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Pünktchen
29.01.2005, 19:09
Hi :-)


Gerade eben ist mir eine Patientin auf dem Notfall untergekommen bei der sich obige Frage stellte. Vielleicht ist es Empfindensfrage.

Patientin 13 jahre alt mit klinisch eindeutigen Appendizitiszeichen und anamnestisch verdächtig. Labor und Sono Abdomen standen noch aus.

Rektale Untersuchung ja oder nein?

Das ist anscheindend eine Frage der "Schule", denn die verschiedenen Unis vertreten sehr unterschiedliche Ansichten, während ich noch gelernt habe, bei Kindern keine rektale Untersuchung, wurde an anderen Unis gesagt: rektale Untersuchung bei Kindern immer!

Ich selbst vertrete die Meinung, rektale Untersuchung bei Kindern nur in bestimmten Fällen, wenn ein Blinsky so eindeutig ist, dann mach ich keine rektale Untersuchung. Nicht weil ich mich drücken wollte davor, sondern einfach im Sinne der kleinen Patienten.


Wie denkt ihr dadrüber und wie wird es an eurer Uni gelehrt? Immer? nie? Ausnahmefälle?



gruss
pünktchen :-lesen

Froschkönig
29.01.2005, 19:22
Ich würde bei Kindern generell alles vermeiden wollen, was diese als unangenehm empfinden. Bzw. Maßnahmen anwenden, um Unangenehmes erträglicher zu machen (zum Beispiel diese netten lokalanästhesiepflaster vorm Viggo legen usw.). Somit würd ich ne rektale Untersuchung nur machen, wenn ihr Ergebnis mir im Vergleich zur restlichen Klinik großen Aufschluß verspricht. Im Falle eines Blinddarms mit genügend anderen typischen Zeichen würd ichs lassen :-nix

Ansonsten könnte man das noch anhand des Alters kombiniert mit dem "wesen" des Patienten "staffeln": Einem eher ohnehin verängstigten Kind würd ichs auch eher ersparen als einem, welches da recht stoisch auf mich wirkt. Am wichtigsten ist jedoch meiner Ansicht nach, daß man bei allem guten Willen die Gratwanderung schafft, sich nicht wegen zu großem Mitgefühl da mal falsch zu entscheiden...

:-meinung

Gruß,
der Frosch

tonexxx
29.01.2005, 19:54
Hätte ja ne Begründung für meine Auswahl "Ausnahmesituationen" angegeben, aber eigentlich hat der Könich schon alles gesagt!

War halt ganz :-meinung.

Sebastian1
30.01.2005, 06:02
Was wären denn Situationen, bei denen man so unbedingt bei Kindern rektal untersuchen müsste oder zumindest sollte? So ad hoc fällt mir da nicht so recht was zu ein...denn die Untersuchung müsste ja, wie Frosch bereits sagte, etweder dringlich sein und ein Ergebnis erwarten lassen oder die Diagnose nicht anders erhebbar sein. Sorry, mir fällt da grade nicht viel zu ein (wobei ich ausser einer Blockkurswoche auch noch keine Pädiatrie hatte, soll also eh nciht viel heissen, wenn mir nix einfällt ;-) )

JHS
30.01.2005, 09:33
Wenn ich mal in meinem Hirn krame: Bei V.a. Intussusception soll die rektale U aufschlussreich sein (Blut am Fingerling). Allerdings sind die Pat. dann zw 6-18mo, und da wäre ich sehr, sehr vorsichtig (bzw. wenn nur unter Anleitung) um den Sphinkter nicht zu verletzen.

Ausserdem sollte beim Neugeborenen immer eine Analatresie ausgeschlossen werden (ist aber wohl ehr eine Inspektion, denn eine rektale U)!

Mehr fällt mir aber jetzt auch nicht ein (vielleicht lerne ich im Kinder PJ im Sommer mehr)

Viele Grüsse,
JHS

Hoppla-Daisy
30.01.2005, 12:05
Ich kann nur sagen, wie es in Kiel gelehrt wurde:

Wenn es einen Verdacht gibt, der eine rektale Untersuchung nötig macht, gibt es keinen Grund diese nicht zu machen. Klar sollte man ein Kind nicht mehr quälen als nötig, aber auf keinen Fall die Sorgfaltspflicht verletzen, wei´l es dem kind vielleicht unangenehm sein könnte.

In deinem Fall, Pünktchen, würde ich eine rektale Untersuchung nicht auslassen.

gruesse, die niere

Pünktchen
30.01.2005, 13:54
Um wieviel weiter bringt dich eine rektale Untersuchung in diesem Fall?
Wieviele DDs fallen danach weg?
Wie aussagekräftig ist denn die rektale Untersuchung?


Man hat schliesslich auch noch nen Sono!!! zur Diagnosesicherung und erst wenn man das alles gemacht hat und wirklich zur Diagnosefindung eine rektale Untersuchung braucht, denn sag ich doch auch nichts dagegen.
Aber ich finde man muss das nicht pauschal machen, denn dann kann man das gleich in die Richtlinien zur pädiatrischen Vorsorgeuntersuchung inkl. der Untersuchung im Jugendalter aufnehmen. (wenn ich mich nicht irre ist die Untersuchung da nicht enthalten)

test
30.01.2005, 14:12
Für welche DDiagnosen wäre denn ne rektale Untersuchung von fundamentaler WIchtigkeit? Kenn mich damit leider nich so aus, aber würde mich mal interessieren. :-) :-blush

JHS
30.01.2005, 16:57
Man hat schliesslich auch noch nen Sono!!!

Auch wenn ich Dir sonst zustimme, ist dies kein Argument. Schliesslich könnte man dann auch die Auskultation auslassen, denn man hat ja schliesslich das Echo! ;-)

JHS

Lava
30.01.2005, 17:00
Nur das Auskultieren mit weniger Schmerzen und Gefahren verbunden ist. ;-)

hobbes
30.01.2005, 17:00
Ich denke mal die Umfrage beschränkt sich auf die Situation mit V.a. auf Appendizitis. Da ist die rektale Untersuchung m.E. wichtig.

Evil
30.01.2005, 17:12
Bei V.a. Invagination doch auch, oder hab ich das falsch in Erinnerung?

Pünktchen
30.01.2005, 18:05
@hobbes
Also die Umfrage war allgemein aufgefasst, nicht auf den speziellen Fall.
Aber was sagt dir die rektale Untersuchung was du nicht auch anders herausbekommen könntest?

JHS
30.01.2005, 19:12
Nur das Auskultieren mit weniger Schmerzen und Gefahren verbunden ist. ;-)

Was bitte schön ist das Risiko einer rektalen Untersuchung (ausser bei ganz kleinen Kindern Verletzung des Sphinkters)???

Ich sehe eigentlich keinen Grund dafür, eine initiale, risikolose, billige, körperliche Untersuchung durch eine spätere technische Untersuchung zu ersetzen. Schliesslich sind wir doch Ärzte!? Auch sollte meiner Meinung nach die Indikation für körperliche Untersuchungen nicht zu eng gestellt werden. Denn auch bei der rektalen Unteresuchung gilt (wie unbestritten bei Auskultation, Abdomenpalpation usw.) mit der Anzahl der Untersuchungen steigt die Güte der Ergebnisse.

Ich würde schon versuchen, Kindern die rektale Untersuchung zu ersparen (wie auch Erwachsenen), aber wenn eine Indikation besteht, sollte man die rektale Untersuchung unverkrampft, professionell und v.a. ohne eigene Unsicherheit durchführen! (ist dann meist halb so schlimm)

Johannes

hobbes
01.02.2005, 19:01
@hobbes
Also die Umfrage war allgemein aufgefasst, nicht auf den speziellen Fall.
Aber was sagt dir die rektale Untersuchung was du nicht auch anders herausbekommen könntest?


Je nach Lage der Appendix und peritonealer Reizung im Douglas ist eben eine rektale Palpation aufschlussreich und zwar - je nachdem -früher und sicherer als Loslassschmerz Lanz und McBurney. Die Untersuchung ist dann recht spezifisch und sensitiv. Die Sensitivität für die Appendicitis ist zwar beschränkt, wegen der Lagevariabilität, ist die rektale Palpation jedoch sz-positiv, so ist der Befund spezifischer als die Loslassschmerzen und Zeichen des (lokalen) Peritonismus. Und bekanntlich ergeben die einzelnen Bausteine der klinischen Diagnostik bei der Appendicitis ein Ganzes. Die Untersuchung ist ja auch einfach und eigentlich nicht soooooooooo schlimm wie das jetzt hier rüberkommt. Es ist auf jedenfall besser rektal zu palpieren, bevor man in den OP fährt, oder? Rein aus Komfortgründen würde ich nicht auf diese Untersuchung verzichten, man muss wissen, dass die sonographische Diagnostik auch nicht besonders sensitiv ist und von CT wollen wir gar nicht sprechen.

Pünktchen
01.02.2005, 20:04
Das Gesamtbild macht die Appendizitis, weil es einfach eine klinische Diagnose ist. Das Gesamtbild hatte schon eine Appenzitis ergeben, warum noch ein Zeichen mehr suchen was positiv ist?

Die Frage ist doch ob mir die rektale Untersuchung bei ner Appendizitis die DDs ausräumt, entzündliche gynäkologische Ursachen (Adnexitis) machen auch nen Douglasdruckschmerz und bei ner Appendizitis findet du den Druckschmerz ja auch nur gehäuft bei retrozökal gelegener Appendix.


Wenn ich beim Knie mit 5 Meniskuszeichen meine Diagnose stellen kann, denn muss ich doch auch nicht noch 5 weitere Tests machen?


Man sollte schon abwägen was einem die Untersuchung bringt. Klar soll man sich auf seine gottgegebenen und weiter erlernten Fähigkeiten beziehen, aber auch kombinieren und nachdenken. Man muss nichts überdiagnostizieren mit Sono oder CT :-))

Froschkönig
02.02.2005, 06:19
Die Untersuchung ist ja auch einfach und eigentlich nicht soooooooooo schlimm wie das jetzt hier rüberkommt. Nö, aber sie ist zumindest nicht das angenehmste auf der Welt und wie Punkt schon gesagt hat in diesem konkreten Falle hier absolut überflüssig :-nix

hobbes
02.02.2005, 14:36
Eine Medizin mit sturren Algorhythmen ist alles andere als interessant oder auch nur intelligent, ganz klar. Jedoch ist die Diagnostik der Appendicitis eben nicht immer so klar und aus der Kombination verschiedener klinischer Zeichen ergibt sich eine exaktere Diagnose. Es gilt zu bedenken, dass die Raten von blanden Appendectomien aufgrund einer Fehldiagnostik/-interpretation sehr hoch sind. Die Suche nach der lokalisierten peritonitischen Reizung sollte deshalb umfassend erfolgen, inkl. der rektalen Palpation - insbesondere dann, wenn sich eine klinische Unsicherheit ergibt. Bei positiver rektaler Palpation ergibt sich vielleicht eine breitere gynäkologische DD. Wenn die Diagnose ganz klar und klassisch daherkommt, gut, dann kann man ja verzichten.

luckyblue
02.02.2005, 15:34
@ Neujahrsrakete
Bettina, wo bleibt dein Posting? :-)) Ich traue mich nicht;-)

Fino
02.02.2005, 17:22
Hi,

bei Kindern nur rektal Untersuchen, wo ich einen konkreten Grund habe (z. B. Invagination). Nicht als Bestandteil der Routineuntersuchung.
Ausser: Neugeborene routinemaessige Analatresieuntersuchung.