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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Antibiotika in der Klinik



nochnixdoc
11.03.2004, 06:42
Möchte gerne eine Diskussion zum Thema Antibiotika in der klinischen Anwendung anregen, um das Lernen mal etwas anschaulicher zu gestalten.

Welche Antibiotika werden denn in der Klinik so allgemein eingesetzt und machen Sinn.

Ja,ja ich weis je nach Kultur und Antibiogramm aber so als erste Verdachtsantibiose nach Blut,Kultur abnahme???

Als wer kann helfen.

Was gibt man wie? welceh Dosis? Wie lange??
(Vielleicht wirds auch ein kleiner Leitfaden)

Bei Harnwegsinfekt? WElche AB , welche Dosis wie lange???

Bei Pneumonnie? ambulant?/stationäre Patienten?

Bei Bronchitis?

Bei Erysipel?, Lymphangitis?

Stichverletzung?

Bauch OPs?

etc.

Also wer kann helfen bitte :-) um die Antibiotika mal etwas besser einordnen zu können.
Hoffe auf eine Antwort
Gruss Nochnixdoc

Kackbratze
11.03.2004, 08:52
Hast Du etwas in der Blase, nimmst du
COTRIM
keine Frage ;)

oder Cortim forte....wenn ganz schlimm läuft....

DerBlinde
11.03.2004, 10:08
Allgemeinchirurgischer Grundsatz:
Wenn Clont nicht mehr wirkt, nimmt man...













........ mehr Clont! :-))

FataMorgana
11.03.2004, 10:27
Ich fange mal mit etwas einfachem an: unkomplizierter Harnwegsinfekt. Wir behandeln diesen bei eindeutigem U-Status (hohe Leukozyten, evtl. Nitrit) sofort nach Abgabe des Urins für die Kultur, meist schon vor Erhalt der Keimzahl.

Die Therapiedauer beträgt in aller Regel 3 Tage. Es gibt auch Schemata für eine Single-Dose-Therapie, diese wenden wir aber nicht an.

Im Prinzip kommen als Antibiotika in Betracht:

1. Trimethoprim, evtl. in Kombination mit Sulfamethoxazol (Dosis für Trimethoprim alleine 2x200 mg/d, für Cotrimoxazol 2x960 mg/d, dabei sind 160 mg Trimethoprim und 800 mg Sulfamethoxazol). Wichtigste Kontraindikation: Niereninsuffizienz. Präparat z. B. Bactrim forte.

2. Fluorchinolone, z. B. Ciprofloxacin (2x250 mg/d) oder Norfloxacin (2x400 mg/d). Präparat z. B. Ciprobay.

3. Orale Cephalosporine, z. B. Cefaclor (3x250 mg/d).

4. Aminopenicilline + Beta-Lactamase-Inhibitor, z. B. Amoxicillin + Clavulansäure (3x500 mg Axomicillin, 3x125 mg Clavulansäure/d). Präparat z. B. Augmentan.

Ein Aminopenicillin alleine sollte man meiner Meinung nach nur verwenden, wenn man die Möglichkeit zur sofortigen Korrektur der Therapie nach Erhalt der bakteriellen Resistenzprüfung hat, z. B. unter stationären Bedingungen. Resistente oder zumindest intermediär sensible E. coli sind leider sehr häufig.

Die Therapie sollte wann immer möglich per os erfolgen. Eine i.v.-Therapie beim unkomplizierten Harnwegsinfekt ist übertrieben und viel zu teuer. Sie kommt allenfalls in Frage, wenn der Patient nicht schlucken kann. Dann sind z. B. Kurzinfusionen mit Ciprofloxacin, Cefuroxim oder Ampicillin+Sulbactam möglich.

ehemalige Userin 24092013
11.03.2004, 12:14
Also, wenn man erstmal keinen Plan hat, ausser beim HWI, dann Tazobac 3xtgl, 4,5g i.v. und wenn´s Antibiogramm da ist...setzt man um...oder nimmt dazu...oder lässt alles.


Gruss Kaddel

Lava
11.03.2004, 15:16
Bei uns in der Unfallchirurgie kriegen alle (fast) immer Cefuroxim. Sowohl bei irgendwelchen Infekten als auch zur Prophylaxe bei OPs.

FataMorgana
11.03.2004, 18:07
Original geschrieben von Janine
Bei uns in der Unfallchirurgie kriegen alle (fast) immer Cefuroxim.

Typisch Chirurgen! Völlig undifferenzierte Indikationsstellung und Auswahl der Antibiotikatherapie.

Wenn wir vom Labor her Verdacht auf einen bakteriellen Infekt haben, aber keine Focus finden und trotzdem eine Therapie notwendig scheint, beginnen wir meist mit Ampicillin + Sulbactam. Piperacillin + Tazobactam ist sicher auch geeignet, aber für meinen Geschmack etwas zu teuer und breit für den Anfang. Dies würde ich mir als Reserve aufheben, falls Aminopenicillin + Betalactamaseinhibitor nicht greifen. Weitere Breitspektrumantibiotika als "letzte Reserve" sind z. B. Carbapeneme (Meropenem oder Imipenem + Cilastatin), moderne Fluorchinolone (Levofloxacin, Moxifloxacin) oder moderne Cephalosporine (Cefotaxim, Ceftriaxon, Ceftazidim, Cefepim, evtl. in Kombination mit einem Aminoglykosid).

Eine ambulant erworbene Pneumonie, bei der eine stationäre Aufnahme nötig wird (dies sind ja ohnehin eher die schwereren Fälle), behandeln wir in der Regel mit Cefuroxim i.v. + Roxithromycin p.o. Wenn dies nicht hilft, stellen wir das Cefuroxim auf Cefotaxim um. So lassen sich Pneumonien in aller Regel sehr gut beherrschen. Bei V. a. Aspirationspneumonie bietet sich die Kombination aus Aminopenicillin und Betalactamaseinhibitor an (wir verwenden dann Unacid i.v.). Eine nosokomiale Pneumonie sollte man sicherlich von vornherein breiter behandeln (z. B. mit Ceftriaxon).

Lava
11.03.2004, 18:57
Typisch Chirurgen! Völlig undifferenzierte Indikationsstellung und Auswahl der Antibiotikatherapie.

Ich weiß! Aber auf mich hören die ja nicht. :-D

(Wenn sie das tun würden, hätte uns das im OP heute locker ne Dreiviertelstunde gespart...)

modesty
11.03.2004, 19:23
Original geschrieben von Janine
Ich weiß! Aber auf mich hören die ja nicht. :-D

(Wenn sie das tun würden, hätte uns das im OP heute locker ne Dreiviertelstunde gespart...) Ach, es geht doch nichts über bescheidene Famulanten im zweiten klinischen Semester, die alles besser wissen (als der Chef)...

modesty

Lava
11.03.2004, 19:34
Genau aus dem Grund halt ich ja die Klappe und denk mir meinen Teil. Aber in DEM Fall hab ich wirklich mal recht gehabt. ;-)

flatliner
11.03.2004, 21:07
Da würd ich diese kleinen, praxisorientierten Bücher über Antibiotika empfehlen - die benutzen bei uns in der Klinik viele Ärzte und die passen auch in die Kitteltasche. Manchmal kann man sich die auch von den Herstellern schicken lassen.

nochnixdoc
11.03.2004, 21:46
bitte mal den titel eines solchen buches :-)
und vielleicht auch wo man es kriegen kann :-) umsonst?
gruss und danke für die bisherigen antworten
nochnixdoc

Leelaacoo
11.03.2004, 22:13
Ach ja...in der Derma, was hilft da wohl immer???
Staphylex natürlich!!!

(Nach dem 2ten Praktikumstag konnten wir das schon im Chor bei der Visite... :-)) )

LG Lee (und was hilft immer in der österreichischen Psychiatrie???
PSYCHOPAX...hach, dat war toll!)

FataMorgana
12.03.2004, 16:02
Original geschrieben von nochnixdoc
bitte mal den titel eines solchen buches :-)
und vielleicht auch wo man es kriegen kann :-) umsonst?

Relativ verbreitet und brauchbar ist z. B. der Sanford Guide to Antimicrobial Therapy. Gibt es manchmal kostenlos von Pharmafirmen. Siehe hier:

http://www.sanfordguide.com/

Lava
12.03.2004, 17:04
Von dem Verlag, der Arzneimittelpocket macht, gibt's auch ein Infektionen pocket. Vielleicht ist das auch ganz gut. Klein ist es jedefalls. (Und EKG pocket gibt's übrigens auch)