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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Berufsfrust



Captain Cosmotic
09.03.2004, 20:55
Jetzt ist es soweit! Kaum angefangen macht sich Berufsfrust breit :-((
Seit Ende letzten Jahres bin ich AiP´ler an einer Uniklinik und ich muss mit Erschrecken feststellen, dass mir der Job von Tag zu Tag weniger Freude macht. Allgemeine Frustration, die ich nicht mal an einzelnen Ereignissen festmachen kann.
Zwar gehöre ich sicherlich nicht zu den helferkomplexbehafteten Illusionisten der Branche, aber trotz alledem bin ich maßlos enttäuscht vom Umgang miteinander und den Patienten. Ich ärgere mich über die Prioritäten der Chefetagen und bin es leid, ständig mit Scheuklappen durch die Klinik zu rennen, um nicht noch mehr Abgründe wahrzunehmen...

Keine Ahnung, ob so ein Einbruch in den ersten AiP-Monaten normal ist oder ob ich unter klassichem Burn Out leide. Jedenfalls ist es schmerzhaft, nach 7 Jahren Studium zu merken, dass man vielleicht doch gar nicht für den Job in der Klinik geschaffen zu sein, Oder das es erst nach 7 Jahren richtig losgeht...?

Betrübte Grüsse,
Der Captain

Feuerblick
09.03.2004, 21:14
Hi Captain!

Ich befürchte, du bist in der Phase VOR der Resignation, die die meisten Klinik-Docs früher oder später befällt. Wenn ich mir angucke, was die Assistenzärzte zu tun haben, wieviel Zeit sie für ihre Patienten haben (oder eben nicht) und was letztlich an Privatleben bleibt (falls überhaupt), dann weiß ich ehrlich auch nicht mehr, wofür ich mir diese sechs Jahre Studium und momentan diese Schinderei als PJ angetan habe respektive noch antue. Da hilft es auch nicht, wenn man seinen Traumjob ausüben darf... Dazu kommt noch dieses dauernde Hick-Hack was die Rangordnung unter den Ärzten angeht. Wehe, man übertritt unsichtbare Grenzen!!!
Vielleicht wird es irgendwann besser.... hoffen darf man ja mal. Aber solange man nicht anfängt, miteinander wenigstens unter Kollegen vernünftig umzugehen, wird das wohl nichts. :-???

Liebe Grüße
vom Funkelauge (die das Chirurgie-Tertial aus tiefstem Herzen haßt)

Sebastian1
09.03.2004, 22:20
Hm.

Ich bin gerade mal mit dem ersten klinischen durch und kann daher mal so grade gar nicht wirklich mitreden. Aber ich bekomme grade den Eindruck, dass sowas auch sehr davon abhängt, was man will und was man dann damit macht. Konkret: Ich hab miterlebt, was Docs gerade in grossen Kliniken leisten müssen und wie frustriert die manchmal sind. Zur Zeit mach ich grade eine Famulatur in der Anästhesie eines eher kleinen Hauses. Klar - auch da haben die Leute Dienste, schieben Überstunden etc - aber ich hab da einfach das Gefühl, dass das Team dort im OP (also nicht nur die Anästhesie, sondern auch Chirurgen, OP- und Anästhesiepflege etc.) da einfach im grossen und ganzen gut funktioniert. Und ich hab auch schon erlebt, dass das Op-Programm für den Tag schlicht und einfach um 14 Uhr zu Ende war - in der Uniklinik, so wie ich es miterlebt habe, völlig undenkbar, da wurde bis in die Nacht hinein operiert - und nicht nur Notfälle. Sicher ist es nicht möglich, nach ein paar Wochen Famulatur wirklich komplett in die Strukturen so einer Organisation hineinzuschauen, aber der Eindruck ist auf jeden Fall ein ganz anderer.
Auf der anderen Seite muss man halt auch wissen, ob man damit dann zufrieden ist, in einem kleine Haus zu arbeiten, was keine Uniklinikmediziin sondern eher ein Standardrepertoire bietet - Karriere macht man damit vielleicht wesentlich schwerer als wenn man sich in der Uniklinik den allerwertesten aufreisst, am besten noch viel Forschung und Lehre in seiner unbezahlten "Freizeit" dazu macht etc. Aber das mein ich halt mit "Man muss wissen, was man will".
Vielleicht ist das jetzt auch alles hanebüchener Unsinn, über den die meisten PJler, AiPler oder Assis unter euch nur müde lächeln können, aber so ganz von der Hand zu weisen find ich die Gedanken nicht. Zumal mir da dann auch von mehreren Assis, tw. kurz vor Erlangen des Facharztes gesagt wurde, dass sie zufrieden sind und genau den Job noch mal machen würden, wenn sie wählen könnten.

Ich wünsch euch jedenfalls auf lange Sicht alles Gute und nicht so viel Frust mit dem Job :-top
Sebastian

DerBlinde
10.03.2004, 05:55
Das vergeht wieder...
Wenn erst einmal der Frust vom Zynismus abgelöst wurde, kommt irgendwann auch wieder der Spaß an der Arbeit :-))
Wobei das in der Anästhesie schon schwierig werden kann, Captain ;-) :-))

airmaria
10.03.2004, 07:41
Willkommen im Arbeitsleben ;-)

Es hat überhaupt nichts mit dem Beruf Arzt, oder dem Ort Krankenhaus zu tun: in einem größeren Betrieb herrschen immer gewisse Regeln, man ist Abhängig vom direkten Vorgesetzten und allen anderen darüber auch...

Vielleicht versteht man so besser, warum ich immer sage, ich habe das Studium genossen, regelrecht zelebriert, mir die Freiheiten herausgenommen, die es bietet, nicht gleich die allererste Stelle besetzt, nur um endlich zu arbeiten.. usw, usw..

Irgendwo habe ich auch schon früher geschrieben, dass ich den vergrämten Ärzten im KHS nicht vorwerfe, daß die Situation so schlecht ist, aber was ich ihnen vorwerfe, ist das Gejammere!

Entweder, es ist gut, dann bleibe ich, oder es ist schlecht:
dann versuche ich es zu ändern (es gibt nichts schlimmeres, als den Satz: das war aber schon immer so!), sollte das auf längere Sicht nicht möglich sein, muß man eben die Kosequenzen ziehen:
und gehen!

Natürlich ist das nach ein paar Monaten AIP noch viel zu früh und vielleicht nur eine Phase, aber schon hier besteht die Gefahr, abzustumpfen und sich seinem "Schicksal" zu ergeben, was dann zu dem leider sehr häufigen frustriertem Arztsein führt.

"Mary" airmaria

biba
10.03.2004, 11:42
Hm...hilft den hier betroffenen auch nicht, aber vielleicht als Anreiz für alle werdenden AiPs/Assis muss ich mal wieder eine Bresche für kleine Häuser schlagen!
Es geht auch anders!
Mag sein, dass die Pädiatrie auch von der Zusammensetzung der Charaktere her nicht unbedingt mit anderen Fächern immer vergleichbar ist, aber DEN Frust kenne ich nicht. Wir sind ein kleines Team, 1 Chef, 2 OÄ, 4-5 Assis/ÄiPs, haben entsprechend 6-8 Dienste - aber trotzdem. Klar ärgert man sich auch mal über die anderen, klar hat man Stress, aber in einem kleinen Team ist alles etwas familiärer. Die Aussprachen, der Zusammenhalt, man kennt alle Patienten und hat doch immernoch genug Zeit für Gespräche - und im Gegensatz zu den großen "Fabriken" kommt man bei uns auch noch pünktlich um halb fünf raus...
Außerdem lernt man von Anfang an mehr, als wenn man in fünfter Reihe steht und nur für das benutzt wird, wozu sonst keiner Lust hat.

Also, wenn ihr euch bewerbt, denkt ruhig mal über kleine Häuser nach. An den großen die Weiterbildung fertig machen kann man immernoch - dann aber mit mehr Erfahrung und Rückgrat!

Luccas
10.03.2004, 12:23
Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde ist, ob jemand von Euch Erfahrungen damit hat, ob die genannten üblichen Frusterlebnisse in klinischen Fächern auch für technische Disziplinen wie Diagnostische Radiologie oder Nuklearmedizin gelten. Oder wenn nicht, was da dann für anderweitige böse Überraschungen lauern können.

Aufschneider
14.03.2004, 08:02
Moin,

bin auch seit kurzem An.-AIP. Auch großes Haus. Klar ist alles etwas desillusionierender als befürchtet, aber im Großen und Ganzen... hängt halt immer auch von der Bodenhaftung der Leitung ab und da haben wir hier eigentlich nicht zu klagen.
Außerdem isses immer so, wenn man mit nem System nicht klarkommt und trotzdem drinhängt entweder dran kaputt geht oder sich über kleine Sachen freut, die man selber besser macht als der Rest.
Also wenn man sich über den Umgang mit Patienten ärgert, warum nicht selber mit gutem Beispiel vorangehen?
Wenn das nicht hilft empfehle ich einen zweimonatigen Aufenthalt in einem afrikanischen Haus.

Chritz

lala
14.03.2004, 10:18
Hi Captain,

wie ich schon in einem andern Thread mal irgendwann geschrieben habe,ging mir das ganz ähnlich.
Ich glaube dieser Frust ist normal - zZ sehe ich wie mein Nachfolger gerade diese Phase durchmacht ;-)

Ich hatte nach nur 2 oder 3 Wochen echt Lust alles hinzuschmeißen und mich schon nach Alternativen zur Medizin überhaupt informiert und hatte zeitgleich auch 2 Abwerbungsgesuche von andern Häusern - bin trotzdem geblieben.

In den letzten 18 Monaten hab ich immer wieder Situationen gehabt wo ich sowas von keine Lust mehr hatte (zuviel Arbeit, zu viel Dienste, zu viele Überstunden und dazu noch Rumgezicke....)!
Irgendwie gewöhnt man sich aber an die Situation und bleibt doch -wobei ich nicht sagen will, dass es richtig alles einzustecken.Wenn es an der Arbeitssituation oder am Klima liegt sollte man das mal unter Kollegen /Oberärzten ansprechen und versuchen was zu ändern.

Halt durch :-top
lala