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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zweifel am Medizinstudium



Epicuro
29.10.2004, 21:17
Hallo,


habe heuer erfolgreich das Physikum bestanden und bin somit inzwischen in der Klinik gelandet.
Leider hält sich die Begeisterung darüber bei mir eher in Grenzen, da ich schon seit längerem an meinem Studiengang zweifle. Um ehrlich zu sein, hat mir Medizin nie wirklich Spass gemacht, die Gründe, dieses Fach zu studieren, waren eher praktischer Natur, also gute Jobaussichten, Verdienstmöglichkeiten usw.

Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass dieses Studium derart "Besitz von mir ergreifen" würde, man lebt ja quasi nur noch für die Medizin! Und in Anbetracht dessen wäre es natürlich von Vorteil, wenn man für das Ganze auch ein Maximum an Motivation und Interesse aufbringen könnte.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt habe ich dies durch die Hoffnung, nach dem Physikum würde sowieso alles besser (so ja die allgemein vorherrschende Meinung), einigermaßen kompensieren können, sodass ich auch eine ganz ordentliche ärztliche Vorprüfung zustande gebracht habe.

Inzwischen musste ich leider feststellen, dass der Lerntrott und -stress in der Klinik genauso weitergeht, wie er im Sommer aufgehört hat, eigentlich haben sich nur die Namen der Fächer geändert, nicht aber die Gesamtsituation.

Hinzu kommt, dass man durch Pflegepraktikum, Klinikeinführung, Institutsbesichtigungen etc. auch einen Einblick in den tatsächlichen Alltag eines Mediziners erhalten hat/ erhält, den zumindest ich vor dem Studium so nicht hatte (großer Fehler!!!) und der mich immer mehr zu dem Schluss kommen lässt, dass die Medizin wohl generell nicht das zu mir passsende Berufsfeld darstellt.

Doch jetzt? Soll ich nun einfach so aufgeben und etwas ganz Neues beginnen? Dann wären die letzten 2 Jahre schlicht für den A.... gewesen. Außerdem habe ich auch keine konkreten Vorstellungen, was ich statt dessen tun soll, mir schwebt höchstens eine grobe Richtung vor.
Und wenn das dann auch scheitert? Ich glaube kaum, dass ich dann zur Medizin zurückkehren würde, auch wenn das natürlich theoretisch möglich wäre und mir doch so ein bisschen Sicherheit gibt, denn das Physikum nimmt mir ja keiner mehr!
Auf der anderen Seite aber komme ich vielleicht in einigen Jahren zu dem Schluss, dass der Studienabbruch und berufliche Neuanfang das Beste war, was mir in meinem Leben passiert ist. Das wäre doch was!

Soll zusammenfassend heißen, es gibt sicherlich weitaus schlechtere Jobs als den des Arztes (auch ohne wirkliches Interesse an der Materie), vielleicht aber auch den, der mich wirklich begeistern und erfüllen würde. Und darum geht es ja letztlich...

O je, das klingt alles nach echter (Berufs-)Lebenskrise, oder?
Würde mich auf jeden Fall über ein paar Beiträge eurerseits freuen, vielleicht hat der ein oder andere ja schon ähnliche Erfahrungen gemacht oder kann mir sonstwie irgendwelche Tipps geben.
Aber bitte erspart mir Vorwürfe à la „Ich würde alles für einen Medizinstudienplatz geben, habe aber nur 3,7 im Abi und muss deshalb noch 23 Semester warten, während du gar keine Lust hast!“. An diesen Einwänden mag zwar vielleicht sogar etwas dran sein, hilft mir momentan allerdings sicher nicht weiter...


Schönes Wochenende allen,
Gruß,
Epicuro

Lava
29.10.2004, 22:22
Hm, ich hätte jetzt gesagt abwarten, die Klinik wird schon noch interessanter. Ich fand das erste klinische auch nicht überragend, zumal ich in den ersten beiden klinischen Semestern mehr Klausuren egschrieben habe als in der Vorklinik. Aber da du ja sagst, der Einblick ins praktische Leben eines Arztes hat dir auch nicht gefallen... eigentlich sind die Kurse in den Kliniken udn die Famulaturen das, was einen am meisten motiviert und am meisten Spaß macht. Allerdings musst du ja auch nicht unbedingt Arzt werden. Es gibt ja noch Alternativen! Welche Richtung würde dich denn außer Medizin noch interessieren?

harlekyn
29.10.2004, 22:34
...denn du sagst ja selbst, dass du kein Arzt werden willst. Du sagst ja auch selbst, dass es nicht am Studium (Wobei es mich wundert, wie du ohne Lust und Motivation überhaupt soweit gekommen bist), sondern am Arztberuf selbst liegt. Das Medizinstudium ende aber in der Regel als Arzt...
Das du 2 Jahre verchwendet hast, sehe ich persöhnlich nicht so. Jeder brauch Zeit um das Richtige zu finden. Der eine hat Glück und findet es sofort, der andre vertut sich eben mal. In jedem Fall verschwendest du durch weiteres warten Zeit. Informier dich darüber was du lieber machen würdest und wechsel dann das Fach oder mach was andres...

Vystup
30.10.2004, 05:38
Offensichtlich gefaellt Dir der Arbeitsalltag eines Arztes nicht, dementsprechend solltest Du wohl besser nicht als Arzt arbeiten. Bevor Du das Studium abbrichst, waere es aber sinnvoll, wenn Du ein wenig ueber die Alternativen nachdenkst. Hast Du denn einen Beruf, den Du sicher gerne ausueben moechtest, mal unabhaengig von den Berufschancen? Kannst Du Dir eventuell vorstellen, in der medizinischen Forschung zu arbeiten oder in die Pharmaindustrie zu gehen? Haettest Du vielleicht Interesse an einem Posten in der medizinischen Verwaltung? Man kann mit dem Medizinstudium nicht nur Arzt werden und es ist auch nicht weiter schlimm, wenn man das nicht wird.

Falls Du nach reiflicher Ueberlegung zu dem Schluss kommst, dass Du mit der Medizin wirklich nichts am Hut haben willst und eine gute Alternative gefunden hast, ist ein Abbruch des Studium wirklich das Beste. Das Studium wird spaetestens nach dem 6. Semester wirklich sehr viel interessanter bzw. praxisbezogener. Es frisst auch lange nicht mehr so viel Zeit wie zu Anfang. Falls Du also dabeibleiben willst, such Dir doch Moeglichkeiten, wie Du mehr Spass am Studium haben kannst. Auslandsaufenthalt ist sicher schonmal ziemlich toll, egal wo Du hingehst. Es gibt sicher auch an Deiner Uni hunderte von studentischen Initiativen, Clubs, etc. Such Dir einen, engagier Dich dort, Du wirst es sicher nicht bereuen. Du lernst viele nicht-Mediziner kennen, die sicher alle interessante Dinge zu erzaehlen haben. Vergiss die Vorlesungen, mach Dir eine schoene Zeit. Man muss nicht ausschliesslich fuers Studium leben, wenn Du ohne Motivation bis zum Physikum gekommen bist, wirst Du den Rest auch noch schaffen, ohne dass Dein gesamtes Leben auf die Medizin ausgerichtet ist.

ehemalige Userin 24092013
30.10.2004, 06:52
So eine Krise hatte ich auch, mit dem Ergebnis, das Unizeugs gelassen zu haben.
Und wie Janine schon sagt, es gibt ja noch n paar Möglichkeiten nach nem Medizinstudium als das reine Arztdasein.
Physikum um sonst kann man so auch net sagen.....man kann immer noch Pharmareferent werden...;-).

Felicitas
30.10.2004, 10:08
Der Vergleich hinkt jetzt vielleicht ein wenig, aber ich mach auch grad eine Ausbildung, die mir keinen Spass macht. Irgendwo kann ich es nachvollziehen wie es Dir geht, ich erlebe gerade das gleiche in grün, obwohl für mich die Geschichte spätestens im Juli gegessen ist. Nun gut, wie gesagt, die Gaudi ist für mich im Juli vorbei, da schließe ich es ab, habe meine Papiere und Tschüss.
:-? Du hast mit dem Studium noch mindestens noch 4 Jahre vor Dir, fertigmachen würde ich es, wenn es geht trotzdem, ist einfach doch ne gute Basis. Als Arzt arbeiten mußt Du ja nicht wirklich, ich würde mir dazu mal die möglichen Alternativen angucken, die die anderen gepostet haben. Wie währe es mit Medizinjornalismus? Mit dieser Basis kannst Du bestimmt auf dem ein oder anderen Weg Kompetenzen im allgemeinem Jornalismus erwerben.


:-bee Ich wünsche Dir viel Kraft, diese Krise zu überwinden.

McBeal
30.10.2004, 12:11
Hallo,

Ich hatte selbst schon oft Krisen, was aber mehr an der Lernerei und dem wahnsinnigen Druck der Vorklinik lag (obwohl dann ja auch gar nicht alles so schlimm war...)
Was soll ich Dir raten? Meine große Krise war Ende des zweiten Semesters, als mir alles zuviel wurde. Allerdings habe ich mich weiterhin für Berufe im medizinischen Bereich interessiert und wollte Hebamme werden. Ich habe dann weiterstudiert und mich gleichzeitig über diesen Beruf informiert, mich um ein Kreissaalpraktikum gekümmert und Bewerbungen geschrieben.
Vielleicht solltest Du Dich auch informieren, was Du machen könntest/willst, aber brich das Studium auf keinen Fall ab, solange Du Dir noch nicht sicher bist, was genau Du willst und solange Du noch keinen Studien- oder Ausbildungsplatz hast. So hälst Du Dir mehrere Möglichkeiten offen.
Wie einige andere bin ich auch nicht der Meinung, dass die Vorklinik umsonst war. Du hast Erfahrungen gesammelt, gelernt, Dich auf ein großes Examen vorzubereiten und es zu machen... Sind doch wichtige Dinge!!

Ich wünsche Dir alles Gute und dass Du Deinen Weg findest!
Ally

Panchy
02.11.2004, 20:39
Hallo

Mein Tipp wäre mal ein Auslandsaufenthalt
Es gibt extrem unterschiedliche "Arztalltage" (und auch Studentenalltage)
Das hängt nicht nur sehr von den Dich umgebenden Leuten ab,
sondern auch sehr stark vom Land und seiner Mentalität


Mach doch mal Erasmus, oder Famulatur in einem anderen Land

funny
05.11.2004, 15:53
Hallo!

Vier Jahre Medizin weiterstudieren, um dann wenigstens irgendwas zu haben halte ich bei dem Arbeitsaufwand und deiner geringen Motivation für sehr schwer. Das geht eventuell mit anderen Studienfächern, die man mal nebenbei zu einem Ende führt, aber Medizin...

Doch auch diese Entscheidung hängt davon ab, welchen Beruf du dir für die Zukunft vorstellen kannst. Leider schreibst du nicht, in welche Grobrichtung es gehen soll:

Naturwissenschaften
Wirtschaft
Recht
Soziales


Das herauszufinden, müsste einigermassen möglich sein. Danach versuch es halt mal, dir konsequent durchzudenken, wie du dich fühlen würdest etc, wenn du nun beispielsweise mit einem abgeschlossenen BWL-Diplom dastehst, in einer Versicherung arbeitest, Anzug, Büro, einigermassen geregelte Arbeitszeiten. Manchmal hilft es, sich sowas plastisch vorzustellen.

Auf der anderen Seite ist so ein Job als Produktmanager in einem Pharamkonzern auch nicht schlecht. Und dafür müsstest du Medizin abschliessen. Aber eben nicht in einem Krankenhaus schuften.

Bis denne,
funny

Pietglocke
09.11.2004, 18:15
Hallo,

zu deinem Problem kann ich nur sagen: Amen! Mir geht`s (oder besser gings) genauso!
Ich bin im 7. Semester und muß sagen, daß mir die Vorklinik bis auf Anatomie gut gefallen hat.
Nach dem Physikum kam aber die beklemmende Einsicht nach und nach, daß mir der Arztalltag und die klinischen Fächer irgendwie gegen den Strich gehen.
Diesen Sommer war ich kurz davor zu wechseln, habe aber jetzt ein Semester ausgesetzt und mache eine Doktorarbeit in der Biophysik, wo es um DNA- Strahlenschäden geht. Die Arbeit macht mir richtig Spaß (Zellkulturen, Röntgen- Technik, Mikroskopieren,...) und ist meine Motivation geworden.
Ein Argument war noch die Möglichkeit, im Rahmen des Studiums eine Doktorarbeit machen zu können.
Ich kann dir natürlich nicht raten , was in deinem Fall zu tun ist, aber eine Motivation braucht man! Meine habe ich jetzt gefunden; ich möchte später in diesem Bereich forschen.
Du hast außerdem noch die Möglichleit mit dem Physikum auf einen entspr. Masterstudiengang zu wechseln, eben irgendetwas mit Biologie. Evtl. mal zur Studienberatung gehen.
Wovor ich jetzt allerdings schon Angst habe, ist das PJ (Chirurgie liegt mir absolut nicht!) und natürlich das Hammerexamen!

Hoffe du findest deinen Weg!


Peter