PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neue EU-Gesetzesinitiative - bald Studium ohne Zulassungsvoraussetzung in Österreich?



erzherzog
28.02.2005, 10:01
Hallo,

nochwas zum Studium in Österreich: Irgendjemand hat scheinbar schon vor längerer Zeit vor dem EU-Gerichtshof geklagt und jetzt müssen die Österreicher ihr Medizinstudium für alle EU´ler zugänglich machen?

Bisher war es ja so, dass man zumindest einen Studienplatz im eigenen Land vorweisen musste. Wenn sich das ändert, können die österreichischen Unis endgültig einpacken, weil es dann zum NC-Flüchtlingsland Nr.1 werden wird!!


(Wer sich für die Situation in Innsbruck interessiert, hier weiterlesen:)

Zudem ist die Situation, z.B. in Innsbruck schon jetzt mehr als katastrophal. Alle Österreicher, egal welches Matura-Ergebnis, müssen zugelassen werden, dazu kommen noch eine ganze Reihe Leute aus Deutschland, und man startet so mit 600 im ersten Semester. Am Ende des zweiten Semesters findet dann die SIP1 Prüfung statt, die so ausgelegt wird, das 275 Leute weiterkommen. Soweit keine wirkliche Kritik. Nur gibt es einen gewaltigen Rückstau, der sich über die Jahre angesammelt hat und viele, die die SIP im zweiten oder x-ten Anlauf geschafft haben nehmen dann auch noch ne Menge Plätze weg. D.h. von den jetztigen 600 Zweitsemestern kommen maximal noch ca. 150 weiter - für alle anderen heisst es dann - warten! :-dagegen

chopinsky1
02.03.2005, 15:49
Geklagt hat vor dem EuGH eigentlich die Kommission, nicht eine Einzelperson und bisher hat lediglich der Generalanwalt seinen Schlussantrag abgegeben in dem er darauf plädiert Österreich zu verurteilen und künftig die Beschränkung von EU-Ausländern dadurch, dass diese einen Studienplatz im Heimatland nachweisen müssen, nicht mehr zuzulassen. Ein Urteil des EuGHs wird in den nächsten Monaten erwartet und wird höchstwahrscheinlich dem Generalanwalt folgen.

Zur Situation auf den öst. Medizinunis dadurch: die wissen natürlich von dem Verfahren und haben da auch schon Maßnahmen eingeleitet. Ich kann jetzt nur von Graz reden, dort wirds aller Wahrscheinlichkeit ab nächstem Jahr ein System geben bei dem man nach 1.Semester eine Aufnahmsprüfung machen muss, nur die Bestgereihten können weitermachen.
Siehe für Graz: http://oeh.meduni-graz.at/fileadmin/redakteure/dateien/05-02_Entwuf_Humanmed_V3.pdf auf Seite 13f der grün markierte Text.

Conclusio: Österreich wird aller Wahrscheinlichkeit nicht zum Studienparadies für NC-Flüchtlinge - es ist zwar kein NC in Österreich geplant, aber wie gesagt Aufnahmeprüfungen bzw. Aufnahmephasen mit beschränkter Platzvergabe für spätere Semester.

erzherzog
02.03.2005, 17:31
Geklagt hat vor dem EuGH eigentlich die Kommission, nicht eine Einzelperson und bisher hat lediglich der Generalanwalt seinen Schlussantrag abgegeben in dem er darauf plädiert Österreich zu verurteilen und künftig die Beschränkung von EU-Ausländern dadurch, dass diese einen Studienplatz im Heimatland nachweisen müssen, nicht mehr zuzulassen. Ein Urteil des EuGHs wird in den nächsten Monaten erwartet und wird höchstwahrscheinlich dem Generalanwalt folgen.

Zur Situation auf den öst. Medizinunis dadurch: die wissen natürlich von dem Verfahren und haben da auch schon Maßnahmen eingeleitet. Ich kann jetzt nur von Graz reden, dort wirds aller Wahrscheinlichkeit ab nächstem Jahr ein System geben bei dem man nach 1.Semester eine Aufnahmsprüfung machen muss, nur die Bestgereihten können weitermachen.
Siehe für Graz: http://oeh.meduni-graz.at/fileadmin/redakteure/dateien/05-02_Entwuf_Humanmed_V3.pdf auf Seite 13f der grün markierte Text.

Conclusio: Österreich wird aller Wahrscheinlichkeit nicht zum Studienparadies für NC-Flüchtlinge - es ist zwar kein NC in Österreich geplant, aber wie gesagt Aufnahmeprüfungen bzw. Aufnahmephasen mit beschränkter Platzvergabe für spätere Semester.

Diese, oder ein wenig anders aufgebaute und zeitlich etwas spätere Prüfungen gibt es auch an anderen medizinischen Universitäten u. Fakultäten in Österreich.

Der Sinn und die Gerechtigkeit solcher Selektionsprüfungen, die einzig und allein der Reduzierung der Studentenanzahl dienen, muss stark angezweifelt werden, wenn man beachtet, dass es für viele wohl verdiente Maturanten, Abiturienten, usf. eine enorme zusätzliche Belastung darstellt, die sie neben dem grundständigen Studium bewältigen müssen.
Die Inhalte dieser Prüfungen werden nicht ausschließlich rein medizinisch-wissenschaftlicher Natur sein, sondern sich an bekannten Assestmentcenter-Tests orientieren.
Es soll dahin gestellt bleiben, ob derjenige, der sich in diesen Tests profilieren kann, dann auch mal der bessere Medizinstudent, respektive Arzt sein wird.
Es muss auch gesagt werden, dass es viele Erstsemester gibt, und ich meine hier vor allem Österreicher, die sich dann aufgrund eines EU-Urteils diesem neuen Zwang unterordnen müssen und am Ende wohlmöglich keinen (heimatnahen) Medizinstudienplatz bekommen, weil z.B.: deutsche NC Flüchtlinge diesen für sich beanspruchen und durch punktuelles Vorbereiten auf den besagten Test ergattern können.

Weiterhin gilt es doch auch zu klären, inwiefern denn das deutsche NC System letztlich nicht doch vorteilhafter für alle Beteiligten ist?
I.d.R. fußt der Entschluss das Medizinstudium aufzunehmen ja nicht spontan nach dem Schulabschluss, sondern sollte sich im Laufe der Oberstufe festigen und reifen. In dieser Zeit ordentliche und sehr gute Leistungen zu erbringen wird dann belohnt und man erhält einen Studienplatz. Dies begünstigt zudem, dass notwendige Grundkenntnisse in den Naturwissenschaften bei Antritt des Studiums zum größten Teil doch auch vorhanden sind und nicht gemeinsam erst neu erarbeitet werden müssen, wofür die Universitäten auch nicht da sind!

Dr. Pschy
02.03.2005, 21:08
"I.d.R. fußt der Entschluss das Medizinstudium aufzunehmen ja nicht spontan nach dem Schulabschluss, sondern sollte sich im Laufe der Oberstufe festigen und reifen. In dieser Zeit ordentliche und sehr gute Leistungen zu erbringen wird dann belohnt und man erhält einen Studienplatz. Dies begünstigt zudem, dass notwendige Grundkenntnisse in den Naturwissenschaften bei Antritt des Studiums zum größten Teil doch auch vorhanden sind und nicht gemeinsam erst neu erarbeitet werden müssen, wofür die Universitäten auch nicht da sind!"

Dem schliesse ich mich ganz und gar nicht an. Ich fuer meinen Teil hab nicht mal zum Abi daran gedacht, Medizin zu studieren, woher auch, wenn ich noch nie mit diesem Feld vorher in Beruehrung war? Ich kam durch den Zivi und meine Taetigkeit im Rettungsdienst darauf, und ich trau mich wetten, dass mich das nicht von jemandem unterscheidet, der sich schon in der 12. dazu entschliesst, Arzt zu werden. (Von der Tatsache mal abgesehen, dass so einer sein Abi noch selber in der Hand hat, wo unsereins warten muss, wenns nicht grad eh sehr gut war.)

Und wenn die Uni nicht da ist, die naturwissenschaftlichen Faehigkeiten aufzubauen, dann frag ich mich, wieso jedes grundstaendige naturwissenschaftliche Fach (Physik, Chemie, Bio,...) bei Null beginnt und auch total Ahnungslosen Naturellen eine Chance laesst!?

erzherzog
03.03.2005, 08:45
Das ist das Übel unserer Zeit, in der jeder ein Studium aufnehmen darf. Eine Folge der verachtenswerten gleichmacherischen und Stände aufhebenden Politik des letzten Jahrhunderts. Wir sehen die weitreichenden Folgen an unseren ehemals ehrwürdigen deutschen Universitäten.

eatpigsbarf
03.03.2005, 23:01
Das ist das Übel unserer Zeit, in der jeder ein Studium aufnehmen darf. Eine Folge der verachtenswerten gleichmacherischen und Stände aufhebenden Politik des letzten Jahrhunderts. Wir sehen die weitreichenden Folgen an unseren ehemals ehrwürdigen deutschen Universitäten.

Das sind ja doch "interessante" Ansichten. Ich persoenlich verurteile wirklich niemanden dafuer, wenn er -frisch aus der Schule kommend und keine Ahnung vom Studium habend- nicht wirklich weiss, was er machen will. Schon deswegen, weil man ja oft nicht wirklich Ahnung von dem hat, was einen da mal so erwartet und was der Beruf letztendlich auch mit sich bringt. Wenn man sich das mal so ueberlegt, haben ja auch wirklich viele Angst davor, mit 19 eine Entscheidung zu treffen, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf die naechsten 40+ Jahre des eigenen Lebens haben wird.

Und wenn Du Dich so ueber die "Staende aufhebende und gleichmachende Politik" aufregst, dann kann ich Dir nur sagen, sei froh, dass jetzt nicht mehr nur Geld zaehlt. Denn was wuerdest Du dann machen, wenn Deine Eltern beide durch ihre Berufe kein Geld haetten und Du nur deswegen nicht studieren duerftest? Da habe ich wirklich lieber jemanden im Studium mit mir, der was weiss als jemanden, der sich nur durch Mama und Papa alles erkaufen kann. Denn, da ist dann der Studienplatz nicht die eigene Leistung, sondern man kann sich frohgemut auf dem Verdienst der Eltern ausruhen. Ob man ein besserer Arzt wird, nur weil man durch das "Glueck der richtigen Geburt" alles in den Hintern geschoben bekommt...?

Ich sage nicht, dass das NC-Verfahren perfekt ist (aber das ist kein Verfahren und wohl auch kein Test auf dieser Welt, da man immer Kritikpunkte finden wird koennen). Aber, wenn denn jetzt auch die Abinotenvergabe (und Kursbenotung in der Oberstufe) ueberall nach den gleichen Kriterien erfolgen wuerde, waere der NC wohl mit das objektivste Auswahlverfahren. Und wenn es nunmal zu viele Bewerber gibt, muss nach irgendeinem Ausschlussverfahren vorgegangen werden. Das geht nunmal nicht anders.

Gleichzeitig kann ich dann ja mit Deiner Argumentationsweise vorgehen und koennte sagen, jeder, der es nicht durch die NC-Huerde schafft, hat das selber verbockt, denn er wusste ja schon vorm Abi, dass er Medizin machen wollte. Ist von den Argumenten her ungefaehr genauso sinnvoll...

Klar wird einem bestimmt irgendwann mal der Gedanke gekommen sein, dass man Medizin auch zur Auswahl stehen haben koennte. Aber ob man da (bis eben auf den Gedanken und den Begriff ZVS) was damit naeher in Verbindung bringt und schonmal so extrem zukunftsplanend handelt, weiss ich nicht. Man hat bestimmt seine grobe Vorstellung und ein Teil wird auch wissen, dass man sich in der Oberstufe auf den Hosenboden setzen muss. Aber dabei wird's dann auch bleiben, wenn man jetzt nicht gerade viel Kontakt zu Aerzten oder anderen Medizinstudenten hat.

Dr. Pschy
05.03.2005, 17:17
erzherzog:

Kann es sein, dass du in der 2. Haelfte des 19. Jahrhunderts stecken geblieben bist? :-))

In einer Zeit, in der gut ausgebildete Fachkraefte mehr denn je gebraucht werden, argumentierst du mit "Uebel der Zeit", wenn eben jenes Ziel moeglichst vielen offeriert werden soll. Prima :-top
Bei deiner Argumentation wuerd ich gern wissen, was gerade bei dir so besonders ist, ein Studium aufnehmen zu duerfen? *g*

erzherzog
05.03.2005, 17:24
Ich glaube ich bin jmd der noch nicht einmal gedient hat, keinerlei Rechenschaft schuldig!

Hellequin
05.03.2005, 17:46
Ich glaube ich bin jmd der noch nicht einmal gedient hat, keinerlei Rechenschaft schuldig! *roflmao*
Also ich hab gedient, krieg ich eine Erklärung? *büdde*:-))

erzherzog
05.03.2005, 18:47
Für alle, die mit mir nun nicht einer Meinung sind und für die wenigen, die es sein sollten, lege ich, allein im Sinne einer objektiven Diskussion, meinen Standpunkt noch einmal genauer dar. (@Dr. Pschy: Entschuldige mich für offensiven Vorwurf, nicht gedient zu haben)

Zunächst stellte sich die Frage, ob es unsere Universitäten sein sollten, die etwaige Defizite, nicht nur in den Naturwissenschaften, mit der Studentenschaft aufarbeiten sollte.
Ich denke, dass sie dies in keinem Fall tun sollten.

Betrachten wir uns die Geschichte der medizinischen Ausbildung und gehen nur wenige Jahrzehnte zurück, so war es undenkbar, dass solche schwerwiegenden Defizite, wie sie heutzutage, bspw. in den Grundlagen der Chemie, schon fast zum „guten“ Ton in der Medizinstudentenschaft gehören, von den Professoren aufgearbeitet werden mussten.
In den Schulen wurde das gelehrt, was für das Studium notwendig war. Schüler, die dem Stoff nicht folgen konnten oder wollten, erhielten keine Zugangsberechtigung zur Universität. Ohnehin fanden tatsächlich nur diejenigen Kindern den Weg in die Gymnasien, die für ein Studium tauglich erschienen. Was spricht gegen eine solche Selektion, die nicht, entgegen weitläufig verbreiteter Meinung, eine Frage des elterlichen Einkommens gewesen ist.

Mir wurde auch vorgeworfen, mein Weltbild entspräche nicht der heutigen Zeit. So sei auch ein Beispiel aus den Vereinigten Staaten angeführt. Ein jeder angehender Medizinstudent, der sich für einen der begehrten Studienplätze in den Medical Schools bewirbt (Graduate Schools), muss zuvor den MCAT-Test absolvieren. Ohne fundierte Kenntnisse in den Naturwissenschaften besteht nicht die geringste Chance diesen Test auch nur annähernd zu bestehen. Die internationalen Standards, die aus den USA fast nahezu in der ganzen Welt als Maßstab in der Medizinerausbildung angesehen werden kann spricht sicherlich für sich. Auch deutet die sich abzeichnende Auswahlmöglichkeit der hiesigen Universitäten auf einen baldigen Wandel hierzulande hin.

Ein Buch, das mir plastisch vor Augen geführt hat, wie sehr unser Wissen und der Wert unseres Abiturs im Laufe der Jahrzehnte abgenommen hat, schrieb der berühmte Anatom und Pathologe Dr. v. Waldeyer-Hartz. Ich kann es sehr empfehlen.

Den zweiten Streitpunkt, die Frage nach dem Zeitpunkt sich für das Medizinstudium zu entscheiden, möchte ich relativieren. Sicherlich ist überhaupt gar nichts gegen die Argumentation von Dr. Pschy einzuwenden. Ehrliche Motivation ist die beste Voraussetzung für das Studium. Neben den oben angesprochenen Faktoren, die zu einer minderen Qualität unserer medizinischen Ausbildung in Deutschland führen, sind es aber oft auch ein ganz erheblicher Prozentsatz eines Jahrganges, die keine ehrliche Motivation in das Studium führt. Gerade die Medizin verlangt jedoch danach in ganz starken Maße, wie ich finde!

Die Folgen lassen sich an den Statistiken ablesen. Jedes Jahr erhalten 11.000 neue Ärzte die Approbation in Deutschland, wobei gerade mal 3000 – 4000 offene Stellen für Ärzte zu besetzen sind. Ob dieser Entwicklung stellt sich doch die Frage, ob die Absolventen, die ein Beruf in den derivativen Berufsfeldern ergreifen (müssen) dann tatsächlich auch das Medizinstudium durchlaufen mussten. Ein weitere statistische Besonderheit ist die in den letzten Jahrzehnten stets gestiegene Suizidrate unter Ärzten, woher rührt dies? Steigende Arbeitszeiten und Verwaltungslasten haben sicherlich noch niemanden in den Selbstmord getrieben. (Wobei die Gründe sicher multifaktoriell und individuell sind und daher nur teilweise für die Argumentation sprechen sollen)
Ich begrüße die jüngsten Fortschritte im Prozess zur Einführung von Studiengebühren. Mit Sicherstellung, dass entsprechende Generationenmodelle zur Finanzierung vorliegen, ist dies ein gutes Instrument, die angesprochenen Ziele zu erreichen.

Ich denke die Argumentation lässt sich länger fortsetzen. Ich hoffe die Grundaussage ist hierdurch jedoch klarer geworden.

Rico
06.03.2005, 18:22
Zunächst stellte sich die Frage, ob es unsere Universitäten sein sollten, die etwaige Defizite, nicht nur in den Naturwissenschaften, mit der Studentenschaft aufarbeiten sollte.
Ich denke, dass sie dies in keinem Fall tun sollten.Es ist eine schwierige Frage, inwieweit das Abitur geeignet ist, weitgefächerte und gleichzeitig sehr fundierte und tiefgreifende Grundlagen zu legen.
Im Laufe des Medizinstudium sind tiefgreifende Kenntnisse der Naturwissenschaften gefordert. Aber nur ein geringer Teil eines Abijahrgangs ergreift ein Medizinstudium. Ein angehender Ingenieur hat überhaupt keinen Benefit von vertieften Biokenntnissen.

Betrachten wir uns die Geschichte der medizinischen Ausbildung und gehen nur wenige Jahrzehnte zurück, so war es undenkbar, dass solche schwerwiegenden Defizite, wie sie heutzutage, bspw. in den Grundlagen der Chemie, schon fast zum „guten“ Ton in der Medizinstudentenschaft gehören, von den Professoren aufgearbeitet werden mussten.
Die Schule soll Grundlagen legen. Eine Reaktionsgleichung darf man als solche ansehen und daß man weiß, daß auf beiden Seiten ungefähr das gleiche stehen sollte. Aber ein tiefer Einstieg in biochemische Themen ist für das Abitur viel zu spezifisch (nebenbei ist es auch nicht ökonomisch, ganze Abi-Jahrgänge aufwändig in Medizingrundlagenfächern zu unterrichten, wenn bloß ein Bruchteil nachher in die Medizin geht).

Nebenbei muß man sehen, daß die Naturwissenschaften in der Medizin nicht mehr als eine Hilfwissenschaft sind. Bio, Chemie und Physik sind je mit lausigen 15 Fragen in Physikum vertreten und das zu recht.
Schließlich wollen wir Ärzte werden und keine Physiker.
Wieso sollte man also diese Fächer , die schon in der ersten wichtigen Prüfung den Medizinstudiums eine Statistenrolle haben und dannach in der Versenkung verschwinden zu einer conditio-sine-qua-non für das Studium hochstilisieren?

Ohnehin fanden tatsächlich nur diejenigen Kindern den Weg in die Gymnasien, die für ein Studium tauglich erschienen. Was spricht gegen eine solche Selektion, die nicht, entgegen weitläufig verbreiteter Meinung, eine Frage des elterlichen Einkommens gewesen ist.Ahja. Vor ein paar Jahrzehnten gab es noch so Dinge wie Büchergeld und Gebühren für weiterführende Schulen. Die Lehrmittelfreiheit gibt es vielleicht seit 25 Jahren und nicht früher.
Außerdem herrschte vor 25 Jahren auch noch eine erschreckend hohe Männerquote auf Gymnasien und an den Universitäten vor.
Waren die Frauen vor einen viertel Jahrhundert alle ungeeignet, um zu studieren, oder haben vielleicht doch gesellschaftliche Gegebenheiten Einfluß auf die Zusammensetzung der Studentenschaft gehabt.

Ein Buch, das mir plastisch vor Augen geführt hat, wie sehr unser Wissen und der Wert unseres Abiturs im Laufe der Jahrzehnte abgenommen hat, schrieb der berühmte Anatom und Pathologe Dr. v. Waldeyer-Hartz. Ich kann es sehr empfehlen.Die Geschichte von den immer dümmer werdenden Schülern ist ja wohl so alt wie die Schule selber.
Wenn diejenigen, die das früher behaupten haben, recht hatten und die Schüler wirklich immer dümmer werden, dann dürften diejenigen, die das heute behaupten kaum mehr lesen können. :-meinung

Die Folgen lassen sich an den Statistiken ablesen. Jedes Jahr erhalten 11.000 neue Ärzte die Approbation in Deutschland, wobei gerade mal 3000 – 4000 offene Stellen für Ärzte zu besetzen sind. Ich mag mich irren, aber haben wir nicht gerade Vollbeschäftigung bei den Ärzten (<2% Arbeitslose).
Außerdem ist die Ärzteschaft überaltert, in den nächsten 10 Jahren werden 40% der Inhaber einer Kassenzulassung das 68. Lebensjahr überschreiten (und somit ihre Kassenzulassung in der Regel zurückgeben müssen).

In den nächsten Jahren wird ein großer Bedarf an Ärzten bestehen und zwar nicht an Assistenzärzten, sondern an Fachärzten.
Wir brauchen bessere Bedingungen für die Facharzt-Ausbildung, damit diese attraktiver wird und nicht weniger Ärzte allgemein, sonst wird es nach den strukturschwachen ostdeutschen Gebiete demnächst auch die westdeutschen Gebiete treffen, die dann nicht mehr Flächendeckend mit Fachärzten versorgt sein werden.

Ich begrüße die jüngsten Fortschritte im Prozess zur Einführung von Studiengebühren. Mit Sicherstellung, dass entsprechende Generationenmodelle zur Finanzierung vorliegen, ist dies ein gutes Instrument, die angesprochenen Ziele zu erreichen.Aber Medizin zu studieren ist heutzutage schon kein Spaziergang, jemand, der "irgendwas" studieren will, wird kaum das Studium ergreifen und durchziehen.
Die durchschnittliche Studienzeit liegt je nach Uni nur 1-2 Semester über der Mindeststudienzeit und viele Absolventen haben ihre Doktorarbeit in dieser Zeit gemacht und kein "Bummelsemester" eingelegt.
Da Medizin gleichzeitig die geringste Abbrecherquote (8% im Jahre 1999) unter den Universitätsstudiengängen hat, scheinen sowohl Motivation wie auch Fähigkeiten der derzeit selektierten Bewerber angemessen zu sein.

Inwieweit soll eine Gebühr da helfen, die Lage zu verbessern?

Dr. Pschy
08.03.2005, 21:55
Ich schliesse mich Rico voll und ganz an. Ich kann seinen Ausfuehrungen zu 100% zustimmen.

Achja, ich hab gedient :-))

erzherzog
08.03.2005, 22:49
Bedauernswert, ich hatte gehofft Sie würden ausführlicher dazu Stellung nehmen Dr. Pschy!