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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fall 16/2004 - Unwohlsein nach ambulanter OP



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Evil
18.10.2004, 12:56
Moin zusammen, hab da 'nen interessanten Fall erlebt, den ich Euch nicht vorenthalten wollte.

Also, folgende Situation:


Freitags mittags wird ein 22jaehriger Mann ohne sonstige bekannte Vorerkrankungen ambulant wegen einer direkten Leistenhernie operiert.

Die Hernie hatte er seit mehreren Wochen, hatte sich dem Chirurgen dann in der Sprechstunde vorgestellt, und wurde schliesslich elektiv operiert.


Praeoperativ keine bekannten Vorerkrankungen, keine Medikamente, gesunder, schlanker junger Mann.

Die OP selbst ist voellig komplikationslos, wird in Vollnarkose durchgefuehrt, klare anatomische Verhaeltnisse ,der leere Herniensack wird entfernt, die Bauchwand mit einem Netz verschlossen, Hautnaht. Nach dem Aufwachen fuehlt der Parient sich soweit gut und wird nach haus entlassen.


Am selben Abend stellt sich der Patient gegen 19 Uhr in der Notaufnahme vor mit ploetzlichem Unwohlsein und Schwaechegefuehl.

Was macht Ihr?

Cassy
18.10.2004, 13:03
:-blush Also ich würde mir erst einmal den Patienten anschauen (ist er blass, gebückte Körperhaltung....???) Dann nachfragen, seit wann das plötzliche Unwohlsein und Schwächgefühl bestehen. Kam dieses schleichend oder plötzlich?
Ich weiss ja nicht, aber vielleicht könnte man nebenbei die Schwester der Ambulanz auch noch Puls, Blutdruck und Temperatur messen lassen.

Hatte der Patient schon einmal dieses Problem nach einer OP?

Hellequin
18.10.2004, 13:13
Was hat er den für Medikamente gegen Schmerzen bekommen und welche Dosierung? Irgendwelche Geschehnisse in der Zeit zwischen Entlassung und beginn der Schwäche?

Evil
18.10.2004, 14:32
post-OP hat er gegen die Schmerzen ibuprofen bekommen, die genaue Dosierung weiss ich nicht, war aber nicht hoch.

Ansonsten hat er nichts zu berichten, kein Alkohol getrunken, kein Trauma.

Der Patient sieht blass aus und ist sichtbar wackelig auf den Beinen.

Schmerzen gibt er keine an.

Temperatur ist nicht erhoeht, RR leicht erniedrigt im Vergleich zu vor der OP, Puls deutlich erhoeht, um 100.
Da er keine Vor-OPs hatte, hat er das auch noch nie erlebt.

Cassy
18.10.2004, 15:26
Also ich würde jetzt schon mal Blut für ein Blutbild abnehmen. Vielleicht würde auch eine äußerliche Untersuchung des Operationsgebietes nicht schaden. :-) Ach, und den Patienten würde ich auch mal liegen lassen, bei nem Puls der relativ hoch ist :-blush

Vystup
18.10.2004, 15:30
Unterbauch-Sono bitte, EKG schreiben kostet nichts, deswegen sicherheitshalber gleich mal mitmachen.

grosses Blutbild und Haematokrit, CRP bitte auch.

Zoidberg
18.10.2004, 18:42
eine Infusion würde ich ihm auch noch anhängen, 500ml NaCl 0,9%.
Haben wir schon die E'lyte Palette abgenommen? BSG hätte ich noch gerne, Thrombos, BB,CRP war ja schon bestellt, Krea und Harnstoff noch.
Dann würde ich mal die Chirurgen anrufen und mir das Anästhesieprotokoll faxen lassen (welches Gas verwendet, Medis während der OP usw.), perioperative Antibiose bekommen?
Bin mal auf das Sonoergebnis gespannt (was drin vergessen?).
Reaktion auf das Netz?
Falls wir noch nicht gemacht haben, körperlich Untersuchung, bes. Druckschmerzen irgendwo, Herz/Pulmo?

Evil
19.10.2004, 18:51
Der Uebersicht halber wart ich mal, bis einer der anderen aktuellen Faelle abgeschlossen ist, bevor ich verrat, wie's weitergeht... ;-)

Cassy
19.10.2004, 18:56
:-) Das willst du mir jetzt nicht wirklich antun. Jetzt hab ich schon so lange vor'm Pc gewartet wie der Fall weitergeht.....

Evil
19.10.2004, 19:05
War nicht meine Idee, mussu Dich an Puenktchen wenden.... hatt' sie ja auch nich ganz unrecht... der Knaller kommt eh zum Schluss :-winky

Cassy
20.10.2004, 14:38
:-angel Ok, ich übe mich in Geduld.......

Evil
21.10.2004, 10:26
O.K., weiter geht's.

RR 115/80 (wie prae-OP), Puls 105/min (prae-OP 77/min), Temp 36,5 C

Also, Anamnese ergibt nix besonderes fuer den Nachmittag nach der OP, kein Trauma, kein Alkohol, ein paar Stunden post-OP leichte Mahlzeit gegessen.
Keine Schmerzen.

Inspektion:
allgemein etwas blass, sonst unauffaellig, keine Urtikaria
Wunde: reizlos, keine Schwellung, leichte Roetung

Auskultation:
Herztoene rein & regelmaessig
AG vesikulaer, keine RGs, Lunge opB
Darmgeraeusche unauffaellig

Perkussion:
Thorax opB, Abdomen ebenso

Palpation: Abdomen weich, kein Druckschmerz

Blutwerte im Normbereich, bis auf:
gesamt Cholesterin (220)
HB 12 (prae-OP 14)

Pat wird erstmal auf eine Liege gelegt, i.v.-Zugang (praktischerweise fuer Blutprobe genutzt)

EKG: Steiltyp, nix pathologisches

Abdomen-Sono:
nicht alles optimal zu sehen, aber Organe unauffaellig, keine freie Fluessigkeit

OP-Protokoll ist auf dem Weg

Was jetzt?

Sebastian1
21.10.2004, 11:46
Ich frage den Patienten, ob er schonmal Ibuprofen bekommen hat (vielleicht weiss er das ja) und wenn ja, ob es vertragen wurde.
Ansonsten wäre ich für eine stationäre Aufnahme und Beobachtung (Normalstation reicht sicherlich, ITS wäre wohl mit Kanonen auf Spatzen schiessen, wenn du da nicht noch den Hammer hinterherschiebst).
In Einzelfällen kann das Ibu ja auch mal schwere Übelkeit auslösen...
Kontrolle von BB und Leberenzymen in 6-12h.

Evil
21.10.2004, 11:51
Hier kommt die Medikation:

unmittelbar vor der OP lokale Injektion von insges 20mg Lidocain,
direkt post-OP 200mg Celecoxib (COX-2-Hemmer) und
25mg Diclofenac (sorry, war nicht ibuprofen),
dann abends nochmal 25mg Diclofenac

Narkoseprotokoll unauffaellig

Patient kann sich an keine Unvertraeglichkeitsreaktion auf Medikamente erinnern, hat das Diclo auch vorher noch nicht bekommen

keine bekannten Allergien, kein Asthma

in der Familie hatte der Opa als Kind Asthma

Vystup
21.10.2004, 15:53
also ich bin ja nach wie vor der meinung, dass es irgendwo bluten muss, wie erklaert sich sonst die beginnende tachykardie und vor allem der hb-abfall? so viel kann es intraoperativ auch nicht geblutet haben.

suchen wir also mal nach gruenden dafuer, die nicht unbedingt in der OP begruendet liegen, man kann ja auch laeuse und floehe haben. also frage nach aussehen von stuhl/ urin und evtl. anderen dingen, die der patient bemerkt hat.

wenn das alles nicht hilft und er instabil werden moechte, gehts auf ins CT, vielleicht ruhig mal mit kontrastmittel.

Sabine
21.10.2004, 18:02
mysteriös... doch irgendwas perforiert bei der OP? CT oder Rö. übersichtsaufnahme? OP Tuch vergessen?

Zoidberg
21.10.2004, 18:11
ich würde den Blutdruck mal an allen 4 Extremitäten messen, dann wie Vystup schon meinte mal nen Hämoccult machen, Urinstix.
Der HB Abfall kann auch durch die Verdünnung bedingt sein, allerding fällt der HB bei Blutungen ja auch erst später. Was entzündliches würde ich auch eher ausschließen bei normaler Temp. und normalen Blutwerten, also auch nix im Körper vergessen bei der OP (oder eher unwahrscheinlich).

hobbes
21.10.2004, 18:42
Ich komme später darauf zurück, aber ich würde die Fährte Hypersensibilitäts-Reaktion auf xy abklären (Celebrex, Diclofenac....). Der Patient ist tachykard, blass, fühlt sich schwach.

Zoidberg
21.10.2004, 18:48
wäre ja als Spätreaktion durchaus denkbar

muschelschubbser
21.10.2004, 19:51
also ich denke das Unwohlsein könnte iene Nebenwirkung des Diclofenac sein (gastrointersitinal NW: Übelkeit, Erbrechen, BAuchschmerz...)

ABER das erklärt noch nicht alles...
... NW Diclofenac würde RR erhöhen (bei diesem Pat. aber normal bis niedriger)
... NW Lidocain: wirkt negativ Chronotop, Inotrop... (Patient hat aber erhöten Herzschlag)....
--> passt beides also auch nicht

soweit mein Komentar als Neukliniker... :-stud
Ihr dürft mich gern korrigieren