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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Prävention von Wundheilungssstörungen



hobbes
14.08.2004, 13:11
Die Patienten einer durchschnittlichen städtischen traumatologischen oder allgemeinchirurgischen Klinik wird - wie seit längerem v.a. der inneren Medizin - immer älter. Dadurch nimmt auch der Anteil der Patienten mit relevanten Komorbiditäten zu. Die hat auch Auswirkungen auf Wundheilungsstörungen und Wundinfekte. Patienten aus Pflegeheimen sind öfters fehl- oder mangelernährt und der Anteil der Diabeteskranken ist hoch. Die Berücksichtigung dieser Faktoren müsste Teil des Managements auf der traumatologisch/ chirurgischen Station sein und bereits präoperativ müssten ja solche Patienten bezüglich Ernährungssituation und Diabetes optimiert eingestellt werden. Wird dem genügend Rechnung getragen? Sind Chirurgen genügend versiert auf diesem Gebiet? Wie gross ist der Einfluss einer strikten Blutzuckereinstellung auf die Wundheilung? Wie ist die Handhabe auf Stationen, in die ihr Einblick habt oder hattet?

Bei der Betreuung von Herzinfarktpatienten wird in den ersten Wochen nach Infarkt peinlich genau eine strikten Blutzuckereinstellung gefordert. Dies soll einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf haben. Ist dem im postoperativen Verlauf ist auch so?

Evil
14.08.2004, 15:09
Auf den Inneren Stationen, wo ich bisher war, wurde schon die Diabeteseinstellung kontrolliert und gegebenenfalls veraendert;
das Problem hier ist jedoch, dass medikamentoese Neueinstellung viel Zeit in Anspruch nimmt, das funktioniert also nur bei laengeren Liegezeiten.

Dementsprechend war's in der Chirurgie bei Liegezeiten von 'ner Woche dann meist so, dass der OA oder der Chef gesagt haben "Wir machen mal ein internistisches Konsil", und das war es dann, ausser, es traten schwerwiegende Wundheilungsstoerungen auf.

hobbes
14.08.2004, 15:52
Sinnvoll wäre ja die Prävention der Wundheilungsstörung und die Reaktion mit einem internistischen Konsil dann auf die Wundheilungssstörung. Es geht natürlich weniger um den 26-jährigen Patienten mit einer Weber B Fraktur, denn um die 84-jährigen aus dem Altenheim mit einer Schenkelhalsfraktur. Die intrahospital Einstellung der Blutzuckerwerte ist schwierig, das ist klar und aufwendig (oder aufwändig - wie heisst es nun?) ist es auch. Aber es kann ja ein Nachspritzschema appliziert werden - ohne dass dies jetzt die definitive Lösung sein muss. Ausschlaggebend ist wahrscheinlich ohnehin die Einstellung in der Akutphase. Auch wäre die Frage, ob Diabeter die normalerweise nicht insulinpflichtig sind, in der Akutphase trotzdem mit Insulin in einen optimalen Bereich gebracht werden sollten.

airmaria
14.08.2004, 16:05
Abgesehen davon, daß die Einstellung des BZ während des stationären Aufenthalts in der Akutphase mittels entsprechender Nachspritzschemata weder für den zuständigen Chirurgen, noch für die zugehörige Schwester ein Problem darstellen sollte und sicher kein medizinisches Konsil erfordert, frage ich mich gerade, ob ein aktuell mittelmäßig erhöhter BZ überhaupt Einfluß auf die Wundheilung im Sinne einer WHS hat?
Sind dafür nicht eher die Langzeitschäden im Sinne von Mikroangiopathie und Co für verantwortlich?
Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.
Jedenfalls wird hier regelmäßig ein BZ-Tagesprofil bei entsprechenden Patienten erstellt.

"Mary" airmaria

hobbes
14.08.2004, 16:17
ob ein aktuell mittelmäßig erhöhter BZ überhaupt Einfluß auf die Wundheilung im Sinne einer WHS hat?
Sind dafür nicht eher die Langzeitschäden im Sinne von Mikroangiopathie und Co für verantwortlich?

Das ist genau die entscheidende Frage - der springende Punkt! Wer weiss mehr?

Die Niere
14.08.2004, 16:47
Mir würde kein einzgier Grund einfallen, warum ein kurzfristig erhöhter BZ eine Wundheilungsstörung zur Folge haben sollte. Der Grund liegt ja, wie airmaria schon gesagt hat, in der Mikroangiopathie und die wird "kurzfristig" weder verschlechtert noch verbessert durch eine genaue BZ-Einstellung.

Ich habe schon viele Chirugen gesehen, die auf dem Gebiet der internistischen Krankheiten (Diabetes, EKG-Veränderungen) dermassen unversiert (schreibt man das so???) waren, dass die für alles ein internistischen Konsil gebraucht hätten (und oft auch so genutzt haben). Ausser schweren Entgleisungen des BZ oder RR hat man jedoch keine grossen Unternehmungen gestartert, internistischen Krankheiten auf den Leib zu rücken.

gruesse, die niere

gruesse, die niere, die gerade parallell diese bescheuerte Werbung von "Gothaer" gesehen hat, in der der Patient die ganze Zeit ganz panisch ist, bis sich der Chefarzt über ihn beugt *kotz*

gruesse, die niere

Pünktchen
14.08.2004, 17:29
Meiner Meinung nach ist es eher die diabetische Mikroangiopathie, die die WHST verursacht.

Ich hab leider zu wenige Wundinfektionen/WHST um repräsentativ zu sein, aber ich schau mal nach was meine diabetischen Patienten so für postoperative BZ-Einstellungen hatten... :-lesen (ich reiche es nach im Oktober)

hobbes
15.08.2004, 12:20
Mir würde kein einzgier Grund einfallen, warum ein kurzfristig erhöhter BZ eine Wundheilungsstörung zur Folge haben sollte. Der Grund liegt ja, wie airmaria schon gesagt hat, in der Mikroangiopathie und die wird "kurzfristig" weder verschlechtert noch verbessert durch eine genaue BZ-Einstellung.

So sicher bin ich mir da aber auch wieder nicht. Die Mikro- und Makroangiopathie beim diabetischen Patienten ist sicherlich hauptverantwortlich für die Entwicklung von Wundheilungsstörungen. Jedoch ist dies kurz- und mittelfristig im präventiven Sinn nicht beeinflussbar.

Die Wundheilung ist ja ein komplizierter Prozess mit inflammatorischen Komponenten, Wachstumsfaktorenbeteiligung, Fibroblasenaktivierung und schliesslich Remodeling. Bei einem erhöhten Blutzucker entstehen vermehrt Sauerstoffradikale und die Sekretion von Wachstumsfaktoren ist erhöht, was die Zellproliferation pathologisch übersteigert. Auch verändert der erhöhte Blutzucker die Rheologie des Blutes und die Thrombozytenaktivierung. Auch ohne die genaue Pathophysiologie im Detail zu verstehen, erscheint es wahrscheinlich, dass der erhöhte Blutzucker noch anderswertig mit der Wundheilung interagiert, als bloss durch Mikro- und Makroangiopathie. Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass eine Korrektur des Blutzuckers in den ersten Wochen bis Monaten nach einem Trauma/ Operation Wundheilungsstörungen vorbeugen kann.

Gerne wüsste ich noch mehr hierzu. Wer kennt einschlägige Literatur zur Pathophysiologie der Wundheilungsstörungen?