PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hat das CT die Dickdarmspiegelung bereits abgelöst?



Sportfreund
07.12.2004, 09:28
Hallo,

kann man sagen, dass die dickdarmspiegelung durch die ct diagnostik in den hintergrund gerückt ist sprich man erst sagt mach lieben ein ct weil es schonender für den Patienten ist oder macht man aus kostengründen lieber nen spiegelung?

Ich bin gespannt.

Gruß

Kackbratze
07.12.2004, 10:04
Grundsätzlich spiegelt man.
Man kann nämlich wenn man "gerade mal da ist" gleich den Polypen entfernen, Biopsien nehmen oder ggfs. die Blutung stillen.

Das Problem beim CT ist, das wenn was gefunden wird, muss eh gespiegelt werden. (und meist findest sich irgendwas im CT)
Ausserdem kann es ja passieren, dass ein Polyp/Tumor genau zwischen 2 Schnitten liegt.
Wie schon in der Werbung gesagt, der Tumor kann nur so groß wie eine erbse sein, und da sind die Augen des Untersuchers potentiell besser...auch wenn ein guter Radiologe das bestimmt auch erkennen kann.

Was ausserdem nicht zu vergessen ist, ist die psychologische Komponente.
Wenn im CT was gefunden wurde, muss man dem Patienten sagen: Wir müssen da rein, weil da ist irgendwas.
Und beim Patienten kommt, dank selektivem hören nur: SIE HABEN KREBS an.
Das ist quasi die andere Seite der Medaille der verstärkten Krebs-Aufklärung.

Jetzt gibt es ja noch diese tolle Wunderkapsel mit Kamera die man schluckt und alles wird gut...nunja, diese Kapsel eignet sich laut den Gastroenterologen eigentlich nur, um im Dünndarm was anzuschauen, da man ja in alle anderen Bereiche mit dem xxx-skopen reinkommt.
In dem oberen GI Trakt und im Colon sind die Bilder nicht aussagekräftig, weil die Kamera ja nicht in jede Zotte bei Bedarf schauen kann, sondern nur so vorbeifluppt.

Das was ich hier von mir gebe, ist die Meinung der Göttinger Gastros, die ich auch teile, deswegen korrigiert mich, wenn es noch andere Sachverhalte gibt!

Sportfreund
07.12.2004, 11:17
ich meine nur mal gelesen zu haben das das ctoder auch röntgen die diagnosefindung der ersten wahl bei dem krankheitsbild Divertikulose/ Divertikulitis ist.

Faust601
07.12.2004, 13:23
Bei der akuten Divertikulitis ist die Koloskopie kontraindiziert, weil durch die Luftinsufflation eine nicht unerhebliche Perforationsgefahr besteht.
Hier ist eine CT mit KM eindeutig Methode der Wahl.

Bei den allermeisten Indikationen ist die Koloskopie steht aber sicherlich die Koloskopie an erster Stelle.
Anschließend kann dann ggf. aber auch eine CT nötig werden, beispielsweise spielt beim Rektumkarzinom die lokale Tumorausdehnung durchaus eine Rolle für die Therapie. (Wobei in diesem speziellen Fall natürlich auch die Endosonografie denkbar wäre.)

Schließlich würde ich auch nicht aus dem Gesichtsfeld verlieren, dass eine CT immer auch mit einer erheblichen Strahlenbelastung verbunden ist.

alex1
07.12.2004, 22:12
Auf keinen Fall kann das CT die Dickdarmspiegelung ersetzen.

Erstens kann das CT Tumore erst ab einer gewissen Größe darstellen, alles was kleiner ist, sieht einfach nur verdickt aus, und kann sehr leicht misinterpretiert werden.
Zweitens ist es keinesfalls viel schonender für den Patienten. Zwar gibt's kein Perforationsrisiko und kein Blutungsrisiko, wie bei einer Spiegelung, jedoch gibt's auch eine Strahlenbelastung die zu beachten ist. Im Rahmen der Vorsorge, würde so bei einer CT-Untersuchung aller 3 Jahre, schon eine Menge Strahlenbelastung sich akkumulieren. Da man oft auch fürs CT iv KM gibt, ist ein gewisses Risiko für Unverträglichkeit, Nieren-, Schilddrüsenkomplikationen immer noch da.
Drittens kann man mit einem CT nicht intervenieren und Vorstufen von Tumoren bzw. Anfangsstadien von Erkrankungen nicht sehen und behandeln.
Mit einem CT kann man keine Polypen abtragen, mit einem CT kann man einen frühen Crohn oder eine frühe Colitis ulcerosa nicht sehen und man kann natürlich mit einem CT keine Biopsien entnehmen bei Stellen die einem nur suspekt erscheinen, und im CT wahrscheinlich blande wären.


@Faust601:
Für's RektumCA (und zwar fürs eher tiefsitzende), würde ich mir eher eine MRT statt einer CT wünschen.

JHS
08.12.2004, 09:54
Bei der Vorsorgeuntersuchung gibt es nebem dem CT auch die Möglichkeit, das MRT einzusetzen, und so die Strahlenbelastung zu vermindern. Trotzdem würde ich mich den bereits oben geäusserten Argumenten für Colo bzw. gegen Bildgebung anschliessen. Hinzu kommt noch ein weiteres Argument: Da für das Screening mittels Bildgebung ebenfalls die komplette Vorbereitung (d.h. Abführen) und nicht unerhebliche Luftinsuffliation notwendig ist, ist es eigentlich kein grosser Bequemlichkeitsgewinn für den Patienten, die Colo durch Bildgebung zu ersetzen. Vielmehr berichteten mir schon einige Patienten, die beides schon mitgemacht haben, wie unangenehm die Luftinsuffliation im Rahmen der Bildgebung sei, wohingegen sie von der Colo wenig gemerkt hätten (wohl dank Dormicum) und deshalb in Zukunft wieder eine Colo bevorzugen würde.

Sportfreund
08.12.2004, 10:45
aber um mal bei der massenkrankheit divertikulose zu bleiben, dort reicht doch eigentlich auch ne sono oder nicht um diese festzustellen. sollte es zu einer entzündung kommen (divertikulitis) kann man das doch anhand des blutbildes sehen oder nicht?

test
08.12.2004, 16:30
Ich habe neulich auch von einer Vergleichsstudie zwischen virtueller Darmspiegelung und echter Darmspiegelung gelesen. Dort wurde von den Patienten gar nicht die echte Darmspiegelung als so viel belastender angegeben, wie JHS bereits sagte. In Bezug auf das auffinden von Polypen waren, wenn ich mcih richtig erinnere, Sensitivität und Spezifizität vergleichbar. Ich weiß leider nicht mehr, wo ich die Studie gelesen habe. :-nix :-?

Kackbratze
08.12.2004, 17:59
Das Problem ist ja nicht das auffinden von Polypen, sondern das histologische Auswerten.
wenn das CT biopsieren kann, kauf ich mir auch so eins!

test
08.12.2004, 18:29
Wenn man aber keine Polypen findet braucht man auch keine Biopsie, wenn man ein mit geringeren Problemen/NW behaftetes, nicht invasives bildgebenden Verfahren hätte, hätte man eine gute Screeningmöglichkeit für Polypen gehabt und müßte so die invasive Koloskopie nur bei Polypen durchführen.
Die Koloskopie wird ja bisher nicht zum Screening eingesetzt sondern bei einem Verdacht soweit ich weiß. Es geht also wohl dabei nicht um den vollständigen Ersatz sondern eher die sinnvolle Ergänzung, um eine Biopsie im Verdachtsfall wird man wohl in nächster zeit nicht drumherum kommen. :-nix

JHS
08.12.2004, 19:02
Die Koloskopie wird zum Screening eingesetzt, und zwar (auf Kosten der Kasse) alle 10Jahre ab dem 50.Lj. alternativ zu 3/J Hämocult-Test. Bei Verdacht, oder bei Z.n. Entfernung von Polypen finanziert die Kasse auch häufiger Kolos. Die Screening Kolo wird leider nur von einem geringen Anteil der Bevölkerung in Anspruch genommen.

@test
ein preiswertes + einfaches + nicht belastendes + komplikationsloses Verfahren wäre als Vortest zur Kolo natürlich zu begrüssen, aber wie Du auch selbst sagst, trifft das für die CT Untersuchung nur bedingt zu. Hinzu kommt, dass in einem nicht geringen prozentualen Anteil Biopsien notwendig werden, so dass wirklich hohe Ansprüche an Einfachheit und auch Kostengünstigkeit des Vortests gestellt werden müssen, um auf eine primäre Kolo zu verzichten.

Faust601
08.12.2004, 19:23
Falls es jemanden genauer interessiert:
Als ich letztes Semester mal aktuelle Artikel zum Kolonkarzinom gesucht habe, bin ich auch auf folgendes Review gestoßen:
Ell C, Rabenstein T. Reale und virtuelle Koloskopie. Internist. 2003; 44 (3): 294-301. (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=12731416)
Da ist erstens die Technik beschrieben und zweitens eine Bewertung abgegeben. Wobei die Ergebnisse denen entsprechen, die wir hier ja schon diskutiert haben.

Evil
08.12.2004, 19:42
Genau diese Diskussion hab ich neulich auf einer Fortbildung erlebt, und im Wesentlichen wurde als Fazit genau das gesagt, was JHS auch schon meint;
daß das eben nicht wirklich angenehmer für Patienten ist, fehlende Therapie-Option, und bei wirklich erfahrenen Endoskopikern (also nich so Hausarzt kuckt 1x pro Woche mal ins Colon) war Spezifität und Sensitivität eben doch höher.
Mal ganz abgesehen von Strahlenbelastung und Kosten...

Wird sich vielleicht mal ändern, aber momentan ist es noch keine Alternative.

Sportfreund
09.12.2004, 15:44
aber um mal bei der massenkrankheit divertikulose zu bleiben, dort reicht doch eigentlich auch ne sono oder nicht um diese festzustellen. sollte es zu einer entzündung kommen (divertikulitis) kann man das doch anhand des blutbildes sehen oder nicht?


sehe ich das richtig oder ist die aussage falsch?

Danke

Evil
09.12.2004, 17:51
Ultraschall ist normalerweise zur Beurteilung der Darmwand nicht geeignet, da ja luftgefüllte Räume damit nicht zu durchdringen ist;
abgesehen von einer ödematösen Auftreibung der Darmwand ist da im Sono nicht wirklich was zu beurteilen.
Und das Blubild mit Leukozytose und CRP-Erhöhung ist zu unspezifisch, der Mensch kann ja überall eine Entzündung haben.
So gesehen ist die Aussage falsch.

Da wäre eher noch eine Magen-Darm-Passage mit Kontrastmittel im Röntgen aufschlußreicher oder eben das CT; da ist die Koloskopie dann doch wieder einfacher.
Soo unangenehm ist das auch nicht, die Patienten sagen meistens, daß das schlimmste das Abführen vorher ist.

hobbes
09.12.2004, 18:06
sehe ich das richtig oder ist die aussage falsch?

Danke

Es geht ja um die Diagnostik der Divertikulitis Komplikationen nicht der nur der Divertikulitis selbst, also Fisteln, Abszesse, gedeckte Perforation....
Und hier eignet sich das CT (auch als Notfalluntersuchung) sehr.

hallopanther
04.03.2005, 10:22
1.
Klar wird die (normale) Koloskopie zum Screening eingesetzt, nur funktioniert das Screening nicht, weil die Patientenakzeptanz nicht vorhanden ist und bei dieser Foltermethode auch nie erreicht werden wird. Dies wollen jedoch die meisten Internisten nicht wahrhaben, was nicht gerade für das Einfühlungsvermögen und die psychologische Kompetenz von Medizinern spricht.

2.
Die virtuelle CT hat in den letzten 5 Jahren rasante Fortschritte gemacht, eine Entwicklung, die sich dank Milliardeninvestitionen in die Computertechnologie fortsetzen wird.

Inzwischen ist die CT bei Polypen > 6 mm zuverlässiger als die Koloskopie und, es können selbst Polypen < 2 mm noch entdeckt werden. Dies reicht zur Krebsvorsorge völlig aus.

(Quelle: Qualitätsringjournal 2/2004: "Onko News I - virtuelle Koloskopie)

3.
Selbstverständlich empfinden Patienten, denen man die Vergewaltigungsdroge (siehe Kriminalogie) "Dormicum" verabreicht, die Koloskopie durch die retrograde Amnesie nicht als schmerzhaft, selbst wenn sie sich während des Eingriffs vor Schmerzen gewunden haben.

4.
Nur bei einem Drittel aller Patienten wird überhaupt etwas gefunden und nur in seltenen Fällen ist danach eine Koloskopie notwendig, da oft eine flexible Sigmoidoskopie oder sogar eine Rektoskopie ausreicht, um zB Polypen (die häufigste Diagnose) zu entfernen. Die virtuelle CT wird bald kostengünstiger sein (einschließlich der tatsächlich notwendigen Folgeuntersuchungen), als die konservative Koloskopie, die bald nur noch therapeutischen Wert hat bzw. auf die Patienten beschränkt bleibt, die aus weltanschaulichen Gründen Röntgendiagnostik ablehnen.

Rico
04.03.2005, 11:09
1.
Klar wird die (normale) Koloskopie zum Screening eingesetzt, nur funktioniert das Screening nicht, weil die Patientenakzeptanz nicht vorhanden ist und bei dieser Foltermethode auch nie erreicht werden wird. Dies wollen jedoch die meisten Internisten nicht wahrhaben, was nicht gerade für das Einfühlungsvermögen und die psychologische Kompetenz von Medizinern spricht.Fragt sich halt, ob sich in der medizinsich teilgebildeten Bevölkerung eine Akzptanz dafür herausbildet, sich alle paar Jahre mit ionisierenden Strahlen beschießen zu lassen.

Ich denke da nur an die Debatte um die Mammographie, die ja ab einem gewissen Alter eindeutig als nutzbringend belegt ist.
Viele Frauen sträuben sich aber dann doch, weil sie nicht die eine aus Was-weiß-ich-wieviel-tausend sein wollen, die das mammographieinduzierte Ca kriegt und dann lieber zu der viel größeren Population gehören, bei denen das Ca erst spät entdeckt wird.

Warum geht das eigentlich nicht mit nem Kernspin? Das ist doch für Weichteile so schön sensibel... und das Strahlenproblem wäre auch gelöst.