nun wäre noch vor Ablauf der Probezeit zu kündigen und an ein kleines Haus zu gehen, wo es bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Ausbildung gibt. Stimmen aus meinem Umfeld behaupten aber dass die beschriebenen Zustände in der Medizin normal sind („bei mir war es damals noch schlimmer bla bla…“) und an einem kleinen Haus das allgemeine medizinische Niveau niedriger wäre und ich dort kein guter Arzt werden würde. Was halter ihr von solchen Aussagen?

Auf der anderen Seite bin ich auch am überlegen ob ich nicht einfach nicht für die Viszeralchirurgie gemacht bin und nicht bereit bin dafür genug aufzugeben.
Ein komplett konservatives Fach kann ich mir aber nicht wirklich vorstellen. Alternativen wären Uro, Ortho oder Gefäßchirurgie. Da wären die Möglichkeiten der Niederlassung zwar besser allerdings interessieren mich rein medizinisch diese Fächer deutlich weniger.
Wie sieht es dort mit der Arbeitsbelastung aus?
Wenn es mehr oder weniger auf die gleichen Arbeitszeiten hinausläuft wäre das für mich kein guter trade-off.

Hoffe ihr könnt mir mit euren Erfahrungen und Ratschlägen etwas weiterhelfen.

Grüße

Lakemond
04.02.2024, 15:38
Und warum gehst du nicht direkt nach der Übergabe nach dem Dienst nach Hause? Fesseln sie dich an oder wie läuft es?

Nefazodon
04.02.2024, 15:42
Stimmen aus meinem Umfeld behaupten aber dass die beschriebenen Zustände in der Medizin normal sind („bei mir war es damals noch schlimmer bla bla…“) und an einem kleinen Haus das allgemeine medizinische Niveau niedriger wäre und ich dort kein guter Arzt werden würde. Was halter ihr von solchen Aussagen?

Das ist Unsinn!

Außerdem sagst Du es ja selbst: Da wo Du jetzt bist, bekommst Du auch keine gute Ausbildung, sondern darfst nur Haken und Mund halten.

Du solltest dich fragen, ob Du deine Karriere- und deine Lebensplanung wirklich von der Meinung deines Umfelds abhängig machen solltest, wenn Du selbst merkst, dass es so wie es jetzt ist, schlecht für dich ist.

Deine genaue Situation kann ich von hier aus nicht beurteilen, deswegen sind Ratschläge immer mit Vorsicht zu genießen, aber für mich *klingt* alles danach, als solltest Du es zunächst einmal an einem kleineren Haus versuchen....

Edit:


24h Dienste mache ich ca. 4 im Monat, was an sich ja okay ist nur leider sind es immer mindestens 28 bis 30h Dienste in denen selten geschlafen wird. Ich brauch euch ja nicht zu erklären wie man sich fühlt nachdem man 30h ohne Pause durchgearbeitet hat…

Und *DAS* ist definitiv nicht normal....

Würde ja bedeuten, dass Du nach einem 24h Dienst noch 6 Stunden !!!! da bleibst!
Wie kommst Du dazu??? Das ist Wahnsinn

Umzugskarton
04.02.2024, 15:49
Naja es wird einfach von einem erwartet, dass man noch die Visite mitmacht und bei 1-2 Sachen unterstützt bevor man geht.
Ältere Assis werden manchmal sogar für OPs im Regelprogramm nach dem Dienst eingetragen.

Nefazodon
04.02.2024, 15:53
Ältere Assis werden manchmal sogar für OPs im Regelprogramm nach dem Dienst eingetragen.

Ist doch ein Traum, da ist der Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz und sämtliche gesetzlichen Ruhezeiten gut dokumentiert....!


Naja es wird einfach von einem erwartet, dass man noch die Visite mitmacht und bei 1-2 Sachen unterstützt bevor man geht.

Und wie führen 1-2 Sachen zu 6 Stunden Mehrarbeit?

][truba][
04.02.2024, 16:10
Naja, da sollte die Entscheidung schon klar sein. Solche Strukturen gibt es an einigen Unis und manche Kollegen können sich das auch über Jahre antun und kommen dann nach mehreren Jahren auch zum operieren. Das ist aber nicht für jeden was und das ist auch gar nicht schlimm. Für dich scheint es nichts zu sein, also warum länger dort bleiben?

Diese Story´s, dass man an kleineren Häusern nichts lernt ist natürlich Unsinn. Auch, dass man kein guter Arzt werden kann. Was stimmt, ist, dass du dort natürlich eben nicht die Komplexität der Fälle siehst, die du aktuell siehst. Da muss man sich natürlich fragen, welchen Benefit bringt es dir aktuell? Richtig, keinen.

Man kann in ein kleines oder mittelgroßes Haus gehen, dort die Basics der Patientenversorgung/Stationsarbeit lernen und chirurgische Grundkenntnisse erwerben. Dann wirst du zum Facharzt Hernien, Appendices, Gallen und Hemikolektomien können. Ggf. etwas Proktologie. Wenn du ein größeres Haus erwischst, wirst du Grundzüge der hepatobiliären Chirurgie gesehen haben/zum Teil begonnen haben zu lernen.

Wenn du dann eben noch oder wieder Bock auf mehr, komplexer und spezieller hast, kannst du ja wieder in die Uni gehen. Da brauchst du dann Ellenbogen und Eier um zu sagen, dass du auch in den OP gehörst. Und wenn die sehen, dass du die Grundlagen gut beherrschst, wirst du da nach einiger Zeit auch weiter kommen.

Viel Erfolg

Feuerblick
04.02.2024, 16:35
Wenn du jetzt ca 5 Monate dabei bist, dann mach die sechs Monate voll. Dann ist die Zeit wenigstens auf jeden Fall anrechenbar.
Ich war selbst mal an einem kleinen Haus (übergangsweise, eigentlich wollte ich in ein anderes Fach, aber irgendwo musste die Kohle ja herkommen) und obwohl da die Bedingungen nicht perfekt waren (z.T. lag es aber an einer bestimmten Person und nur sekundär an nicht idealen Strukturen), sah das deutlich anders aus als das von dir Beschriebene. Im OP waren wir oft und durften an kleinere Sachen (ME und Co.) schon sehr früh ran. Dienste waren fies, aber nach dem Dienst blieb man nur, wenn man aus der Nacht noch was Ambulantes abarbeiten musste, was kurz vor Dienstende aufgeschlagen war. Überstunden gab es natürlich auch, aber SO nicht.
Dass man an kleineren Häusern nichts lernt, ist vermutlich so eine Legende. Wahrscheinlich lernt man die Basics sogar schneller. Und die brauchst du erstmal. Wenn man nicht zwingend akademische Karriere machen möchte, muss man sich die Uni in solchen großen Fächern nicht antun, finde ich.
Wenn Chirurgie das Fach ist, das du wirklich machen möchtest, dann schau dir erstmal noch andere Häuser an. :-meinung

docdean
04.02.2024, 16:37
Mach die sechs Monate voll, damit du sie anrechnen lassen kannst, lass dir rechtzeitig ein Zwischenzeugnis machen, und dann bewirb dich in kleineren Kliniken. Du kannst versuchen, an der Uniklinik auf "Dienst nach Vorschrift" runterzufahren, also nach Feierabend zu gehen und auf die Dokumentation jeder einzelnen Überstunde zu bestehen, aber pass auf, dass der Chef dich nicht aus Rache für andere Arbeitgeber verbrennt.

Chirurgie in einer kleineren Klinik kann ganz okay sein, die Ausbildung in den Grundlagen ist auf jeden Fall besser, aber grundsätzlich ist man als Chirurg halt trotzdem immer der, der sich zu jeder Tages- und Nachtzeit jeden akuten Bauchschmerz angucken und ggf. damit ein paar Stunden im OP stehen muss. Mein Lifestyle war das auch nicht. Wenn du gerne operierst, ist vielleicht ein kleineres Fach mit weniger Notfällen die bessere Wahl. Probier dich aus, solange du noch am Anfang stehst, ein Jahr kannst du dir immer anrechnen lassen.

nie
04.02.2024, 16:43
Die Zustände sind definitiv nicht normal. Nicht einmal für eine Uniklinik.


Ich würde auch sagen, dass man an kleinen Häusern in der Viszeralchirurgie mehr lernen kann. Weil man tatsächlich mal den OP von Innen sieht und selbst operieren darf. Und das nicht erst, wenn man auf dem Papier schon Facharzt ist. Klar, das gibts keinen Whipple und Lebern werden da auch nicht transplantiert aber das lernt man halt auch an der Uniklinik als Assistenzarzt nicht. Sehe es ähnlich wie Truba, lieber in einem kleineren Haus vernünftig operieren lernen und als Facharzt zurück an die Uni wenn man die komplexen Sachen auch lernen will.

Und kleineres Haus als Uniklinik muss ja nicht direkt hinterletzte Kreisklitsche bedeuten, die nur Abszesse spaltet und vielleicht mal nen Appendix rausholt. Es gibt genug mittlere und größere Häuser, in denen man Viszeralchirurgie lernen kann.

Neckar
04.02.2024, 17:41
Kann nur betonen was vorher gepostet wurde.
Die ÄiW der Allgemeinchirurgie an einer UK in der Nähe haben sogar Pflichtrotationenen für 1 J in mehreren mittelgroßen Krankenhäusern um „ operieren zu lernen“.

Wenn du nicht unbedingt eine akademische Karriere willst, bleib noch 1 Monat dort und such dir was anderes.

Relaxometrie
04.02.2024, 18:05
Naja es wird einfach von einem erwartet, dass man noch die Visite mitmacht und bei 1-2 Sachen unterstützt bevor man geht.
Ältere Assis werden manchmal sogar für OPs im Regelprogramm nach dem Dienst eingetragen.

Beides Dinge, die nicht nur für das eigene Sozialleben katastrophal sind, sondern auch als völlig unkollegial zu werten sind, weil sie jegliche Bemühungen um bessere Arbeitsbedingungen ad absurdum führen, wenn man nicht mal den Ar$ch in der Hose hat, nach 24 Stunden zu gehen.
Also bitte nicht beschweren, dass die Bedingungen so sind, wie sie sind, wenn man selbst Null (aber wirklich auch Null) zur Verbesserung beiträgt.

Bonnerin
04.02.2024, 18:52
Ich schließe mich den anderen an. Suche jetzt einen neuen Job in einer kleineren Klinik. Und dann die Kündigung zum Ende der Probezeit. Die 6 Monate werden dann für alles angerechnet.

Man muss nicht 30h am Stück arbeiten und sollte das auch nicht. Tue dir den Gefallen. Man kann auch in einem Schwerpunktversorger VCH lernen, dafür musst du nicht an der Uni sein - und es hält dich ja auch nichts davon ab, irgendwann wieder an eine Uni zu gehen, wenn du Erfahrung gesammelt hast.

Fr.Pelz
04.02.2024, 19:33
Ich plädiere für ein mittelgroßes kommunales Haus. Da kann Chirurgie auch im ersten Jahr schon Spaß machen.

Umzugskarton
04.02.2024, 21:35
Danke euch allen für die zahlreichen Beiträge. Die Zustände scheinen echt nicht normal zu sein und ich denke ich werde ganz bald meine Koffer packen und mir eine andere nicht-universitäre Klinik suchen.
Ich vergaß übrigens auch zu erwähnen, dass zu all dem Wahnsinn von mir dringend erwartet wird, dass ich so bald wie möglich beginne zu forschen. Wurde schon von mehreren Oberärzten freundlich darauf angesprochen warum ich denn noch kein Projekt am laufen hab.




Chirurgie in einer kleineren Klinik kann ganz okay sein, die Ausbildung in den Grundlagen ist auf jeden Fall besser, aber grundsätzlich ist man als Chirurg halt trotzdem immer der, der sich zu jeder Tages- und Nachtzeit jeden akuten Bauchschmerz angucken und ggf. damit ein paar Stunden im OP stehen muss. Mein Lifestyle war das auch nicht. Wenn du gerne operierst, ist vielleicht ein kleineres Fach mit weniger Notfällen die bessere Wahl. Probier dich aus, solange du noch am Anfang stehst, ein Jahr kannst du dir immer anrechnen lassen.

Ja das gehört in der Chirurgie schon dazu, da kann man sich nicht beschweren. Nachts mal als erste Assistenz nen Wurm rauszuholen oder eine Perforation zu versorgen ist ja auch in Ordnung, aber Nachts 5 Stunden lang bei einer Nierentransplantation Haken zu halten ist nicht unbedingt wie ich mir mein Leben vorstelle…
Wir machen nachts auch die UC Notaufnahme mit, sprich jede Omi die aufm Weg zum Klo auf den Kopf fällt und jeden Besoffenen mit einer Platzwunde muss ich mir auch angucken.


Beides Dinge, die nicht nur für das eigene Sozialleben katastrophal sind, sondern auch als völlig unkollegial zu werten sind, weil sie jegliche Bemühungen um bessere Arbeitsbedingungen ad absurdum führen, wenn man nicht mal den Ar$ch in der Hose hat, nach 24 Stunden zu gehen.
Also bitte nicht beschweren, dass die Bedingungen so sind, wie sie sind, wenn man selbst Null (aber wirklich auch Null) zur Verbesserung beiträgt.

Da hast du im Kern völlig recht, wir lassen uns viel zu viel gefallen. Allerdings sind wir sehr viele Assistenzärzte in der Abteilung und fast alle machen den Mist mit, die anderen gehen. Und ich seh mich ehrlich gesagt nicht in der Position da den großen Zwergenaufstand zu starten. Vor allem als Frischling.
Ich möchte auch gar nicht groß die Klinik kritisieren. Die ist sehr gut in dem was sie tut und es scheint genügend Ärzte zu geben die das mitmachen. Ich muss nur für mich entscheiden ob ich diesen Weg gehen will. Mag egoistisch sein aber wo ist es halt…





Du solltest dich fragen, ob Du deine Karriere- und deine Lebensplanung wirklich von der Meinung deines Umfelds abhängig machen solltest, wenn Du selbst merkst, dass es so wie es jetzt ist, schlecht für dich ist.


Da stimm ich dir zu. Mir wäre es auch völlig egal wenn das irgendwelche Kumpels aus dem Studium behaupten würden. Leider kommen diese Aussagen aus meinem familiären Umfeld, weshalb ich mich da wohl oder übel beeinflussen lasse obwohl ich weiß dass es falsch ist.

anignu
04.02.2024, 22:10
Da hast du im Kern völlig recht, wir lassen uns viel zu viel gefallen. Allerdings sind wir sehr viele Assistenzärzte in der Abteilung und fast alle machen den Mist mit, die anderen gehen. Und ich seh mich ehrlich gesagt nicht in der Position da den großen Zwergenaufstand zu starten. Vor allem als Frischling.
Ich möchte auch gar nicht groß die Klinik kritisieren. Die ist sehr gut in dem was sie tut und es scheint genügend Ärzte zu geben die das mitmachen. Ich muss nur für mich entscheiden ob ich diesen Weg gehen will. Mag egoistisch sein aber wo ist es halt…
Es gibt genügend Ärzte die jahrelang die Arschbacken zusammenkneifen um später mal Chefärzte zu werden und dann das Geld das sie eigentlich schon als Assistenzärzte über die Überstunden hätten bekommen sollen mit Faktor 2-4 ausbezahlt zu bekommen. Wer das will darf das auch machen.

Dass die Unikliniken immer die anderen Kliniken schlechtreden ist auch "normal". Vor allem größere Krankenhäuser machen teils auch extrem gute Medizin unter deutlich besseren Arbeitsbedingungen. Wenn die Unikliniken sagen würde "die machen dort auch super Medizin", würde ja gar keiner mehr an die Unikliniken wollen, oder?
Und klar, Transplantationen sieht man an Nicht-Uniklinik-Maximalversorgern halt nicht, aber ist das das Ziel? Auch experimentelle chirurgische Ansätze die dann auf Kongressen gezeigt werden sieht man an Nicht-Unikliniken nicht. Und jetzt? Ich arbeite an einem einigermaßen großen Haus und es gibt halt jedes Jahr 1-2 Fälle die wir an die Uniklinik schicken. Weil wir sie nicht behandeln können oder auch wollen. Patienten die höchst komplex sind oder bei denen schon fast alles schief gegangen ist was schief gehen kann (muss nicht im eigenen Haus gewesen sein) schickt man halt dann an die Unikliniken. Und die dürfen dann irgendeinen sinnlosen Spruch loslassen als Kompensation dafür dass sie die beschissenen Arbeitszeiten haben und keine Freizeit. Und wir anderen machen dafür trotzdem gute Medizin, verdienen ähnlich und haben nebenbei ein schönes Leben.

Es ist doch super einfach: überleg dir was du willst, wo du dein Ziel siehst, und dann mach das. Mein Ziel war eine gute Ausbildung/Weiterbildung, Position OA, Veröffentlichungen etc. egal, kein CA. Und in diese Richtung hab ich die Kliniken ausgewählt und gewechselt wenn es nicht mehr gepasst hat, aus welchen Gründen auch immer. Für spannende OPs oder OPs die ich selbst machen durfte bin ich auch mal länger geblieben, dafür hab ich umso schneller umso mehr OP-Erfahrung gesammelt. War meine bewusste Entscheidung.
Was also ist dein Ziel?

Tramaldol
04.02.2024, 22:28
Naja du sagst ja selbst in die Falle getappt, andererseits muss man quasi halbblind durch Pflegepraktika, Famulaturen, PJ, Blockpraktika, sprich das komplette Studium, laufen oder vllt die ganze Zeit mit den schönen Seiten des Studentenlebens beschäftigt sein, um nicht zu wissen wie es in der Uniklinik VCH so abläuft. Ich fand nicht speziell die VCH bei uns "gewöhnungsbedürftig", schon der ganze OP-Trakt war eine Zumutung aus den 70er Jahren, egal welches Fach. Die 2. Zumutung war die eigenwillige Anästhesie. Nein Danke. Irgendwelche Idioten finden sie dort schon immer wieder inkl. Abwärtsspirale.

Natürlich je nach Uniklinik auch mit Nuancen, sonst würden die Chefs ihren Hofstaat ja nicht mitnehmen und ordnen.
Dass es viel Arbeit ist, steht außer Frage. Nicht für jeden ist das was. Haste jetzt gemerkt und suchst nochmal was. Aus Fehlern lernt man.

AlexDo86
05.02.2024, 04:38
Komme aus der Uro. Habe knapp zwei Jahre an einem kleineren, stets unterbesetzten Haus gearbeitet, jedoch mit hoher Patientendurchlaufrate. 8x 24 Stundendienste jeden Monat, waren real aber auch eher 26-28 Stunden. Arbeitsklima an sich okay. Kam oft in den OP und konnte viel selbst machen (Schienen legen/wechsel, prim. URS, Kl. Eingriffe am Genital). Insgesamt war es mir dann aber zu stressig und einfach zu hart mit den Diensten. Bin dann vor 4 Monaten an ein Mittelgroßes Haus, Uro mit 70 Betten. Mir wurde viel versprochen. Aber hier wurde ich total verheizt. Täglich 2-3 Überstunden, man lässt mich kaum in den OP, die Dienste sind übertrieben was Notfälle angeht und man wird in einer Tour angepflaumt. Habe jetzt gekündigt, muss nur leider noch durch die Kündigungsfrist. Mein Weg geht in die Allgemeinmedizin. Habe bereits eine Stelle in einer sehr sympathischen Praxis. Bin gespannt wie es wird…

Probier dich aus, ziehe Konsequenzen und lass dich vorallem nicht verheizen. Nachher wirst du noch krank… Mir gehts auch schon lange nicht mehr gut.

Lakemond
05.02.2024, 06:51
Naja es wird einfach von einem erwartet, dass man noch die Visite mitmacht und bei 1-2 Sachen unterstützt bevor man geht.
Ältere Assis werden manchmal sogar für OPs im Regelprogramm nach dem Dienst eingetragen.

Und was würde passieren, wenn man sich nach der Übergabe umzieht und geht? Ich würde es mal ausprobieren. Vorher vielleicht nur eine Rechtsschutzversicherung abschließen.
Du siehst doch selbst, dass du dort nicht länger arbeiten willst!

Anne1970
05.02.2024, 07:46
Inzwischen dürfte es sich herumgesprochen haben, dass man sich solche Verhältnisse nicht gefallen lassen muss! Dass keiner aufmuckt, heißt nicht, dass das Haus/die Abteilung damit durchkommen darf. Was sagt der Personalrat? Hätte da einige Ansätze im Sinn. Gern PN.

MellowMed
05.02.2024, 08:01
Ich habe nicht alle Beiträge gelesen, also sorry falls es redundant ist.

Ich kann dir nur einen guten Tipp geben: Take it or leave it.
Beziehungsweise als Rat mitgeben: "Die Definition von Wahnsinn ist immer wieder das selbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten."

Die Zustände an deutschen Kliniken sind wie sie sind, waren auch die letzten Jahrzehnte selten besser... manche stört es weniger, manche sehr.... Take it or leave it :)

Gibt alternativen: patientenfernes Fach, Allgmeinmed als Fastrack Niederlassung, Beraterjobs, Arbeitsmedizin...

Visceral Uni ist schon auch eins der härtesten, vllt reiht auch schon der Wechsel bspw. Uro kleiners Krankenhaus und für dich passt es