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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Angst/Unsicherheit - der Klassiker



Rafael
22.04.2004, 17:26
Hallo zusammen!

Hier ist ein Neuer aus der Liga "mit 30 nochmal das Kurzstudium Medizin beginnen".
Nun zur Sachlage:
Zur Zeit des Abi´s war das letzte, woran ich gedacht hatte, Medizin zu studieren. Weder hatte ich Interesse an Bio, Chemie sowieso abgegeben und Telefonbücher auswendig lernen war auch nicht mein Ding. Also bin ich beim Film gelandet und habe eigentlich einen super Beruf (der auch Berufung ist) als Regisseur und Kameramann.
Vor ca. 6 Jahren kam so langsam das Interesse für Medizin aus dem Nichts. Das lag wohl u.a. daran, daß ich während einer gesundheitlich angeschlagenen Phase eine Reihe von miesen und wenigen guten Ärzten kennengelernt hatte. Da wurde mir von "völlig falsch" bis "sehr gut" geholfen. Also hab ich mich immer mehr mit Medizin befasst. Festmeterweise steht inzw. im Regal die einschlägige Literatur. Mit zw. 26-28 hab ich mir dann überlegt, ob ich nicht ernsthaft anfangen wollte. Ich hab immer wieder gekniffen.
Immer wieder hat mein Beruf das Thema Medizin wieder überdeckt. Und immer wieder finde ich mich in nahezu depressiven Zuständen, nicht Mediziner zu sein (das geht so seit Jahren).
Also war ich Gast bei Vorlesungen und fand´s alles ganz prima. Dann hab ich mir mal wieder Biochemie & Co angesehen und mir gedacht: *******, Du bist so ein miserabler lerner, wie wie wie wie?
Anyway - ich bewarb mich dann mal halbherzig, hab einen Platz in Frankfurt bekommen und hab ihn wieder verfallen lassen. Ganz klasse!!!!!! Ich Idiot!!!! Dafür werde ich wahrscheinlich jetzt gesteinigt (berechtigt).
Also, Medizinstudium ist eine Fulltimeangelenheit - da muß man sich wohl keine anderen Illusionen machen. Immerhin hat meine Freundin mir Unterstützung zugesichert, für den Fall, daß ich es doch noch mal probieren wollte (wenn ich dann in 25 Jahren wieder einen Platz bekomme...oder ist einmal raus immer raus? das würde die Problematik ja in null komma nichts völlig relativieren und ich darf mich über mich selber ärgern).
Und da wär ja dann der Reigen bunter Ängste, wie z.B. "ich bin ja schon froh, wenn ich die Basics der Zytologie notgedrungen in mein Hirn kriege, wie soll´s dann mit den heftigen Sachen sein?" etc. Ich hab während meiner Schulzeit auch leider nie gelernt zu lernen - hab mich damit zwar jetzt länger befasst, bin aber auch noch nicht zu meinem Kernproblem vorgedrungen.
Außerdem bin ich schlecht darin Informationen auf Wichtigkeit zu filtern, weil ich a) alles ganz genau wissen will (und mich damit natürlich gleich völlig überfordere) und b) ich mir sage: wenn´s da im Text steht, wird´s ja auch seine Daseinsberechtigung haben, also sollte ich´s wissen (-> Overkill).
Naja, und dann fallen mir bestimmt noch ein paar schwachsinnige Gründe ein.
Leider reicht das alles nicht, um diesem immer wieder hochkommenden Gefühl des "ich will Mediziner sein" Einhalt zu gewähren. Und das macht mich ehrlich gesagt leicht fertig.
Ja, und wenn der Text jetzt noch ausufernder werden soll, dann schreib ich einfach weiter - das tu ich aber nicht!
Alles schwierig - danke für´s zur Kenntnis nehmen!

Rafael

Aesculap
23.04.2004, 15:36
mhm- was willst Du lesen? Probier's aus und Du bist alle quälenden Fragen los (hätte ich, sollte ich, könnte ich,....)

Viele Grüße
Aesculap

Rafael
23.04.2004, 15:48
Ich sag ja "der Klassiker"...gerade was das hätte/könnte/sollte angeht.
Keine Ahnung, was ich lesen will. Ich bin prinzipiell ja schon einigermaßen erleichtert, daß es da noch diverse andere gibt, die "spät dran" sind.
Vielleicht den ein oder anderen Gefechtsbericht von, die sich dann noch "spät" gewagt haben...

Gruß
Rafael

Älgen
23.04.2004, 16:14
Hej !

Wenn Du wirklich Medizin studieren willst, dann tu's & sei einfach etwas pragmatisch dabei; ich meine schlechte Ärzte hast Du ja anscheinend genug kennengelenrt & dann vielleicht auch die Einsicht erhalten, daß das Studium nur der Weg zum Arzt & somit ein Mittel zum Zweck ist, durch welches man nunmal durch muß - mit dieser Einsicht sollte es Dir möglich sein, das Ganze ausreichend pragmatisch zu sehen um sich nicht zu verzetteln & zwischen (teilweise recht sinnlosem ...) Prüfungslernen & Verstehen für den Beruf zu unterscheiden. Was ein Problem werden könnte ist, daß Medizin nunmal ein scheißkonservativer Verein ist & man es nicht allzuschwer hat da anzuecken, so man sich nicht 100% anpasst, was eventuell nicht ganz mit Deiner Filmwelt zusammenpasst (die ich letztendlich nicht beurteilen kann), was man aber mit 30 & etwas Lebenserfahrung meistern können sollte.

Etwsa problematischer kann es werden & wird vermutlich auch Baden gehen, wenn Du Medizin "nur" studieren willst, um Dich an all den schlechten Ärzten zu "rächen" unter denen du anscheinend zu leiden hattest die letzten Jahre - so im Sinne von: "denen zeig' ich's jetzt allen".
Deshalb solltest Du Dir vorher absolut klar darüber sein, warum Du Medizin studieren willst - isses wirklich Interesse
& Arzt "Dein Beruf" sofort wieder bewerben & studieren, dann "passt" das schon & Du beißt Dir den Rest Deines Lebens in den Hintern, wenn Du's nicht tust - sollte es doch eher der Frust über die schlechten Ärzte & gar der Rachegedanken sein vergiß das Ganze einfach so schnell wie möglich, da Du dann eigentlich nur scheitern kannst.

Kolja

Patty
23.04.2004, 17:47
Also,... ich zähle mich auch zu den "Spätberufenen". Und hatte eine mordsmäßige Motivation: Ich hab schon ein Studium abgeschlossen und danach in der Marktforschung gearbeitet. Die Vorstellung, die nächsten 30 Jahre Diagramme zu erstellen und Staubsaugerbeutel testen zu müssen hat mich eher abgetörnt.
Da dachte ich, "so, jetzt machst Du mal das, was Du wirklich willst", hab auf mein Herz gehört und im letzten Oktober (mit 28)mit dem Medizin-Studium begonnen.

Ich würde es an Deiner Stelle nicht unterschätzen, wie toll es ist, einen Job zu haben, in dem man zufrieden und evtl. sogar glücklich ist. Zufriedene und glückliche Ärzte (auch solche, die ich als "gute" Ärzte bezeichnen würde) sind mir bisher kaum über den Weg gelaufen. Wenn ich erzähle ich fange gerade an, sagen unglaublich viele, von denen, die diesen Weg schon hinter sich haben: TU´S NICHT! Der Streß, die Hierarchie, etc. etc. (das ist, aber auch immer noch kein Grund für mich, es nicht zu tun, muss ich zugeben)

Neben dem, was ist, wenn Du fertig bist: Ich fand es wahrlich nicht einfach (und habe mich des öfteren hier im Forum "ausgekotzt") nach über 10 Jahren weg von der Schule, Sachen wie Chemie zu verstehen: Mir fällt es so schwer, Sachen einfach hinzunehmen, ich muss das zumindest ansatzweise begreifen, sonst krieg ich`s eh nicht in die Birne.

Langer Rede, kurzer Sinn: Meine Nerven lagen ziemlich blank im ersten Semester, ich hatte kaum noch Zeit, für die Dinge, die mir wichtig waren. Und schlußendlich ist meine Beziehung kaputt gegangen. Ich kann dafür wahrlich nicht dem Studium eine alleinige Schuld geben, aber der Lernaufwand, verbunden mit wenig-Zeit-haben und meiner persönlichen Tiefstimmung waren schon Katalysatoren.

Wenn Du das wirklich wirklich willst, MUSST Du es tun. Aber sei Dir vielleicht dessen bewußt, was kommt. Ich kenne nur eine Person, die mit mir angefangen ist, auch als Zweitstudent, der nie daran gezwifelt hat, ob es nicht vielleicht doch ein Fehler war...
Wenn Du starke Nerven hast, Motivation und das nötige Kleingeld: Warum nicht?

Rafael
23.04.2004, 19:07
Hallo Kolja,

also den Ansatz find ich ja direkt spannend mit dem "sich an den schlechten Ärzten rächen". Aber es hat nichts mit nachtragend sein zu tun, eher mit dem Anspruch (und ich weiß, daß der in der Realität wohl schnell verpuffen kann) eine Form zu finden, es besser zu machen. Mir schwebt da die gute Mischung aus Fachwissen und Einfühlungsvermögen vor (was bestimmt von meinem großen Interessensgebiet Psychosomatik kommt).
Nein, ich will mich weder rächen, noch ähnliches. Ich merk halt, daß ich in Richtung Medizin einfach inzwischen einen ganz guten Draht entwickelt habe und das Helfersyndrom natürlich auch seinen Teil dazu beiträgt.

Gruß
Rafael

Älgen
01.05.2004, 21:49
Hej Rafael !

bin ab & zu etwas langsamer, deshalb die Antwort erst jetzt.

Kann Deine Beweggründe gut verstehen & nur nochmal wiederholen, daß Du Studieren solltest, wenn Du's wirklich willst & Medizin Dich interessiert; wichtig dabei ist eher das Interesse am Jobb, denn am Studium, da das Studium irgendwann vorbei ist & der Beruf bleibt. Klar musst Du Dir aber darüber sein, daß ein nicht unwesentlicher Teil Deiner Kollegen aus anderen Beweggründen studiert & Du es auch iom Beruf mit Deinen Kollegen nicht immer leicht haben wirst. Ist Dir das soweit alles Klar gehe ich weiter davon aus, daß man mit 30 weiß, worauf man sich einlässt & kann Dir nur viel Spaß wünschen, denn auch wenn's teilweise echt ansträngend ist macht's in der Summe doch viel Spaß.

Kolja

Rafael
02.05.2004, 12:23
Hi Kolja,

was sind denn aus Deiner Sicht die hauptsächlichen Beweggründe vieler anderer für´s Med-Studium?
Wann und warum hast Du angefangen?

Gruß
Rafael

Älgen
11.05.2004, 20:05
Hej Rafael !

Was "die anderen" dazu treibt, sich dieses Studium anzutun kann ich nicht so richtig sagen, werden viele verschiedene Gründe sein - frag' sie einfach selber ... ;-)

Was mich angeht bin ich quasi erst durch meine Pflegeausbildung "reingestolpert", in welche ich auch wiederum nur durch den Zivildienst "hineingeraten" bin. Kurz zusammengefasst dachte ich als kleiner dummer Abiturient noch grosser Ingenieur zu werden; der Zivildienst mit geistig Behinderten war dann aber so klasse, daß ich dem Maschinenbau den Laufpass gegeben habe & mich mehr für diesen" sozialen Kram" zu interessieren begann - mit meinem Abi war aber an Studium (Psychologie, Soz-Päd, oder ähnliches Stand zur Diskussion) nicht zu denken, so daß ich mich erstmal mit einer KP-Ausbildung in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus beschäftigt habe unter deren Verlauf mir dann der freche Gedanke kam, daß ich mich ja doch mit der medizin versuchen könnte, da das ja nicht sooo schwer erschien, wie ganz ahnungslos betrachtet & vor allem recht interessant - & so wurde es dann auch. Im nachhinein kann ich sagen, daß es interessant war & ist & nicht allzu anspruchsvoll war & die beweggründe der Kollegen weitgefächerter als ich am Anfang in meiner Naivität dachte; meinen hast Du nun gehört - weitere Fragen ?

Kolja

supider
12.05.2004, 09:26
Hallo Rafael,

Du hast bisher immer ein recht positives Feedback hinsichtlich Deiner Entscheidung, mit 30 ein Medizinstudium zu beginnen, erhalten. Ich habe folgende Frage an DIch - bin nämlich in ähnlicher Situation: Hast Du ein Notfallkonzept für den Fall, daß DU in irgendeiner vorkl. Klausur 3mal durchfällst und deswegen das Studium abbrechen mußt.

Ich habe mein 1.Studium mit Prädikat abgeschlossen, anschließend meine Doktorarbeit mit der Note "sehr gut" bestanden und trotzdem sehr großen Respekt vor dem Studiengang HM.

Gruß
supider

Rafael
14.05.2004, 08:35
Hallo supider,

mein Notfallkonzept ist, daß ich z.Zt. ja auch einen interessanten Beruf hab, der Spaß macht. Wenn ich in Med. durchrausche auf nimmer Wiedersehen, hab´ ich´s immerhin versucht und weiß, daß es halt nicht sein sollte. Dann mach ich wieder das, was ich bislang schon gemacht habe.
Oder was verstehst Du unter Notfallkonzept?
Und was hast Du denn studiert?

Gruß
Rafael

supider
14.05.2004, 08:58
HAllo Rafeal,

wollte eigentlich nur wissen, ob Du den Schwierigkeitsgrad des Studiums richtig einschätzt (z.B. wg. neuer Approbat.). Hast Du schon mal mit Abbrechern gesprochen und gefragt, warum diese das Studium geschmissen haben?
Notfallkonzept bezog sich auf eine mgl. Wiedereinstellung bei Deinem derzeitigen AG.
Habe im übrigen BWL und VWL studiert und promoviert.

Gruß
supider

Rafael
14.05.2004, 09:11
Hallo Supider,

mit Abbrechern hab ich noch nicht gesprochen, aber ich denke auch, daß das ggf. Kontraproduktiv ist. Wenn ich mich selbst schon so schwer damit tue "fang ich mich 30 nochmal an?", was soll ich dann mit Aussagen wie "Ohh, Med-Studium ist so ********, vergiss es, fang gar nicht erst an".
Aber schlußendlich muß man ja für sich selber rausfinden, ob man mit dem Studium klarkommt, oder nicht.
Ich bin selbständig und von daher hab ich die Wiedereinstellungsproblematik in der Form nicht.

Gruß
Rafael