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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Religion



silva
08.02.2004, 21:29
Das wahre Böse sind die Verdrängungsmechanismen einer Kirche und Gesellschaft, die den eigenen Schatten bei sich selbst nicht sieht. Die in Drittländern unter Sündenandrohung die Pille verbietet, obwohl die Überbevölkerung eines der dringendsten Probleme der Menschheit ist. Die mit der Waffe in der Hand den Frieden sichert und - welcher Höhepunkt des verdeckten Durchlebens ihres eigenen inneres Chaos! - sogar den Krieg zur gerechten Sache erklärt. Das Böse ist nicht der Widerspruch zum Guten. Es kann nicht durch das Gute vermieden werden, sondern es ist jene Seite des Guten selbst, die wir vom Guten abgetrennt haben, damit die andere Seite als Gutes weiter existieren darf.
(Advocatus diaboli)

Die Religion ist so etwas wie ein Fenster, durch das unser Bewußtsein in die Welt blickt. Die Art unserer Religiösität sagt immer etwas darüber aus, wie wir die Welt in unserer Vorstellung selbst erschaffen oder - präziser ausgedrückt - wie wir sie von den kollektiven Sehnsuchts-Modellen, gleichsam den religiösen Auffangtöpfen unserer individuellen Sehnsüchte, zurückgespiegelt bekommen. Religion ist also nicht vom Himmel gefallen. Auch sie wird vom Menschen gemacht und reagiert auf existentielle Fragen, die auf der Grundlage beruhen, daß der Mensch in sich selbst keinen Frieden und in den Zielen der Welt keine Sinnerfüllung finden kann. Es kann allerdings kaum im Interesse der Religion selbst liegen, diese Fragen wirklich zu beantworten und die Seele zu erlösen. Schließlich würde ein erlöster Mensch kaum "Sinnfindungs-Modelle" finanzieren, die ihn an sich binden. Also müssen die Vertreter der Religion unter allen Umständen zu verhindern versuchen, daß die Seele ihre innere Begrenzung überwindet. Ja, sie würden lieber selbst den Teufel beschwören, als zu erlauben, daß der Mensch außerhalb ihrer Dogmen im Leben Sinnerfüllung erfährt. Unter diesen Vorzeichen muß man alle Äußerungen und Beiträge der Religion zur Erlösung des Menschen betrachten. Jahrhundertelang wurde dem Menschen von Kindesbeinen an eingetrichtert, daß Gott und Teufel um die Seele eines Menschen ringen und der ganze Sinn des Lebens nur darin bestehe, nicht selbst zur Beute des Bösen zu werden. Da das Böse aber damit noch nicht überwunden war, wurde es in der "Maske des Guten" institutionalisiert. Somit konnte man im Namen Gottes ungehindert alles zerstören, dem man nur das Kleid des Bösen anlegen konnte. Die Zerstörung des "Bösen" mutierte zum Guten, zur sinnspendenden Erfüllung der verdrängten Instinkte des Menschen, der keinen Sinn mehr erfuhr und der mit Lust zerstörte, was sich nicht dem Joch der "Erlösung" unterwarf. Wie selbstverständlich aggressive Gewalt gegen Andersdenkende oder "Ungläubige" als Mittel zum Zweck verherrlicht wurde, zeigt folgende Bibelstelle:

Dann sah ich den Himmel offen, und siehe, da war ein weißes Pferd, und der, der auf ihm saß, heißt "Der Treue und Wahrhaftige"; gerecht richtet er und führt er Krieg. Seine Augen waren wie Feuerflammen, und auf dem Haupt trug er viele Diademe; und auf ihm stand ein Name, den er allein kennt. Bekleidet war er mit einem blutgetränkten Gewand; und sein Name heißt "Das Wort Gottes". Die Heere des Himmels folgten ihm auf weißen Pferden; sie waren in reines, weißes Leinen gekleidet. Aus seinem Mund kam ein scharfes Schwert; mit ihm wird er die Völker schlagen. Und er herrscht über sie mit eisernem Zepter, und er tritt die Kelter des Weines, des rächenden Zornes Gottes, des Herrschers über die ganze Schöpfung. Auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte trägt er den Namen: "König der Könige und Herr der Herren".
(Offenbarung 19,11-16)

So wenig es im Interesse der Religion liegen konnte, den Menschen zu befreien, um so mehr war es ihr Bestreben, die irrationalen Sehnsüchte aufzufangen und sie in gesellschaftliche Modelle einzubinden ("Bete und arbeite!"). Denn hätte der Mensch in dem, was er für Gott hält, nicht Gott, sondern nur seine eigene Sehnsucht erkannt, die sich ihm als Gott darstellt und die er nach seinem eigenen Bilde wahrnimmt, er hätte sich für die gesellschaftlichen Ziele der Herrschenden, die ihre Herrschaft immer in Verbindung mit dem kollektiv autorisierten Gott zu bringen verstanden, kaum benutzen lassen. Umgekehrt hätte er die Sinnfindungsansprüche seiner naiven Sehnsucht nicht so unbedarft in Verbindung mit seinen gesellschaftlichen Zielen befriedigen können!

Alles wird gut
09.02.2004, 09:36
Och....

Sidewinder
09.02.2004, 11:26
Also ich finde es ja an sich schon interessant, sich auch mal über religiös/philosophische Themen Gedanken zu machen, aber dass dann doch eher in mündlicher Diskussion, weil bis ich hier jetzt meine ganzen Ansichten dazu abgetippt hab, sitz ich ewig und wenn ich es dann durchlese hab ich das Gefühl, dass ich die Dinge nicht so rüberbringen konnte, wie ich wollte und der nächste kommt dann und versucht etwas zu entkräften, was ich SO gar nicht gemeint habe!
:-)
Ich schließe mich AWG an: Asche zu Aschen und Staub zu Staub! (gut merken! :-D )

masha
09.02.2004, 11:42
C.G.Jung: Moral wurde nicht in Form von Tafeln vom Sinai heruntergebracht und dem Volk aufgenötigt, sondern die Moral ist eine Funktion der menschlichen Seele, die so alt ist wie die Menschheit... Sie ist ein instinktives Regulativ, welches auch das Zusammenleben in der Tierherde ordnet.

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Zitat: Ich liebe den Bösen, der weiß, daß er böse ist, mehr als den Gerechten, der weiß, daß er gerecht ist. Von den Bösen aber gar, die sich für gerecht halten, ist das Wort gesagt: »Noch an der Schwelle der Unterwelt kehren sie nicht um.« Denn sie wähnen, man führe sie zur Hölle, damit sie die Seelen aus ihr erlösen.
Erzählungen der Chassidim

synosoph
09.02.2004, 16:31
@silva:

Man muß aufpassen, nicht zwei Dinge durcheinander zubringen:

Das eine ist Religion, wie sie gestiftet wurde und wie sie als kulturelle Kraft die Geschicke der Menschheit im Sozialen, Wirtschaftlichen, Politischen und Wissenschaftlichen vorangetrieben hat. Als offensichtlichstes und am besten geschichtlich dokumentiertes Beispiel mag hier der Islam herangezogen werden. Und auch die griechische Philosophie wäre ohne Einfluß der israelitischen Kultur nicht denkbar gewesen.

Das andere ist jene grauenhaft zum Mißbrauch verzerrte Religion wie sie von eigensinnigen und verblendeten Führern den Menschen teilweise gewaltsam aufgedrängt wurde.

Religion und - damit untrennbar verknüpft - gesellschaftliche Entwicklung zeigen sich geschichtlich als zyklisches Geschehen: Einer Frühlingszeit folgt die sommerliche Blüte, schließlich beginnt der Zerfall und tiefer dunkler Winter kehrt ein, bis erneut das Tauwetter einsetzt. Oder: Die Sonne geht morgens auf, wandert mittags zum Zenit und geht abends wieder unter. Aber Achtung, immer an der entgegengesetzten Himmelsrichtung! Die Menschen stehen nach Westen in die Nacht gerichtet und warten auf Licht, während hinter ihrem Rücken längst die Dämmerung einsetzt.

Schau in die Geschichte und Du wirst sehen, daß sich die Dinge gesetzmäßig wiederholen.

silva
09.02.2004, 17:36
@synosoph:
ein tolles post.

denkst du, wenn du von zyklen sprichst
an die weltmonate, bei denen solche merkmale beobachtet wurden, der untergang ganzer kulturen, religionen, ansichten...?

das zeichen der kathol. kirche, die fische sind ein huldigung an das zeitalter der fische, das zu ende geht, die kathol. kirche sind leer...nur ein beispiel....

erklärung:
kosmisches weltenjahr
als zeiteinteilung in der astrologie wird nicht das irdische jahr angesehen, sondern das kosmische weltenjahr. es wird als maßstab genommen, die zeitspanne, die den "frühlingspunkt"(schnittpunkt der gedachten linie vom himmelsäquator aus mit der sonnenekliptik) braucht, um die sternenbilder am himmel zu duchwandern.
der gesamte umlauf durch den tierkreis dauert 26.000 jahre, also verweilt die erde 2.100 jahre in jedem tierkreiszeichen(weltenmonat).
das astrologische jahr beginnt mit der frühlings-tagundnachtgleichen.
der frühlingspunkt befand sich in den letzten 2.100 jahren im zeichen der fische und bewegt sich nun in das zeichen des wassermanns.

synosoph
10.02.2004, 19:26
Beitrag aus persönlichen Gründen gelöscht.