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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Montag gehts los- Aber große Probleme und Zweifel



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Dr. Jekyll
08.10.2004, 16:45
Ich habe ein großes Problem:

Weiß nicht an wen ich mich wenden soll, außer an euch.

Allen, denen ich davon etwas erzählt habe, verharmlosten meine Probleme
oder schürten meine Ängste.

Montag gehts los mit dem 1.Semester in Hannover.
Abi 2,6 in Berlin gemacht, kein Wartesemester, gleich Teilstudienplatz bekommen. Ich bekam Mittwoch erst die Zusage, auf die Schnelle
wurde alles besorgt . Komme bei Bekannten die ersten Wochen unter.

Eltern waren begeistert. Ich war überascht. Bei den Meldungen:

"...hab 1.9er Abi in Baden-W. gemacht, warte schon 4 Semester,
würde auch überall hingehen, habe nichts bekommen...", erwischt es
ausgerechnet mich. Ich muß dazusagen, dass ich mich nur fürs Medizinstudium beworben habe, sonst für keine andere Ausbildung oder Studium. Habe meinen Eltern immer gesagt, daß man zwar vorher nicht
wissen kann ob man genommen wird, aber das es für mich vielleicht für ein Auswahlgespräch reicht.

Wenn mich meine Eltern fragten, was ich denn nach dem Abi machen wolle,
sagte ich immer: "Arzt werden."-"Und wenn du nicht genommen wirst?"-
"Werde ich den Beruf Arzt "reinschnuppern" und ne Ausbildung zum Sanitäter
machen". Wenn ich damit nicht klarkomme, täglich Blut, offene Wunden und
und menschliches Leid zu sehen, würde ich es als Sanitäter schon mitkriegen,
ob mir der Beruf Arzt liegt. Hatte auch schon Geld für die Ausbildung gespart.


Trotzdem bewirbt man sich ja bei der Zvs, dachte mir nach dem Motto:

"Vielleicht klappts ja irgendwie, der liebe Gott wirds schon richten".

Wäre ja dumm, mich gar nicht zu bewerben, auch wenns schlecht aussieht.
Hatte insgeheim aber die Befürchtung, daß es höchstwahrscheinlich
(mit 2.6er Abi) nicht mal für ein Auswahlgespräch reicht. Wollte meinen
Eltern und mir aber nicht die Hoffnung nehmen und dachte:
"Vielleicht hast du ja Glück, bist einer der allerletzen Bewerber fürs
Auswahlgespräch und irgendwie -super tag erwischen- -spitzenprofs
kriegen- wählen sie mich als einen geeigneten Kandidaten aus. Laß erst
mal alles auf dich zukommen und warte ab, was die Zvs dir schreibt.
Um die Sanitäterausbildung kannst du dich nach der Absage der Zvs
kümmern."

Gleichzeitig hörte ich aus Foren und von einem Bekannten, der ein Auswahlgespräch bekam, daß selbst die Chance beim Auswahlgespräch schlecht stehen, wenn man nicht sehr souverän auftritt und messerscharfe Vorstellungen vom Arztberuf hat. Würde mich zu keinem der beiden Eigenschaften zählen.



Hatte somi bei mir mit mind. 4-6 Wartesemestern gerechnet und so auch fest auf Sani-Ausbildung und diese "Schnuppergelegenheit" spekuliert.
"Kommst du mit den Belastungen nicht klar, machst du halt was anderes,
z.B.: Bankkaufmann", dachte ich mir.



Habt jetzt bitte bloß nicht die Meinung: "Die Pfeife kriegt mit 2,6 nen Studienplatz,ist sich nicht mal sicher ob er Medizin studieren will, hat jetzt
kurz vor Beginn noch Zweifel, kommt nicht mit Leichen klar und Schädel aufsägen, hat sich nicht mal richtig über das Studium informiert, ich dagegen habe 1,5er Abi in Bayern, würde alles für einen Platz tun und könnte bei
ner Rückenmarksspreizung sogar frühstücken. Soll er lieber zur Bank gehen."


Im September kam dann auch die insgeheim befürchtete Absage.
Mein Rang war niederschmetternd, sowohl nach Note, als auch nach Wartezeit. War aber nur 30 Plätze vom Auswahlgespräch entfernt.

"Ab gehts zur Sani-Ausbildung. Wenn du während der Ausbildung ein
Auswahlgespräch erhälst, wäre das ja schon mal ein Silberstreif
am Horizont. Bis zum Auswahlgespräch in frühstens einem halben Jahr,
wirst du schon gemerkt haben, ob du immer noch Arzt werden willst."


Jetzt kommt mein Dilemma:

1.Habe eigentlich keine Probleme mit Blut, Erbrochenem, etc., halt allem was der "Normalmensch" ab und zu mal im Alltag sieht. Gehört
halt alles zum Leben mit dazu. Außnahme: Zahnarzt :-oopss da bin ich nur
selten, vielleicht liegts daran, daß man da selbst betroffen ist.

Habe einige Ärzte gefragt, in Foren nachgeschaut, meine Cousine
(Krankenschwester) berichtete mir, wie es mit dem "Ekelfaktor"
ausschaut. (Wahrscheinlich nicht der richtige Begriff, aber für Laien,
der Begriff mit dem man halt die Autopsien, Histologie, die allerste Operation,
den ersten gestorbenen Patienten am besten zusammenfasst. Der Begriff
soll bitte nicht distanziert, unreif oder abgehoben klingen)

Cousine: "Autopsie war schlimm bei ihr, schafft man aber. Sie macht Kinderstation. Das allererste gestorbene Kind setzte ihr auch sehr zu.
Manch schlimme Hautkrankheit bei Babys. Erfolge bei Heilung überwiegen aber
Trauer. Man wächst mit den Aufgaben." (Ihr Tenor zum Medizinstudium)


Meinung der Ärzte: "Alles halb so wild.-Man stumpft ab-. Bei der ersten Leiche
wird jedem schlecht, mir auch-hatte auch bedenken,mach dir keine sorgen-
der beste Spruch: "Das bißchen Blut im Studium"-

Habe aber auch Sätze gehört, wie z.B: "Ich würds nicht mehr machen, wollen,hätte ich das alles vorher gewusst (auch von Studenten)- viele fanden
es auch traurig, wie schnell man selbst abstumpfen kann.- Ganz schon krass
(im Bezug auf den Ekel) in den ersten Monaten."

Summa summarum: So viele ich befragte, so viele verschiedene Meinungen
erhielt ich. Zwischen sehr positiv, eigentlich positiv, mit doch recht schlimmen
Einschränkungen, bis fast Ekel pur (hat auch Studium abgebrochen).

Mein Onkel (Arzt): "Ach, selbst in meinem Studium haben die jungen, zierlichen
Damen sich so sehr in den ersten Anatomiestunden geekelt und die haben es auch gelernt. Das schaffst du dann auch."

Hab auch von absoluten Horrormeldungen gehört: "Als Begrüßung für die Erstis
lagen Kopf inklusive Wirbelsäule (aber nur die Wirbelsäule) in einem Eimer.
Profs lachten sich halbtot, Erstis rannten schreiend raus.

Habe (verständlicherweise) noch nie bei Operationen zugucken dürfen,
geschweige denn mal eine richtige Leiche gesehen. Mache ihr mir ganz komische Sorgen gerade,auch weil der Termin so plötzlich nach vorne gerückt ist. Halt nicht meht 4-6 Semester warten, sondern Montag gehts los.

Immer wenn ich Bedenken geäußert habe, ob ich mit Leichen aufschneiden, Tod, immenser Verantwortung, etc. fertig werden würde, wurde ich von Ärzten (Verwandte, Nachbarn, Hausärzte, aber halt Menschen die mich kennen oder mir nahe stehen) mit den Worten "das schaffst du schon,
bewirb dich ruhig" beschwichtigt.


Seit meiner Zusage am Mittwoch beschleichen mich die wirklich die schlimmsten Szenarien in meinem Kopf. Ich schlafe kaum noch und mach mir ständig Gedanken:

(ist jetzt übertrieben, aber so stellt man sich das in der eigenen Fantasie vor)

Ich, stolz wie Oskar, bald anderen Menschen helfen zu können, die negativen
Seiten des Berufes bei der Bewerbung ausgeblendet, ordentlich "aufgetankt"
mit Worten wie "das schaffst du schon" und "ich bin stolz auf dich", meiner Meinung nach viel zu wenig über den Beruf Arzt aufgeklärt (hab dieses Gefühl aber erst seit der Zusage), mit großen Erwartungen, wahrscheinlich vielen falschen Vorstellung, stehe dienstag morgen mit Kittel da und falle vor
Ekel aus den Turnschuhen, wenn der Prof. im Anatomiekurs das Skalpell nur
ansetzt. Und drei Tage später heißt es: "So, jetzt dürft ihr mal am Arm schneiden oder jetzt sägen wir mal die Schädeldecke auf."

Habe sowas noch nie gesehen. Kann mir auch nicht vorstellen, daß ich
der einzige bin der sich Sorgen macht. Stelle mir gerade da die grausamsten
Sachen im Studium vor.


Solche Sätze im Forum: (sinngemäß)

"War enttäuscht, daß so viele in xxx
da waren, konnte gar nicht genau sehen wie der Schädel aufgemacht wurde."

"Ich beruhigte mich erst als die Flüssigkeit beim ersten Schnitt so glibbrig
hinausquoll"

Momentan stelle ich mir vor ich, daß ich verdammt froh wäre, wenn ich beim
Schädel öffnen in der letzten Reihe stehen würde und es mich eher beunruhigt wenn irgendein Gewebesaft irgendwo rausquillt.

Der Hammer für mich:

"Ja, nach der Anotomie beerdigen wir die eingeäscherte Leiche zusammen mit den Verwandten", klang beim Verfasser im Forum so nüchtern wie die Beschreibung eines Films

Hab ich bis Mittwoch auch nicht gewusst.
Da wird mir ganz anders. Mir steht die Witwe gegenüber und weint bitterlich.
Wir haben 30 Minuten vorher ihren Mann "geöffnet".
Ich habe da doch mehr Distanz zum Tod. Wenn ich bei Patienten operieren muß, ist das eine Sache, aber bei Toten "rumschneiden"?


Hab erst eine Beerdigung in meinem Leben erlebt, war aber ein ganz schlimmes Erlebnis meiner Kindheit (war mein Onkel),
und das jetzt jede Woche. Nein Danke.


Sollte ich da ganz schnell nicht ganz massiv abstumpfen, bin ich in 3 Wochen
weg. Vielleicht mache ich mir da selbst zu viel Angst. Wenn nicht wird sich
ein Nachrücker freuen. Hoffe, daß meine medizinische Neugier den Ekel überwindet. Dann braucht es toughere Menschen, als mich, um diesen Beruf auszuüben.

Beim Abi haben wir im Biologieunterricht Tomaten für Genetik aufgeschnitten, ein halbes Jahr später soll ich Brustkörbe öffnen. (Klingt jetzt lustig, ist doch aber so)

Ich wollte eigentlich Pädiatrie oder Frühchenstation als Arzt machen. Ich war selbst eine Frühgeburt und bin dem Tod mehr als einmal von der Schippe
gesprungen. Wenn mir mein Vater als Kind immer von den Ärzten, den vielen
Schwestern und dem Krankenhaus erzählte und wie ich gerettet wurde,
wußte ich, daß ich auch kleinen Frühchen helfen wollte.


2. Problem:

Meinungen meiner Umwelt:

"super, hast ja doch noch platz bekommen, xxx
war viel besser als du, und wartet immer noch"

meine Eltern sind fast aus dem Häuschen gesprungen, als die zusage so
unverhofft kam :

-"Wir sind so stolz auf dich"
-"mein Sohn wird Arzt, ich kanns nich gar nicht glauben"
-"Ich weiß, daß du das schaffst"
-"deine Chance im Leben"
-"dein Opa war auch Arzt, der hätte sich riesig gefreut, wenn er das jetzt wüßte"
...

So wird langsam, aber sicher der Druck auf mich größer.
Nach der Absage im September war meine Eltern sehr traurig,
seit Mittwoch herrscht hier eine Atmosphäre wie bei Mary Poppins.

3. Wieder eine meiner Fantasien:

Morgens 6 Uhr aufstehen, 8 Uhr Uni Anfang 17 Uhr zu Ende. Noch bis 21
Uhr lernen, schlafen, nächsten Tag dasselbe. Alle Freunde und Verwandte in Berlin. Toll. Wochenende: lernen.

Ich mühe mich trotz Ekel 2 Semester ab, habe irgendwann die Schnauze voll,
weil ich den Arztberuf vielleicht zu idealisiert gesehen hab
und breche ab. Die Wartesemester gehen flöten, falls ich irgendwann mal was
anderes in meinem Leben studieren möchte.Und meine Eltern, mit großen Erwartungen, die mich finanziell unterstützen, fallen aus allen Wolken.
Habe mich sonst nirgenswo anders beworben. Schlage ich meinen Platz heute aus, bin ich wieder arbeitslos. Habe dann aber keine Wartesemester verloren.
Mache dann nichts und fang wieder von null an.

4. Lernpensum

Da hört man ja auch alle Nase lang anderes.
"Manche Sachen kann man gar nicht komplett lernen, da muß man einfach
irgendwas abhaken"

"Für die Prüfung (war auf jeden Fall keine Große) mußte ich so viel lernen, wie für mein Abi" (Forum)

"Medizin, sehr schwer, muß man voll dahinter stehen, damit man das Pensum
schafft" (Na toll, und ich hab Zweifel)

Habe für mein Abi schon eine Menge lernen müßen, und dazu waren die Lehrer
schon relativ großzügig und haben viel ausgelassen.
Sonstige Klausuren habe ich wirklich nie gelernt, wenn überhaupt mal eine Stunde, lerne viel eher durch zuhören im unterricht, als durch angucken.
Da werden mir Scripte nicht viel weiterhelfen.

Hab mir mal Histo-Sachen (nur Text) angeguckt.
Sollte man vielleicht nicht machen, wenn man gerade zweifelt.
War alles auf einer Seite (kurz!) zusammengefasst. Der Scrollbalken war
sehr klein. "Die xxx mit den xxx bei den xxx usw."
Mein erster Gedanken: Ach du Sch...
Das waren in Bio immer die Themen, die, wenn sie die Lehrer nur ankratzten
alle "Oh Gott" schrien. Und die dann auch durch Desinteresse der Lehrer
schnell wieder verschwanden, obwohl im Biobuch ein Zehntel des Themas steht.

Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe ihr könnt mir irgendwie helfen.
Bin noch keinen Tag da, und schon gehen mir Zweifel oder schlimme Fantasien
durch den Kopf.

Vielleicht hattet ihr ja ähnliche Bedenken oder eine ähnliche Problemkonstellation.

Mfg

Dr. Jekyll

herrlehmann
08.10.2004, 17:18
Moin

Das is ja mal ein Riesenbeitrag.

Es ist sicherlich nicht schlimm, dass du dir vorher soviele Gedanken machst, so ist dass nunmal, wenn ein Neuer "Lebensabschnitt" anfängt. Aber ich kann dir nur Raten, Warte ab, lass dich überraschen und mach deine eigenen Erfahrungen. Du kannst doch nicht wissen, ob du viel oder wenig lernen musst, nur weil ein anderer es für viel oder wenig hält, versuch es einfach. Und genausowenig kannst du dir über Ekel etc Gedanken machen, und auf fremde Erfahrungen hoffen. Du wirst es sehen...

Ich habe vorher einige Jahre im Med Bereich gearbeitet, und meine Erfahrungen vorher gemacht, aber genauso Standen am Präptisch neben mir 19 Jährige, die das erste Mal eine Leiche gesehen haben. Du wirst es merken wie du reagierst, zumindest wir sollten erstmal nur rumstehen und die leiche anschauen, und sie berühren, habe ein wenig darüber gesprochen, und dann erst angefangen,....Es wird den meisten so gehen wie dir. Und die die irgendwelche Horrorgeschickten über den Kurs etc erzählen, ham es wahrscheinlich am wenigsten verarbeitet, lass dir nix einreden. Und unterschätze nicht das gleichzeitige Lernen, wenn du anfängst irgendwelche Strukturen erkennen zu wollen, Muskeln etc, dann wird die Tatsache "Leiche" in den Schatten gerückt.

Mach dir keine Sorgen wegen dem Lernen. Es wird sicherlich mehr als im Abi, aber man lernt zu lernen. Vor einigen Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich soviel lernen kann, und es wird immer mehr...
Und wegen dem Präp-Kurs, mach dir keinen Kopf, es wird allen so gehen, und ihr werdet es zusammen machen...

Hoffe ich konnte dir hlefen

Gruss

Helena_vlg
08.10.2004, 17:22
Kann das schon alles gut nachvollziehen...
Muss aber vorneweg, dass ich schon ein wenig neidisch auf dich bin...hab 2,4 Abi ebenfalls in Berlin und keinen Platz...ist frustrierend dich so zu hören, aber ich versteh schon, was du meinst.
Ich persönlich habe eigentlich keine Probleme mit dem was du beschrieben hast, überlege sogar die Chirurgie anzupeilen, wenn ich dann irgendwann mal fertig bin...
Ich denke schon, dass du den Platz erstmal annehmen solltest...so leicht bekommt du nicht nochmal die Chance Medizin zu studieren und die Sanitäter Ausbildung kannst du immer machen wie auch Bankkaufmann werden. Ich glaube nicht, dass es übermäßig schwer ist daran zu kommen auch mit einem 2,6 Abi und ohne Wartesemester, da die ja dann wegfallen würden. Versuch doch einfach Medizin mal, es muss dir doch auch nicht unangenehm sein, wenn dir ein wenig mulmig wird wenn du die Leichen u.Ä. siehst bzw. mit ihnen arbeiten sollst.
Wenn du merkst du schaffst es nicht, dann kannst du aufhören, wenn du dich nicht durchquälen willst...Allerdings kannst du als Arzt selbst entscheiden, was für ein Feld du einschlagen willst bzw. wieviel Blut du letztendlich zu sehen bekommst.
Und bei den "Ekelfaktor"-Angelegenheiten musst du nur daran denken, dass es einem guten Zweck dienst, man muss das eher wissenschaftlich betrachten und dann macht es die Sache schon einfacher, denke ich. Du fummelst da schließlich nicht zum Spaß rum, sondern machst etwas Gutes...
Also, mein Tipp für dich: FANG ERSTMAL AN!!! Es hat schon alles seinen Grund, wieso gerade DU ausgelost wurdest :)
Du wirst in Hannover schon neue Freunde finde, das ist doch klar und ein wenig Freizeit bleibt immer. Mein Bruder studiert auch schon eine Weile Medizin und obwohl es sicherlich eine Menge Arbeit ist, man findet auch Zeit für sich...vielleicht ist das bei jedem auch anders, aber das sollte dich wirklich nicht daran hindern.
Du solltest dich auch wirklich nicht von deinen Eltern unter Druck setzen lassen..schließlich ist alles deine Entscheidung und deine Eltern würden niemals wollen, dass du unglücklich in deiner Zukunft bist...auch wenn sie das vielleicht nicht immer zeigen...
So...ich hoffe ich konnte dir irgendwie helfen, obwohl letztendlich alles bei dir liegt! Sag Bescheid, was du machst.

Xela
08.10.2004, 17:35
hey jekyll!

ich will jetzt gar nicht so detailliert eingehen, auf alles was du schreibst, habe leider nicht so viel zeit.

ABER: die sorgen, die du dir machst sind zwar nachvollziehbar, aber wirklich nicht berechtigt. ehrlich. beruhige dich, werd nicht panisch. (das ist jetzt nicht bös gemeint, ich hab halt das gefühl, dass du dich da gerade in eine hysterie reinsteigerst.) viele dinge, die du da beschreibst laufen nicht so ab wie du dir sie vorstellst.

da gibt es keine fiesen profs, die dir am ersten tag ne wirbelsäule in die hand drücken. statt dessen lernst du jede menge gleichgesinnter kennen, die auch alle etwas nervös sind weil sie nicht wissen, was ihnen bevor steht. profs siehst du erstmal nur aus weiter ferne.

da werden nicht irgendwelche schädel gespalten und es tritt auch nirgendwo schleimig-siffige flüssigkeit aus. das passiert vielleichtim kinofilm anatomie, aber in echt war das alles doch viel würdevoller und auch nicht schleimig-schockig. statt dessen sind wir sehr langsam an die anatomie rangeführt worden, bei uns gabs im ersten semester z.b. nur knochen zu sehen und das auch erst am semesterende. (kann bei euch natürlich anders sein, aber auch dann wirst du nicht am ersten tag in den präpsaal müssen. [kittel also erstmal zu hause lassen!])

du wirst auch nicht bei einem gerade erst verstorbenen eine autopsie durchführen. das macht die rechtsmedizin mit der hast du erstmal eh nichts zu tun. in der anatomie werden die leichen mindestens ein halbes jahr in formalin fixiert und sehen dann wirklich nicht mehr lebendig aus. sie werden auch nicht 30minuten später beerdigt mit lauter heulenden verwandten. statt dessen findet (zumindest bei uns) nach dem präpkurs, der 3monate dauert, eine würdevolle beerdigung statt die vom semester organisiert wird. man zeigt den angehörigen damit respekt im umgang mit ihrem verstorbenen. ich fand es sehr sehr gut wie das bei uns gelaufen ist. mach dir keine sorgen darum. und wenn du keine angehörigen sehen willst dann gehst du eben nicht hin.

ein anderer punkt: du fühlst dich jetzt schon unter druck gesetzt, weil dein opa arzt war und deine eltern darauf abgehen. mach dir klar, dass du das für dich tust und für niemand anderen. wenn es dir gefällt dann bleibst du dabei. und wenn du nicht klarkommst dann lässt du es eben wieder. das ist keine schande, im gegenteil, es ist sogar sehr vernünftig. eine schande wäre es, wenn du jahre deines lebens mit diesem studium verbringst ohne weiter zu kommen und ohne zu wollen, nur weil deine eltern sich so freuen. trotzdem geh nicht davon aus, dass alles schief geht. sei offen für alles, was kommt. gerade der anatomiekurs ist ja auch eine riesen chance etwas über den menschen an sich, aber auch etwas über dich zu lernen. du wirst da lernen, deine grenzen kennenzulernen und auch zu überschreiten, und damit ist nicht abstumpfen gemeint. (obwohl man das auch ein bisschen tun muss.)

histologie ist weder blutig noch eklig, sondern nur langweilig (alter histohasser..), weil du stundenlang nur irgendwelche gewebeschnitte mikroskopierst. findest du zellen eklig? glaub ich nicht. manche leute finden das sogar spannend. (hab ich mal gehört...)

über den arztberuf an sich wirst du in den ersten 4 semestern wenig lernen. das ist traurig, ist aber so. geh deshalb nicht davon aus, dass das was du in der vorklinik sehen wirst etwas mit deinem späteren berufsleben zu tun hat. sei offen, versuch spass an der sache zu haben. und wenn die anatomie nicht dein lieblingsfach wird, dann wirds ja vielleicht biochemie oder psychologie? gibt so viele spannende dinge, die noch auf dich zu kommen.

du brauchst auch keine angst vor der riesen stoffmenge zu haben, das ist alles irgendwie zu bewältigen, lass dir nicht von irgendwem einreden, wie viel das ist, sondern fangs einfach an, du wirst es auf deine weise bewältigen. zeit für partys wirst du trotzdem finden.

so, hoffe ich konnte dir bisschen mut machen und entschuldige, dass ich so durcheinander und zusammenhanglos schreibe. denk dran, den anderen erstis gehts nicht anders als dir. da ist keiner bei, dem es anders geht. fang das nächste woche an, feier mit den leuten, die du kennenlernst, freu dich auf alles neue, das auf dich zukommt. es ist gut, dass du dir gedanken machst und dich hinterfragst, aber übertreib es nicht, sonst steigerst du dich in was rein.

viele grüsse vom alex

eatpigsbarf
08.10.2004, 17:55
Dr. Jekyll,
also, jetzt mal ganz ruhig: ich denke, jeder wird in der einen oder anderen Weise Dir aehnliche Gedanken gehabt haben. Es ist komplett normal, gerade vor dem Medizinstudium -wo man ja mit nicht so ganz alltaeglichen Sachen schon normalerweise gleich im 1. Semester konfrontiert wird (eben Anatomie in Hannover)- Respekt und auch einen Haufen Angst hat. Es ist ja auch ein riesiger Schritt, so von gut-behueteter Schule (meine ich in der Hinsicht, als dass alle die Schule bis zu einem bestimmten Punkt machen muessen) zu Studium-und-allein-auf-sich-gestellt-sein zu kommen. Klar, da ist die Angst, dass das Studium nichts fuer einen ist (obwohl man es so gehofft hatte) und man dann doch "aufgeben" muss. Aber jetzt stell Dir mal fuer Dich selber vor, Du haettest tatsaechlich nicht das Glueck (!) gehabt, jetzt gleich reinzukommen, machst mit viel Freude deine Ausbildung zum Sani oder Rett-Ass. und nach der ganzen Warterei und den Wartesemestern faengst Du dann an mit dem Studium und stellst erst dann fest, dass die Banklehre fuer Dich besser waere... Dann doch lieber kurz und schmerzlos nach vielleicht dem 1. Jahr in Hannover.
So, und jetzt zum Studium in Hannover. Ich habe da komplett das ganze Studium gemacht von der Vorklinik an gemacht und kann Dir somit sagen, wie es bei mir war (da hat sich nicht viel veraendert - nur einiges am Kursaufbau wurde ueberarbeitet wg. der neuen Approbationsordnung, die ich nicht mehr mitbekommen habe). Es ist ganz definitiv nicht so (und da sage ich Dir ganz klar, das kann ich mir auch bei KEINER anderen Uni so vorstellen), dass ich da irgendwelche Profs als Sadisten habe, die sich da einen Spass daraus machen, die Studenten am 1. Tag Praeppsaal zu schocken. Es ist bei uns auch keiner "schreiend" rausgerannt. Man hat ganz klar Zeit, sich an den Gedanken zu gewoehnen, mit/an der Leiche zu arbeiten und dass dieser Moment bald kommt (ist aber erst so ca. 2-3 Wochen nach der Ersemester-Einfuehrung so weit). Selbstverstaendlich macht man sich da mit seinen neuen Kommilitonen vorher nervoes und erzaehlt sich "Horrorgeschichten" -eben vor lauter Nervositaet. Aber jetzt frag Dich mal selber, wieviel davon wohl war ist. Und von den Geschichten, die einem von Aelteren oder Leuten, die nichtmal was mit dem Medizinstudium zu tun haben und derartige Geschichten nur ueber 2 Ecken gehoert haben, kannst Du mal gleich eine grossen Teil abziehen. Da ist oft ein grosser Teil "sich wichtig machen vor den Anfaengern und Nichtswissern" (denn, man kann ja alles erzaehlen von der Leiche und keiner kann es nachvollziehen und ausserdem haben tote Menschen was unheimliches und somit gibt es da genug Moeglichkeiten, was auszuschmuecken) und als Aussenstehender gibt es da immernoch die "Faszination", wie jemand freiwillig mit Toten auf einem nicht-emotionalen Level umgeht. Das ist eben ein ganz normales gesellschaftliches Stigma. Aber eben eins, das eben auf den anfangenden Mediziner einen grossen Einfluss hat (eben aufgrund der ganzen Geruechte...).
Und zu der Geschichte mit den Koepfen und der Wirbelsaeule im Eimer: mal ganz ehrlich, wenn das ein PROFESSOR taete und das wuerde rauskommen, der waer mal eben mehr Probleme, als seinen Lehrauftrag loszusein. Sowas gibt es nicht (vieleicht vor x Jahren, aber nicht mehr heute)! Und mit das erste, was Du in Hannover lernen wirst, ist, dass die Wuerde des Toten gewahrt werden muss. Da gibt es keine schicken "Spielchen" mit der Leiche am ersten Tag. Und man kommt nicht in den Praeppsaal rein und das erste, was man sieht, sind Teile von Toten. Ich fuehre das jetzt nicht naeher aus, weil dies ja immernoch ein oeffentliches Forum ist. Du kannst mir aber gerne eine private Nachricht schreiben und ich sende Dir dann eine E-Mail.

In Hannover ist es uebrigens so, dass Du absolut genug an der Leiche zu tun haben wirst, da man da nur einmal die Woche mit 4-5 Leuten steht und ein gut ausgefuelltes Praepp-Programm zu absolvieren hat. Keine Sorge, da gibt's genug Hands-on-Experience. Man darf also nicht nur von hinten zusehen, wie sich die andere 12 (+) Leute aus der Gruppe drum bemuehen, auchmal was machen/sehen zu koennen.

Zur "mentalen Abstumpfung" beim Praeppkurs: ja, es ist schon so, dass es einem nach einer Zeit nichts mehr ausmacht, an einem toten Menschen zu arbeiten. Das soll aber nicht heissen, dass ich nicht mehr wusste, dass ich da an einem Menschen arbeite. Das Ding ist, dass man seine Aufgaben hat (in Hannover endet der normale Praepptag ab der 2. Woche mit einem mdl. Testat, also einer kleinen Pruefung. Halt, KEINE Sorge, auch da fangen die ganz langsam an!!!!). Insofern ist es Dir die ganze Zeit bewusst, dass Du nachher noch geprueft wirst und Du zusaetzlich Deinen Praepp-Plan durcharbeiten musst. Da verschieben sich also Deine Gedanken und die ganze Perspektive aendert sich. Du verbringst also nicht mehr die Zeit damit, immer daran zu denken, dass Du an einem toten Menschen arbeitest, denn -das weisst Du ja. Es geht nun mehr darum, das Testat zu bestehen und das vorher Gelernte anzuwenden.

Angehoerige habe ich selber nie getroffen. Es gibt am Ende des Preappkursjahres eine Art Trauerfeier, wo derjenige, der will von den Studenten, dann nochmal innehalten kann und sich auf seine Art und Weise bei dem Toten bedanken kann, dass dieser FREIWILLIG seinen Koerper der Anatomie gespendet hat. Dies geht allerdings in Hannover OHNE Anwesenheit von Angehoerigen aus. Was mal passieren kann (das haben uns die Professoren vor dem Praeppkurs angekuendigt, ist mir aber nie passiert), ist, dass sich interessierte Leute im Praeppkurs umschauen, weil sie wissen wollen, was mit ihrem Koerper passiert, wenn sie ihn donieren. Und das finde ich einen ganz normalen Grund. Und sollten sich solche Leute mit mir als Student darueber unterhalten wollen, wie ich mich im Praeppkurs fuehle, dient das zu ihrer eigenen Entscheidungsfindung und da kann ich ihnen dann auch gerne Fragen beantworten. Schliesslich will so jemand wissen, was passiert und wie andere ueber eine solche Entscheidung (man gibt ja schliesslich seinen Koeper an jemand anderen zur wissentschaftlichen Arbeit weiter) denken. Das kann also schonmal passieren, aber, wie gesagt, ist mir nicht und auch keinem, den ich kenne.

Und zur Lernerei: ja, es ist viel. Und ja, ganz klar, es ist auch mehr als zum Abi. Aber, nicht am gleich am Anfang. Du wirst da schrittweise raungefuehrt und mal ganz ehrlich, hast du Dir in der 7. Klasse vorsetllen koenne, dass Du irgendwann mal das Abi hast? Oder am Anfang der 1. Klasse, dass Du irgendwann bis 1000 zaehlen kannst und mit den Zahlen zwischen 1 und 1000 umgehen kannst? Hast Du in Deiner 1. Englisch Stunde mit Angst daran gedacht, dass Du mal englische Saetze ganz alleine formen wirst koennen? Das stand damals auch alles wie ein Berg vor Dir und man konnte sich das nicht vorstellen. Und denk mal, was fuer ein Berg das Abi vorher war - jetzt hast Du in bestiegen und das Ding ist geschafft!
Und auch die Mediziner haben ihre Parties (die MHH-Parties sind immer extrem gut besucht!), insofern kann man sich ja denken, dass es auch noch ein Leben ausserhalb des Schreibtisches gibt. Aber, hier stimmt es wirklich: man waechst mit seinen Aufgaben. Und Du lernst ja dann jetzt auch endlich mal was, was Dich so interessiert, dass Du es (nicht immer aber meistens) gern lernst, weil es ja die Grundlage fuer Deinen spaeteren Beruf ist. Klar, auch hier gibt es immer Faecher, die man nicht mag und schweinelangweilig findet, wie in der Schule auch. Aber, da hat man's auch machen muessen - sonst haettest Du jetzt kein Abi. Und ja, es ist ein sehr lernintensives Studium. Aber, alle, die da mit Dir sind, muessen genausoviel lernen vom Stoffumfang wie Du. Du stehst da nicht allein. Solltest Du eben nach dem ersten oder zweiten Semester feststellen, dass das Medizinstudium doch nichts fuer Dich ist, dann kannst Du immernoch aufhoeren. aber daran wuerde ich erstmal nicht denken, sondern ich wuerde jetzt das erstmal auf mich zukommen lassen und diese so ganz andere Welt kennenlernen.
Also, geniess die Einfuehrungswoche und hab ganz viel Spass mit dem Kennenlernen von anderen Leuten!!!! Und wenn Du noch irgendwelche spezifischen Fragen hast, schreib einfach eine PM. Geniess es!!!! :-top

Medi-Marie
08.10.2004, 18:00
Hallo erstma,

also ich kann dich gut verstehen. Ich hatte zwischendurch auch oft Zweifel ob das alles ao das richtige ist (Anm: studiere jetzt doch was anderes, hat damit aber nix zu tun...)

1. zum Thema Umfeld: Es hat ich hinterher richtig angekotzt, dass eigentlich jeder von mir erwartet, mal später ne tolle Ärztin zu werden. Irgendwie weiß jeder dass ich Medizin studieren will/wollte und ich fan es echt nervig, dass alle meinten: Du wirst bestimmt mal ne tolle Ärztin... Arzt werden, das wollte ich auch schon immer.... mit deinem Abi-da muss man Medizin machen.... Ich komm dann später immer zu dir und lass mich von dir behandeln.... Wenn nicht du, wer dann sonst?...
Mir ging das immer total auf den Zwirn, denn ich hab mir immer gedacht: Was machst du wenn du das Studium nicht packst? Wie erklärst d solchen Leuten das? Die Erwartungshaltung mir gegenüber war einfach zu hoch. Und glaub mal, wie schwierig das ist jetzt jedem zu erzählen dass ich nun DOCH NICHT Medizin studiere sondern mol. Medizin!
Du musst gucken, dass du damit umzugehen lernst. Wenn du sagst "Medizin", heißt es von überall: Baoh toll, aber ich könnte das nicht, das wär mir zu schwer.... neee das wär nix für mich mit den Leichen...
WEnn du das die ganze zeit hörst denkst du es hinterher selbst. Mich hat es immer aufgeregt, wenn die Schwestern im Krankenhaus zu mir meinten: DAS willst du dir WIRKLICH antun???!!!
Ohren zu und durch.

2.zum Thema Ekel:
Bis ich mein Krankenpflegepraktikum gemacht hab, hab ich immer gedacht ich könnte kein Blut sehen. Mir ist schlecht geweorden beim Blutabnhemen lassen, Spritzen setzen, Notruf gucken :-) u.v.m.
Als ich dann live im OP stand, hab ich gar nicht drüber nachgedacht, ich fands nur suuuuper interessant. Mir ist nur am 2. Tag übel geworden, als ich unverhoffterweise die Klammern bei ner BustOP halten durfte aber das war wohl eher weil ic total überfordert war.
Erster toter Patient: Ich war aufgeregt und fand es spannend muss ich ganz ehrlich sagen. Ekel kommt da nicht auf. Das hat mit Ekal nix zu tun. In dem Moment hat man nur Respet vor dem Leben.
Präparieren: Da hab ich auch Angst vor, wird mir wohl trotz Mol.Med Studium nicht erspart bleiben, aber mann muss ja nicht direkt das Gehirn aufschneiden... Und ich sag mir immer, wer davor keine Angst hat und wen bei dem Gadanken an das "Erste Mal" keine mulmigen Gefühle hat, der ist nicht ganz normal...
Und ich glaube auch nicht, dass man dabeisein MUSS wenn die Leiche beerdigt wird. Ich denke, dass ist gut für die Studenten, die das als Abschluss brauchen um zu shen, dass "ihre" Leiche nun auch endlich ihre Ruhe findet.

3. Zum Thema lernen:
Man wächst da rein, denke ich. Ich glaube das hängt auch viel vom Lerntyp ab, wenn du beim Zuhören direkt viel mitbekommst - vieeleicht haste damit schon nen großen Teil abgedeckt. Und ich denke mir: Wissen ist geil!


Gott, ich weiß nicht was ich noch schreiben soll, du hast ja so viele Themen angerissen....

Genieße das Studium, freu dich auf die neuen Leute die du kennenlernen willst, und:

DENK NICHT SO VIEL!!!!!!


Und PS: Nimm den Platz an, das ist die Chance deines Lebens!!

Cranium
08.10.2004, 18:48
@ Dr. Jekyll

Was andere an Erfahrungen im Med.Studium gesammelt zu haben meinen, sollte dich nicht beeinflussen.
Du wirst ganz individuell auf die verschiedensten Anforderungen der verschieden Fächer reagieren und handeln.
Bleib ganz ruhig, freue dich deines Studienplatzes und studiere erstmal und lass alles auf dich zukommen und wirken. Wenn du merken solltest, es sei nicht das richtige für dich, kannst du immer noch abbrechen.

Hab nicht so einen viel zu übertriebenen Respekt vor der Medizin.
Sage dir immer: "Alle Ärzte scheißen aus dem selben Loch wie du".
Ja, stelle sie dir auf einer Kloschüssel sitzend, mit hochrotem Kopf vom pressen und zerzausten Haaren vor. :-)) :-))
Es sind nur Menschen!!!!!
Und genau wie die, bist auch du potentiell in der Lage dieses verdammte Studium zu schaffen.
Und wenn nicht? Mein Gott, dann sollte es nicht sein. Dann machst du was anderes, was vielleicht genau das richtige für dich ist, vom Schicksal höchstpersönlich ausgewählt.

Und nimm diesen verdammten Platz an!!

Also atme tief durch, und gehe ruhig und mit erwartungsvoller positiver Einstellung auf deinen ersten Studientag zu. ;-)

Gruß und viel Erflog
Cranium

Dr. Jekyll
08.10.2004, 18:55
Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten.

Habe noch meine Bedenken, bin verdammt gespannt, wie die 2. Woche läuft.
Werde auf jeden Fall schreiben.

Entwickelt man beim sezieren der Leiche
eine Abstumpfung nach dem Motto Leiche ist Leiche, ganz egal,
also man nimmt nicht mehr die Person, das Gesicht, etc. war?



Der Prof erzählt doch sicherlich von der Todesursache.
Sagt er auch was über seinen Status aus.
z.B Familienvater mit 2 Kindern oder wird von sowas gar nicht berichtet.

Würde mich nervös machen.


Habt ihr vornehmlich alte Menschen für Histo? (vielleicht weil
es mehr zur Verfügung gibt, nicht böse gemeint),
oder ist das eine "Mischung" nach Größe? Alter? Oder Zufall?

Werden auch Babys oder Kinder genommen, wäre sehr schlimm.
Würde doch keine Mutter zulassen, oder?
Ein Baby oder ein Kind schneide ich nicht auf.
Oder heißt es im Histo-Kurs jedes Alter kommt einmal ran.

Tochter einer Bekannten hatte mal Mutter+Embryo, weiß aber nicht
ob Histo oder Autopsie. Für Studenten, die sich darüber beschweren,
daß sie nicht ganz nah am Gehirn zugucken können, bestimmt ein
interessanter Fall, für mich garantiert nicht.
War für ihren Geschmack auch zu heftig, durfte dann raus.

Nervt mich auch tierisch. "Was, du wirst Arzt werden?" und dann
werden von "Experten" wie dem Steuerberater oder dem Gärtner die Vor-
und Nachteil des Arztberufes und die neuste Krankenkassenregelung
wild in 5-Minutenvorträgen zusammengewürfelt.



Mfg

Dr. Jekyll

Dr.Nemo
08.10.2004, 19:23
Hallo Dr. Jekyll,

also erstmal möchte ich dir sagen, das ich es richtig gut finde, das du so deine Bedenken äußerst.. Ich glaube viele Erstis verstecken sich hinter einer aufgebauten Selbstsicherheit, um keine Schwächen zeigen zu müssen.. :-nix
Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, das es soviele Menschen in einem Semster gibt, die KEINE Berührungsängste oder Nervositäten haben, oder ich irre mich gewaltig..

Ich hatte deine Bedenken auch vor meiner Ausbildung zur Krankenschwester.. Vor jeder ersten neuen Spritzenform, vor Blutabnahme, etc.. vor jedem Neuen, war ich SEHR nervös und hab mich immer wieder gefragt, ob ich mich dazu überwinden kann, ob ich in dem Moment richtig reagieren und meine Gefühle dabei ausschalten kann. Und jedes Mal danach habe ich erkannt, das es geht und von mal zu mal wirst du sicherer und routinierter (ich möcht hier auf keinen Fall abgestumpft sagen, denn das ist etwas sehr unmenschliches in diesem Beruf!!)

Auch heute zum Beispiel.. Ich bin auf einer neuen Station für Wachkomapatienten eingeteilt und mache dort nun gleich meinen ersten Nachtdienst.. Sitze hier und frage mich, ob ich alle gut versorgen kann, ob ich mit den vielen problematischen, frischen Tracheostomas klarkomme.. Ob ich Notfälle rechtzeitig erkennen kann, wenn ich die Leute noch gar nicht kenne.. Frage mich, ob ich bei den Stomas meinen Ekel vor Sputum überwinden kann..
Aber morgen früh werde ich nach Hause gehen und erfahren haben, das alles halb so wild war..
Ich rede mir mittlerweile ein, das ich das benutze, um noch selbst Mensch zu sein, um auch alles richtig zu machen, um vielleicht an Schwächen zu arbeiten und mich selbst weiterzuentwickeln :-meinung

Also: Hab Mut! Und selbst wenn du feststellst, das das nichts für dich ist, dann steh dazu! Aber komme nicht in die Situation, dich ein Leben lang zu fragen, ob Medizin dir doch liegen würde :-winky


Entwickelt man beim sezieren der Leiche
eine Abstumpfung nach dem Motto Leiche ist Leiche, ganz egal,
also man nimmt nicht mehr die Person, das Gesicht, etc. war?

Hmpf, ich hoffe ehrlich gesagt nicht oder irgendwie doch? Ich hab da auch Schiss vor. Wir präparieren Donnerstag von 14-17h.. Dort muß ich menschliche Restgestalten (mit einer Geschichte) als Objekte betrachten, um mich mit Wissen zu bereichern.. Dann um 19h gehts alle 2 Wochen zum Nachtdienst.. Und dort soll ich die wie totliegenden Gestalten als Menschen betrachten, die noch alles mitbekommen..

Wie du siehst, ich mach mir auch ziemlich viele Gedanken *hihi*

Wir schaffen das.. Ich wünsche dir auf jeden Fall einen schönen Start und vergiss vor allem nicht die Party-Seite des Studi-Lebens auch noch zu erleben..!! :-party

Grüßchen Steffi

hobbes
08.10.2004, 20:19
das sind Monster-Beiträge am Laufmeter...........

ich geb's gleich zu: ich habe mich nicht durchgekämpft

Zum Thema Ekel möchte ich dir jedoch versichern, das dies ganz ganz selten ein Problem ist, bzw. die studentische Karriere verhindert.

Dr. Jekyll
08.10.2004, 20:40
Kann mir auch nicht vorstellen, daß Montag da 286 Erstis ganz
locker rumsitzen, mit 100 %er Vorstellung von dem, was sie erwartet.

Schätze viele äußern sich nicht zum Thema,
und machen das mit sich selbst aus oder warten, bis sie so etwas
das erste mal aus einem halben Meter Entfernung sehen, um dann
erst zu reagieren.

Interessantes Thema. Die Tabuisierung unter Jugendlichen über das Thema
ist wahrscheinlich zu groß. Wer unterhält sich mit der besten Freundin über
Leichen?

Wer hat denn schon mal als 20-jähriger
einen geöffneten Brustkorb gesehen? Ich noch nicht. Und 260 andere mit mir.

Schätze mal, dass dieses Thema spätestens in der 2. Histostunde
alle beschäftigt. Wer da kaltschnäuzig ist, ist vielleicht zu kalt um Arzt zu werden. Oder hats zumindest schon mal gesehen.

Mfg

eatpigsbarf
08.10.2004, 21:03
Entwickelt man beim sezieren der Leiche
eine Abstumpfung nach dem Motto Leiche ist Leiche, ganz egal,
also man nimmt nicht mehr die Person, das Gesicht, etc. war?

Leiche ist ganz klar nicht gleich Leiche, aber Du wirst nicht mehr auf das Gesicht achten (das normalerweise auch mit einem Konservierungsmittel getraenkten Tuch bedeckt ist). Wenn der Ruecken praepariert wird, geht das auch schlecht, weil dann ja der Bauch unten liegt. Wir haben in Hannover damals mit dem Ruecken angefangen. Somit sah man das Gesicht dann laengere Zeit nicht.




Der Prof erzählt doch sicherlich von der Todesursache.
Sagt er auch was über seinen Status aus.
z.B Familienvater mit 2 Kindern oder wird von sowas gar nicht berichtet.

Würde mich nervös machen.


Nein, die Todesursache erfaehrt man meistens nicht. Es ist so, dass jedes Praeparat einen bestimmten Code hat (zur Anonymisierung) und das ist das, was Du erfaehrst. Es kann mal sein, dass gewusst wird, woran der Patient gestorben ist, aber das wird meistens nicht gesagt (vielleicht nur dann, wenn ihr als Gruppe fragt). Aber, wie gesagt, der Todesgrund wird meistens nicht mal gewusst. War bei uns damals so. Und ansonsten erfaehrst Du wirklich rein gar nichts ueber den Toten. Weder Familienstatus noch sonstwas. Warum auch? Die Leiche ist anonym fuer euch Studenten und es gibt auch hier immer noch die Schweigepflicht. Insofern wirst Du normalerweise auch nicht den Namen herausfinden.



Habt ihr vornehmlich alte Menschen für Histo? (vielleicht weil
es mehr zur Verfügung gibt, nicht böse gemeint),
oder ist das eine "Mischung" nach Größe? Alter? Oder Zufall?

Ich weiss nicht, was Du von der Histologie weisst, aber in Histo lernt man was ueber die verschiedenen Gewebe und Organe. Da sitzt man also im Mikroskopiersaal vor seinem "eigenen" Mikroskop und muss sich verschiedene Arten von Epithelien angucken, kriegt eine Vorstellung davon, wie eine Leber aussieht, wie der Magen, wie die Blase, etc. Soll heisse, du hast eine kleine ca. 2x5 cm grosse Glasscheibe, auf der ein rotes Ding liegt, das du Dir dann unterm Mikroskop genauer ansehen kannst. Und da siehst Du nichts ausser Zellen... die eben in einer organspezifischen Weise angeordnet sind, um's mal ganz banal auszudruecken. Habt ihr nicht in der Schule das Experiment gemacht, wo jeder eine Zwiebel mitbringen musste, von der man dann eine Lage Zwiebelgewebe abgekratzt hat und unters Mikroskop gepackt hat (dann musste man das ganze Gedoens zeichen..)? Genauso geht Histo ab. Du siehst nur verschiedene Zellen auf Glastraegern. Ist wirklich absolut unspektakulaer. Reines Mikroskopieren. Und die Dinger sind alle schon vorbereitet, so dass man sie einfach nur aufs Mikroskop legen muss.



Werden auch Babys oder Kinder genommen, wäre sehr schlimm.
Würde doch keine Mutter zulassen, oder?
Ein Baby oder ein Kind schneide ich nicht auf.
Oder heißt es im Histo-Kurs jedes Alter kommt einmal ran.

Wofuer? Fuer die Anatomie? Im Histokurs hast du nichts mit Leichen oder so zu tun. Die Gewebe, die man sich da anguckt, koennen in einer ganz normalen OP gewonnen werden. Oder sie kommen von anderen Tieren. Ziel vom Histokurs ist ganz einfach, dass Du lernst, wie sieht ein gesundes Organ normalerweise aus (wird darauf hinauslaufen, dass Du bei der Klausur im Hoersall sitzt und dir Dias gezeigt werden, wo Du dann eben nur von dem Bild her sagen musst, was das da gerade ist). Wie gesagt, die Zwiebelsache im Biounterricht in der Schule ist nichts anderes als eine Histostunde!
Und im Praeppkurs kommen keine Babies oder Kinder als Praeparate. Mach Dir immer klar, dass das Leute sind, die ihren Koerper freiwillig da hingeben - nach langer Ueberlegung. Und der Student soll ja lernen, wie die anatomischen Verhaeltnisse normalerweise aussehen - und ein Baby hat da ganz klar andere Verhaeltnisse als ein 60 jaehriger Mann zum Bespiel.



Tochter einer Bekannten hatte mal Mutter+Embryo, weiß aber nicht
ob Histo oder Autopsie. Für Studenten, die sich darüber beschweren,
daß sie nicht ganz nah am Gehirn zugucken können, bestimmt ein
interessanter Fall, für mich garantiert nicht.
War für ihren Geschmack auch zu heftig, durfte dann raus.

Das klingt wieder sehr nach Pathologie oder Rechtmedizin, nicht nach Erstsemester-Praeppkurs... Und es klingt ein bisschen nach Panikmache. Auch in der Rechtsemdizin und Patho kann man rausgehen, wenn man meint, dass es zuviel ist. Genau wie auch bei einer normalen OP. Das macht nicht und ist nichts schlimmes.
Aber du wirst nicht gleich mit allem konfrontiert werden. Wirklich nicht. wenn Du rausgehen musst, weil Du das nicht aushaelst mit der Leiche am ersten Tag, denn gehst du raus. Das ist ganz einfach und geht anderen auch so. da macht sich keiner ueber Dich lustig und es passiert immer wieder. Schliesslich ist man extrem aufgeregt und steigert sich da auch ein bisschen in die Situation rein.
Und Patho und Rechtsmedizin kommen irgendwann im 4./5. Jahr dran. Da gibt es dann die Autopsien (was ganz einfach dargestellt mal nichts anderes ist, als sich die Leiche anzugucken und Gewebeproben zu entnehmen, damit z.B. die Todesursache gefunden werden kann. Aber, nur so kann man einigen Sachen hinters Licht komme und daraus Konsequenzen ziehen, damit anderen Lebenden geholfen werden kann. Sehr stark vereinfacht, aber so ungefaehr laeuft das ab). Und bis dahin (Vorklinik ueberstanden etc.) sieht die Welt ganz anders aus.

Rico
08.10.2004, 21:10
Entwickelt man beim sezieren der Leiche
eine Abstumpfung nach dem Motto Leiche ist Leiche, ganz egal,
also man nimmt nicht mehr die Person, das Gesicht, etc. war?Wenn Du beim präppen nicht dauernd über den menschen nachdenkst hat das primär nichts mit Abstumpfung zu tun, die Leiche ist Dir ja nicht egal oder so. Du hast nur andere Prioritäten.

Der Prof erzählt doch sicherlich von der Todesursache.
Sagt er auch was über seinen Status aus.
z.B Familienvater mit 2 Kindern oder wird von sowas gar nicht berichtet.

Würde mich nervös machen.Ganz kurz... sozusagen ein Einzeiler: Herinfarkt, Pancreas-CA oder so.
"Meine" Leiche hatte eine unklare Todesursache, hat sich dann als Hinblutung herausgestellt.

Habt ihr vornehmlich alte Menschen für Histo? (vielleicht weil
es mehr zur Verfügung gibt, nicht böse gemeint),
oder ist das eine "Mischung" nach Größe? Alter? Oder Zufall?Es gibt einen beduetenden Unterschied zwischen Histo und dem Präpkurs. Histo ist die mikroskopische Anatomie, d.h. Du hockst über einem Mikroskop und starrst auf Objekträger, auf die fleissige Präparatoren einen Gewebeschnitt augebracht haben und zeichnest den (meist) ab.
Der stammt gelegentlich nichtmal vom Menschen (Meerschweinchen tut#s auch).
Die makroskopische Anatomie ist dann im Präpkurs dran.
Dafür werden die Körper von Körperspendern verwendet, die (zumindest in Tübingen) ein Mindestalter (55 glaub ich) haben müssen. Da der Kurs Dir ja vornehmlich die gesunde Anatomie näher bringen soll, sind das meist alte Leute, die an makroskopisch wenig auffälligen Dingen gestorben sind (Herzinfarkt, Schlaganfall). Ausgedehnte Tumoren oder schwere Unfälle disqualifizieren da eher.

Werden auch Babys oder Kinder genommen, wäre sehr schlimm.
Würde doch keine Mutter zulassen, oder?
Ein Baby oder ein Kind schneide ich nicht auf.
Oder heißt es im Histo-Kurs jedes Alter kommt einmal ran. Nein, s.o.

Tochter einer Bekannten hatte mal Mutter+Embryo, weiß aber nicht
ob Histo oder Autopsie.Rechtmedizin oder Patho vermutlich.
Im Präpkurs hast Du sowas nicht.

Dr. Jekyll
09.10.2004, 22:38
Tut mir Leid, daß ich da was verwechselt habe.

Ich dachte Histo wäre der Oberbegriff. Meine Äußerungen
(und Sorgen) beziehen sich aufs Präparieren und die makroskopischen
Untersuchungen.

Ob in Histo jetzt Zellen der Zwiebel, des Meerschweinchens oder des
Menschen unter dem Mikroskop liegen, ist mir egal. Wenn ich mir
da schon Sorgen mache, hätte ich gleich BWL studieren sollen.

Mir gehts ums Präperieren und die Arbeit am Leichnam.
Vielleicht gehen mit mir jetzt die Pferde (unnötigerweise) durch, und ich habe zu viel Panik. Hab aber noch andere schlimme Dinge gelesen.
"... Dann wurde die Wirbelsäule bei der Leiche gespreizt..."

Na toll, stell mir das verdammt eklig vor und male mir da die grausamsten Dinge bei so einer Spreizung in meiner Phantasie aus. Wird wirklich jeden Tag
schlimmer.

Wollt als Rettungssani gucken, ob ich mit den negativen Seiten
(Tod, menschliches Leid, Stress, offenen Wunden) klarkomme.
Ich bin nicht penibel, ganz und gar nicht.

Mache mir nur von Tag zu Tag mehr Sorgen.


Ich fühle mich gerade so, als wäre ich Nichtschwimmer,
bin das erste mal im Wasser, halte mich mit Angst am Beckenrand fest,
um zu testen, wie schwimmen so ist (Sanitäterausbildung),
damit ich mir später nicht Vorwürfe mache, ich hätte nie probiert, meinen Wunsch, schwimmen zu lernen (Medizinstudium) nicht mal versucht
zu haben. Und irgendwer packt mich und schmeißt mich vom
10-Meterbrett.

Gruß Dr. Jekyll

test
09.10.2004, 22:45
Ganz ruhig, du malst dir gerade echt Horrorszenarien aus, die überhaupt nicht zutreffen. An den Präpkurs wird man schon behutsam genug herangeführt. Und ich kenne wirklich niemanden der den präpkurs schlimm fand. Alle fanden ihn nur sehr interessant. NAtürlich muß man sich damit auseinander setzen an einem toten Menschen herumzuschneiden. Aber das was du dir da vorstellst klingt ja wie ne Kombination aus Metzgerei und schlechtem Horrorfilm und das ist nicht die Realität. Also versuch das ganze etwas ruhiger anzugehen und guck dir erst mal die erste Woche an, da werden sicher keine gazen Familien niedergemetzelt vor euren AUgen :-)) :-winky

freemind
10.10.2004, 00:49
Hi Dr. J

Also was ich ganz am Anfang mal loswerden muss ist diese Wut, die mich gepackt hat, also du Sätze zitiert hast wie "meine Eltern waren so stolz auf mich",etc.
Ich habe selbst einen Teilstudienplatz im Nachrückverfahren in Leipzig erhalten, meine Eltern waren plötzlich genau so glücklich und haben sätze wie "wow, dann bist du jetzt der erste Mediziner in der Familie...bla" von sich gelassen. Nicht dass ich hier unterstellen will,dass dies unwahrheiten sind und die Freude unserer Eltern gespielt ist. Aber irgendwie zeigt das doch dass die Eltern ihre Zuneigung u.Sympatie einem gegenüber sehr an ihre Hoffnungen und Erwartungen knüpfen, die sie von ihrem Sohn o.Tochter haben. Es geht mal wieder um das Ansehen in der Gesellschaft... klar Mediziner waren schon immer angesehen und werden es auch bleiben und da sind die Eltern dann natürlich plötzlich happy.
(Ich hatte ne gute Alternative zu Medizin, die mich auch wirklich interessiert hätte,da waren meine Eltern weder happy noch stolz)
...soviel dazu.

Zu deinen Ängsten und Sorgen:
Kann ich schon verstehen, mir ist auch schon die eine oder andere (Horror-)Vorstellung durch den Kopf gegangen, wegen Lernmenge, Präpkurs u.ä.

Aber wie gesagt, das kommt ja nicht alles von heute auf morgen und das Medizinstudium heißt ja nicht umsonst MedizinSTUDIUM.

UND DAS WICHTIGSTE: Zieh dein Ding durch so wie du's willst und lass dich bloß nicht von deinen Eltern oder andern beeinflussen.
Und mach dir nicht ZUviele Gedanken im Vorfeld, du wirst alles noch früh genug erfahren.

frohes Studieren wünscht freemind

nightingale
10.10.2004, 17:06
Ich würd' auch sagen, geh da morgen mal einfach hin.
Im Gegensatz zu dem, was du dir da ausgemalt hast, wirst du dir u. U. erst mal wie im Kindergarten vorkommen! Da werden Kennenlernspiele etc. gemacht, 1 ganze Woche lang.
Und das Präppen geht auch erst in der 3. Woche los, ganz langsam, es ist sogar ein Seelsorger dabei.
Der Präpkurs ist eigentlich ziemlich sachlich gehalten und du bist während des Kurses auch dermaßen im Stress (zeitlich) dass keine lange Zeit zum Grübeln bleiben wird. Klar kannst und musst du das hinterher auch verarbeiten, aber es ist wirklich nicht so schwierig. Die sogenannten Körperspender sind meist sehr alt und haben sich alle bewusst für die Option, ihren Körper der Forschung und Lehre zur Verfügung zu stellen, entschieden. Dieses "Geschenk" solltest du ruhig annehmen.

So, ich hoffe, dass sich deine Bedenken in der nächsten Woche zerstreuen werden und wünsche dir viel Spaß :-winky

Dr. Sziget
12.10.2004, 16:45
HI dr. J

wie waren denn nun so die ersten Eindrücke des Semesters und hast du dich wohlgefühlt in der Gruppe..

natürlich ist es wichtig sich genau zu überlegen was man macht aber da man a) sowieso nicht alles vorplanen kann und b) sich vieles ganz anders ergibt wie in der Fantasie ausgemalt ist es echt oft das beste die Sachen auf sich zukommen zu lassen und dann situativ zu entscheiden. Und wenn du nach 2 Semestern merkst es sollte nichts sein, dann hast du vielleicht etwas Zeit verloren (worum heute eh zuviel aufhebens gemacht wird) aber auf jeden Fall viel lebenserfahrung und wichtige Einblicke gewonnen..

Viel Spaß bei Studieren...Student sein ist durchaus sehr schön.. ;-)

Taubnessel
12.10.2004, 23:21
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Rico
12.10.2004, 23:55
Für meinen Geschmack wird der Präpp-Kurs auch ein wenig zu sehr schöngeredet, um glaubhaft zu sein... ich habe von studierten Medizinern zum Teil auch anderes gehört, vor allem auch von ethischen Problemen der Richtung, wie du sie beschreibst, dass man "seine" Leiche eben nicht als zu bearbeitenden Holzklotz, sondern als Mensch sieht und entsprechende Hemmungen hat.Ihr stellt Euch das wirklich zu schlimm vor.
Natürlich ist da ein toter Mensch, aber ihr dürft auch nicht vergessen, daß dieser Mensch sich freiwillig dazu entschieden hat, daß sein Körper nach seinem Tod diesen Weg gehen soll.
Ein "ethnisches Problem" im Sinne daß es unethisch sein könnte, an der Leiche zu arbeiten sehe ich nicht. Im Gegenteil, es ist ja der erklärte Wunsch dieser Person.

Ich habe diese Möglichkeit als Geschenk der Körperspender an uns Studenten angesehen und für dieses geschenk kann man sich am besten erkenntlich zeigen, indem man möglichst viel aus dem Präpkurs mitnimmt.
Sei es das anatomische Wissen (das später Deinen lebenden Patienten hilft)oder die Erfahrung (die Du später an andere Präpper nach Dir weitergeben kannst).

Und den Vergleich mit dem "Holzklotz" höre ich in all den Jahren zum ersten Mal... da würd ich wirklich nicht viel drauf geben.