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airmaria
25.09.2008, 16:44
Daten fehlen? Glaub mir, wenn die Krankenkassen damit sparen könnten, wären sie die ersten, die solche Daten finden oder ggf. selbst produzieren.
ähhh ja, mein reden ;-)


Dein zweites Argument zieht aber in keinem Fall und würde unser komplettes juristisches und gesellschaftliches Selbstverständnis auf den Kopf stellen.
vielleicht hätte ich den konjunktiv benutzen können, um meine meinung - welche ziemlich klar ist - zu verdeutlichen :-))
airmaria

Flemingulus
25.09.2008, 17:40
Ich geh mal davon aus, dass in dieser körperfixierten Gesellschaft niemand freiwillig dick ist, deshalb halte ich die Adipositas für einen der unfairsten Aufhänger, um eine Diskussion zu führen, inwieweit die Volksgemeinschaft (:-kotz ) den Tatbestand des "vorsätzlichen Krankwerdens" bestrafen sollte.

Und bevor eine Plutokratie des Wohllebens eingeführt wird (ein paar, die sich's leisten können, zahlen den Extraobulus und führen ein kurzes, fröhliches Hedonistendasein, während der Rest in körperlicher Fitness seiner Altersdemenz entegensieht), sollte man dem Gesundheitssystem wohl lieber unproblematischere Einsparmaßnahmen angedeihen lassen.

Sandy1964
07.08.2011, 19:21
...bin ich nachdem ich hier einige Beiträge gelesen habe.
Ich hatte 20 Jahre die Diagnose "Adipoistas permagna", mache seit 15 Jahren Psychotherapie und bin immer noch traumatisiert durch den Umgang der Gesellschaft mit dem Äußeren der stark Übergewichtigen Menschen. Zu neudeutsch "Mobbing" (oder verstecktes Lästern unter Medizinern)

Meine Antwort:
Urteile nie über einen Menschen,
bevor du nicht
sieben Meilen in seinen Schuhen
gegangen bist ...
(Indianische Lebensweisheit)

Coxy-Baby
07.08.2011, 19:28
Wow und dafür extra angemeldet....und reanimiert.

Espressa
07.08.2011, 20:16
Meine Antwort:
Urteile nie über einen Menschen,
bevor du nicht
sieben Meilen in seinen Schuhen
gegangen bist ...
(Indianische Lebensweisheit)

...denn wenn du dann über ihn urteilst, hast du sieben Meilen Vorsprung, und er hat keine Schuhe!

Naja Spass bei Seite, darf ja eh jeder fett sein wie er möchte. Aber darf sich dann halt nicht mockieren, wenn man ihn nicht ordentlich behandeln kann.

Ich hab das Problem auch gelegentlich, wenn sich Leute wegen ihres Bauchumfangs nicht an die Spaltlampe setzen können. Tonometrie funktioniert so aber nun mal am besten...

Ich bin in der Arbeit nie gehässig zu dicken Leuten. Aber ich werde sauer, wenn die gehässig zu mir werden - weil sie eben nicht mehr an Untersuchungsgeräte passen.
Ich finde nicht dass die Gesellschaft noch in Adaptation des Umfelds an eine pathologische - und das meist selbst verschuldet - Befölkerungsgruppe investieren muss.

Kackbratze
07.08.2011, 23:56
Yeah, wir sind schuld am "versteckten Mobbing" und vorallem auch an 15 Jahren Psychotherapie.
Adipositaschirurgie birgt nicht den gewünschten "quick fix", den sich die Patienten wünschen und erleben wollen, speziell wenn kein Therapiewunsch, sondern nur ein Symptomlinderungswunsch existiert.

Und was das "lästern" über adipöse Menschen im Vergleich zu anderen Menschen, die auf Grund von Verhalten oder selbstzugefügten Krankheitszuständen gegenüber Ärzten auffällig werden anbetrifft sehe ich da keinen Unterschied, so dass sich die Adipösen da nicht gesondert auf ein Podest stellen sollten.

Michael72
08.08.2011, 06:27
Gibt's eigentlich Zahlen dazu, wieviel die ganzen 15-jährigen Hungerhaken mit BMIs von 12, 11 und 10 im Jahr an Geld für Psychotherapie und stationäre Zwangsmästung verschlingen? Vielleicht sollten wir einfach mit dem Finger auf Anorexiepatienten zeigen und "Du hässliche Bohnenstange" und "Widerliches Knochengerippe" rufen, dann haben wir doch sicherlich einen ähnlichen Heilerfolg wie bei adipösen. Ach, Moment, die einen sind ja krank, und die anderen selbst schuld. Hab' ich gerade vergessen... Ausserdem sehen die Dünnen ja auch viel besser aus...

Kackbratze
08.08.2011, 06:52
Adipositas ist, bei den meisten Patienten, Symptom einer anderen Erkrankung. Wenn es allerdings um bariatrische Chirurgie geht, ist diese Grunderkrankung weg, Symptome und Probleme werden Dissimuliert, damit man bloss den OP-Termin und die Kostenzusage bekommt und die eigentliche Ursache vergessen.
Schuld ist dann nurnoch die Gesellschaft/Arzt, welche den betroffenen zum Essen gezwungen hat.
PostOP geht die Fresserei dann leider weiter und die OP mit Risiken und Nebenwirkungen ist ein Mißerfolg. Und der Arzt schuldig an dem Zustand.

Michael72
08.08.2011, 07:06
Eben. Wie bei den Magersüchtigen. Da ist ja auch die Gesellschaft schuld... Quatsch beiseite, beides ist eine behandlungsbedürftige Krankheit, nur leider kriegen es viele nicht in der Birne dass Fresssucht ebenso eine Krankheit wie Magersucht ist. Oder Alkoholsucht. Oder Spielsucht. Oder Drogensucht. Komischerweise hat aber nur die Fresssucht das Stigma des selbstgemachten. Kein Mensch bei Verstand würde auf die Idee kommen, dass man eine Magersüchtige mit dem Satz "Na dann iss halt mehr!" effektiv behandeln könnte. Bei den Fetten denkt aber scheinbar jeder, dass "Na dann iss halt weniger!" das Allheilmittel sei.

Espressa
08.08.2011, 11:56
Kein Mensch bei Verstand würde auf die Idee kommen, dass man eine Magersüchtige mit dem Satz "Na dann iss halt mehr!" effektiv behandeln könnte. Bei den Fetten denkt aber scheinbar jeder, dass "Na dann iss halt weniger!" das Allheilmittel sei.

Das liegt vielleicht daran, dass sich bei Magersüchtigen häufig eine Absicht, ein Kontrollzwang, ein Auslöser, eine Vorgeschichte ausmachen lässt. Kaum wer wird plötzlich mager und weiß nicht mal warum.
Aber bei sehr vielen Adipösen ist es "einfach so passiert" - allmählich immer mehr aus dem Leim geraten, und irgendwann aufgehört dagegen anzukämpfen, auch ohne groß dahinterstehende Tatsachen.
Da heißt es dann - nach der zweiten Schwangerschaft gingen die Kilos nicht runter, oder Essen wird einfach zum Hobby, weil alles andere ja irgenwann auch nicht mehr geht. - Und da würde man schon etwas mehr Eigeninitiative von den Leuten erwarten.

Jeder von uns kennt auch Phasen des wahllosen Überessens, aber irgendwann denkt man dann - oh ha, 5 kg mehr auf der Waage, jetzt aber wieder langsam! - Die Leute kennen das eben nicht.

Michael72
08.08.2011, 13:16
Das liegt vielleicht daran, dass sich bei Magersüchtigen häufig eine Absicht, ein Kontrollzwang, ein Auslöser, eine Vorgeschichte ausmachen lässt. Kaum wer wird plötzlich mager und weiß nicht mal warum.
Aber bei sehr vielen Adipösen ist es "einfach so passiert" - allmählich immer mehr aus dem Leim geraten, und irgendwann aufgehört dagegen anzukämpfen, auch ohne groß dahinterstehende Tatsachen.
Da heißt es dann - nach der zweiten Schwangerschaft gingen die Kilos nicht runter, oder Essen wird einfach zum Hobby, weil alles andere ja irgenwann auch nicht mehr geht. - Und da würde man schon etwas mehr Eigeninitiative von den Leuten erwarten.

Jeder von uns kennt auch Phasen des wahllosen Überessens, aber irgendwann denkt man dann - oh ha, 5 kg mehr auf der Waage, jetzt aber wieder langsam! - Die Leute kennen das eben nicht.

Das ist genau die Argumentationsstruktur, die ich meine. Magersucht ist ein psychisches Problem, Fette sind selber schuld. Und genau das ist nicht der Fall. Die Fetten sind genauso krank wie die Dürren, nur gesteht ihnen das keiner zu weil sie unattraktiv sind.

Es gibt Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Adenovirus AD-36 und Adipositas bei Kindern zeigen (die Kinder mit dem Virus wiegen im Schnitt 35 Pfund mehr als die Kinder ohne). Alleine das lässt doch eigentlich darauf schliessen, dass das Problem vielschichtiger ist als dass es sich durch Disziplinlosigkeit erklären ließe. Epidemiologische Studien zeigen, dass sich Adipositas ähnlich wie Seuchen ausbreitet. 75 Prozent (!!!) der deutschen Männer sind übergewichtig und mehr als 56 Prozent der deutschen Frauen. Knapp 25% aller Deutschen haben einen BMI>30. Sollen das alles dumme disziplinlose Fressmaschinen sein? Das greift einfach viel zu kurz.

Espressa
08.08.2011, 13:52
Dick sein ist in unserer Gesellschaft einfach viel leichter als dünn sein.
Menschen arbeiten kaum mehr physisch, kalorien- und fettreiche Nahrungsmittel sind billiger und einfacher zuzubereiten. Es ist leistbar und bequem, dick zu sein, deshalb greift es auch wie eine Seuche um sich.
Dort wo Menschen nicht so ein Nahrungsüberangebot haben, und mehr zur Bewegung gezwungen sind, ist es nicht so.
Diese Tatsachen sprechen für mich klar für eine Zivilisationskrankheit.

Aber wo alles ja soo politisch korrekt sein muss, spricht man besser von Krankheit, eh klar. Genauso wie Karies bestimmt irgendeiner wahnsinns-Veranlagung geschuldet ist, und nicht etwa ausgebliebenem Zähneputzen.

Wie gesagt, sowohl bei Adipositas als auch bei Karies mag es einige wenige geben, die aufgrund krankhafter Prozesse besonders damit gestraft sind. Aber ich bin überzeugt davon dass die meisten Dicken und die meisten Löcher in den Zähnen eigenen Versäumnissen zuzuschreiben sind. Keiner käme auf die Idee, Leute mit verfaulten Zähnen zu hofieren und trösten, weil sie einfach so krank sind dass sie nichts dafür können, die Zähne nicht geputzt zu haben...

Michael72
08.08.2011, 14:12
Keiner käme auf die Idee, Leute mit verfaulten Zähnen zu hofieren

Natürlich nicht, die sind ja schliesslich genauso unattraktiv wie die Dicken. Überhaupt sollten wir uns als Ärzte weigern, selbstverschuldete Krankheiten zu behandeln oder überhaupt als Krankheit anzuerkennen. Hätte den Vorteil, dass man dann auch endlich als Arzt vom Homeoffice aus arbeiten könnte...

Keenacat
08.08.2011, 14:26
Die Leute werden auch einfach alle so alt, kein Wunder, dass die Krebs bekommen. Klar gibt es einige wenige, die durch genetische Belastung mehr dazu neigen, aber seien wir doch mal ehrlich: Die meisten bekommen Krebs, weil sie drauf bestehen, so richtig alt werden zu wollen.

Ganz klar eine Zivilisationskrankheit, man sollte die Leute nicht auch noch hofieren. Was die für Kosten im Gesundheitswesen verursachen geht auf keine Kuhhaut! Und dann werden die auch noch alle psychoonkologisch betreut, dabei sind die letztendlich selbst schuld dran.
:-meinung

Espressa
08.08.2011, 15:07
Leute, macht mal halblang.
Natürlich sollen alle behandelt werden, egal ob selbstverschuldet oder nicht. Schließlich ist doch bei den meisten Sachen eine gehörige Portion Eigenverantwortung dabei.
Aber manches mal schadet etwas Selbsterkenntnis auch nicht. Darum geht es mir. Man kann sich doch nicht ständig auf äußere Umstände ausreden. Und die böse Welt beschuldigen. Und das ist nun mal etwas, das können die meisten Dicken ums Verrecken nicht.

Michael72
08.08.2011, 15:37
Aber manches mal schadet etwas Selbsterkenntnis auch nicht. Darum geht es mir. Man kann sich doch nicht ständig auf äußere Umstände ausreden. Und die böse Welt beschuldigen. Und das ist nun mal etwas, das können die meisten Dicken ums Verrecken nicht.

Das gibt ungefähr das Denken wider, dass man noch vor 200 Jahren Leprakranken entgegenbrachte. Die sind ja selber schuld. Wären sie keine Sünder, hätten sie auch nicht die Blattern. Gut, als man dann mit der Entdeckung des Mycobacteriums nach mehr als 2000 Jahren Martyrium für Aussätzige den tatsächlichen Grund kannte, war die Theorie der gottgesandten Strafe halt auch nicht mehr so richtig haltbar. Jetzt stell Dir mal vor, sowas ähnliches sollte sich jetzt in 50 Jahren für Fette zeigen lassen. Oder für Hypertoniker (sind ja auch selber schuld, sollen sie halt weniger Salz fressen). Oder die ganzen Verrückten...

Kackbratze
08.08.2011, 15:49
Oder die ganzen Verrückten...

Du meinst sicher Ärzte. Wer diesen Job macht, muss verrückt sein. Und krank. Der Erreger fehlt nurnoch.

[/OT]

Evil
08.08.2011, 17:00
Wohin wollt Ihr mit Eurer Diskussion hier eigentlich, bzw. was genau ist Gegenstand der Diskussion? Daß bei Adipositas die Eigenverantwortlichkeit oftmals höher ist als bei anderen Erkrankungen, steht außer Frage, das hat aber keine Konsequenzen auf die Therapie. Oder die Betrachtung.
Und Verantwortlichkeit hat nix mit Schuld zu tun, eher mit Compliance. Aber Lebensstiländerungen sind eben auch schwieriger als Medikamenteneinnahme.

Espressa
08.08.2011, 20:52
Ich hab den Eindruck das Michael72 das Körpergewicht als eine wieauchimmer determinierte Größe verkaufen will, auf die der Mensch keinen Einfluss hat, sodass, wenn er dick oder dünn ist, man ihn dafür nicht zur Verantwortung ziehen kann.
Und das ist nun mal Quatsch. Sonst könnte es das ja nicht geben, dass Menschen zu- und abnehmen.

Solara
08.08.2011, 21:12
Ich hab den Eindruck das Michael72 das Körpergewicht als eine wieauchimmer determinierte Größe verkaufen will, auf die der Mensch keinen Einfluss hat, sodass, wenn er dick oder dünn ist, man ihn dafür nicht zur Verantwortung ziehen kann.


Find ich nicht.