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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gießener Klinik zu Schmerzensgeld verurteilt



milz
30.09.2004, 18:17
http://www.netzeitung.de/deutschland/307145.html

Tragisch für Eltern und Kinder. Gerade auch, weil der Hygienefehler ziemlich unnötig und leicht vermeidbar gewesen wäre.

Möchte nicht in der Haut der Verantwortlichen stecken...

Pascal
30.09.2004, 19:07
Ich frage mich auch wer zum Teufel auf die Idee mit dem Putzeimer gekommen ist. Dann doch lieber gar nix, als so nen Unsinn.

Rico
30.09.2004, 19:22
Von dem Fall hat uns mal einer in der Päd-Vorlesung erzählt:
Da war scheins das Desinfektionsmittel, das ja in so einem Spender immer mit Wasser verdünnt wird, aus irgendeinem Grund zu stark verdünnt aus dem Spender gekommen ist, sodaß es diese Keime nicht mehr hat abtöten können.
Als die ersten Fälle auftraten, haben die Schwestern wie wild alles geputzt und gewischt (über die Putzlappen haben sich die Keime von Eimer zu Eimer verbreitet) und so die Keime immer weiter verteilt, sodaß es immer mehr Fälle wurden, was wieder dazu geführt hat, daß noch mehr geputzt wurde.
Ein Circulus vitiosus der ganz besonders schlimmen Art.

Dies hat dann vermutlich zu "Verzweiflungstaten" geführt, daß einige Gegenstände eben komplett im Putzwasser versenkt wurden - in der Hoffnung sie so rein zu kriegen und nicht wissend, daß dort gerade die höchte Keimzahl vorherrschte.

Bis halt endlich mal einer auf die Idee gekommen ist, aus dem Putzeimer ne Kultur zu machen...

stez
30.09.2004, 19:24
Von solchen Vorfällen wie von Ärztefehlern oder gar "Pfusch" hört man ja des öfteren. Werden diese aber nicht durch die schlechten Arbeitsbedingungen heraufbeschworen? Wenn ich nach 10h arbeiten (nein, nicht im KH) nach Hause komme, fühle ich mich doch ziemlich gerädert. Gleichzeitig hört man von den ellenlangen Diensten der Ärzte, sind da Fehler nicht vorprogrammiert?
Für mich als Aussenstehenden schwer zu beurteilen, was sagt ihr dazu? :-nix

Gruss

Lava
30.09.2004, 20:47
Hm, ich denke, Arbeitsbedingungen werden wenig damit zu tun haben. Das sind eher Abläufe, die sich so einschleichen. Bakterien kann man nun mal nicht sehen und man denkt nicht ständig dran. Irgendwer behauptet vielleicht aus Kostengründen, Verdünnung xy (man kann das bei den Geräten ja einstellen) reicht aus und schon machen es alle so. Das kann lange Zeit gut gehen und irgendwann geht es halt mal schief.

JHS
30.09.2004, 21:55
@stez
hier ging es ja wohl nicht um einen Fehler im von Dir genannten Sinne, sondern ehr um ein dauerhafteres Hygieneproblem, das sich über 3 Jahre hingezogen hat.

In wessen Verantwortung liegt das eigentlich? Gibt es nicht sogar spezielle Hygiene Beauftragte??? Und wer wird in diesem konkreten Fall zur Verantwortung gezogen?

Rico
30.09.2004, 22:53
AFAIK keiner konkret.
Vorhin in der Tagesschau haben sie gemeint, daß die Staatsanwaltschaft jahrelang vergeblich gegen diverse Klinikangestellte ermittelt hat.

Letztlich wurde ja die Klinik (und nicht eine Person) in einem Zivilprozess verurteilt. Strafrechtlich hatte das ganze AFAIK keine Konsequenzen.

Doktor_No
01.10.2004, 08:06
verantwortlich ist in diesem fall das uniklinikum giessen, weil es seine fürsorge- und aufsichtspflicht verletzt hat. die hygienebestimmungen werden ja auch von der hygieneabteilung anhand der gesetze, leitlinien, empfehlungen und richtlinien formuliert, von der kliniksleitung als übergeordneter instanz abgesegnet und durch die hygienebeauftragten der jeweiligen abteilungen umgesetzt bzw. supervidiert. es handelt sich also um ein organisationsverschulden der öffentlichen einrichtung uniklinik, deswegen wurden strafrechtlich keine sanktionen gegen einzelne verhängt, sondern zivilrechtlich entschieden.

hygienebestimmungen sind eigentlich sehr stringent und bindend, mir erscheint die umsetzung derselben in der praxis aber oft schwer, beruhend auf der unzureichenden kenntnis des einzelnen, mangelnder fortbildung, zeit- und kostendruck oder einsichtslosigkeit (keime kann man halt nicht sehen...). ich denke da können wir uns alle an unsere eigene nase fassen, oder gibts hier jemanden der immer 100%ig alle hygienevorschriften einhält bzw. überhaupt kennt? ich selbst bin zum beispiel gestern im op gestochen worden, normalerweise muß man dann abtreten, aber wo wird das so gehandhabt? handschuhe aus, blutung stillen, desinfizieren, neue handschuhe an und weiter gehts, nach dem ende der op zum d-arzt, das ist wohl eher die regel, oder?

HSP90
01.10.2004, 09:12
http://www.abendblatt.de/daten/2004/06/03/302721.html

Es ist ja nicht so, dass Gießen gerade ne Elite Uni wäre und nun haben sie einen ganz miesen Ruf.
Hygiene-Skandal, Experimente mit Patienten, Abrechnungsbetrug in Millionenhöhe.
Unglaublich! Was kommt als nächstes

stez
01.10.2004, 10:00
@stez
hier ging es ja wohl nicht um einen Fehler im von Dir genannten Sinne, sondern ehr um ein dauerhafteres Hygieneproblem, das sich über 3 Jahre hingezogen hat.

Ja das ist mir klar. Meine Frage hat mit diesem Thread eigentlich nichts zu tun, ist mir in dem Zusammenhang aber gerade durch den Kopf gegangen...

gruss

christo
01.10.2004, 10:12
Bezüglich der Desi-Spender wär ich eh vorsichtig.
Schaut euch mal die Dinger genau an (speziell die Grünen Geräte).
Meistens sind die Geräte so 1 1/2m über dem Boden verankert. Das Desi-konzentrat steht am Boden. Sobald ihr das Gerät benutzt, dauert es aber einige Zeit, bis das Desi-Mittel durch den Schlauch angesaugt wird. In dieser Zeit fließt klares Wasser in euren Putzeimer. Speziell bei kleinen Mengen führt das zu erheblich verdünnten Lösungen (z.T. schlechter als 50% der eigentlich gewünschten Lösung)
Hab dieses Problem bereits an mehreren Geräten gesehen, nicht an allen. Manche haben offensichtlich ein Rückschlagventil.

Doktor_No
02.10.2004, 09:32
http://www.abendblatt.de/daten/2004/06/03/302721.html

Es ist ja nicht so, dass Gießen gerade ne Elite Uni wäre und nun haben sie einen ganz miesen Ruf.
Hygiene-Skandal, Experimente mit Patienten, Abrechnungsbetrug in Millionenhöhe.
Unglaublich! Was kommt als nächstes

du hast recht, gießen ist genausowenig elite-uni wie marburg. aber wo so etwas passiert, ist doch total egal, und passieren KANN sowas auch überall. ich wäre vorsichtig mit zitaten aus quellen wie dem abendblatt, zumal die ganze anästhesie-geschichte noch immer ein schwebendes verfahren ist und (noch) keine entscheidungen gefallen sind. schonmal überlegt, inwiefern die dinge von themen wie privatisierung/fusion giessen-marburg getriggert sind?

HSP90
02.10.2004, 11:45
Natürlich hätte es rein theoretisch auch in Freiburg, München, Berlin oder Marburg passieren können. HÄTTE! Ist es aber nicht.
Und wie ich bereits geschrieben habe, häufen sich in letzter Zeit die Sachen, die auch überall sonst hätten passieren können.
Marburg weiß wenigstens, wenn schon nicht täglich einen Nobelpreisträger hervor zu bringen, dann zumindest auch nicht jeden zweiten Tag einen Artikel in der Zeitung stehen zu haben, ind dem steht, das sie über Jaaaaaaaaaaaaaahre hinweg Patienten geschädigt haben.
Das mit dem Desi-Eimer war einfach nur Unvorsichtigkeit, wenn auch eine ziemlich krasse und peinliche.Aber das mit den Medikamenten war einfach nur bodenlos!

Ich möchte darauf hinweisen, das ich diese Quelle gewählt habe, weil der Spiegelartikel nicht gratis war. Da habe ich zum Nächstbesten gegriffen. Wenn es Dir bei dieser Lektüre an seriösität mangelt, dann gefalllen Dir diese vielleicht besser:

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,303742,00.html
http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~EB4CB9876F7B74C16A43AD764566F9BD5~ATpl~Ecommon ~Scontent.html
http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=215
http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=5710&key=standard_document_1293950
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=1501398
http://focus.msn.de/G/GN/gn.htm?snr=130717&streamsnr=118

HSP90
02.10.2004, 12:01
Und, bitte sprich nicht in Rätseln, was ist das für ne Verschwörungstheorie:...Fusion... Marburg-Gießen...???
Sollen die Sachen erfunden worden sein, damit ein Teil der Klinik schließt und Marburg diesen Teil Übernehmen kann? :-))
Oder soll die Uni-Marburg gerüchte in die Welt gesetzt haben, damit sie nicht mit GI fusionieren muß? :-wow

Hört sich für mich verdammt danach an, als ob da wer versucht den Tatbestand herunter zu spielen.

Doktor_No
02.10.2004, 12:01
ganz ruhig, brauner :-))! ich wollte deine integität bzgl. deiner quellen nicht anzweifeln, und auch wenn im spiegel oder anderen vermeintlich "seriöseren" medien über diese vorgänge berichtet wird, so bleibt doch alles bis zu einem urteil spekulation und meinungsmache.

in marburg und anderswo passieren andere dinge, die eben, wie von dir angesprochen, nicht in der zeitung stehen, was mich momentan immer mehr zu der frage bewegt, ob da nicht gezielt bestimmte interessengruppen ihr spiel treiben. marburg wird eben momentan auch nicht "abgewickelt", im gegensatz zu gießen hat die uni beizeiten konzepte entwickelt für den tag des zusammenschlusses, der bei genauerem hinsehen absehbar war, wer braucht denn schon auf 120 km luftlinie 3 uniklinika??? da kommen vorgänge wie die hier beschriebenen dem ein oder anderen (unter anderem auch in marburg) recht gelegen.
schade finde ich es, dass solche dinge (kinderklinik ausgenommen), die auf ressentiments einzelner "großkopferter" c4-profs, politiker und lobbyisten basieren, ein klinikum als ganzes diskreditieren und im endeffekt die gesamtheit aller, die dort arbeiten, treffen, exklusive eben jener, die die protagonisten dieser posse sind, denn die sind beamte auf lebenszeit und haben selbst bei verlust des beamtenstatus wenig zu befürchten, während an den andernen etwas kleben bleibt.

zu deiner verschwörungsfrage: das land hessen ist seit jahren nicht mehr bereit, die uniklinik giessen zu fördern, weder baulich noch inhaltlich. wenn ich mir die lahnberge angucke, in die in den letzten 5 jahren 70 millionen euro geflossen sind oder den campus der klinik in frankfurt, wo es 240 millionen euro sind, und dies dann mit giessen vergleiche, kann ich mir ungefähr denken, wo die reise hingeht.demzufolge käme eine privatisierung bzw. fusion dem land sehr gelegen. eine geschichte wie die in giessen ist da ziemlich hilfreich, während an anderer stelle wohl wesentlich weniger darauf herumgeritten würde. es geht hier überhaupt nicht darum, etwas zu verharmlosen, eine straftat bleibt eine straftat und muß hart sanktioniert werden, ich wehre mich nur dagegen daß dinge, die in irgendwelchen zeitungen stehen, ungefiltert und unkritisch als wahr zitiert werden, wir leben immer noch in einem rechtsstaat mit einer unschuldsvermutung und dem "in dubio pro reo"-prinzip.
wieso du allerdings die vermutung äußerst, daß marburg eine fusion ablehnt (oder verstehe ich dich da falsch?), ist mir unklar, marburg kann doch so oder so nur gewinnen. das hat mit euer dekan prof. werner in einem persönlichen gespräch auch so erzählt...

HSP90
02.10.2004, 12:07
ganz ruhig, brauner :-))!


Was n das jetzt für ne Anschuldigung???
Habe mich meines Wissens keines braunen Kommentars, noch denkens schuldig gemacht!!!

Doktor_No
02.10.2004, 12:23
oh mann was bist du denn für eine heißdüse...

"ganz ruhig brauner" sagt man zu pferden, wenn man sie beruhigen will, eigentlich war das eher lustig gemeint. ich werde mich sicherlich in diesem forum niemals auf ein niveau herablassen, auf dem ich jemanden persönlich angreifen oder beleidigen würde.

also, war total unpolitisch, over and out