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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nach der Reform ist vor der Reform - Gastartikel von Stephan Albrecht



Jens
14.06.2004, 18:55
Hallo zusammen,
kaum ist die neue Approbationsordnung verabschiedet, kann es losgehen mit der Umsetzung. Stephan Albrecht war Mitglied der Fachtagung Medizin und hat sich in einem Gastartikel der heutigen Onlinezeitung Gedanken gemacht. Gedanken zur neuen Approbationsordnung, die irgendwann in ferner Zeit auch wieder die alte Approbationsordnung sein wird. "Nach der Reform ist vor der Reform" lautet der Titel dieses Artikels, den wir auch hier zur Diskussion stellen möchten.

Hier der Artikel von Stephan Albrecht aus der heutigen Onlinezeitung:

'Nach der Reform ist vor der Reform': Den Satz haben schon so viele zitiert, dass keiner mehr weiß, von wem er stammt, jeder ihn toll findet und sich regelmäßig danach wieder gar nix ändert. Schon ein Jahr vor der Verabschiedung der Neuen Approbationsordnung 2002 hat der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Hoppe, das auch gesagt – aber was werden Universitäten, Professoren und Studierende daraus machen und wann wird der Gesetzgeber die nächste Reform der ÄappO auf den Weg bringen?

Deshalb stellt sich die Frage: Was könnten wir Studierende von unseren Fakultäten und Lehrenden als Grundeinstellung für die nächsten 16 Jahre (der Zeit, die die Approbationsordnung brauchte, um seit 1986 „grundreformiert“ zu werden) fordern?

"Lehrbewusstsein" schaffen
Bewusstsein bei den Lehrenden, dass Lehre eine ihrer ureigenen Aufgaben ist: Denn was wäre eine medizinische Fakultät ohne Studierende? Und wer würde die Professoren bezahlen?

Maß für die didaktische Qualität eines Lehrenden
Ein Impact Factor für die Lehre: Der Impact Factor als Grad für die wissenschaftliche Leistung bei Habilitationen existiert schon länger. Warum gibt es so etwas nicht auch für die Lehre und ein bestimmter Score ist Voraussetzung für die Einleitung des Habilitationsverfahrens?

Unabhängigkeit der Finanzierung der Lehre
Trennung von Krankenhauskosten und Lehre – ein langbesungenes Stichwort, aber an welcher Universität wird für die Lehre die Nennleistung der Abteilungen und Institute laut Vertrag errechnet, oder gar die in den Arbeitsverträgen der Ärzte verankerte Lehrleistung. Und daraus folgend natürlich eine klare Anrechnung von Lehre auf die Arbeitszeit! Klarstellung, dass Lehre unabhängig von der Krankenversorgung organisiert, bezahlt und geleistet wird!

Didaktik als Pflichtfach für alle Lehrenden
Ausbildung aller Lehrenden in didaktischer Hinsicht, auf jeden Fall vor der Habilitation, nach Möglichkeit aber schon am Anfang der Laufbahn. Und eine Pflicht für C4er (Institutsleiter), eine besondere Qualifikation zur Ausbildung von Lehrenden zu haben; denn wer ist für die didaktische Ausbildung der wissenschaftlichen Mitarbeiter, Habilitanden und Tutoren an einem Institut verantwortlich?

Erforschung und Evaluation der Lehre für ein effektiveres Studium:
Studium Evidence based?
Regelmäßige zentrale Beobachtung der Reformstudiengänge und Umsetzung der Ergebnisse in den Regelstudiengang alle 5 Jahre. Dadurch haben alle Beteiligten die Möglichkeit „mitzuwachsen“ und Reibungsverluste bei Reformen werden reduziert.

Und was könnten Ziele der Fakultät (= Lehrende + Studierende) für’s Studium sein?

* Praxis und Patientenkontakt ab dem ersten Studienjahr

* Reduktion des Gegenstandkatalogs (GK) auf das Wesentliche, frei nach dem Schema, Häufiges ist häufig und für den Rest gibt es Spezialisten (wie auch vom Chef des IMPP, Prof. Neuser gefordert!)

* Training von Gesprächskompetenz, Teamverhalten

* Problemlöseverfahren in Kleingruppen

* Wissenschaftliches Arbeiten und auf dem neuesten Stand bleiben – Wie gemacht und wie relevant für den Feld-Wald-und-Wiesen-Arzt oder am Krankenhaus der Regelversorgung? Vorbereitung auf Lebenslanges Lernen ist das Stichwort

Fazit
Wie vieles von dem, was wir hier fordern, ist schon heute in die „Neue“ (und im Gunde genommen schon wieder veraltete ;-) ) ÄappO interpretierbar? Und wann kommt die nächste Reform? 2020 ? Oder wäre es nicht besser, ständige Veränderung in der Ausbildung im Sinne eines Evidence-based-learning für die Ausbildung guter Ärzte zum Standard zu machen? Und schließlich die wichtige Frage: Wie müssen wir es fordern und formulieren, damit es auch umgesetzt wird?

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Gedanken zur neuen und alten, zur neuen alten Approbationsordnung. Der Autor Stephan Albrecht war Sekretär der Fachtagung Medizin, der ‘bundesweiten Vertretung' der medizinischen Fachschaften.
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Welche Meinung habt ihr zu diesen Punkten? Wie wird bei Euch vor Ort an der Uni die Umsetzung der neuen Approbationsordnung gehandhabt? Wir und der Autor sind gespannt auf Eure Meinung zu den angesprochenen Punkten.