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Neujahrsrakete
11.12.2004, 00:17
Danke, milz!!!
Endlich mal wieder ein klarer Beitrag ohne weitere Anschuldigungen und ohne Verfehlung des Themas.
Leider kommt es in Diskussionen immer wieder dazu, daß bis dahin undiskutierte Fakten plötzlich plump und vorwurfsvoll eingebracht werden, anstatt einfach zu sagen:"Hey, da ist noch ein weiterer Fakt, der zum Thema gehört und den wir mal durchdiskutieren könnten."
Die Schuldfrage wurde durch Leelaacoo plötzlich eingeworfen und mir wurde unterstellt, den Drogenabhängigen Therapien verweigern zu wollen. Obwohl wir bis dahin eigentlich erstmal über Kinder diskutiert hatten.
Soweit die Rechtfertigungen. Weiter mit der Diskussion.............

luckyblue
11.12.2004, 05:31
Sorry für unklare Formulierungen. #35 ist "mitnichten unrichtig".;-)

Steuern sind kein Umweg für eine bestimmte Staatsfinanzierung, sondern nur eine weiter "Kollekte" aus deren Pool dann weiß Gott was finanziert wird.
Und genau das ist doch der Knackpunkt. Wir sind sowohl Mitglieder einer Gesellschaft (Parallelgesellschaften jetzt mal außer Acht gelassen) als auch BÜrger eines Staates. Innerhalb der Gesellschaft kristallisieren sich Tendenzen bzw. Grundwerte heraus, die vom Staat konkretisiert werden. Ganz bewusst überlassen wir diese Konkretisierung aus Gründen der Funktionsfähigkeit kompetenten Apparaten des Staates.

... Steuern stellen ein endliches Reservoir dar, mit dem man haushalten sollte ...

... und muss. Nichtsdestotrotz halte ich die Strategie, zur Entwicklung eines solchen "Haushaltsplans" sich mal ersatzweise vorzustellen, man würde die Leistungen direkt bezahlen, für problematisch: Denn damit wird die Tendenz bestärkt, Sozialleistungen quasi als Almosen an die Mittellosen zu verstehen.

Zugegebenermaßen bewegt man sich mit dieser Mentalität immer noch in guten Kreisen: Von den ersten Gehversuchen der Demokratie in Deutschland (Weimarer Republik mal ausgenommen) bis heute hat ein Anspruch auf Sozialleistungen kaum Eingang in die Verfassung gefunden. Dahinter steckt wohl auch die Konzeption des mündigen Bürgers, dessen Freiheit darin besteht, in eigenen Angelegenheiten möglichst wenig vom Staat behelligt zu werden. Das hat an sich auch was für sich. Problematisch war und ist heute mehr denn je, dass der einzelne Normalsterbliche die notwendigen materiellen Voraussetzungen nicht erfüllen kann. Die freiheitliche Lebensführung des Bürgers basiert also nicht nur auf der Freiheit vom, sondern vor allem auch auf der Freiheit durch den Staat.
Daraus folgt: Leistungen des Staates an "sozial Bedürftige" sollten nicht als gnädige "Almosen" an mittellose Bittsteller verstanden werden. Anderenfalls leistete man der sozialen Ungleichverteilung mental Vorschub. Und das halte ich gerade vor dem Hintergrund der prekären Reich-Arm-Demographie und der sozialpolitischen Verfehlungen von heute für problematisch. :-meinung

Neujahrsrakete
11.12.2004, 09:15
Nichtsdestotrotz halte ich die Strategie, zur Entwicklung eines solchen "Haushaltsplans" sich mal ersatzweise vorzustellen, man würde die Leistungen direkt bezahlen, für problematisch: Denn damit wird die Tendenz bestärkt, Sozialleistungen quasi als Almosen an die Mittellosen zu verstehen.

@ lucky

Das ist ein guter Punkt, den ich auch gerne in meine zukünftigen Überlegungen zum Thema "Sozialleistungen" einbeziehen werde.
Aber trotzdem sind die Steuergelder ja begrenzt (da die Arbeitsleistung begrenzt ist) und nicht jede menschlich oder wünschenswert erscheinende Ausgabe kann getätigt werden.
Jetzt würde mich noch Deine Meinung zum ursprünglichen Thema interessieren, lucky.
Was sagst Du zu dem Thema "Drogenabhängige Mütter und ihre Kinder"?

Gaja
11.12.2004, 10:54
Wir hatten letztes Jahr im U-Kurs eine Drogenabhängige, die schon ihr drittes Kind auf die Welt gebracht hat. Sie war diesmal felsenfest davon überzeugt, dass sie es für dieses Kind schaffen würde (die anderen zwei wurden bei Pflegefamilien untergebracht). Unser Psychater meinte daraufhin, dass das bei Frauen häufig das einzige Ziel sei aus der Sucht auszubrechen. Wenn man ihnen also direkt nach der Geburt das Kind wegnimmt, stürzt man die Frauen noch tiefer in den Sumpf. Ich finde schon ,dass man ihnen eine Chance geben sollte. Natürlich unter engmaschiger Kontrolle!

Neujahrsrakete
11.12.2004, 11:18
Sie war diesmal felsenfest davon überzeugt, dass sie es für dieses Kind schaffen würde (die anderen zwei wurden bei Pflegefamilien untergebracht). Unser Psychater meinte daraufhin, dass das bei Frauen häufig das einzige Ziel sei aus der Sucht auszubrechen.

Die Rückfälle gehören, wie ich das bisher beobachtet habe, häufig zu dem Krankheitsbild der Drogensucht.
Die Worte "diesesmal schaffe ich es" sollte man also als guten Willen anerkennen und eher damit rechnen, daß es nicht klappt.
Das Kind als Mittel zum Zweck zu bekommen, damit man "es endlich schafft" finde ich grenzenlos egoistisch und noch schlimmer, als ein Kinder in die Welt zu setzen, um eine bereits zerrüttete Ehe retten zu wollen.
Wenn man jetzt sagt, daß der Kinderwunsch der drogenabhängigen Mutter krankheitsbedingt ist bzw. einen unzureichenden Versuch der Heilung darstellt, muß man sich fragen, ob man einer Person, die aus diesem unzureichenden Heilungsversuch heraus ein Kind bekommt, die Erziehung des Kindes zutrauen kann.

Lava
11.12.2004, 11:45
Das Kind als Mittel zum Zweck zu bekommen, damit man "es endlich schafft" finde ich grenzenlos egoistisch und noch schlimmer, als ein Kinder in die Welt zu setzen, um eine bereits zerrüttete Ehe retten zu wollen.


Mal davon abgesehen, dass du hier einen neuen Punkt einbringst, der fern ab vom Thema liegt (Kinder als Rettung für die Ehe) ;-) , nennst du hier genau das, was ich nicht so pauschal hinnehmen würde: dass das Kind mit dem Wunsch gezeugt wurde, aus der Sucht rauszukommen. Mag sein, dass es zu diesem Zweck missbraucht wird, wenn es erst mal unterwegs ist. Aber ich würde nicht verallgemeinern, dass alle Kinder bewusst mit diesem Ziel gezeugt wurden.

Gaja
11.12.2004, 12:14
zumindest in diesem Fall war es ein Unfall gewesen und sollte jetzt, da es schon soweit ist, eine Chance darstellen aus dem Sumpf wieder herauszukommen. Natürlich nur für eine kurze Zeit, das Kind darf natürlich nicht leiden. Daher wie gesagt die strenge Überwachung durch das Jugendamt.

Evil
11.12.2004, 15:54
Mmh, schwierig, man setzt das Kind einem nicht unerheblichen Risiko aus, um der Mutter eine Chance zu geben....

Ich bin nach wie vor der Meinung, daß pauschale Entscheidungen bei einem derart heiklen Thema keine Lösung sind und man individuell entscheiden muß;
ich würde aber den Interessen des Kindes im Zweifelsfall den Vorzug geben.

luckyblue
12.12.2004, 21:36
Jetzt würde mich noch Deine Meinung zum ursprünglichen Thema interessieren, lucky.
Was sagst Du zu dem Thema "Drogenabhängige Mütter und ihre Kinder"?Es fällt mir schwer, dazu einen grundsätzlichen Standpunkt zu beziehen, zumal mir hier die "anekdotische Evidenz" der Erfahrung weitgehend fehlt. Das Spannungsfeld zwischen den teilweise divergierenden Interessen von Mutter und Kind eröffnet ein ethisches Dilemma, das nachgerade in eine Aporie*) einzumünden droht: Je nachdem, ob man der Menschenwürde oder dem Leben höhere Priorität einräumt, und je nachdem, an welchen Kriterien man ein "Recht auf Leben" anknüpft, müssen die Ergebnisse anders ausfallen. Entscheidungen können hier nur bei verständiger Würdigung aller Umstände im Einzelfall getroffen werden.

Sollten Drogenabhängige ihre Kinder abtreiben lassen?
Zunächst mal lässt sich keine vertretbare Begründung finden dafür, Drogenabhängigen das Recht auf Reproduktion abzusprechen. Es liegt im Wesen des Menschen, Nachkommen zu zeugen. Wollte man ihm dies aus dem Gesichtspunkt einer drohenden gesellschaftlichen Belastung untersagen, verleugnete man die Subjektqualität des einzelnen Menschen, weil der Ansatz impliziert, Menschen als Rechengröße oder als "vertretbare Sache" aufzufassen. Damit wird der Mensch zum Objekt des Staates herabgewürdigt. Das ist der klassische Fall einer Verletzung der Menschenwürde.

Ob vorliegend die sozial-medizinische Indikation für eine Abtreibung wirklich gegeben ist, halte ich für fraglich. Zwar bin ich - mehr aus pragmatischen als aus moralischen Gründen - durchaus ein Anhänger der weit gefassten sozialen Indikation. Nichtsdestotrotz sollte nicht unter den Tisch fallen, dass die sozial-medizinische Indikation vonseiten des Gesetzgebers als Ausnahme zum ansonsten strafbewehrten Schwangerschaftsabbruch statuiert worden ist. Immerhin geht es hier auch auf Seiten des Kindes um Menschenwürde und ein Recht auf Leben (wobei die Begriffe pränatal m. E. durchaus diskussionswürdig sind, insbesondere in der Beziehung zur Mutter und der Dispositionsfähigkeit derselben darüber). Wollte man - wie in der hedonistischen Gesellschaft von heute nicht unüblich - die soziale Indikation bloß zu einem rückwirkenden Verhütungsmittel umdeuten, degradierte man Menschenwürde und verfassungsrechtlich gebotenen absoluten Lebensschutz zu Lippenbekenntnissen. Dass der Gesetzgeber daher eine zielorientierte (Ziel: Austragen des Kindes), aber ergebnisoffene Beratung im Falle einer anvisierten Abtreibung für die Straffreiheit voraussetzt, ist daher begrüßenswert. Die bloße Wahrscheinlichkeit einer sozial inadäquaten Sozialisation des erwarteten Kindes kann daher m. E. nicht zum Präjudiz für das Gegebensein der sozialen Abtreibungs-Indikation in jedem Falle einer drogenbelasteten Schwangerschaft hochstilisiert werden. Geeignete Maßnahmen zur Abwendung sozialen Ungemachs können auch postnatal noch getroffen werden (Kinderklappen, Adoption, Jugendheime). Jedenfalls ist eine tendenziöse Beratung in Richtung Schwangerschaftsabbruch auch für den Fall einer drogensüchtigen Schwangeren keinesfalls statthaft.

Ohne Frage - Eltern und Drogen sind keine Traumkonstellation und alles andere als wünschenswert. Aber wird man je so unglücklich sein, dass man sich wünscht, nie geboren worden zu sein, nie geweint, nie geliebt und nie gelebt zu haben? Ich meine: Nein. Das Leben findet seinen Weg.

Sollten Drogenabhängige ihre Kinder zur Adoption freigeben?
Zwangsmaßnahmen ohne verständige Würdigung aller Umstände im Einzelfalle scheiden von vornherein aus. Die Erziehung der Kinder genießt grundrechtlichen Schutz. Ob die Erziehungspflicht in dem Maße vernachlässigt wird, dass ein Einschreiten des Vormundschaftsgerichtes geboten ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Handlungsmaxime für das EInschreiten zum Schutz des Kindes von staatlicher Seite muss auch hier zunächst Zurückhaltung sein. Die Familie (in ihren mittlerweile mannigfaltigen Ausgestaltungen) ist immer noch so was wie die Keimzelle der Gesellschaft. Daher muss wirklich im Einzelfall die Verhältnismäßigkeit einer Trennung von Eltern und Kind einer akribischen Prüfung im EInzelfall unterzogen werden.

Für eine generelle Empfehlung der Adoption im Falle einer drogenbelasteten Schwangerschaft mag ich mich nicht aussprechen. Dass die Jugendämter ein wachsames Auge auf Familien mit Drogenabhängigen werfen sollten, steht dem nicht entgegen und ist wünschenswert, auch im Interesse des Gemeinwohls. Insgesamt wäre im Rahmen einer weit gespannten Sozialarbeit/Familientherapie eine Konsolidierung der familiären und sozialen Verhältnisse anzustreben.

Fazit
Ein Patentrezept lässt sich nicht geben. Eine Abtreibung aufgrund einer Drogenkarriere halte ich nicht für notwendig. Aus dem Bauch heraus würde ich zwar auch eine Adoption favorisieren, jedoch im Einzelfall bleibt eine gewissenhafte Verhältnsimäßigkeitsprüfung der für erforderlich gehaltenen Trennung von Eltern und Kind Conditio sine qua non.


*) Um Wortklärungswehen vorzubeugen: Aporie = philosophische Streitfrage, die nicht abschließend beantwortet werden kann.

OliP
13.12.2004, 00:21
Amen :-top

generellspeziell
13.12.2004, 00:36
Ohne Frage - Eltern und Drogen sind keine Traumkonstellation und alles andere als wünschenswert. Aber wird man je so unglücklich sein, dass man sich wünscht, nie geboren worden zu sein, nie geweint, nie geliebt und nie gelebt zu haben? Ich meine: Nein. Das Leben findet seinen Weg.

Das Leben findet seinen Weg heißt im Extremfall, dass ein unglücklicher Mensch sich selbst das Leben nimmt bzw. sehr schwer an seiner Herkunft trägt. Das muss man sich dabei bewusst machen.

Das Leben findet seinen Weg heißt auch, dass sich Menschen unvernünftigerweise Risiken aussetzen und die Gesellschaft finanziell aber auch mit anderen Ressourcen die negativen Folgen trägt.

Es wäre auch insgesamt zu fragen, was das GG oder andere Gesetze unter Leben verstehen. Vegetativ? Anthropomorph? Vernunftbegabt? Bestimmt wieder alles und nichts.

luckyblue
13.12.2004, 10:56
Die von dir genannten Probleme gibt es natürlich. Deshalb bin ich ja auch kein Gegner der weit gefassten sozialen Indikation für eine Abtreibung.

Trotzdem: Diese Probleme sind nicht unbedingt Argumente für eine Abtreibung (eher schon dafür, eine Adoption etc. zu befürworten).

[...] und die Gesellschaft finanziell aber auch mit anderen Ressourcen die negativen Folgen trägt.

Das Argument halte ich für moralisch nicht vertretbar. Kant hat mal so was geäußert wie (dem Sinn nach zitiert): "Alles was einen Preis hat, ist vertretbar/austauschbar; alles was nicht austauschbar ist, hat eine Würde". Darauf baut auch das Verständnis der Menschenwürde auf. Diese wird dem einzelnen Menschen aufgrund seiner bloßen Existenz konzediert. Ich kann mich nur wiederholen: Wenn man die Entscheidung über Geboren-Werden oder NIcht-Geboren-Werden von der drohenden finanziellen Mehr-Belastung für die Gesellschaft abhängig macht, dann würdigt man den Menschen zur vertretbaren Sache herab. "Kind als Schaden" ist eine würdelose Kommerzialisierung des menschlichen Daseins. Damit liegt eine Verletzung der Menschenwürde vor. :-meinung

Auf juristische Spitzfindigkeiten kommt es m. E. gar nicht so an.
Wen's interessiert:
Grundgesetz-Verständnis: Leben bedeutet körperliches Dasein. Es beginnt spätestens 14 Tage nach der Empfängnis und endet mit dem Tod (herrschende Meinung: Hintod). Grundgesetzmäßig gilt der absolute Lebensschutz also auch für das ungeborene Kind.
Strafrechtlich beginnt das Leben mit der Einleitung des Geburtsaktes (herkömmlicherweise Beginn der Eröffnungswehen, unabhängig aus welcher Ursache; bei Kaiserschnitt Öffnen der Gebärmutter [herrschende Ansicht] bzw. der Bauchdecke [andere Ansicht]). Relevant ist dies aber eigentlich nur für die Abgrenzung Abtreibung/Totschlag. Die Gesetzgebung hat dem ungeborenen Kind in § 219 Strafgesetzbuch (die Norm kodifiziert Richtlinien für die Schwangeren-Beratung im Falle einer anvisierten Abtreibung) ein "Recht auf Leben" gegenüber der Mutter eingeräumt.

generellspeziell
13.12.2004, 22:27
"Kind als Schaden" ist eine würdelose Kommerzialisierung des menschlichen Daseins.

Ist es, und das können wir für unsere Gesellschaft im Grundgesetz auch so festlegen.
Interessanterweise wird eine andere Lebenswertdiskussion ziemlich offen kommerziell geführt, nämlich die Versorgung der Alten. Da ist es auf einmal erlaubt, von den Kosten ihrer Versorgung und insgesamt von den Kosten einer "überalterten" Gesellschaft zu sprechen. Oder?

Liegt es vielleicht daran, dass die Kosten der Kinderaufzucht zum größten Teil auf den Familien lasten, während die Alten aus Sozialkassen versorgt werden? (Natürlich engagieren sich auch hier Familien, tragen wohl aber nicht die Hauptlast.)

luckyblue
14.12.2004, 08:35
Die Zeit ist sowieso reif für ein "Altersdiskriminierungsgesetz". Aber irgendwie gibt es dafür anscheinend keine Lobby.

ehemalige Userin 24092013
14.12.2004, 22:47
Auch wenn ich das Thema jetzt leicht verfehle.
Der Grundgedanke in dieser Diskusion ist aber immer noch der, wie die eigene Haltung gegenüber verantwortungslosen Eltern ist.
Eltern, die sich in Extremsituationen befinden und trotzdem Kinder bekommen, aus welchen Gründen auch immer.
Wie stehts denn nun mit der folgenden Situation?
Beide Eltern HIV positiv, mit Kinderwunsch, der auch realisiert wurde.
Das Kind völlig gesund und beide Eltern berufstätig, die sozial und finanzielle Absicherung ist dann erst mal gegeben.
Nur irgendwann brechen die Erkrankungen der Eltern aus - irgendwann sind sie nicht mehr da und das Kind ist vielleicht erst 5 Jahre.
Ist das gleichermaßen Verantwortungslos, weil man sich von Anfang an auf eine Sache einlässt und das Ende bereits kennt?
Oder ist es verantwortungsvoller, weil die äußeren Umstände zu mehr Absicherung ( Großeltern ect.) führen?

hobbes
14.12.2004, 22:59
Wie stehts denn nun mit der folgenden Situation?
Beide Eltern HIV positiv, mit Kinderwunsch, der auch realisiert wurde.
Das Kind völlig gesund und beide Eltern berufstätig, die sozial und finanzielle Absicherung ist dann erst mal gegeben.
Nur irgendwann brechen die Erkrankungen der Eltern aus - irgendwann sind sie nicht mehr da und das Kind ist vielleicht erst 5 Jahre.
Ist das gleichermaßen Verantwortungslos, weil man sich von Anfang an auf eine Sache einlässt und das Ende bereits kennt?
Oder ist es verantwortungsvoller, weil die äußeren Umstände zu mehr Absicherung ( Großeltern ect.) führen?

Danke für das Aufwerfen dieser Thematik. Reproduktionsmediziner verhelfen heute HIV-positiver Eltern zur Realisierung des Kinderwunsches. Medizinisch scheint dies machbar zu sein. Ich halte dies persönlich als sehr fragwürdig. Ist dies wirklich notwendig? Müssen wir diese (obige) Situation diesen Kinderrn wirklich zumuten? AIDS ist nicht heilbar und das Desaster ist doch eigentlich vorprogrammiert.
Einziger positiver Punkt, den ich dem abgewinnen kann, ist, dass die HIV-Infektion des Kindes durch moderne Reproduktionsmedizin weitgehend abgewandt werden kann, wenn denn der Kinderwunsch der HIV-pos. Mutter entgegen aller Raison in die Tat umgesetzt werden muss.
Allerdings halte die Propagierung der Möglichkeit zum Kind für HIV-pos. für unsinnig.

ehemalige Userin 24092013
14.12.2004, 23:05
Müssen wir diese (obige) Situation diesen Kinderrn wirklich zumuten? AIDS ist nicht heilbar und das Desaster ist doch eigentlich vorprogrammiert.


Das eben ist die Frage.
Man kann einem Kind alles Mögliche erklären, man kann es so erklären, dass es am Ende auch verstanden wird und so aktzeptiert wird. ( wenn auch in Grenzen)


Mir ist das Beispiel nicht einfach so eingefallen, als ich auf der Kinderstation war, gabs diesen Fall tatsächlich.
Beide Eltern lieb zum Baby, beide Eltern gepflegt und im aktuellen Moment voll mit Verantwortung.
Was später draus geworden ist, kann ich nicht sagen.

hobbes
14.12.2004, 23:12
Diese Konstellation ergibt sich immer wieder. Deshalb ist es auch interessant sich darüber auszulassen.

Ich sag jetzt mal ich bin dagegen. Wobei es ist wie beim Bunjee-Jumping: ich halte dies für völligen Blödsinn, aber wenn schon, dann bitte mit Seil.
Und deshalb: wenn schon mit HIV Kinder kragen, dann bitte mit Reproduktionsmedizin (ICSI oder weiss ich was).

Neujahrsrakete
14.12.2004, 23:17
Reproduktionsmediziner und Neonatologen gehören eh in den Knast.

(Differenziertere Meinungen später......habe gerade keine Muße, das auszuformulieren.)

Leelaacoo
16.12.2004, 09:28
Na...auf die Differenzierung bin ich ja mal gespannt...aber das hatten wir ja schon mal.
Zum HIV-Thema: ich persönlich, wenn ich mich in dieser Lage befände, würde auf eine Schwangerschaft verzichten...einfach weil ich viel zu viel Angst hätte, mein Kind anzustecken. Nicht, weil ich früher sterben könnte...das kann man auch als gesunde Eltern und alle Eltern sollten meiner Meinung nach darüber nachdenken, was mit ihren Kindern passieren wird/sollte, sollte ihnen etwas zustoßen (z.B. finanzielle Absicherung, Großeltern, Paten etc.).
Andererseits (und nun wieder meine generelle Meinung zum Arztsein) kann ein Mediziner den Wunsch der Eltern nach Nachwuchs nicht einfach abtun, gerade weil heutzutage die Möglichkeiten der Verhinderung einer vertikalen Übertragung sehr gut sind (ich meine, die Rate läge unter 2% bei guter Medikation, also wohl noch unter der Wahrscheinlichkeit eines hypoxischen Schadens bei der Geburt). Außerdem ist die Lebenserwartung für HIVpositive nicht derart furchtbar, als daß sie ihr Kind unter guten Verhältnissen nicht noch selbst aufziehen könnten.
Wie auch immer...man sollte immer bedenken, daß nicht nur der Arzt ein Gehirn hat, sondern auch der Patient (auch wenn manche ihm die Entscheidungsfindung absprechen...) und ich bezweifle sehr stark, daß sich HIVpositive Eltern oder Noch-Nicht-Eltern die Entscheidung leicht machen und ich würde gerne wissen, wie groß die absolute Zahl dieser Entscheidungen ist (ich meine jetzt FÜR eine Schwangerschaft)...ich denke, die Mehrzahl entscheidet sich doch dagegen, oder? Und diese Entscheidung steht jedem zu...ob mit HIV, genetischem Leiden, Behinderung oder Drogensucht...man sollte mehr Vertrauen in die Vernunft der Menschen haben.
Ich kenne z.B. eine Familie, die 6 Kinder bekam, obwohl schon beim ersten klar war, daß die Eltern Mukoviszidose- Vererber sind...so sind auch 4 Kinder betroffen...und trotzdem bereut keines von ihnen, auf der Welt zu sein...wie gesagt, persönlich würde ich es nicht tun...aber wenn es jemand tut, kann man ja alle Mittel ausschöpfen, um die lage für alle Beteiligten zu verbessern. (Da hat luckyblue aber schon alles hervorragend in Worte gefasst!).

LG Lee (... und endlich auch mit gewünschtem PJ-Platz!!!Juhu....)