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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : 1Jahr Allgemeinmedizin wärend Psychiatrieweiterbildung



miiira
04.04.2024, 14:54
Hallo,
Ich möchte sehr wahrscheinlich nach meinem PJ die Facharztweiterbildung für Psychiatrie und Psychotherapie machen.
Man kann sich dafür 12 Monate Allgemeinmedizin anerkennen lassen. Dies finde ich sehr gut, da ich zum einen breite somatische Erfahrung außerhalb der Psychiatrie sammeln möchte und zum anderen noch nicht endgültig sicher bin, ob ich vielleicht doch eher Allgemeinmedizin machen möchte.

Ich frage mich allerdings, wie realistisch es ist zwischen Allgemeinmedizin und Psychiatrie zu wechseln.

Die allgemeinmedizinische Praxis bekommt für Assistenten in der Facharztweiterbildung für Allgemeinmedizin ja einen Zuschuss. Dieser wird vermutlich nicht gewährt, wenn man azs deePsychiatrue kommt und nur ein Jahr Allgemeinmedizin machen möchte ohne das Ziel des FA Allgemeinmedizin zu haben und nach dem Jahr zurück in die Psychiatrie will, oder?
Dementsprechend würde mich ohne den Zuschuss vermutlich keine Praxis einstellen wollen.

Oder bin ich in der allgemeinmedizinischen Praxis automatisch als Weiterbildungsassistentin für Allgemeinmedizin eingestellt und bekomme den Zuschuss und es spielt offiziell keine Rolle, welchen FA ich letztlich


Die andere Möglichkeit wäre in der Allgemeinmedizin zu starten und je nachdem wie ich mich nach dem ersten Jahr entscheide entweder zu bleiben oder in die Psychiatrie zu wechseln. ( selbst dann könnte ich ja nach dem Psychiatriejahr wieder zurück in die Allgemeinmedizin und mir das Psychiatriejahr für den FA Allgemeinmedizin anerkennen lassen)

Aber wie ist es dann mit dem Zuschuss?
Muss er zurückgezahlt werden, wenn ich den FA für Allgemeinmedizin nicht mache?

Ist es überhaupt üblich bzw problemlos möglich während der FA Psychiatrieweiterbildung für 1 Jahr die Klinik ( mit voller Weiterbildungsermächtigung) zu verlassen und eins der 6 weiterbildungsjahre allgemeinmedizinisch zu arbeiten? Das Neurojahr erfolgt in einer Klinik in Kooperation mit meiner Psychiatrie- Wunschklinik, ich könnte also den Vertrag direkt für die gesamte Zeit abschließen, ohne auswärts was zu machen.

rafiki
04.04.2024, 18:55
In einer guten Weiterbildung Psychiatrie einschließlich des Neurologiejahres wirst du sehr viel Allgemeinmedizin machen, die noch richtig ausführlich und handgemacht ist. Gute Oberärzte in beiden Fächern werden dich darin anlernen, viel besser als es ein Praxisinhaber tun kann. Denn in der Psychiatrie gibt es oft längere Liegezeiten und Patienten kommen mit einem Haufen körperlicher Probleme, um die man sich als Psychiater gerne mit kümmern darf und sollte.

miiira
04.04.2024, 19:35
Danke für Deine Antwort.
Ich ziehe es dennoch in Betracht, ein Jahr in der allgemeinmedizinischen Praxis zu verbringen. Auch schon deshalb, um mich besser für einen der Facharztmöglichkeiten entscheiden zu können. Außerdem möchte ich gerne möglichst viel ambulant arbeiten. In den psychiatrischen Ambulanzen oder Tageskliniken geht es meiner Erfahrung nach ja eher weniger um Somatik. In der Gerontopsychiatrie habe ich hospitiert und fand das auch somatisch spannend. Allerdings wird das in manchen Kliniken separat von angestellten Allgemeinmedizinern/ Internisten abgeklärt, so dass man es eher weniger mitbekommt. Selbst in einer psychosomatischen Klinik wurde in medizinisch zuständigen und psychiatrisch zuständigen Ärzten unterteilt.
So wirklich viel Somatik habe ich auf den allgemeinosychiatrischen Stationen tatsächlich nicht mitbekommen.

MellowMed
05.04.2024, 06:56
Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Weiterbildung in der Allgmeinmed bzw. insgesamt im niedergelassenen Bereich (ich rede jetzt von normalen Praxen Hausarzt/Uro/Fachinternisten/Gyn etc, nicht vom 100mann starken Augenop-MVZ) oft learning-by-doing ist mit unregelmäßiger Rücksprache. Beispiel: ich behandel ca. 40 Patienten pro Tag, bei durchschnittlich unter 1 Patient pro Tag hol ich den Weiterbilder dazu, bei vielleicht 5 frag ich nach der Sprechstunde etwas nacht. Wenn man einen guten Grundskill hat (zB durch jahrelange Erfahrung in der Klinik) ist das auch kein Problem, bin total zufrieden, als Anfänger vielleicht schon...

Kurz und knapp schließ ich mich da rafiki an, die Psychiatrie-Oberärzte in der Klinik haben einfach mehr Zeit als der Niedergelassene in der Praxis. Denn time is money gilt nur für selbstständige :D

Falls du Allgmeinmed vor allem machen willst als Berufsorientierung würde ich dir empfehlen erst nach paar Jahren Psych reinzuschnuppern...nicht am Anfang.
Grüße!

miiira
05.04.2024, 08:07
Danke. Ich verstehe, wie ihr das meint. Weiß dennoch jemand, wie es sich mit der Zuzahlung für Weiterbildubgsassistenten in der Allgemeinmedizin verhält, wenn nicht der Facharzttitel Allgemeinmedizin angestrebt wird? Also bekommt die Praxis den Zuschuss trotzdem oder muss er ggf zurückgezahlt werden?
Also angenommen ich mache 4 Jahre Psychiatrie, 1 Jahr Neurologie und möchte dann das Jahr Allgemeinmedizin machen.

Unsere Uni ist übrigens sehr an der ( ländlichen) Allgemeinmedizin interessiert und man ist von Beginn an dehr viel in den Praxen ( modellstudiengang) sehr viele meiner ehemaligen Kommilitonen sind direkt nach dem Exame in die Paxis und haben die Klinikanteile zum Schluss gemacht. Unsere (ländlichen) Praxen sind sehr daran gewöhnt und bieten zum Großteil wirklich strukturierte und eng begleitete Eingewöhnungszeiten an. Das wird jedenfalls von den Kommilitonen der älteren Semester berichtet , die schon änger in Weiterbildung sind, und ist auch meine Erfahrung, die ich in den Hospitationen sammeln konnte.

Dooly
05.04.2024, 08:21
Der Zuschuss/die Zuzahlung heißt offiziell Förderung und unter dem Begriff kannst du bei den jeweiligen KVen nach den Bedingungen gucken. Hier im Forum wurde gepostet, dass man eine Förderung nicht zurückzahlen muss und das ist auch die Info, die Leute aus meinem Bekanntenkreis erhalten haben. Ohne Förderung und ohne Berufserfahrung ist es schwierig eine Stelle in der Niederlassung zu finden, so dass das für super viele, nicht nur für Allgemeinmedizin, ein Thema ist.
https://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?107466-Ambulante-Weiterbildungsf%F6rderung-zur%FCckzahlen

miiira
05.04.2024, 08:36
Vielen Dank, das hilft mir weiter. Die Ärzte hier auf dem Land mit denen ich im Sudium gesprochen habe, sagen ziemlich einheitlich, dass sie lieber einen frisch approbierte Arzt als gar keinen nehmen und dass Stellen oft unbesetzt bleiben. Denke daher das könnte schon klappen. Nur ohne Förderung wäre es vermutlich schwierig.

Feuerblick
05.04.2024, 09:41
Ein frisch approbierter Arzt als WBA in einer Allgemeinmedizinpraxis ist, mit Verlaub (siehe weiter oben) eine sehr dumme Idee, da einfach in den allermeisten Praxen keine Betreuung/Supervision erfolgt und der frisch Approbierte schlichtweg keinerlei Erfahrung hat. Und die Förderung dürftest du nicht bekommen, wenn du nicht den Facharzt Allgemeinmedizin anstrebst. Was logisch ist, denn die Förderung soll ja zu mehr Allgemeinmedizinern verhelfen und nicht nur den Niedergelassenen ihre Arbeitsskla… äh… WBA bezahlen.

davo
05.04.2024, 16:39
Ein frisch approbierter Arzt als WBA in einer Allgemeinmedizinpraxis ist, mit Verlaub (siehe weiter oben) eine sehr dumme Idee, da einfach in den allermeisten Praxen keine Betreuung/Supervision erfolgt und der frisch Approbierte schlichtweg keinerlei Erfahrung hat.

Sehe ich genauso. Davon würde ich ganz dringend abraten - egal was irgendwer erzählt. Damit tust du dir und deinen Patienten keinen Gefallen.

davo
06.04.2024, 07:44
Etwas ausführlichere Antwort:

Du hast völlig Recht, dass man in der ambulanten Psychiatrie nur wenig mit Somatik zu tun hat. Aber in vielen psychiatrischen Kliniken ist es tatsächlich so, dass man recht viel mit den somatischen Problemen der Patienten zu tun hat, und ich hab es gar nicht so selten erlebt, dass ein somatisches Problem eines Patienten während eines Psychiatrie-Aufenthalts erstmals angepackt wurde, da dann eben Zeit dafür vorhanden war, und die enormen zeitlichen Limitationen der ambulanten Medizin nicht gegeben waren.

Gleichzeitig ist es schon auch so, dass viele Psychatrien unter immer kürzeren Liegezeiten zu leiden haben, sodass oft nicht mal die psychiatrischen Probleme vernünftig ausbehandelt werden können. Außerdem haben viele Psychiater, v.a. im stationären Bereich, eine Mentalität, die als Hausarzt nie umsetzbar wäre - über jede kleine Entscheidung lange nachdenken, alles bis zum Exzess abklären lassen, etc. Also das genaue Gegenteil dessen, was in der Hausarztmedizin Alltag und Notwendigkeit ist - abwartendes Offenlassen usw. Die Qualität der somatischen Medizin, die man in der stationären Psychiatrie erlernt, lässt also nach, und ist von ihrer Art her nur in der stationären Psychiatrie umsetzbar - auf die Tätigkeit als Hausärztin ist dieses Wissen IMHO nur sehr begrenzt transferierbar.

Wenn du breite somatische Erfahrung außerhalb der Psychiatrie sammeln willst, dann absolvier ein halbes Jahr Innere an einem kleinen Haus. Das ist für eine frische Uni-Absolventin sicher deutlich besser geeignet als eine Hausarztpraxis, wo stets die Notwendigkeit des schnellen Arbeitens besteht.

Dass jede Hausarztpraxis scharf darauf ist, Leute wie dich anzustellen, ist klar - sie bekommt €5.400 pro Monat plus eine Arbeitskraft. Wer würde da schon nein sagen. Aber ob das für dich fachlich gut ist, ob das für deine Patienten behandlungsmäßig gut ist, ist eine ganz andere Frage.

Was mich außerdem verwundert: Wenn du in deinem Modellstudiengang von Anfang an so viel in Hausarztpraxen warst, und ja wohl auch schon die Hausarztfamulatur absolviert hast - warum gibts dann überhaupt noch diese Unentschlossenheit? Dann weißt du ja eigentlich ohnehin schon, was dich in der Allgemeinmedizin erwartet.

miiira
29.04.2024, 11:42
Danke für die Antwort. Ich finde, trotz einger Praktika in der Allgemeinmedizin und der Psychiatrie immer noch beide Gebiete sehr interessant, wobei ich etwas mehr zur Psychiatrie tendiere. Was mich etwas von der FA Allgemeinmedizin abschreckt ist die Zeit in der Inneren und der Chirurgie. Da ich zwei Kinder habe ( eins ist aufgrund von Einschränkungen nur verkürzt in einer Betreuung), kann ich mir die sehr langen Tage in den Kliniken nicht vorstellen. In meinen Psychiatrie Praktika waren viele ärztliche Teilzeitkräfte und es hat halbwegs geklappt. In den somatischen Fächern habe ich deutlich mehr " Kämpfe" erlebt, wen Teilzeitkräfte pünktlich gehen wollten. Ist man aber erstmal in der Allgemeinmedizin angekommen ( als Angestellte Ärztin in einer Praxis) sind die arbeitszeitlichen Bedingungen wieder relativ gut. Und ich denke, dass es als Studentin immer noch etwas anderes ist, als tatsächlich in einem Fach zu arbeiten. Ich weiß, dass mich beides interessiert, kann mir aber vorstellen, dass während der Assistenzzeit noch klarer wird, was besser zu mir passt.

Zilia
29.04.2024, 11:58
Ich stelle mir Psychiatrie deutlich „nerviger“ vor als Allgemeinmedizin. Allgemeinmedizin kann man zu einem Großteil ambulant machen. Man darf sich halt keine Ausbeuterpraxis suchen. Ich hab auch mit Allgemeinmedizin angefangen, aber das war einfach nicht meins. Hatte mit den Arbeitsbedingungen nichts zu tun (leider war mein 1. Chef gleich sehr „verhaltensoriginell“). Kenne aber viele, die die Allgemeinmedizin weitermachen. Ein Kumpel hat Ortho/Unfall komplett in einem Reha-Zentrum „abgerissen“, was ziemlich entspannt war. Die Allgemeinmedizin-Assistenten sind gut vernetzt und durch die IPAM -Förderung verdient man gleich ganz gut.