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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wichtiges Grundsatzurteil Bundesfinanzhof



Jens
06.02.2004, 14:15
Hallo zusammen,
ein wichtiges Urteil des Bundesfinanzhofes möchten wir euch nicht vorenthalten. In einer Grundsatzentscheidung lässt dieses Urteil offen, ob und unter welchen Voraussetzungen Auslagen im Rahmen von Studium und Promotion als Werbekosten bei der Einkommenssteuererkärung geltend gemacht werden können.

Zwei wichtige Dinge vorab:
1: Betroffen ist potentiell nur ein eingegrenzter Personenkreis (in diesem Falle eine ausgebildete Krankengymnastin, die Medizin studierte, in der Orthopädie promovierte und studienbedingte Auslagen als Werbekosten geltend machen wollte. Analog dazu könnten also ebenfalls betroffen sein: Rettungssanitäter, die nach der Ausbildung Medizin studieren in der Anästhesie und Notfallmedizin promovieren und Notarzt werden.

2: Die endgültige Entscheidung obliegt dem zuständigen Finanzgericht, an das der Bundesfinanzhof das Verfahren mit seinem Grundsatzurteil zur neuerlichen Urteilsfindung zurückverwiesen hat.

Auch wenn hier noch vieles spekulativ ist und ich mich in der Wortwahl bewusst vorsichtig ausdrücke, sollten alle Betroffenen dieses Verfahren in Erinnerung behalten, dazu dieser Beitrag.

Hier nun der Text, der auch heute in der Onlinezeitung veröffentlicht ist:

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3. Bundesfinanzhof: Promotionskosten ggf. Werbungskosten abziehbar? - zurück zum Inhalt -



An dieser Stelle möchten wir euch auf ein hochinteressantes, aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes hinweisen, mit dem Promotionskosten unter Umständen als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Betroffen davon wären all diejenigen Personen, die vor dem Studium eine Ausbildung (hier: Krankengymnastin) absolviert haben und im Anschluss durch Studium und Promotion eine Weiterbildung der Ausbildung auf sachähnlichen Gebieten vornahmen.


Bundesfinanzhof: Promotionskosten dem Grunde nach als Werbungskosten abziehbar

Kosten für Medizinstudium und Promotion als Werbungskosten?
"Kosten für den Erwerb eines Doktortitels können, sofern sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Sie sind regelmäßig nicht als Kosten der privaten Lebensführung zu beurteilen.", so überschreibt der Bundesfinanzhof seine Urteilsbegründung in einem Fall (VI R 96/01) der aktuellen Rechtsprechung (http://www.bundesfinanzhof.de/www/index1.html , dort Pressemitteilungen 2004).

Die Klägerin, eine ausgebildete Krankengymnastin, hatte nach Ihrer Ausbildung ein Medizinstudium absolviert und eine Promotion in der Orthopädie angefertigt. In Ihrer Einkommenssteuererklärung versuchte sie, Kosten im Rahmen des Studiums von damalig 6.262 DM (Semesterbeitrag, Fachliteratur, Kosten im Rahmen der Famulatur) als Werbungskosten geltend zu machen. Das Finanzamt und auch ein Finanzgericht widersprachen allerdings diesem Anliegen. Der Bundesfinanzhof korrigierte in dem aktuellen Urteil seine geltende Rechtsprechung und verwies den Fall zur Entscheidung erneut an das zuständige Finanzgericht zurück.

Der Urteilsbegründung sind folgende interessante Passagen zu entnehmen:
Die Studienkosten stellten Werbungskosten dar, weil das Medizinstudium sowie die Promotion als Fortbildung anzusehen seien. Diese Bildungsmaßnahmen erweiterten die medizinischen Kenntnisse der Klägerin als Krankengymnastin und ermöglichten einen beruflichen Aufstieg, stünden also in einem direkten, unverkennbaren Zusammenhang mit zukünftigen steuerpflichtigen Einnahmen. Gerade die von ihr gewählte Fachrichtung der Orthopädie mache deutlich, dass eine dem Beruf einer Krankengymnastin vergleichbare oder zumindest ähnliche Tätigkeit angestrebt werde. Das Studium sei eine berufliche Fortbildung, weil andernfalls eine Fortbildung aus dem Berufsfeld der Krankengymnastin schwer vorstellbar sei. Auch die Rechtsprechung müsse sich an die gewandelten gesellschaftlichen Verhältnisse anpassen.
[...]
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, dass die Klägerin das Medizinstudium aus beruflichen Gründen betrieben hat. Es besteht ein hinreichend konkreter Zusammenhang mit einer auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit als Ärztin (Fachärztin für Orthopädie). Die Klägerin war bereits langjährig als Krankengymnastin im medizinischen Bereich tätig. Mit dem --sachlich auf dieser Tätigkeit aufbauenden-- Studium wollte sie die erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten für den angestrebten Beruf erwerben. Da das Studium auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet war, sind hiermit im Zusammenhang stehende Aufwendungen dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten (Betriebsausgaben) abziehbar.

Das endgültige Urteil steht allerdings noch aus
Der Bundesfinanzhof hat das Verfahren an das zuständige Finanzgericht zurückverwiesen
Es bleibt also für alle potentiell Betroffenenen (Krankengymnasten, ggf. und unter Umständen auch Krankenpfleger/innen und im Rettungsdienst Ausgebildetete) hier in Zukunft häufiger einmal die Seiten des Bundesfinanzhofes ( klick hier ) aufzusuchen und die Sachlage weiterzuverfolgen.

Der Rat des vorsitzenden Richters an potentiell betroffene Studenten
"Studenten sollten Belege vorsichtshalber einmal sammeln, um die Kosten gegebenenfalls später geltend machen zu können, sagte der Vorsitzende Richter des zuständigen sechsten Senats, Prof. Walter Drenseck in einem Artikel des Stern.
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zum Bundesfinanzhof - hier klicken (http://www.bundesfinanzhof.de/)
(dort zum Nachlesen 'Pressemeldungen' und dann '2004' auswählen)

zum entsprechenden Stern-Artikel - hier klicken (http://www.stern.de/campus-karriere/uni/?id=519918&eid=518534&nv=hp_rt)

:-) Es bleibt also spannend für betroffene Personen! :-)

So long Cu
Jens

Hellequin
06.02.2004, 15:00
Hier ist noch mal die Version vom Spiegel. (http://www.spiegel.de/unispiegel/geld/0,1518,285061,00.html) Wobei ich den Artikel so verstanden hab, das man jedes Studium nachträglich steuerlich absetzen kann, insbesondere Studiengebühren falls den dann doch mal welche eingeführt werden . Aber ich bin mir sicher das die Politik dieses Schlupfloch bald schließt. :-((

Lava
06.02.2004, 15:23
Ich bin zwar nicht betroffen, aber was für Kosten wären das denn, die man da abrechnen lassen könnte? Semestergebühren? Skripte? Bücher??

Jens
06.02.2004, 16:38
Habe das gerade nochmals geschaut, was die gute Dame da abgesetzt hat, hier mal der Auszug aus dem Urteil:

"Die 1968 geborene Klägerin war jahrelang als Krankengymnastin tätig. Im Streitjahr nahm sie ein Medizinstudium auf. In der Einkommensteuererklärung für dieses Jahr machte sie bei einem Bruttoarbeitslohn in Höhe von 8 126 DM die folgenden Aufwendungen für das Studium einschließlich Promotion auf dem Gebiet der Orthopädie als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend:


Semesterbeitrag/Fahrten zum Klinikum
1 314 DM

Fachliteratur
194 DM

Spanisch-Verb-Tabellen und Langenscheidts
Spanisch-Expresskurs
49 DM

Famulatur in der Schweiz
4 020 DM

Aufwendungen für Promotion/Orthopädie
685 DM

Summe
6 262 DM
"
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Also durchaus alltäglichere Dinge.

Mir war das Urteil beim Durchforsten von Pressemeldungen aufgefallen, wir werden das in der Redaktion demnächst einmal versuchen etwas ausführlicher zu recherchieren, da es ja einige betreffen könnte.

Der Artikel im Spiegel, den Hellquin nannte liest sich auch interessant. Denn glaubt man dem Spiegel Artikel, wäre es ja nicht nur diejenigen, die in dem Grundsatzurteil des BFH angesprochen wurden, sondern eigentlich (?) die meisten Studenten.

Hier noch ein Zitat aus dem Spiegel-Artikel von Karl-Heinz Worms, Steuerexperte an der Universität Osnabrück

Worms rät Studenten deshalb: "Belege sammeln, Studiengebühren sammeln, alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Studium entstehen, sammeln, zusammenschreiben und dann im Rahmen der Steuererklärung geltend machen."


Interessante Sache das Ganze! Wir bleiben da mal am Ball, wer sonstige infos hat, immer her damit... ;-)

Cu
Jens