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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Klinikwahl in der Augenheilkunde bei Berufsanfänger



noname007
14.02.2024, 21:24
Hallo zusammen,
ich habe gerade mein Studium beendet und möchte nun eine Weiterbildung in der Augenheilkunde beginnen. Ich habe vor kurzem zwei Angebote bekommen und bin jetzt sehr unentschlossen, vielleicht könnt ihr mir helfen.
1. Klinik mit Maximalversorgung in Ostdeutschland und ist Lehrkrankenhaus einer Universität. Chef ist auch neu und im Vorstellungsgespräch war er vom Gefühl her sehr sympathisch und unterstützend. Er hat mir viel versprochen (Möglichkeit zur Forschung, Lehre, Habilitation über die Uni, OP-Ausbildung ab 3. Jahr). Die Klinik wird gerade umgebaut und soll bald sehr modern sein. Die Wohnungssuche ist einfach und die Preise sind recht günstig. Die Stadt ist mittelgroß (250.000 Einwohner). Ein Nachteil ist, dass die Klinik keine Universitätsklinik ist und ich eigentlich eine Professur anstrebe (das ist zumindest mein aktueller Plan, ob sich das in Zukunft ändern wird, weiß ich nicht). Der zweite Nachteil ist, dass ich ein Nicht-EU-Ausländer bin (aber in Deutschland Medizin studiert habe) und nicht weiß, ob die Leute in dieser Stadt gegen Ausländer sind (ich habe bisher nur in Südwestdeutschland gelebt und keine Erfahrungen woanders gemacht).
2. Uniklinik in Südwestdeutschland, aber die Abteilung ist ungefähr so groß wie die Klinik der 1. Dort gibt es zur Zeit eine hohe Fluktuation, da die Assistenzärzte mit den Arbeitsbedingungen ziemlich unzufrieden sind (habe Freunde dort, die mir das erzählt haben). Die Stadt ist eine Metropole (500.000 Einwohner), Wohnungen sind doppelt so teuer wie in der Stadt der 1.Wahl (auch schwieriger zu finden). Ich weiß nicht, ob es dort die Möglichkeit gibt zu habilitieren (Forschung ist dort eher langsam, aber mit der Habilitation an einer Uniklinik geht es automatisch, oder?)
Momentan sehe ich bei der Uniklinik nur den Vorteil, dass es eine Uniklinik ist (die Reputation!) und wenn später irgendwas passiert, kann man leichter wechseln, weil man im Lebenslauf 6 Monate bis 1 Jahr an einer Uniklinik gearbeitet hat. Außerdem möchte ich wirklich weiter in der Forschung arbeiten und irgendwann Professor werden (was mir der Chef der 1. Klinik auch versprochen hat, ich weiß nur nicht, ob das klappt). Ich habe in einem anderen Fach promoviert und die wissenschaftliche Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Was meint ihr dazu? Vielen Dank für eure ehrlichen Meinungen.

-pixel
14.02.2024, 21:33
Ob das mit der Habil an der Uni klappt, kann dir niemand garantieren.. das hängt von so vielen Faktoren ab

davo
14.02.2024, 21:52
Automatisch gibts an einer Uniklinik gar nichts. Und wenn die Arbeitsbedingungen dort so schlecht sind, dass die Fluktuation hoch ist, spricht IMHO alles für die erste Klinik...

Cor_magna
14.02.2024, 23:07
Reputation und Prestige sind zu teuer erkauft, wenn die Bedingungen scheiße sind und man sich unglücklich macht. Wie auch die anderen Assistenzärzte erkannt haben, die von dort fliehen. Und normalerweise flieht man nicht, ausser man muss.

noname007
15.02.2024, 07:08
Vielen Dank für die Meinungen. Spielt die Lokalisation eine Rolle für mich (Westdeutschland/Ostdeutschland für Nicht-EU-Ausländer)? Wahrscheinlich wird es kein Problem während der Arbeit sein, wenn man einen weißen Kittel an hat, aber ich meine wie sieht das private Leben mit den Nachbarn aus? Gibt es heutzutage noch einen krassen Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland?

Feuerblick
15.02.2024, 08:49
Auch ein Professor braucht vernünftige klinische Skills. Daher würde ich zu Klinik 1 tendieren und ggf. später an eine Uni wechseln.

Wenn eine Klinik mit „Reputation“ hohe Fluktuation aufweist und die Assistenzärzte da unzufrieden sind (wir reden hier von der Augenheilkunde… da muss schon einiges passieren), dürfte da die Förderung in Richtung Habil vorerst nicht existent sein, weil ja irgendwer die Arbeit machen muss. So eine Klinik würde ich auf jeden Fall meiden. Es gibt durchaus andere Uni-Kliniken wo eine Habil möglich ist, man aber nicht gleich auf ein (für die Augenheilkunde eher unüblich) mieses Arbeitsumfeld stößt. „Reputation“ ist erstmal zweitrangig und zählt nur, wenn die Ausbildung auch gut ist. Sonst bist du trotz Habil schnell der Depp, weil du praktisch nix kannst. Hatte ich mal als „Oberarzt“. Der Mensch war nicht mal in der Lage, sich steril zu waschen und anzuziehen.

Ergo: Klinik 1. Wie es im Osten als Ausländer ist, kann ich nicht beurteilen. Kann schwieriger sein als in den alten Bundesländern, muss es aber nicht. Ausprobieren, würde ich sagen.

Coxy-Baby
15.02.2024, 12:22
Nur so aus Interesse, strebst du dann eine Professur für westdeutsche Augenheilkunde an oder wie darf man sich das vorstellen? Ich wage mal die Theorie (steinigt micht), dass jemand der den Osten meidet (weil da ja immer alle so böse sind) eher keine Professorenmaterial ist....
Klinikempfehlung wenig überraschend Nummer 1.

Feuerblick
15.02.2024, 13:04
Naja, ich kann die Befürchtung eines Nicht-EU-Ausländers, im Osten des Landes Nachteile oder Anfeindungen zu erleben, mit Blick auf die Wahlergebnisse der letzten Jahre schon verstehen. Das Leben besteht ja nicht nur aus Klinik alleine.
Wobei Anfeindungen im Westen nun auch nicht ausgeschlossen sind.
Ich würde immer erstmal die Klinik wählen, die besser wirkt und wo man mehr lernt. Und dann sehen, wie man mir begegnet.