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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Reformstudiengang Berlin



Lolle
06.09.2004, 08:09
Ahoi,

weiss hier jemand etwas über den Reformstudiengang an der Charité?

Ich habe eine Zusage für Medizin und kann nun entscheiden, ob ich mich für den Reformstudiengang bewerben möchte.

Welche Vor - und Nachteile gibt es?

Würde mich freuen eure Meinung zu hören.

DoktorW
06.09.2004, 08:12
Benutz doch mal die Suchfunktion:

http://www.medi-learn.de/medizinstudium/foren/search.php?
Da gibts schon ein paar Threads zu! ;-)

Berlinerin
06.09.2004, 09:20
Da ich unter dem Link nicht so richtige Infos gefunden habe, antworte ich dir hier mal. Ich habe nämlich im Reformstudiengang in Berlin studiert, im allerersten Jahrgang, der vor 5 Jahren gestartet ist. Ich kann den Reformstudiengang nur empfehlen. Und daß obwohl wir ersten einige Schwierigkeiten mit unwilligen Profs und Dozenten hatten die uns als "Schmalspurmediziner" angesehen haben oder nicht wußten was sie mit uns anfangen sollten. Aber diese Probleme dürften jetzt nach 5 Jahrgängen beseitigt sein.
Hier die wesentliche Unterschiede:
(1) kein Physikum/ 1.StEx (für dich dann schon, du mußt ja Hammerexamen machen?) , dafür jedes Semester Abschlußprüfungen, meist bestehend aus MC - Prüfung (allerdings nicht nach IMPP), OSCE (das ist eine praktische Prüfung, wo du in verschiedenen Prüfungsstationen vorführen mußt wie man z.B. Blut abnimmt, Patientengespräche führt, Wunden nähst etc.) und MEQ (da mußt du die gestellten Fragen schriftlich beantworten, z.B. erklären Sie die Blutversorgung von xy).
(2) es geht sehr familiär zu, man kennt jeden beim Namen, es gibt einen großen Zusammenhalt, z.T. Semesterfahrten, Grillpartys, Kinoabende
(3) Man kaut nicht systematisch alle Fächer durch sondern lernt in POL fallbezogen und klinisch orientiert
(4) im zweiten Studienabschnitt habt ihr viel mehr Praktika wie im Regelstudiengang, wir hatten in allen großen Fächern (Pädiatrie, Gyn, Innere, Geriatrie, Chirurgie, Neurologie, Psychiatrie) je 4 Wochen Blockpraktikum (im Regelstudiengang ist es soweit ich weiß nur je 1 Woche), was allerdings manchmal auch sehr anstrengend war (Uni lief nebenbei)
(5) im ersten Studienabschnitt habt ihr den sogenannten "Praxisvormittag" bei einem Allgemeinmediziner, dort seit ihr einen Vormittag die Woche, lernt Blutabnehmen, EKG - schreiben, untersuchen und Gesprächsführung, ich fand das damals wirklich super und man blieb immer 1 Jahr lang in "seiner" Praxis

Das waren für mich so die Vorteile. Natürlich gibt es auch Nachteile
(1) du kannst den Studienort nicht wechseln , wenn du ins Ausland möchtest geht das, aber du verlierst ein Jahr und mußt dann im Jahrgang unter dir weiter studieren, selbiges gilt für Freisemester wegen Doktorarbeit etc.
(2) das Querbeet - Lernen ist am Anfang ziemlich schwierig, da sitzt man im 1. Semester mit dem Anatomie, Physiologie, Innere und Biochemie Buch da und versteht jedes 2. Wort nicht (so ging es mir jedenfalls), aber da friemelt man sich ganz schnell ein und ich fand das so zu lernen dann deutlich besser
(3) Ich lerne z.Zt. aufs 2. StEx und merke doch, daß es ein Nachteil ist vorher noch nie was mit dem IMPP zu tun gehabt zu haben, weil die MC - Fragen da einfach ganz anders sind als bei uns. Aber irgendwie werden wir das auch schaffen.

Insgesamt kann ich den Reformstudiengang wirklich empfehlen, insbesondere wenn du wirklich als Arzt tätig sein möchtest (und nicht in die Forschung oder sonstwohin willst), denn der höhere praxisbezug ist wirklich gut. Und ich denke nicht daß man eine kompletten Präpkurs braucht um ein guter Arzt zu werden...

Falls noch Fragen bestehen, ich beantworte sie gerne :-stud

Also viel Erfolg, es sind leider meist viel mehr Bewerber als Plätze!

Lolle
06.09.2004, 12:28
Hey Berlinerin,
vielen Dank für deine Meinung. Da ich noch absoluter Laie bin, versteh ich einige Abkürzungen leider nicht: MC (wahrscheinlich multiple choice?)
IMPP?
Famulaturen müssen beim refomierten Studiengang auch gemacht werden, oder?
Wieso würden eigentlich Hammerexamen auf mich zukommen? Anstatt Physikum und 1. StEx?
Danke dir.

Berlinerin
06.09.2004, 18:05
Hallo Lolle,

MC = Multiple Choice, richtig, IMPP ist das Institut für medizinisch - pharmazeutische Prüfungsfragen, sprich die machen die Fragen für alle Examina. Genaues kann ich zum Hammerexamen nicht sagen, mich betrifft es ja zum Glück nicht, aber soweit ich weiß werden 1., 2. und 3. Staatsexamen zu einer Prüfung nach dem PJ zusammengelegt, das Physikum bleibt bestehen, allerdings mit veränderten Inhalten. Du müßtest dann also auch als Reformstudent für den Inhalt des 1. StEx lernen, da der ja im Hammerexamen mit vorkommt, uns blieb dieser erspart, wir müssen nur 2. und 3. StEx machen.

Ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt :-notify

DarthAndy
13.09.2004, 08:05
danke für die Insights Berlinerin! Ich interessiere mich auch für den Modellstudiengang (siehe Studienort) - allerdings bin ich anderer Meinung, was den Studienortswechsel angeht. Sofern man einen Platz kriegt, der ebenfalls im Reformstudiengang läuft müsste das doch gehen, zumindest weiß ich, dass man beispielsweise von einem Reformstudium (sei es Berlin oder woanders) nach Witten wechseln könnte (die ja praktisch den Reformstudiengang überhaupt entwickeln haben und schon jahrelang durchführen!)

Klar ist, dass man stark eingeschränkt beim Studienplatzwechsel ist - allerdings kann man sicherlich trotzdem an den intl. Austauschprogrammen teilnehmen, oder?

Und ich schließe mich absolut deiner Meinung an: wer praktizierender Arzt werden möchte, sollte sich um den Reformstudiengangplatz bemühen - schließlich lernt man nicht um des Wissens Willen, sondern um später ein guter Arzt zu sein und da braucht man mehr als Wissen gießkannenweise!!

zubin
14.09.2004, 09:04
Hi miteinander,
ich werde nach Studienumorientierung nun Medizin in Berlin beginnen. Mir stellt sich in der Tat auch die Frage nach Reformstudiengang oder nicht. An sich geht es mir wirklich um viel Praxiserfahrung und direkten Patientenkontakt - andererseits mag ich auch das Flair der "Massenuni" bzw. der bis zum Rand vollen Praktika mit vielen neuen Gesichtern. Ehrlich gesagt gibt es nichts, was ich weniger mag als enge, an die Schulzeit erinnernde "Klassenverbände" ;-) Der wichtigste Grund ist aber eigentlich das Auslandssemester. Ich habe fest vor, mindestens ein Jahr als Austauschstudent im (wahrscheinlich) außereuropäischen Ausland zu verbringen. Ist es sicher, dass mir diese Semester in Berlin (reformstudiengang) dann nicht anerkannt werden?

Sind die Reformis eigentlich komplett (außer freie Vorlesungen) von den Normal-Studenten getrennt oder gibt es bestimmte Veranstaltungen, die gemeinsam besucht werden?

Danke und Grüße,
Zubin

Berlinerin
14.09.2004, 20:06
@DarthAndy: Also zu meiner Zeit, als wir in Berlin noch die einzigen waren, gab es keinerlei Wechselmöglichkeit. Aber ich bin ja auch im 1. Jahrgang, vielleicht ist das inzwischen anders (aber ich glaube nich)

@Zubin: Soweit ich weiß werden die Kurse im Ausland NICHT anerkannt. Alle die ich kenne, die ein Semester/ Jahr im Ausland waren, mußten das Jahr wiederholen. Allerdings versucht eine gerade ihr Chirurgie - Praktikum, daß sie in Frankreich gemacht hat, als Blockpraktikum Chirurgie anerkennen zu lassen, damit síe das nicht nochmal machen muß und 4 Wochen weniger Uni hat. Aber eine komplette Anerkennung des Semesters ist nicht möglich, schon allein weil wir mit POL etc. viele Veranstaltungen haben, die es nicht überall gibt aber für uns Pflicht sind.

Wir hatten (leider) nie was mit den Regelstudenten gemeinsam. Wir Reformis haben mit dem TÄF ein ganz eigenes Gebäude wo wir unsere Veranstaltungen haben und außer vielleicht mal in der Klinik während der Blockpraktika hat man keinerlei Kontakt zu den anderen, es sei denn man geht z.B. während eines Studium Generales in Veranstaltungen mit Regelstudenten oder kennt sonst irgendwoher welche. Ist schade, finde ich.

Ronald
19.09.2004, 13:37
Aloha... ich habe da einen Link für Euch:

Die ersten der 1999 gestarteten "Refomies" haben nun am 2. Staatsexamen teilgenommen und rutschen damit wieder in die Schiene des Regelstudiums, sprich PJ und 3. Stex. www.rsm-oldies.de (http://www.rsm-oldies.de) ist die Alumni-Seite dieser Reformstudenten aus dem 1. Jahrgang. In der Rubrik "Unter uns" berichten sie ein wenig über die Studienverhältnisse in Berlin im Reformstudiengang der letzten 5 Jahre. Im dortigen Forum kann diskutiert werden.

Beste Grüße
Ronald