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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Organempfänger haben Tollwut



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Kleiner_Medicus_w
17.02.2005, 17:36
Den drei Patienten, die nach einer Organverpflanzung schwer erkrankt waren, ist vermutlich nicht mehr zu helfen. Die Testergebnisse des Hamburger Tropeninstitut und des Essener Tollwutlabors bestätigen: Eine 26-jähirge Frau, der sechs Spenderorgane entnommen wurden, war tatsächlich mit Tollwut infiziert. Die seltene Krankheit verläuft in fast allen Fällen tödlich.

Virus bei Organempfängern nachgewiesen
Auch bei zwei Organempfängern wurde nach Angaben der Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) das Tollwutvirus nachgewiesen. Somit sei von einer Infektion auszugehen. Im Blut eines weiteren Patienten fanden sich für Tollwut spezifische Antikörper. Daraus lasse sich jedoch nicht sicher auf eine akute Infektion schließen. Auch eine frühere Impfung könnte der Grund sein.

80 Kontaktpersonen geimpft
Der Gesundheitszustand eines Patienten im Marburger Universitätsklinikum verschlechterte sich nach Klinikangaben weiter. Der Mann, dem Chirurgen eine neue Niere eingepflanzt hatten, werde inzwischen auf der Intensivstation behandelt, sagte ein Kliniksprecher. Um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, seien 80 Kontaktpersonen geimpft worden.

70jähriger ist nicht zu retten
Auch einer Patientin in Hannover geht nach Auskunft eines Kliniksprechers sehr schlecht. Die Frau hatte eine neue Lunge bekommen und schwebt seit Tagen in Lebensgefahr. Für den dritten erkrankten Patienten, einen 70 Jahre alten Mann im Nephrologischen Zentrum in Hannoversch-Münden, gibt es kaum Hoffnung, sagte der Leiter des Zentrums, Volker Kliem. Der Mann hatte Anfang Januar eine Niere der Spenderin bekommen.

Heidelberger Patient hat Glück gehabt
Der Empfänger einer Leberspende in Heidelberg zeigt dagegen nach Angaben der Universitätsklinik weiterhin keine Tollwutsymptome. Der Mann werde weiter geimpft und mit Medikamenten behandelt, die einer Vermehrung des möglicherweise übertragenen Virus vorbeugen sollen, sagte Oberarzt Jan Schmidt. Der Patient liege zwar wegen einer möglichen Ansteckungsgefahr isoliert in einem Krankenzimmer. "Es geht ihm aber eigentlich prima."

Hornhäute wieder entfernt
Auch der Gesundheitszustand der beiden Mainzer Empfänger der Augenhornhäute der Spenderin ist weiterhin gut. Bei beiden seien die Hornhäute inzwischen wieder herausgenommen und durch Transplantate anderer Spender ersetzt worden, teilte das Mainzer Universitätsklinikum mit. "Die Operation ist gut und ohne Komplikationen verlaufen", sagte der Direktor der Augenklinik, Prof. Norbert Pfeiffer.
Zitat von www.t-online.de
Link (http://onnachrichten.t-online.de/c/34/71/88/3471884.html)



Was haltet ihr denn von diesem "Zwischenfall" wie es in den Medien öfters betitelt wird.... Darf sowas passieren? Ich finde es ziemlich traurig, dass soetwas überhaupt möglich ist. Oder meint ihr es war wirklich nur ein Versehen? Falls man überhaupt von einem Versehen sprechen kann...

Postet mal eure Meinungen...


Gruß,

kleiner_medicus_w

DoktorW
17.02.2005, 17:46
also ich hätte als potentieller Empfänger sehr gerne auf Organe einer jungen, drogenabhängigen Frau verzichten können.... :-((

Kleiner_Medicus_w
17.02.2005, 17:55
drogenabhängig? ehrlich? oder reden wir von zwei verschiedenen spendern? :-)


hab gerade gelesen dass man tollwut gar nicht ohne weiteres diagnostizieren kann in den organgen....stimmt das? ihr müsstet sowas doch wissen? ;-)

DoktorW
17.02.2005, 18:00
ich habe eine Reportage im Radio gehört, dass die infizierten Organe von einer Frau (Mitte 20) aus dem Raum FFM stammen, die drogenabhängig war.

mehr weiss ich dazu auch nicht...

Kleiner_Medicus_w
17.02.2005, 18:03
hmmm.... ich hab gehört sie war in Asien und hat sich da mit tollwut infiziert....ansonsten soll sie wohl ganz "normal" gewesen sein...

test
17.02.2005, 18:12
Tollwut kann man soweit ich weiß nur sicher mit einer Obduktion und neuropathologischen Untersuchung nachweisen (Negri Körper) heißen die typischen Erscheinungne glaub ich.
Da die Frau wohl überhaupt keine Anzeichen von Tollwut hatte, wurde das mit Sicherheit nicht überprüft. Und selbst wenn hätte das nicht so viel gebracht, da die Organe zu dem Zeitpunkt schon transplantiert waren, nehme ich an. Höchstens eine Therapie hätte eingeleitet werden können. :-nix Ich denke, dass das ein Zwischenfall ist der zwar tragisch ist aber kaum zu vermeiden und sich wohl auch nicht so schnell wiederholen wird.
Ich glaub in den letzten paar Jahren gab es in Deutschland ZWEI Fälle von Tollwut. :-nix

Rugger
17.02.2005, 18:20
ansonsten soll sie wohl ganz "normal" gewesen sein...Nein, die ist ja auch an einem drogeninduzierten Herzstillstand verstorben und nicht an der Tollwut (wie man bei vielen Berichten vermuten könnte).
Ganz ehrich: das ist wirklich Pech - Mist, bloß, das sich das jetzt sicher wieder auf die Spendebereitschaft auswirkt und die Organspende -unberechtigt!- ins Gerede kommt!

R.

Rugger
17.02.2005, 18:22
Höchstens eine Therapie hätte eingeleitet werden können.Ich dachte, außer impfen gäbe es da keine Therapie?! Und einen frisch Organtransplantierten auf maximal Immunsuppressiva impfen - naja, ich weiß nicht. Obwohl: wahrscheinlich immer noch besser als die Tollwutinfektion!

R.

DoktorW
17.02.2005, 18:24
So weit ich weiss, ist bei Ausbruch der Krankheit keinerlei Therapie mehr möglich!

Dr. Pschy
17.02.2005, 18:32
Ich hab ne andere Frage:

Wenn die Lady an einem drogeninduzierten Herzstillstand gestorben ist, warum wurden ihr ueberhaupt Organe entnommen? Ich dachte das Einnehmen von Drogen schliesst eine Transplantation aus.

Rugger
17.02.2005, 18:40
Ich dachte das Einnehmen von Drogen schliesst eine Transplantation aus.Eine fortgesetzter Abusus sollte auf Empfängerseite eigentlich eine Organspende ausschliessen. Wie das auf Spenderseite geregelt ist, weiß ich nicht genau. Aber die zu vergebenden Organe werden ja vorher auf Funktion geprüft, da sollte es ja eigentlich keine Probleme geben. Und solange keine der üblichen Begleiterkrankungen (Hepatitis und dergleichen) vorliegt, spricht ja nicht unbedingt was gegen eine Transplantation - denn, wenn man es mal genau nimmt, sind ja die meisten Spender vor der Spende auf der ITS auf BtMs...!

R.

milz
17.02.2005, 18:51
Was haltet ihr denn von diesem "Zwischenfall" wie es in den Medien öfters betitelt wird.... Darf sowas passieren? Ich finde es ziemlich traurig, dass soetwas überhaupt möglich ist. Oder meint ihr es war wirklich nur ein Versehen? Falls man überhaupt von einem Versehen sprechen kann...
Der Nachweis von Tollwut ist sehr aufwendig und braucht ein paar Tage, diese Zeit hat man aber nicht. Somit war das auch nicht vermeidbar.
Tollwut ist bei uns auch ziemlich selten:

"Nach der Organentnahme seien alle vorgeschriebenen Untersuchungen durchgeführt worden, sagte der Ärztliche Direktor der Klinik, Manfred Thelen. "Die Diagnostik auf eine mögliche Tollwuterkrankung im Vorfeld einer Transplantation ist unmöglich", sagte Thelen: "Dass dieser Fall jetzt eingetreten ist, ist ein schreckliches Unglück, das aber nicht ausgeschlossen werden kann.
...
"Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts hat es in den vergangenen zehn Jahren nur zwei Fälle von Tollwut beim Menschen in Deutschland gegeben. Beide Male hätten sich die Patienten im Ausland - in einem Fall in Indien, in einem in Sri Lanka - angesteckt und seien gestorben." http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/0/0,3672,2262336,00.html

Ein wirklich tragischer Zufall, anders kann man es nicht nennen.


also ich hätte als potentieller Empfänger sehr gerne auf Organe einer jungen, drogenabhängigen Frau verzichten können.... :-((
Wobei das mit der Tollwut nichts zu tun hat. Und auf HBV, HCV, HIV u.ä. wird ja vorher untersucht.

Ich würde als Empfänger lieber ein Organ einer Drogensüchtigen nehmen, als gar keins zu bekommen. Ganz ehrlich.
Und wenn es in Deutschland die Widerspruchslösung gäbe und die Krankenhäuser ihre potentiellen Spender auch konsequent melden würden, dann wäre das Zurückgreifen auf Organe von Risikopersonen auch kaum notwendig. Jeden Tag sterben mehrere Menschen auf der Warteliste, weil sie kein Organ bekommen.

Rico
17.02.2005, 19:00
Ganz ehrich: das ist wirklich Pech - Mist, bloß, das sich das jetzt sicher wieder auf die Spendebereitschaft auswirkt und die Organspende -unberechtigt!- ins Gerede kommt!Das isses! Leider.

Gerade hatte sich die Spendebereitschaft ein bisserl von den 80/90er-Jahre (gefakten) Horrormeldungen von ausgeweideten Kindern, die unzugenäht liegen gelassen wurden erholt. :-???
Immerhin ist hier kein Spender nachteilig betroffen, aber negative Schlagzeilen sind trotzdem schlecht für die Spendebereitschaft.

netfinder
17.02.2005, 19:05
Gerade hatte sich die Spendebereitschaft ein bisserl von den 80/90er-Jahre (gefakten) Horrormeldungen von ausgeweideten Kindern, die unzugenäht liegen gelassen wurden erholt.

Dieses oder ähnliches hab ich auch schon öfter mitanhoeren muessen. Leider hat man dann meist kaum eine Chance, es den Leuten begreiflich zu machen, wie es denn wirklich ablaeuft.

Jemine
18.02.2005, 11:17
Es wäre ja auch vielleicht gar nicht so verkehrt, über Organspende generell etwas mehr aufzuklären :-meinung
Z.B. Filme in der Schule zeigen oder einfach nur Broschüren darüber in die Praxen legen. Die werden schon gelesen, wenn man sich beim Warten langweilt.
Ich trage auch so einen Organspendeausweis mit mir herum, was aber genau im Falle eines Falles mit mir passiert, weiß ich nicht!

Notdoc
20.02.2005, 16:33
Die Patientin in Hannover ist gestorben.

Jetzt soll ein Tollwut Test entwickelt werden und Organspender routinemäßig gecheckt werden.

Haltet ihr dass für sinnvoll bei der Seltenheit der Krankheit in Deutschland, ich denke damit wird ein bischen Populismus betrieben.
Der Effekt soll eher sein, die Organspende in der Bevölkerung wieder als sicher erscheinen zu lassen.

Rugger
20.02.2005, 16:54
Haltet ihr dass für sinnvoll bei der Seltenheit der Krankheit in Deutschland, ich denke damit wird ein bischen Populismus betrieben.Absolut, ich halte das für Augenwischerei, um die Medien etwas zu beruhigen. Natürlich ist der Fall für die betroffenen Personen äußerst tragisch, aber sowas wird sich mit Sicherheit nicht ausschliessen lassen! Jetzt aber die Organspende im Ganzen zu kritisieren, ist einfach übertrieben und die Medien (Bild und co.) blasen die Story viel zu sehr auf, sind sich da einer gewissen Verantwortung leider nicht bewusst!

Rugger,
der nicht verstehen kann, warum es in Deutschland immer noch keine Widerspruchsregelung (zB. bei Erteilung des Führerscheins) wie in Österreich gibt.

Notdoc
20.02.2005, 23:39
Alkohol- und Drogenkonsum werden toleriert
Alkoholkonsumenten hingegen - selbst wenn sie schon seit 20 bis 30 Jahren alkoholkrank sind - schieden nicht grundsätzlich aus. Auch Drogenkonsum würde bis zu einem gewissen Grad toleriert. "Wenn man solche Fälle als Risikofälle nehmen würde, dann dürften wir kein einziges Organ aus Holland holen, weil es Marihuana dort bekanntlich an jeder Straßenecke gibt", sagte Kirste. Als Risikofälle würden dagegen Langzeit-Drogenkonsumenten eingestuft, die sich Rauschgift intravenös spritzten.

Der Arzt entscheidet
Eine feste Liste mit Erkrankungen, die das Spenden von Organen ausschließen, gibt es nicht. "Eine Festschreibung ist nicht möglich", meinte Kirste. Die Medizin entwickle sich stetig weiter. Zudem sei es immer auch "eine Individualentscheidung" der beteiligten Ärzte: "Da gibt es einen ärztlichen Ermessensspielraum." Die Ärzte erheben für ihre Entscheidung, ob sich Organe eignen, stets die Krankheitsgeschichte der potenziellen Spender.

Kompletter Artikel (http://onnachrichten.t-online.de/c/34/75/63/3475634.html) von T-Online Eine Möglichkeit wäre auch, alle Organempfänger prophylaktisch gegen Tollwut zu impfen.

eatpigsbarf
21.02.2005, 09:24
ist ja eine prima Idee mit dem Impfen, aber, wenn man sich überlegt, daß Tollwut in D. derart selten ist, daß in den letzten 10 Jahren keine 10 Fälle aufgetreten sind, die sich in D. selber infiziert haben, dann muß man sich mal den finanziellen Rahmen der Impfung anschauen. Zusätzlich muß man in Betracht ziehen, daß in all den Jahren der durchgeführten Organspenden, dieses der 1. Fall war. Nun ist auch die Tollwutimpfung nicht ganz ohne und auch da muß man dann eine Risiko-Nutzen- "Analyse" für den Organempfänger machen. Klingt brutal emotionlos, aber auch so werden Kliniken und Industrie vorgehen. Denn, wie gesagt, in D. war dieses das 1. Mal in der Geschichte der Organspenden.
Aber, leider gibt es ja noch nichtmal besagte Schnelltests zur Tollwuterkennung, die ja jetzt, lt. Prof. Haverich von der MHH, schnellstmöglich entwickelt werden sollen. Und wie lange diese Entwicklung duaert, kann ja noch keiner sagen.

Notdoc
07.04.2005, 22:21
Der Vollständigkeit halber - Der Marburger Patient ist jetzt auch gestorben.
Damit sind alle Organempfänger, die an Tollwut erkrankt sind gestorben.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt (http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=19740)