PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Beine hoch bei Rea?



Nobby
24.01.2005, 20:30
Hi!
Ich und ein paar Komillitonen haben uns gewundert, wieso bei Reanimationen eigentlich nicht die Beine hochgelegt werden.
Dieses müsste doch eigentlich zu einem erhöhten möglichen Blutdruck führen, oder mache ich da jetzt nen Denkfehler? Schliesslich werden doch die Beine auch beim Volumenmangelschock hochgelegt.
Oder wird das nur bei uns auffem Dorf nicht gemacht?

DoktorW
24.01.2005, 23:29
Da gibt es unterschiedliche Meinungen zu. Die Lehrmeinung variiert da auch oft von RD Schule zu Schule, aber so weit ich weiss, ist das wieder out. Stell Dir doch mal vor, dass der Herzkreislaufstillstand durch einen massiven Infarkt ausgelöst wurde. Dann ist es sicher sinnvoller, dem Herzen nicht einen grossen Widerstand zu bieten.
Bei Stillständen nach Traumata kann das ganz fein sein, aber da ist die Chance auf Erfolg ja eh bei 0.
Insgesamt ein interessantes Thema! Ich war eigentlich immer ein Gegner davon, da ich in den ersten Minuten der Rea Wichtigeres zu tun habe!

hobbes
24.01.2005, 23:32
Ich schätze mal im Falle einer Reanimation bringt das dann auch nichts mehr. Es geht ja darum, überhaupt erst wieder einen Kreislauf zu etablieren (durch CPR/ Defibrillation/ perkutanter SM). Beim Volumenschock hast du sicherlich recht, aber dort funktioniert ja auch der Kreislauf noch. Generell sollte die REA so einfach wie möglich gehalten werden. Aber da können unsere Rettungssanitäter sicherlich genaueres dazu sagen.

DoktorW
24.01.2005, 23:35
es war definitiv eine Rettungsdienst Lehrmeinung
und ich meinte auch den HerzKreislaufStillstand durch Volumenmangelschock!

hobbes
24.01.2005, 23:38
es war definitiv eine Rettungsdienst Lehrmeinung
und ich meinte auch den HerzKreislaufStillstand durch Volumenmangelschock!

Ja, sorry habe deine Antwort erst nach meinem Posting gesehen. Wie gesagt ich kann nur meine Überlegungen machen, habe hierzu keine Erfahrung.

DoktorW
24.01.2005, 23:48
Ja, sorry habe deine Antwort erst nach meinem Posting gesehen. Wie gesagt ich kann nur meine Überlegungen machen, habe hierzu keine Erfahrung.

ach so, mal wieder ein kleines Missverständnis.... ich sach nur PM ;-)

Nobby
25.01.2005, 00:02
Stell Dir doch mal vor, dass der Herzkreislaufstillstand durch einen massiven Infarkt ausgelöst wurde. Dann ist es sicher sinnvoller, dem Herzen nicht einen grossen Widerstand zu bieten.


Tja, das ist knifflig. Kann man ja nich unbedingt immer ausschliessen, dass es kein Infarkt war. Aber stellt man die "Bedürfnisse" des Herzens dann nicht über die des Gehirns (erhöhter Blutdruck sollte doch nützlich sein, oder?)
Gäbe es ausgenommen der höheren Herzbelastung noch andere nachteilige Effekte?
Ich habe es so nicht gelernt, es ist halt nur die Frage mal aufgetaucht und wir wussten nicht so recht weiter...

DoktorW
25.01.2005, 00:25
schön und gut, wenn man das Hirn mit Blut versorgt. Wenn dadurch aber das Herz mehr leiden muss, wirste es nie wieder zum Schlagen kriegen. Und Du willst auch sicher nicht Dein Leben lang auf nem Thorax rumdrücken ;-)

Nein, mal im Ernst, die Sache ist echt hochinteressant. Würde mich mal interessieren wo das noch gelehrt wird, und mit welcher Begründung!!

Rugger
25.01.2005, 00:28
Nein, mal im Ernst, die Sache ist echt hochinteressant. Würde mich mal interessieren wo das noch gelehrt wird, und mit welcher Begründung!!Haben wir das nicht schonmal diskutiert? Konnte es jetzt bloß über die Suche nicht finden...

R.

DoktorW
25.01.2005, 00:35
Haben wir das nicht schonmal diskutiert? Konnte es jetzt bloß über die Suche nicht finden...

R.

ich hab auch gegrübelt, als ich das getippt habe. Aber mein Alzheimer hat mich dann dazu bewegt, eine Antwort zu tippen.
Der erste, der was findet bekommt nen :-keks von mir

nduester
25.01.2005, 00:37
Tja, das ist knifflig. Kann man ja nich unbedingt immer ausschliessen, dass es kein Infarkt war. Aber stellt man die "Bedürfnisse" des Herzens dann nicht über die des Gehirns (erhöhter Blutdruck sollte doch nützlich sein, oder?)
Gäbe es ausgenommen der höheren Herzbelastung noch andere nachteilige Effekte?
Ich habe es so nicht gelernt, es ist halt nur die Frage mal aufgetaucht und wir wussten nicht so recht weiter...

Den ersten Absatz verstehe ich nicht. Doppelte Verneinung im zweiten Satz...

Die "Bedürfnisse" des Herzens beim HI lässt sich ja gerade NICHT mit einem Bedarf an erhöhter Vorlast beschreiben.

Aber nochmal von vorne:
Beine hoch bei Reaniumation kann ne schicke Sache sein, wenn genügend Personal (bei dieser ausgewiesen schwierigen Maßnahme darf man auch gerne den nächsten Passanten einbinden...). Anders als Dr. W kann ich dem HI-Argument nicht folgen. Ein durch einen HI ausgelöstes Kammerflimmern wird ja auch mit Defibrillation/Suprarenin behandelt, obwohl Adrenalin ja beim HI auch eher kontraindiziert ist. Die Beinhochlage sorgt ja lediglich für ein erhöhtes Angebot an Blut für die CPR. Adrenalin hat bei der Rea dieselbe Aufgabe (und wegen seiner zahlreichen für die Rea unerwünschten NW wird ja vermehrt das Vasopressin propagiert). Da sehe ich den Unterschied einfach nicht. Anders als beim Spontankreislauf ist ja bei der Rea ein mangelndes Volumenangebot durch Versacken in der Peripherie das große Problem und dem soll ja durch Adrenalin/Vasopressin/Beinhochlage entgegengewirkt werden.

Mir sind keine Studien bekannt die ein negatives Ergebnis der Beinhochlage erwarten lassen. Da aber die Reanimationstrainings stets auf 2 Leute ausgelegt sind, unterbleibt die Maßnahme der Beinhochlage halt in den Algorithmen, obwohl sie eigentlich zu den Basics gehören könnte. Nur: es gibt einfach wichtigeres zu tun.

Zu dem erhöhten Blutdruck: es ist recht schwierig, überhaupt einen anständigen Blutdruck bei der CPR aufzubauen, deshalb ja auch die 15 Kompressionen in Folge. Wenn überhaupt, dann baut sich ein Blutdruck erst nach mehreren Kompressionen auf, da der Druck ja primär über den Widerstand in den Arteriolen aufgebaut wird. Wenn diese aber mangels Enervierung schlaff und weit sind, nutzt auch die CPR nicht viel (aus diesem Grund ja auch der Einsatz von Adrenalin).

DoktorW
25.01.2005, 00:45
Sehr schöne Ausführung. Aber die Beinhochlage führt doch auch zu einer Erhöhung der Vorlast. Daher wird das ohnehin geschwächte und geschädigte Herz nach einer erfolgreichen Defibrillation einer höheren Arbeit ausgesetzt, was einem Erfolg eher entgegenspricht. Dies ist auch der Grund, warum beim kardiogenen Schock die Beinhochlagerung kontraindiziert ist.
Im übrigen glaube ich nicht, dass das Vasopressin das Adrenalin von seinem Platz verdrängen wird, da es hierzu nicht die entsprechenden Studien gibt.

nduester
25.01.2005, 01:32
ja, aber das ist ja kein Grund, die beiden Zeiteinheiten
1) Eintreffen beim Patienten => Reanimation
und 2) Zeitpunkt der erfolgreichen Reanimation
in der Diskussion zu vermischen. Sollte die Reanimation Erfolg haben, kann man die Beine ja bequem wieder runterlegen. Und ich sehe auch nach Deiner Antwort nicht, inwiefern die Beinhochlage für das HI-belastete Herz schlimmer sein sollte als die getätigte Adrenalingabe.

Gruß,

DoktorW
25.01.2005, 01:46
Ich verstehe nicht ganz, was Du mit Zeitdurchmischung meinst.
Was ich nicht als Argument gelten lasse ist, dass man keine Zeit hat, die Beine hochzulegen. Hierfür ist immer ein Umstehender vorhanden. Den seltenen Fall, wo mal keiner da ist natürlich ausgeschlossen, aber das ist eine Arbeit, die von jedem Laien verrichtet werden kann, wenn man ihn ordentlich anweist.
Die Frage ist, von welchem Fall wir jetzt ausgehen. Vorausgesetzt, der Patient flimmert noch bei Eintreffen, dann werde ich Defibrillieren, sobald die Gerätschaften bereit sind. Sollten dann die Beine schon oben sein, halte ich das für einen Nachteil.
Interessant ist die Wirkung des Adrenalins bei der Rea ja auch ncht nur wegen der Wirkung an den alpha Rezeptoren, sondern vor allem auch wegen der Wirkung an den Betarezeptoren!

McHotDog
25.01.2005, 12:28
Im übrigen glaube ich nicht, dass das Vasopressin das Adrenalin von seinem Platz verdrängen wird, da es hierzu nicht die entsprechenden Studien gibt.

So genau kann man das nicht wissen! Klar gibt es hierzu Studien z.B. in der Universität in Mannheim, CPR Studie Linder/Driks oder die Studie des European Resuscitation Council (Testung an 1.200 Patienten)

Aber ok, also das Ganze scheint ja jetzt eher die Pharmakologie überzuwechseln. Hat sicherlich nicht mehr viel mit der Schocklage während der Reanimation zu tun, aber ist sicherlich ein Thema das aufgrund der Studien sowieso mehr als nur kontrovers diskutiert wird...
Zwar ist Suprarenin (Adrenalin) immernoch CPR-Medikament der Wahl aber gibt auch CPR-Situation, wo Adrenalin total kontraindiziert ist.
Folgendes zu Adrenalin bekannt:

Der Sauerstoff steigt bei Adrenalingabe an, es treten vermehrt ventrikuläre Rhythmusstörungen sowie das Versagen des Myokards in der Phase nach der CRP auf.
Man hat herausgefunden, dass endokrine Reaktionen stattfinden, welche das Outcome des Patienten nach der CRP verbesseren...
Durch Vasopressin kam es zu einer verbesserten Durchblutung durch die körpereingene Ausschüttung von (Nor-) Adrenalin & Angiotensin II. Um ahnliches zu erreichen müsste man das Ardrenalin hochdosieren!!
Ds schädigt auf Dauer das Myokard enorm. Außerdem hat man erkannt, dass Vasopressin die zerebrale Durchblutung besser steigert als Supra.
Patienten die außerhalb der Klinik reanimationspflichtig wurden und die Vasopressin bekommen haben hatten ein besseres 24-H Outcome.
Ich gebe dir Recht, dass es nicht viele Studien gibt, aber trotzdem würde ich diese nicht als unwichtig ansehen, denn die Chancen einer erfolgreichen CPR mit Vasopressin sind nach den Studien, die ich gesehen hab deutlich höher...

Naja...ich glaube darüber kann man aber wohl stundenlang philosophieren!

Nobby
26.01.2005, 12:14
Den ersten Absatz verstehe ich nicht.

Damit wollte ich auf das von Dr.W eingebrachte Argument mit der höheren Herzbelastung eingehen. Habe mich wohl etwas unklar ausgedrückt :-oopss

Habe mal etwas rumgesucht, aber leider scheint es dazu keine Studien zu geben. Oder habe ich was übersehen?

Der Zeitfaktor dürfte doch eigentlich keine Rolle spielen. Denke es dauert ca 5-10 Sec die Beine hochzulegen - an jedem Reanimationsplatz sollte sich doch eigentlich entweder ein Gegenstand finden lassen, oder ein Umstehender der einen holt oder selber die Beine hochhält (der sollte dann natürlich möglichst loslassen, wenn es ans Defibrillieren geht, aber das war ja hier nicht die Frage ;-) ). Ausserdem fahren ja auch ab und zu mal Praktikanten mit :-D

Kann man denn jetzt hier schon ein Resumee ziehen?
Beine hoch: ja oder nein?

McHotDog
26.01.2005, 12:49
Meiner Meinung nach bringt eine Schocklage bei der CPR kein besseres Outcome für den Patienten, also tendiere ich zu - NEIN -

Nobby
26.01.2005, 14:26
So, habe noch mal nen bisschen rumgesucht, und bin auf einiges gestossen:

1. Leitfaden Rettungsdienst (3. Auflage): "Erhöhte Lagerung der Beine bewirkt Erhöhung des Herzminutenvolumens"

2. www.notfallmedizin.de: "Der entstehende Blutdruck soll durch die "Windkesselfunktion" der Aorta gespeichert, und in der Entlastungsphase in die Koronararterien weitergeleitet werden. Dies ist jedoch vom Vorhandensein eines peripheren Widerstandes abhängig (Gefäßtonus), welcher in dieser Situation jedoch nicht vorhanden ist. Aus diesem Grunde sind möglichst noch vor Beginn der Reanimation, die Beine des Pat. hochzulagern (Schocklage)."
http://notfallmedizin.de/download/megacode.pdf

3. BD-Soft.de (kenn ich nicht, aber google hats ausgespuckt ;-) ) : "6. Patient auf harter Unterlage lagern, wenn möglich Beine hochlagern" http://www.bdsoft.de/rettungsdienst/index.htm?/rettungsdienst/notfaelle/herz-kreislauf/reanimation.htm

Das war jedoch nur eine schnelle, oberflächliche Suche. Falls jemand bessere Quellen angeben kann, die dies unterstützen oder das Gegenteil propagieren, bitte hier posten.

Mal als Frage am Rande: Wie wird das denn so im Krankenhaus gehandhabt?

RettAss
27.01.2005, 14:57
Die Beinhochlage sorgt ja lediglich für ein erhöhtes Angebot an Blut für die CPR.

Nein, ist vernachlässigbar. Das sind so grob 250 ml, was da "rausfließen". Es geht vielmehr um die Nachlasterhöhung.


Dies ist jedoch vom Vorhandensein eines peripheren Widerstandes abhängig (Gefäßtonus), welcher in dieser Situation jedoch nicht vorhanden ist. Aus diesem Grunde sind möglichst noch vor Beginn der Reanimation, die Beine des Pat. hochzulagern (Schocklage)."

Hier also richtig argumentiert.
Deckt sich auch mit der These, dass der Kreislauf durch das Pumpen erst angekurbelt werden muss (diese 8+- Kompressionen).

Für KH hätte ich jetzt Trendelenburg Laqgerung vorgeschlagen, bin aber bei Recherche eines besseren belehrt worden:

www.notfallpflege.ch/text/trendelenburg.htm

Am Ende des Artikels wird auch die Konfusion zum Thema klar.

Greedz,

RettAss

Nobby
28.01.2005, 15:27
Mhh, gibt es dazu wirklich keine "Lehrmeinung" die auch Bestand hat?

Dachte auch von Anfang an nicht an die 90°-Lage sondern eher so 30-45° Lage (die man auch mit untergestelltem Stuhl, Koffer, Zivi :-D oder der hochgeklappten Trage realisieren kann).

Interessant ist für mich nur, warum es so oft NICHT angewand wird. Liegt dies nur daran, dass es nicht gelehrt wird, oder sind die Gegenargumente zu gut? (Ich für meinen Teil kann da jetzt noch nicht gut genug abwägen).

Bin auf Antworten gespannt!