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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gehalt Österreich vs Deutschland



Heaven27
06.04.2024, 23:34
Hallo,
Ich beende bald mein Medizinstudium in Österreich und bin gerade an der Planung meines KPJs. Grundsätzlich war eigentlich für mich mehr oder weniger klar nach dem Studium direkt wieder nach Deutschland zurückzugehen, allerdings bin ich mich darüber immer unsicherer. In Österreich würde mich prinzipell hauptsächlich Oberösterreich evtl. (als Facharzt auch Burgenland) interessieren, hab dort auch einige Famulaturen gemacht. Bei den Stellenausschreibung ist in Österreich in der Regel eine Gehaltsangabe vorhanden. Dabei ist die Rede von ca. 100k im ersten Jahr der Fachweiterbildung (bei 4 Nachtdiensten und 48h), als Facharzt im ersten Jahr ca. 130k und nach 5 Jahren 160k (jeweils bei 4 Nachtdiensten). Das hört sich für mich relativ interessant an, kann man in Deutschland ähnlich gut oder besser verdienen, weil eigentlich wäre ich schon gerne wieder nach dem Studium zurück...

anignu
07.04.2024, 00:04
Diese 100k im ersten Jahr der Facharztweiterbildung ist in D aus meiner Sicht völlig unrealistisch. Nimm einfach mal zur Orientierung die TVÄ-VKA-Tabelle (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/aerzte/kommunal?id=tv-aerzte-vka-2024&matrix=12). Da bist du bei 63k. Kommen Dienste drauf werden die einfach grob mit den Stunden draufgerechnet. Die Dienstzuschläge machen nicht wirklich viel aus. Mit 100k wärst du da bei mehr als die Hälfte über dem Norm-Jahresbrutto. Also im Wochenschnitt bei über 60h. Das kann man schaffen wenn die 48h auf die 5 Wochentage verteilt werden mit knapp 10h/Tag und dann die Nachtdienste einfach mal 24h-Dienste sind und man nur unter der Woche vielleicht am nächsten Tag heim geht und ein paar Wochenenddienste macht... Ich finds für D unrealistisch. Vor allem mit den aktuellen Dienstmodellen in D wo man 24h-Dienste eher abschafft und 16h-Dienste macht bei denen man am nächsten Tag heimgeht und so. Da kommt man einfach auf keine Bezahl-Stunden.

Ich würde jedoch zu bedenken geben: was netto übrig bleibt ist wieder was anderes. Das muss man sich genauer anschauen. Und dann auch Themen wie Lebenshaltungskosten etc. bedenken. 50k netto in der Schweiz sind was anderes als in D. Wie es in Österreich genau aussieht weiß ich nicht. Mieten sind sicher auch ein Thema. Salzburg und München schenken sich nicht viel, woanders ist es sehr viel günstiger. Und dann hängt die Entscheidung bzgl. Arbeit ja auch nicht nur vom Geld ab. Du wirst sowohl in Österreich als auch in Deutschland Abteilungen finden in denen das Arbeiten einer Höchststrafe in der Hölle gleichkommt und andere Abteilungen in denen man fast schon Geld zahlen würde um dort zu arbeiten. Und die Wahrheit liegt immer in der Mitte mit Abweichungen in beide Richtungen. Und da muss man sich auch überlegen was man will bzw. es kann sich auch im Laufe der Zeit ändern.

McLaren422
07.04.2024, 11:54
und nicht zu vergessen: In Österreich gibt es 13 Monatsgehälter :)

davo
07.04.2024, 11:57
14!!!

freak1
07.04.2024, 13:33
Und in DE kriegen wir 12 Gehälter und kein Weihnachtsgeld. MB sei Dank.

Moosachat
07.04.2024, 14:26
Jetzt bin ich neugierig. Wie kommt man denn auf 100k als normaler Assi im 1. Jahr in Österreich?
Wenn man sich den Tarifvertrag für SpitalsärztInnen in öffentlichen Spitälern in Oberösterreich für 2024 (auf der Seite der Ärztekammer Oberösterreich, https://www.aekooe.at/angestellt/gehaltstabellen-spitalsaerzte) anschaut, bekommt man im 1. Jahr der Assi-Zeit nach abgeschlossener 9-monatiger Basisausbildung TAF Stufe 1, also monatlich ca. 4166€ brutto (ohne Dienste). 4166x14 = 57.624€ brutto/ Jahr, wobei das 13. Und 14. Gehalt deutlich geringer besteuert werden als die regulären 12 Monatsgehälter. Dazu 4 Nachtdienste im Monat (davon 1x Sonntag) macht + ca. 1.015€/ Monat. Also insgesamt 57.624€ + 12.180€ = 69.804€ brutto/ Jahr. Was es mit manchen Zulagen (z.B. Fortbildungszulage, Erschwerniszulage, Infektionszulage) auf sich hat, habe ich auf den ersten Blick nicht verstanden, aber das wird man wahrscheinlich nicht jeden Monat bekommen?!
Und wenn man sich die Gehälter der Ordensspitäler anschaut, ist von ca. 4.112€/ Monat als Grundgehalt exklusive Diensten die Rede, also kein großer Unterschied zu den o.g. Zahlen. Bei Unikliniken liest man aber teils von höheren Gehältern.
Wie kommt man also von den errechneten 70k auf deine 100k? Mehr Dienste, Zulagen, Privatpatienten/ Sonderklassegelder? Kann jemand aus eigener Erfahrung berichten?

Tramaldol
07.04.2024, 15:28
Und in DE kriegen wir 12 Gehälter und kein Weihnachtsgeld. MB sei Dank.

in DE dafür sehr oft AT geregelt nach dem FA. Gibt dann eine breite Spanne mit Tarif und deutlich mehr (bis doppelt Tarif).

Ich denke, dass was anignu geschrieben hat, fasst es gut zusammen. Es ist das Gesamtbild und auch private Interessen/persönliche Vorlieben. Weiterbildung ist nirgends "Spaß" und irgendwann ists auch vorbei. In Österreich gibts vllt mehr Steuervorteile, Zulage, Fortbildungstage, günstigere Immobilien/Mieten je nach Lage.

Heaven27
07.04.2024, 19:01
Wie sich das Gehalt genau kann ich dir nicht sagen auf der Homepage von der oberösterreichischen Gesundheitsholding steht folgendes:
"In der Basisausbildung beginnen Sie mit einem Bruttojahresgehalt (inkl. 13. und 14. Gehalt) von mind. EUR 55.000 (bei 48 Wochenstunden und 4 Nachtdiensten ca. EUR 84.000). In der Facharztausbildung starten Sie mit einem Bruttojahresgehalt von mind. EUR 66.000 (bei 48 Wochenstunden und 4 Nachtdiensten ca. EUR 100.000)."

Wenn du konkret Stellenanzeigen von verschieden Krankenhäusern googelts, werden auch dieses Zahlen genannt.
Das ist ein Artikel vom Burgenland:
https://www.landesholding-burgenland.at/news/artikel/das-burgenland-zahlt-die-hoechsten-gehaelter-fuer-aerztinnen-und-aerzte/

davo
07.04.2024, 19:11
Realistische Zahlen für die Bezahlung vom Arbeitgeber findet man im Beitrag von 20.01 Uhr. Die Dienste werden sehr gut bezahlt (alles Überstunden, und dann kommen noch Dienstzulagen hinzu).

Zusätzlich zur Bezahlung vom Arbeitgeber kommt dann noch die Privatliquidation hinzu. Diese ist je nach Bundesland, Fach und Größe des Hauses sehr unterschiedlich, und kann in manchen Bundesland-Fach-Kombinationen, wenn man an einem großen Haus ist, sehr hoch sein.

Heaven27
07.04.2024, 19:24
@davo welchen Beitrag meinst du?

docdean
08.04.2024, 09:39
Und in DE kriegen wir 12 Gehälter und kein Weihnachtsgeld. MB sei Dank.

Ob man sein Jahresgehalt in 12 oder 14 Tranchen bekommt, läuft aufs Gleiche hinaus. Ist praktischer und fairer, wenn man jeden Monat die gleiche Summe überwiesen bekommt.

Auf der anderen Seite muss man die 48h Wochenarbeitszeit auf 40h runterrechnen, um es vergleichen zu können. Dass man für 20% mehr Arbeitszeit auch mehr Geld bekommt, ist ja nicht verwunderlich.

Viel wichtiger wäre eine faire Bezahlung der Dienste, sodass am Ende nicht nur eine bezahlte Stunde übrig bleibt.

8ties
08.04.2024, 13:53
Um eine echte Zahl in den Raum zu werfen:
Ich hatte in Wien 2023 als Assi in der niedrigsten Gehaltsstufe (Vordienstzeiten nicht anerkannt) ziemlich genau 89.000 Brutto.
Dabei das erste halbe Jahr ca. 2 Dienste pro Monat, das zweite halbe Jahr ca. 5-6 Dienste pro Monat, also im Mittel 4/Monat.

Heuer wird es natürlich deutlich besser aussehen, da nicht nur die Grundgehälter sondern auch die Zulagen für die Dienste deutlich angehoben werden.
Überstunden immer <10 Monat. Durchschnittlich vielleicht 4 pro Monat.

8ties
08.04.2024, 13:56
Das Gehalt hängt hier extrem von der Anzahl der Dienste (Nächte, Sonntage, Feiertage, ...) ab.
Reguläre Überstunden bringen relativ wenig.
Es gibt Leute die verdienen 2.8k Netto und Leute die verdienen 5k Netto als Assi im ersten Jahr bzw. in der Basisausbildung.
Für einige Bereiche (ZNA, Psych, ...) gibt es eine Erschwerniszulage von ca. 6€ pro Stunde.

Carobra
11.04.2024, 17:18
@8ties ich habe eine Frage bezüglich der Abgaben Ärztekammer und Wohlfahrtskasse gestaffelt nach dem Lebensalter. Kann dir leider keine PN schreiben. Werde dieses Jahr noch in OÖ mit der Basisausbildung anfangen und zögere gerade wegen Abzügen im Vergleich zu Deutschland..

8ties
13.04.2024, 19:40
Die Abzüge sind schon relativ hoch, die Angaben auf der Webseite der Ärztekammer stimmen, es gehen ca. 10-12% vom Bruttoeinkommen dafür drauf (darauf fällt aber dann natürlich wiederum keine Einkommenssteuer an), so dass es real weniger Verlust ist (du erreichst vermutlich schnell den 50% Grenzsteuersatz).

Carobra
13.04.2024, 20:28
Ich werde aber nicht so wirklich schlau wie hoch die Abgaben sind, wenn man bereits das 35. Lebensjahr erreicht. Wie viel ich letztendlich bei den ganzen Abzüge ohne Nachtdienstzulagen etc. verdiene. Man kann sich von einigen Sachen befreien lassen, aber ich frage mich wie viel das letztendlich ausmacht. Wäre natürlich eine große Differenz zu Deutschland wo man im 1. Jahr aktuell 5200 Euro brutto verdient.. Vllt kannst du mir helfen wie hoch die Abgaben sind? Also im Vergleich von unter 30 zu über 35 Jahren..

davo
13.04.2024, 21:05
Die Angaben auf https://www.aekooe.at/wohlfahrtskasse/beitraege/aktuelle-beitragswerte-und-steuerliche-behandlung sind doch eigentlich sehr klar. Mit über 35 zahlst du pro Monat 544,50+387,50+46,00-181,50-23,00 = €773,50 mehr als mit unter 30. D.h. dein effektives Bruttoeinkommen nach Ärztekammer ist mit 36 um 12 x 773,50 = €9282,00 pro Jahr niedriger als mit 29.

Allerdings geht auch aus https://www.aekooe.at/wohlfahrtskasse/beitraege/einkommensabhaengige-reduktionsmoeglichkeiten hervor, dass man ein Recht auf eine Beitragsreduktion auf 18% der Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit hat (was fast jeder nutzt), bzw. unter besonderen Voraussetzungen sogar noch deutlich stärker - realistisch betrachtet wahrscheinlich am ehesten auf 10,08% (was nicht jeder nutzt). D.h. du kannst, wenn du eine solche Reduktion beantragen möchtest, einfach dein Bruttoeinkommen mit 0,82 bzw. mit 0,8992 multiplizieren um dein effektives Bruttoeinkommen nach Ärztekammer zu berechnen.

Aber Achtung - eine Reduktion zu beantragen heißt logischerweise auch weniger Leistungen, insbesondere weniger Rente. Das sind ja nicht Abzüge, die einfach so ins Nirgendwo fließen, sondern Abzüge, die großteils in ein kompliziertes Rentensystem mit einem DB-Anteil und einem DC-Anteil fließen.

davo
15.04.2024, 10:37
Reguläre Überstunden bringen relativ wenig.

Sie bringen in den meisten Bundesländern immerhin VIEL mehr als in den meisten deutschen Tarifverträgen!

Aber es stimmt schon, die Dienste sind in vielen Bundesländern noch besser vergütet.