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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Langzeitarbeitslose statt Zivis ?



Sani
16.02.2004, 00:27
ich will auch mal ein Thema zur Diskussion stellen:

"Langzeitarbeitslose sollen nach einem Vorschlag der Opposition künftig zum Zivildienst herangezogen werden können. Sozialhilfeempfänger müssten der Gesellschaft eine Gegenleistung erbringen, erklärten FDP-Vizechef Rainer Brüderle sowie die Unionsabgeordneten Karl-Josef Laumann und Max Straubinger in der "Bild am Sonntag"."

>>>>zum Artikel von N24.de<<< (http://www.n24.de/politik/inland/index.php?a2004021511011984931)

was meint ihr dazu ?

Pascal
16.02.2004, 09:49
Find ich in Ordnung.

Challenger
16.02.2004, 10:35
Der Königsweg ist das mit Sicherheit nicht. Wie in dem Artikel bereits anklingt, kommt es bei sozialen Diensten vor allem auf die innere Einstellung an. Wer wider seinen Willen dazu gezwungen wird, mit alten od. behinderten Menschen zusammenzuarbeiten, wird letzten Endes mehr Schaden anrichten als dass er sich nützlich macht.

Gerade für den pflegerischen Bereich muss man ein "Händchen" haben. Das beinhaltet, dass man sich vor den Pflegebedürftigen nicht ekelt, dass man ihnen mit Einfühlungsvermögen und Empathie begegnet und trotz der häufig anstrengenden und frustranen Arbeit ein Mindestmaß an Motivation und "Berufsidealismus" aufzubringen imstande ist.

Ich bezweifle, dass zum "Zwangsdienst" verdonnerte Arbeitslose diese Grundvoraussetzungen erfüllen würden.

Pascal
16.02.2004, 11:06
Natürlich ist jemand der sich sträubt nicht geeignet um Patienten zu pflegen. Aber es gibt noch genügend ander Aufgaben die dder Allgemeinheit zu gute kommen. Und wenn es Landschaftsgärtnerei ist.

Und was das Wider seinen Willen angeht. Ich hab glaube ich auf dem Musterungsbogen die Rubrik Wollen sie eingezogen werden oder lieber nicht übersehen.

ClooneyGeorge
16.02.2004, 11:56
Naja Pascal also ich brauch Dir glaube ich nicht den gravierenden Unterschied zwischen dem Wehrdienst/Zivildienst und diesem sog. "Arbeitszwang" zu erläutern, zumal man im Zivildienst das Recht hat eine Art "Pflegedienstverweigerung" abzugeben, so dass man in keinem pflegerischen Bereich eingesetzt werden kann/darf.


Im Grunde trifft Challenger meiner MEinung nach den Nagel auf den Kopf.
Der Wegfall des Zivildienstes und der riesige Graben an wegfallendem Pflegepersonal erfordert in erster Linie ein gravierendes Umdenken in unserer Gesellschaft, ein Wechsel weg von der "Zivi-Pflege-Kultur" hin zu mehr "ehrenamtlichem Engagement".
Man muss sowas wie ein "soziales Jahr" salonfähiger machen, lukrativer, mehr fördern, vielleicht auch für Leute die studieren möchten schon ein wenig mit dem Studium verflechten (für Mediziner zum Beispiel nach dem Abi ein Jahr Arbeit im Krankenhaus).
Dabei finde ich eine Zivi-ähnliche Bezahlung wünschenswert, jedoch nicht unbedingt erforderlich.
:-meinung

Langzeitarbeitslose zu "zwingen" kann man knicken, doch was spricht dagegen einem Erwerbslosen die Arbeit in pflegerischen Bereich lukrativ zu machen durch ein ausgeklügeltes Fördersystem, sprich Weiterbildungsmöglichkeiten, kleiner finanzieller Anreiz etc...

Alles wird gut
16.02.2004, 12:31
Pinzipiell bin ich ja auch gegen staatlichen "Zwangsdienst"... ist aber auch ein böses Wort... andererseits muss ich sagen, dass ich meine Zivi-Zeit sehr genossen habe und viele prägende Erfahrungen gemacht habe, die ich ohne den "Zwang" nie gemacht hätte.
Ich finde die Geschlechterunterscheidung unangemessen und das man begründen muss, dass man nicht töten will und nicht umgekehrt...
Ich finde eigenlich auch, dass man einem Menschen zumuten kann, dass er ein Jahr in seinem Leben etwas für die "Allgemeinheit" tut.

Die Idee mit den Arbeitslosen finde ich prinzipiell sehr gut. Es wäre dann halt so, dass wer keine Anstellung findet, beim "Staat" eine bekommt! Es darf dann nur nicht so ausfallen, dass der "Arbeitslose" keine Zeit mehr hat, sich nach einem anderen Job um zu sehen. Und man müsste die Gelegenheit bekommen durch die Arbeit Zusatzqualifikationen zu erhalten, die die Chancen auf eine "echte" Anstellung erhöhen.

Hellequin
16.02.2004, 15:56
Original geschrieben von Alles wird gut
Die Idee mit den Arbeitslosen finde ich prinzipiell sehr gut. Es wäre dann halt so, dass wer keine Anstellung findet, beim "Staat" eine bekommt!
Hört sich für mich wie ABM an! ;-) Ich denke zwar auch, das Arbeitslose in die Gemeinschaftsarbeit mit eingezogen werden sollen, teile aber die die Skepsis hinsichtlich eines zwangsweisen Einsatz im sozialen Bereich. Finde, das man hier Freiwilligendienste einfach attraktiver gestalten muss.

Leelaacoo
16.02.2004, 18:02
Hi!
Also zum geschlechtspezifischen Wehr/Zivildienst: War es nicht so, daß Frauen Kinder bekommen haben (jetzt ja immer weniger)? Und damit was für die Allgemeinheit leisteten...bevor jetzt groß Gebrülle anfängt...ich weiß auch, daß mittlerweile Männer Elternzeit nehmen können (wenn sie's denn auch tun würden...meiner hats zumindest zugesichert...mal sehen...). Also müßte man jetzt ja überlegen, daß auch Frauen ein Jahr ableisten sollten. NUR, die Bundeswehr soll ja verkleinert werden oder gar zu einer Berufsarmee mutieren (perönlich bin ich ja dafür)...für junge Leute generell ein Pflichtjahr einzuführen, halte ich aber für kontraproduktiv. Immerzu wird geschrien, daß sowohl die Schulabgänger als auch die Uniabsolventen im Schnitt viel zu alt seien...ein extra Jahr hilft hier sicher nicht. Auch müssen die jüngeren Leute heutzutage viel mehr für die Absicherung ihrer Renten tun...ein Jahr weniger arbeiten heißt weniger Rente...und ein Jahr weniger Steuern für den Staat.
Langzeitarbeitslose (die gesundheitlich dafür in Frage kommen natürlich) sollten meiner Meinung nach zur Pflege herangezogen werden können...erstens weil sie in ihrer Ausfallzeit ja weder Steuern zahlen noch etwas für ihre Rente tun, zweitens weil es durchaus eine Wiedereingliederung ins Arbeitsleben sein kann (geregelter Alltag, Kollegen, Kontakte zur Außenwelt, Bestätigung für die eigene Leistung, Freude am Menschen, Anerkennung...) und drittens weil ja auch sie später eventuell Pflege bräuchten...also eine Investition in die Zukunft. Fallen dann die Zivis weg, dürfte es auch bei der Finanzierung keine großartigen Probleme geben.
Wenn jetzt jemand sagt, sie wären fachlich dazu nicht in der Lage...das sind 18jährige Zivis auch nicht...aber nach ein paar Wochen weiß man ja wie der Hase läuft...natürlich ersetzt das keine Krankenschwester und keinen Pfleger...aber vielleicht würden sich dann ja einige dieser Arbeitslosen dafür entscheiden, im Fach zu bleiben und umzuschulen???
Ich kann jedenfalls nicht erkennen, wo da größere Schwierigkeiten stecken...und man muß die Leute ja nicht mit vorgehaltener Waffe ans Patientenbett zwingen...ich bin mir im gegenteil ziemlich sicher, daß viele gerne dort arbeiten würden.
Also, :-dafür (nur wird sowas ja doch nie und nimmer durchgesetzt...hmpf).
LG Lee

Tokay
18.02.2004, 23:20
Auch mal meinen Senf dazu.

Dieser "Zwangsdienst weils keiner bezahlen will" (was anderes ist es nämlich nicht) für Junge Leute ist ohne Grundgesetzänderung eh nicht möglich.

Mal zurück zu den Wurzeln. Der Zivildienst hat mal angefangen als unangenehme Alternative zum Wehrdienst (der grundgesetzlich gedeckt ist).

Im Laufe der Jahre wurde (in Ermangelung des Geldes) der Zivildienst mehr und mehr zur billigen Arbeitskraft, wobei der Wehrdienst (in Ermangelung eines "Feindes") mehr und mehr seine Bedeutung und auch seine Gerechtigkeit verloren hat.

Unbenommen, was ich aus meine Zivildienst damals alles gelernt habe (fachlich und persönlich) und was ich für mich mitgenommen habe, ist und bleibt es ein Zwangsdienst, der seine (nicht nur rechtliche) Legitimation aus dem Wehrdienst zieht.

Fällt der Wehrdienst, fällt auch die Grundlage für den Zivildienst.
Alternativ einen Zwangsdienst aus Geldmangel zu erschaffen ist bei momentan geltendem Grundgesetz nicht möglich (und in dieser Beziehung ist eine Änderung des GG mit den im Bundestag vertretenen Parteien nicht möglich).

Da muß sich niemand Begründungen aus den Fingern saugen, eine Einführung eines Zwangsdienstes im Sinne des Zivildienstes hat nur eine Begründung: Geldmangel.
Natürlich kann man Persönlichkeitsentwicklung anführen, auch ich möchte meinen Zivi nicht missen, aber das ist nicht Sinn und Zweck des Zivildienstes und auch nicht Aufgabe des Staates.


Tokay

Pascal
27.02.2004, 10:26
Was heist hier eigentlich Zwangsdienst? Das hört sich für mich nach arbeitslagern an. Das kanns natülich nicht sein. Worin ich allerdings null Problem sehe wäre wenn Langzeitarbeitslose so sie Arbeitsfähig sind auch was für die Allgemeinheit tun können. Sie leben ja auch davon das die Allgemeinheit für sie zahlt. Wenn ich also 25 bin Arbeitslosengeld oder Hilfe oder Sozialhilfe beziehe und keinerlei gesundheitliche Einschränkungen habe dann sehe ich keinen Grund warum ich nicht ein oder zwei Tage in der Woche mal was für die Allgemeinheit tun kann. Ob das nun Heckenschneiden oder Müll aufsammeln im Park oder Bettenschieben im Krankenhaus ist ist mir egal.

grim
20.03.2004, 18:26
Ich würd sofort ein freiwilliges Jahr an meinen Zivildienst dranhängen wenn ich dafür zwei Jahre Wartezeit erlassen bekommen würde und ich denke Anderen geht es auch so. Da kämen schonmal ziemlich viele Leute zusammen. Wenn der Staat lukrative Gegenleistungen bringen würde gäbe es genug motivierte FSJ'ler. Dann könnte man sich die Arbeitslosen auch sparen. ( Die immerhin eine Versicherung abgeschlossen haben so btw. Man kann jemandem der eine Vollkasko Versicherung für sein Auto abgeschlossen hat ja auch nicht "OK wir zahlen dir den Schaden - aber nur wenn du für uns Arbeiten gehst" sagen. )

Pascal
20.03.2004, 22:16
Ähm, also der Vergleich mit der Kasko hinkt nun doch etwas. Um nicht zu sagen er hat keine Beine und seinen Rolli gleich auch noch vergessen.

Bei der Arbeitslosenversicherung handelt es sich um etwas ganz anderes als einer Autoversicherung. Das eine ist ein Solidaritätsprinzip und das andere eine Geschäftliche Vereinbarung. Man versichert ja mit seinen Beiträgen auch nicht sein Risiko sondern Zahlt einen Beitrag der alle absichert. Sonst müste man ja je nach alter, Berufsgruppe, Ausbildungsstand und Marktsituation unterschiedlich hohe Beiträge zahlen.
Außerdem würde ich auch sofort zustimmen, das man nterschiedlich behandelt werden muß je nachdem was man schon getan hat. Ein 50 Jähriger der die letzten 30 Jahr gearbeitet hat hat seinen Teil beigetragen und kann in meinen Augen nicht mit einem 20 Jährigen der noch nie eingezahlt hat verglichen werden.

Leelaacoo
21.03.2004, 09:48
Außerdem, Langzeitarbeitslose sind ja meist Sozialhilfeempfänger...was eben keine Versicherungsleistung ist...es sagt ja niemand, daß wenn du ein halbes Jahr arbeitslos bist, dir gleich eine Zwangsmaßnahme droht....nach 5 Jahren erfolglosen Suchens ist aber das Angebot, im Pflegebereich zu arbeiten, vielleicht gar nicht so unerwünscht.
LG Lee