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Froschkönig
13.08.2004, 00:01
Es ist schon ne Weile her, da hatten wir über "Bowling for Columbine" diskutiert (Nachzulesen hier :http://www.medi-learn.de/medizinstudium/foren/showthread.php?t=5569)

Hat jemand von Euch auch die neue Doku von Michael Moore gesehen ?
Ich letzte Woche und ich fands ziemlich erschreckend :-((
Ich meine, Politsumpf ist ja nix neues und gibts hierzulande ja auch, aber in solchen Dimensionen ? Ich wollt das hier nur mal zur Debatte stellen :-)

Der Frosch

Lava
13.08.2004, 00:19
Danke fürs Thread eröffnen! :-)

Jepp.... kann mich nur anschließen.... da verliert man doch seinen Glauben an die Demokratie. Ist schon bezeichnend, wenn Bush meint, eine Diktaur würde vieles einfacher machen... :-((

Daneben fand ich auch die Bilder aus dem Irakkrieg schrecklich. Verkohlte Menschen, grauenvolle Wunden... und diese dummen Soldaten, die dabei auch noch "The Roof is on fire" hören müssen, während sie da durch die Gegend ballern!!! Ich musste auch fast weinen, als da die Mutter den letzten Brief von ihrem Sohn vorgelesen hat.... so sinnlos.... und alles nur für Bush, sein Ego und das liebe Geld.

Ist auch schon zum schreien, wie dämlich er sich verhält, wenn er mal keine geschriebene Rede aufsagen kann. Und dieses Totalversagen im Kindergarten, als die Nachricht kam "unser Land wird angegriffen"!!!

luckyblue
13.08.2004, 00:40
Ich habe für Bush & Co ja bekanntlich wenig übrig. Trotzdem blieb der Film hinter meinen Erwartungen zurück. Klar, denkbar kurzweilig gemacht - so mit lustiger Musik unterlegt und so. Aber ein Dokumentarfilm, der sich nur auf ein einziges Dokument (die Militärakte Bush') stützt und alles weitere dann mit frei assoziierten Thesen und deutlich emotionalen "Augenzeugen"-Berichten zu begründen sucht, bleibt im ganzen der Spekulation verhaftet.

Und was die Zurschaustellung der Soldaten-Mutter angeht - penetrant wie RTL II. Toll, die Tränen sind Argumente gegen jeden Krieg, da gibt es nichts zu beschönigen, aber sie sagen nichts aus über die Güteklasse der Bush-Regierung oder über die zweifelhafte Rechtmäßigkeit des Irak-Krieges.

Und im übrigen bin ich mir sicher, dass Moore an der Frequenz von Bushens Stimme rumgespielt hat;-)

Froschkönig
13.08.2004, 00:59
Ich habe für Bush & Co ja bekanntlich wenig übrig. Trotzdem blieb der Film hinter meinen Erwartungen zurück. Klar, denkbar kurzweilig gemacht - so mit lustiger Musik unterlegt und so. Aber ein Dokumentarfilm, der sich nur auf ein einziges Dokument (die Militärakte Bush') stützt und alles weitere dann mit frei assoziierten Thesen und deutlich emotionalen "Augenzeugen"-Berichten zu begründen sucht, bleibt im ganzen der Spekulation verhaftet. Also eigentlich bin ich da weit differenzierteres von Dir gewöhnt Lucky, aber es ist ja auch schon spät ;-)

Wo fang ich an ? Ich mach´s einfach der Reihe nach:

Die Musik:
Unterhaltend ? Vielleicht, aber fast pervers wenn man die Lieder respektive Texte mit den gezeigten Bildern verknüpft...aber zugegebenermaßen kein argumentatives oder gar faktenträchtiges Element des Films.

Das "Dokument":
Die Militärakte war zwar meiner Erinnerung nach das einzige im Film abgelichtete Dokument aber abgesehen davon war sie doch nur Anfang und Ende eines Erzählerkreises. Der Film enthielt im Sprechertext einen ganzen Haufen Aussagen (und ich rede jetzt von der ersten Hälfte....die RTL II Geschichten am Ende hab ich zwar als emotional bewegend empfunden aber nich als zu Michael Moore passend) deren Bedeutung von "leicht beunruhigend" bis "alarmierend dreist" gingen. Ob diese Aussagen so stimmen kann man natürlich nicht ableiten, aber Michael Moore hat sich immerhin den Ruf eines gut recherchierenden Doku-Filmers erworben...und es ist filmisch auch keine Meisterleistung nach jeder getroffenen Aussage eine Ablichtung eines Dokuments zu zeigen.

Der "Rest":
Wie gesagt: Die Tränendrüsennummern sind zwar bewegend aber beweisen oder widerlegen nix. Dennoch ist der Film für mich gelungen denn er zeigt ein ernüchterndes/erschreckendes Bild der Hintergründe der milde-ausgedrückt "kontrovers-Diskutierten" Außerpolitik der Amis unter der Regierung Bush....und auch wenn man es nicht so einfach nachprüfen kann: All die Aussagen über ehemalige Geschäftspartner und Freunde der Familie Bush in ihren alten und neuen Positionen unter der Regierung Bush ist doch mehr als schockierend !!!

Nachtrag:
Besonders bitter fand ich die Episode am Anfang über die protestierenden Abgeordneten bei der Wahl die mehrheitlich afroamerikanische Wahlberzirke vertraten :-(( Eigentlich wähnte sich unsere weltmacht nummer 1 doch jenseits dieser Apartheits-Geschichten.....


Der Frosch

Lava
13.08.2004, 01:06
All die Aussagen über ehemalige Geschäftspartner und Freunde der Familie Bush (Wann gabs eigentlich schonmal Vater UND Sohn als Prasident in Amerika?) Der Frosch


John Adams und Sohn John Quincy Adams. ;-)

Aber das steht hier nicht zur Debatte.

Rico
13.08.2004, 02:00
Also eigentlich bin ich da weit differenzierteres von Dir gewöhnt Lucky, aber es ist ja auch schon spät Ich finde das Posting ausgesprochen differenziert - es ist zumindest das erste in diesem Thread, das den Film nicht über den grünen Klee lobt.

Lucky hat da auch gleich den Hauptkritikpunkt getroffen, den sich der Film gefallen lassen muß:
Moores Methodik.
Daß Moore sich den Ruf eines ausgezeichnet recherchierenden Dokumentarfilmers zugelegt hat... naja... er kann ja recherchieren soviel er will - letztlich zeigen tut er aber immer nur eine Seite.
JEDES Thema hat aber immer mindestens zwei Seiten und ein guter Dokumentarfilm sollte die zweite Seite zumindest erwähnen, auch wenn er ganz klar ein wertendes Urteil abgibt.
Deshalb haben Moores Filme in meinen Augen den Titel "Dokumentarfilm" nicht verdient, weil sie stets einseitig sind und - schlimmer noch - polemisieren. Eine sachliche Grundhaltung fehlt diesem Film völlig. Wenn (sicherlich toll und sorgsam recherchierte) Fakten je nach gewünschter Aussage episch breitgetreten werden oder einfach unter den Teppich gekehrt werden, dann kann man den Film als Werbevideo oder sonstiges deklarieren, aber bitte nicht als Dokumentarfilm.
Das haben die wirklich guten Dokumentarfilmer nicht verdient.

Zwecks Fakten und deren Bewertung hat sich Spiegel online (http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,310795,00.html) die Mühe gemacht, das zusammen zu fassen. Ich zitiere hier mal einen Teil bezogen auf Bush in dem Klassenzimmer (der Artikel ist dennoch unbedingt lesenswert):

Es ist eine schöne Szene in der einfachen Welt des Michael Moore, in der nur er selber gewinnen kann. Wäre der Präsident aufgesprungen und hätte wie Arnold Schwarzenegger zum Kampf gegen die Angreifer gebrüllt, wäre er für Moore der unüberlegte Cowboy aus Texas gewesen. Hätte er zu weinen begonnen, wäre er als reichlich feiger Amerikaner hingestellt worden. Wäre er einfach aus dem Raum gegangen, hätte er sich gedrückt. Eine klassische Lose-Lose-Situation.

So recht Moore auch in der Sache hat, seine Art dies filmisch umzusetzen ist - gemessen an den Maßstäben des seriösen Journalismus - minderwertig. Machen wir uns doch nix vor: Der Film IST RTL II-Niveau!!! Würden wir einen Beitrag nach demselben Strickmuster abends um 22.15 Uhr bei "exclusiv - die reportage" auf eben jenem Sender sehen, wir würden - zu recht - umschalten, bzw. allenfalls belustigt zusehen, aber weil es von Messias Moore kommt schaun ihn sich Millionen an.
Es gibt soviele Dinge, mit denen man Bush wirklich an den Karren fahren kann. Diese aufzubereiten und den Massen zu präsentieren, die ihm zu Füßen liegen, DAS wäre Moores Mission, aber daran ist er (leider) nicht interessiert.

Das hat bei "Bowling for Columbine" (meiner Meinung nach der einzige gute Film von Moore) schon angefangen mit völlig sinnfreien Fragen (z.B. "Warum wurde der Hund nicht vor Gericht gestellt, der das Gewehr ausgelöst hatte?") und minutenlangen, noch viel sinnfreieren, weitergehenden Fragen ("Warum konnte man dem Hund keine Intention nachweisen?") und nimmt zunehmend Überhand.

Ein bisserl Infotainment - Ja

Aber ein guter, ausgewogener Film, der mir neue Erkenntnisse liefert - definitiv: Nein

Froschkönig
13.08.2004, 02:15
Ich finde das Posting ausgesprochen differenziert - es ist zumindest das erste in diesem Thread, das den Film nicht über den grünen Klee lobt.

Lucky hat da auch gleich den Hauptkritikpunkt getroffen, den sich der Film gefallen lassen muß:
Moores Methodik.
Daß Moore sich den Ruf eines ausgezeichnet recherchierenden Dokumentarfilmers zugelegt hat... naja... er kann ja recherchieren soviel er will - letztlich zeigen tut er aber immer nur eine Seite.
JEDES Thema hat aber immer mindestens zwei Seiten und ein guter Dokumentarfilm sollte die zweite Seite zumindest erwähnen, auch wenn er ganz klar ein wertendes Urteil abgibt.

Zwecks Fakten und deren Bewertung hat sich Spiegel online (http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,310795,00.html) die Mühe gemacht, das zusammen zu fassen. Ich zitiere hier mal einen Teil bezogen auf Bush in dem Klassenzimmer (der Artikel ist dennoch unbedingt lesenswert):

Aber ein guter, ausgewogener Film, der mir neue Erkenntnisse liefert - definitiv: Nein
Ich hab bewußt einige Teile aus dem Zitat gelöscht weil ich grad echt zu müde bin, da auf alles einzugehen, aber :

1. Über den grüen Klee gelobt hat hier bisher noch keiner !
2. Wenn Moore nur eine Seite zeigt dann ist es eben die Gegenseite zur "offiziellen Seite" des Weißen Hauses...wo ist das Problem ? Wem man glauben möchte bleibt jedem selbst überlassen...es sei denn wir postulieren nun daß es 27 Seiten gibt (Klar ist Wahrheit an sich niemals absolut sondern immer vom Blickwinkel abhängig) Und in dem Zusammenhang bin ich Moore nicht böse, die "zweite Seite" nicht erwähnt zu haben...die "zweite Seite" hat in den vergangenen Monaten genug Stammtischdebatten und Pressebulletins ausgelöst !
3. Warum ist Moores bericht Polemik aber der Spiegel hat sich da "mühe gemacht" ??? Hast du von einem von beiden insider Informationen oder sowas ? Das eine blind zu glauben ist ebenso blauäugig wie das andere zu akzeptieren ohne es zu hinterfragen !!!
4. Gesetzt den Fall die Behauptungen des Sprechers in dem Film sind wahr, so hat er mir ne ganze Menge Erkenntnisse geliefert...schön, wenn das alle anderen schon wußten mit diesen familiären Verstrickungen...dann bin ich wohl der einzige uninformierte Depp auf dieser Kugel !

Der Frosch

Rico
13.08.2004, 02:36
2. Wenn Moore nur eine Seite zeigt dann ist es eben die Gegenseite zur "offiziellen Seite" des Weißen Hauses...wo ist das Problem ? Ganz allgemein:
Wie finden wir denn einseitige Berichterstattung?
Man kann ein Argument nur dann wirkungsvoll vermitteln, wenn man mögliche Gegenargumente mit anspricht und bewertet. Wer dies nicht tut - macht in meinen Augen nur die halbe Argumentation.
Besonders fatal ist das bei einem unidirketionalen Medium wie dem Kinofilm, weil es keine Möglichkeit zur Rücksprache gibt (wie z.B. in einem Forum oder in einer Zeitung per Leserbrief).
Daß die einen es machen sollte noch lange kein Grund sein, dies ebenso zu machen.

3. Warum ist Moores bericht Polemik aber der Spiegel hat sich da "mühe gemacht" ??? Polemik ist eine unsachliche Diskussionsweise, die dazu noch die emotionale Schiene massiv mitbedient. Aus oben ausgeführten Gründen kann ich Moore leider keine sachliche Berichterstattung zugestehen. Drum Polemik.

"Mühe"... naja... da bin ich von mir ausgegangen. Für mich ist es halt Mühe, mich durch Moores Werke zu arbeiten. ;-)

4. Gesetzt den Fall die Behauptungen des Sprechers in dem Film sind wahr, so hat er mir ne ganze Menge Erkenntnisse geliefert...schön, wenn das alle anderen schon wußten mit diesen familiären Verstrickungen...Naja.. Du kennst jetzt vielleicht ein paar Namen mehr, aber im Ernst, spätestens seit Enron sind doch die massiven Verbindungen des Bush-Clans auch einer breiten Masse (und Dir bestimmt auch) bekannt. Wer ist schon in den film gegangen in der festen Überzeugung, daß Bush und die diversen Lobbies keinerlei Verbindungen haben. Ob es jetzt Scheich A oder Vorstandsvorsitzender B ist, das ist doch letztlich von untergeordneter Bedeutung, denn die *Tatsache*, daß es diese Verquickung von staatlichen und privaten Interessen gibt ist schon Grund genug ihn nicht zu wählen.

Die Niere
13.08.2004, 08:33
Hoi,

ich misch mich mal, auch wenn ich den Film leider noch nicht gesehen habe, in die Diskussion ein. Als kleine Vorbemerkung möchte auch ich sagen, dass ich absoluter Bushgegner (muss man als Europäer heute so etwas eigentlich noch sagen) und Moore-Fan bin.


...aber Michael Moore hat sich immerhin den Ruf eines gut recherchierenden Doku-Filmers erworben...
Eben nicht...seine Art des "Doku-Filmers" wird meistens eben wie lucky es schon darstellte als einseitig, sich emotional bedienender Tricks gefüllt und Fakten aussiebend (und nur passende darstellend) gesehen. Damit haben die Kritiker (und auch die positiven Kritiker) auch absolut recht. Das gilt für The big thing (zB Szene im Buchladen bzgl. der Anwesenheit eines Musiker), genauso wie für Bowling (zB die Darstellung Kanadas) oder 9/11 - nur war es ungleich schwerer zB bei Bowling die Hand zu heben und zu sagen "Moment, es gibt ja noch eine andere Seite..."

Aber ist diese Art des Filmemachens falsch...in meinen Augen nicht (habe ja schon gesagt, dass ich Moore-Fan bin), jedoch sollte man sich beim Anschauen seiner Filme (oder dem Lesen seiner Bücher) jederzeit darüber klar sein, dass mit Sicherheit noch andere Fakten existieren und nicht alles soooo schlimm ist und soooo einseitg ist, wie er es darstellt. Der Mann überspitzt aufgrund seiner ausgesuchten Fakten die zu beschreibende Situation natürlich, erreicht damit aber auch erst seine Wirkung. Bliebe er fair, hätte er wahrscheinlich nicht so einen Erfolg bisher gehabt - also versucht er die Zuschauer wachzurütteln und dies ist ihm gelungen (und das gilt auch für die Amerikaner selbst - und wir alle wissen, wie schwierig das ist).

Das ganze jedoch als RTLII-Niveau zu bezeichnen wird der Qualität seiner Arbeit meiner Meinung nach nicht gerecht. Es ist nicht Arte- oder ARD-Niveau, aber steht eindeutig über den Privaten. Im Endeffekt spielt die Diskussion keine Rolle (Morre selbst gibt zu, nicht Macher des objektiven Doukfilms zu sein), solange man sich jederzeit bewusst ist, was man sieht und wie man es zu bewerten hat.

gruesse, die niere :peace:

Rico
13.08.2004, 09:32
Aber ist diese Art des Filmemachens falsch...in meinen Augen nicht (habe ja schon gesagt, dass ich Moore-Fan bin), jedoch sollte man sich beim Anschauen seiner Filme (oder dem Lesen seiner Bücher) jederzeit darüber klar sein, dass mit Sicherheit noch andere Fakten existieren und nicht alles soooo schlimm ist und soooo einseitg ist, wie er es darstellt. Der Mann überspitzt aufgrund seiner ausgesuchten Fakten die zu beschreibende Situation natürlich, erreicht damit aber auch erst seine Wirkung. Das Problem ist eben, daß der Film sich im Kino schön und schlüssig anhört - in der freien Wildbahn aber wieder durch Gegenargumente leicht abgeschwächt und entkräftet werden kann.
Außerdem haben derart polarisierend ausgelegte Berichte den Nachteil, daß sie den Zugang für Leute, die unentschlossen oder vom Gegenteil überzeugt sind sehr erschweren. Jeder, der Bush gewählt hat und jeder der 40+x% der Amerikaner, die ihn derzeit wieder wählen würde, tut dies, weil ihm positive Dinge einfallen, beispielsweise Bushs gar nicht so schlechte Taktik in Afghanistan (die absoluten Stammwähler, die den republikanischen/demokratischen kandidaten wählen, egal wer's ist und wenn er einen Sack auf dem Kopf hat, mal ausgenommen - wegen diesen Leuten macht eh keiner Wahlkampf).
Wenn jetzt ein Bush-Wähler in den Film geht, dann kommt er heraus und sagt: "Aber dieses und jenes, das hat Bush doch gut gemacht," und weil es im Film nicht erwähnt (und in Relation zur übrigen Politik gesetzt wurde) wurde gerät derjenige in eine Abwehrhaltung und es kommt nicht zu einem Stimmungswechsel.
Welcher Unternehmer ließe sich schon mit einem cineastischen Dauer-Bombardement der Botschaft "Mehr Rechte für Arbeitnehmer" zum SPD-Wähler machen?
Wer Wähler rekrutieren will, muß sie aus den Randgruppen des anderen Wählerkollektivs fischen und das tut man, indem man kleine und feine Unterschiede hervorhebt, sodaß der entsprechende Wähler dem zustimmen kann ohne gleich seine ganze Überzeugung in Frage zu stellen.

Bliebe er fair, hätte er wahrscheinlich nicht so einen Erfolg bisher gehabt - also versucht er die Zuschauer wachzurütteln und dies ist ihm gelungen (und das gilt auch für die Amerikaner selbst - und wir alle wissen, wie schwierig das ist).Spiegel onlline: Anti-Bush-Doku politisch folgenlos (http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,311537,00.html)
Er rüttelt nicht die Massen wach. Die, die in den Film gehen, sind es schon.
Aber aus dem anderen Lager holt der niemanden... dafür ist er zu radikal - und das ist die Schwäche des Films.
Einen Film, der die politische Stimmung ändert will er nicht - er macht lieber einen, der seinem persönlichen Anti-Bush-Feldzug unterstützt und die politischen Lager so läßt wie sie sind - das ist Moores Fehler.
Er hat die (bislang) einmalige Chance, mittels eines Massenmediums in den Wahlkampf einzugreifen schlicht vertan.

ceres
13.08.2004, 10:48
Ich habe ihn mir gestern angeschaut, und vertrete auch die Meinung, dass man egal, welche Emototionen der Film hinauf beschwört, kritisch und sachlich bleiben sollte. Bei diesem Film muss man vieles hinterfragen.
Ich möchte jetzt allerdings nicht auf Bushs Aktionen eingehen - dass haben meine Vorredner zur Genüge getan.
Was mic besonders erschreckt hat, war die Darstellung der amerikanischen Gesellschaft und Medien.
Genauso wie in Bowling for Columbine wird der Gesellschaft von den Medien suggeriert, dass sie sich in immer währender gefahr befindet.
Nur so kann der enorme Waffenbesitz der Bevölkerung und die Kippung bzw. Einschränkung einiger Bürgerrechte legitimiert werden.
Ebenso der Krieg.
Gut dargestellt fand ich den Sinneswandel der amerikanischen Soldaten im Irak. Zunächst fühlten sie sich stark und glaubten für eine gute Sache zu kämpfen. Jedoch wird dann deutlich, dass sie eigentlich garkein richtiges Ziel haben.
Gut fand ich den Soldaten, der sich "öffentlich" weigerte wieder in den Krieg zu ziehen.

Vystup
13.08.2004, 11:53
Was in dem Spiegel online Artikel nicht erwaehnt wird, ist die ueblicherweise relativ niedrige Wahlbeteiligung in den USA. Sollte sich das bei den Bush-Gegnern durch diesen Film aendern, so hat er durchaus das Potential etwas zu aendern. Manchmal muss man eben die Leute an ihre eigene politische Meinung erinnern... Und wenn nur 14% der Kinobesucher anschliessend gegen Bush stimmen werden, wird das schon einen erheblichen Einfluss auf die Wahlen haben. Es ist ja nicht so, dass man doppelt so viele Stimmen haben muss wie der Gegenkandidat um eine Wahl zu gewinnen.

Der Film selbst hat mir generell ganz gut gefallen, dass er sehr einseitig ist war mir auch schon vor der Lektuere des Spiegel-Klarstellungsartikel klar. Dass man in den USA aber ein bisschen polarisieren muss, um die breite Masse der Bevoelkerung zu erreichen und das man von einem Amerikaner nicht erwarten kann, aehnlich objektiv wie ein Deutscher ueber den Krieg im Irak informiert zu sein, darf man auch nicht vergessen.

Der Einfluss des Filmes wird sich zeigen.

Rico
13.08.2004, 12:26
Und wenn nur 14% der Kinobesucher anschliessend gegen Bush stimmen werden, wird das schon einen erheblichen Einfluss auf die Wahlen haben.Das setzt ja mal vorraus, daß jeder, der den Film gesehen hat, dannach umschwenkt. Dieses bombastische Potential sehe ich in dem Film leider nicht.
Außerdem müssten die dannauch noch in den richtigen Bundesstaaten wohnen, denn selbst 10% mehr nützen ja nix, wenn der Staat ohnehin demokratisch. Und leider läuft vor allem da der Film besonders gut.


Zitat von Spiegel online (http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,310662,00.html)
Erhebungen aus den USA zeigen, dass "Fahrenheit 9/11" vor allem in jenen Bundesstaaten gut läuft, in denen traditionell ohnehin eher die Demokraten gewählt werden.
Bei aller Hoffnung, die man auf die amerikanischen Wähler im November setzt, sollte man doch realistisch bleiben...

reic
13.08.2004, 14:36
Was bis jetzt keiner von euch so wirklich rausgestellt hat ist folgendes:
So sehr die "Dokumentationen" von Mr. Moore auch einseitig sein mögen und viele seiner Argumente in einer ernsthaften Diskussion mit Leuten, die davon Ahnung haben, untergehen würden, er hat letzten Endes doch etwas geschafft, was durchaus wichtig ist:
Die Leute (auch wir hier gerade) setzen sich mit politischen Ereignissen auseinander und reden darüber - und vielleicht nur deswegen WEIL seine Art der Argumentation und Präsentation provokativ ist.

ceres
13.08.2004, 15:10
Was bis jetzt keiner von euch so wirklich rausgestellt hat ist folgendes:
So sehr die "Dokumentationen" von Mr. Moore auch einseitig sein mögen und viele seiner Argumente in einer ernsthaften Diskussion mit Leuten, die davon Ahnung haben, untergehen würden, er hat letzten Endes doch etwas geschafft, was durchaus wichtig ist:
Die Leute (auch wir hier gerade) setzen sich mit politischen Ereignissen auseinander und reden darüber - und vielleicht nur deswegen WEIL seine Art der Argumentation und Präsentation provokativ ist.

Ich denke jeder, der den Film von Michael Moore kritisch beurteilt und dementsprechend kommentiert, hat sich schon zu den Zeiten, in denen die von Moore aufgezeigten Dinge geschahen mit den Themen auseinander gesetzt.
Jemand der die Probleme "damals" nicht verfolgt hat (ist das möglich?), setzt sich in den meisten Fällen, auch jetzt durch den Film nicht damit auseinander und fängt plötzlich an "Fakten" zu recherchieren. :-meinung

Die Niere
13.08.2004, 15:15
Rico hat recht, wenn er sagt, dass Moore nicht die Massen wachrüttelt...jedoch hat er eine Diskussion losgetreten, die in bestimmten Gebieten einfach mal nötig war. Ganz klar kann er einen durch und durch Konservativen nicht überreden, aber meiner Meinung nach durchaus den unentschlossenen dazu bewegen, doch etwas gegen Bush zu machen (zur Wahl gehen).

gruesse, die niere

Die Niere
13.08.2004, 15:19
Ich denke jeder, der den Film von Michael Moore kritisch beurteilt und dementsprechend kommentiert, hat sich schon zu den Zeiten, in denen die von Moore aufgezeigten Dinge geschahen mit den Themen auseinander gesetzt.
Jemand der die Probleme "damals" nicht verfolgt hat (ist das möglich?), setzt sich in den meisten Fällen, auch jetzt durch den Film nicht damit auseinander und fängt plötzlich an "Fakten" zu recherchieren. :-meinung
In diesem Punkt würde ich Dir auf garkeinen Fall zustimmen, denn wie ich finde, regt der Film und seine "Fakten" erst dazu an, sich einmal genauer mit dem Thema zu beschäftigen (ich habe mich für das "Big Thing"-Ding davon nie interessiert und bin heute besser informiert, weil ich danach ein wenig recherchiert habe, gleiches gilt für 9/11 [auch wenn dort die Vorkenntnisse ungleich grösser waren]).

gruesse, die niere

Sorry für das Doppelpost

Lava
13.08.2004, 15:26
Moment mal! Moore wurde ja nicht den Demokraten engagiert, für die einen Wahlwerbespot zu drehen. Deshalb kann man Moore nicht vorwerfen, irgendwo versagt zu haben. Er wollte einen Film über Bush und seine Inkompetenz drehen und das hat er gemacht. Sicherlich kann man z.B. die Interviews der Menschen aus diesem Kuhdorf da, was angeblich von Al Kaida bedroht wurde, mit Berichten von RTL Explosiv und Co. vergleichen... andererseits finde ich all diese Aussagen ziemlich selbsterklärend! So denken die Leute nun mal! (Und das ist traurig genug.) Auch Bush hat sich meiner Meinung nach vor allem selbst lächerlich gemacht. Der Sprecher hat ihm in vielen Szenen Worte "in den Mund" gelegt, aber selbst wenn man das mal weg lässt: in diesem Moment, als die beiden Flugzeuge ins WTC gekracht sind... er hätte IRGENDWAS tun können. Aber er hat NICHTS getan!!!! Er hätte sich ja einfach entschuldigen und rausgehen können, um mit seinen Beratern zu sprechen. Das hätte Moore nicht so einfach als Versagen darstellen können.
Neben den Polemisierungen gab es auch genug Fakten, die man von RTL nicht gewohnt ist.
OK, ein objektiver Dokumentarfilm ist es nicht. Aber das sollte er auch nicht sein, oder? Man kann einen Film nicht danach bewerten, was er hätte sein können, sondern man sollte ihn daran messen, was er selber darstellen will.

Rico
13.08.2004, 17:41
OK, ein objektiver Dokumentarfilm ist es nicht. Aber das sollte er auch nicht sein, oder? Man kann einen Film nicht danach bewerten, was er hätte sein können, sondern man sollte ihn daran messen, was er selber darstellen will.Ist es nicht die Grundlage der Filmkritik, den IST-Zustand des Films mit möglichen SOLL-Zuständen zu vergleichen?
Mit dem, was an Potential in der Thematik steckt?
Mit anderen Filmen des Genres?

Wenn ein Film automatisch gut ist, weil er das selbstgesteckte (bzw. vom Regisseur gesteckte) Ziel erreicht hat, dann ist Filmkritik sinnlos.

Moore muß es sich gefallen lassen, daß ein Film, der die goldene Palme für Dokumentarfilme bekommt auch als Dokumentarfilm bewertet und kritisiert wird, egal, ob er ihn selber als Satire oder sonstwie deklariert.

Froschkönig
13.08.2004, 18:40
Wenn ein Film automatisch gut ist, weil er das selbstgesteckte (bzw. vom Regisseur gesteckte) Ziel erreicht hat, dann ist Filmkritik sinnlos.
Ich hab eigentlich nicht mit diesem Thema angefangen um hier Filmkritik zu betreiben...es ging mir weniger um die filmische Umsetzung als um die - wie auch immer dargestellten - Sachverhalte und eine erneute Diskussion der selben.

Das es kein objektiver Dokumentarfilm ist brauchen wir doch hier nicht debattieren....sämtliche Bücher und Filme von Michael Moore waren contra-Bush...da braucht man sich doch über die Art der Darstellung nicht mehr zu wundern :-nix