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Resi-B
19.03.2005, 12:17
Hallo!
Ich bin z.Zt. in der Stufe 12 und muss meine Facharbeit in Biologie schreiben. Mein Thema lautet "Essbare Impfstoffe - neue Wege der Krankheitsbekämpfung". Es geht also hauptsächlich über die gentechnische Veränderung von Pflanzen, um diese zum Impfstoffträger zu machen. Sinn und Zeck des ganzen ist es, Impfstoffe dann später auch in Entwicklungsländern in großen Menegn und für relativ wenig Geld angebauen zu können. Genauere Infos darüber findet ihr z.B. hier klick (http://www.archiv.hoechst.de/deutsch_3er/publikationen/future/ernaehr/art6.html)
Der letzte Teil der Facharbeit soll aus einer Bewertung bestehen und ich habe mir gedacht hier mal zu fragen, was ihr davon haltet. Gentechnisch verändertes Obst und Gemüse hat ja einen relativ schlechten Ruf, fändet ihr solche Impfstoffe trotzdem gut? Und wenn ja, nur bei Notfällen in Entwicklungsländern oder auch zum Gebrauch hier in Deutschland?
Als Kontrastprogramm zu den Mediziner-Meinungen werde ich in einem Fußball-Forum die gleiche Frage stellen und bin mal gespannt, was nach meinem Urlaub so zusammengekommen ist :-)
Ihr würdet mir mit euren Kommentaren wirklich sehr helfen, egal ob sie kurz lang oder wie auch immer sind!
Danke schonmal!

Froschkönig
19.03.2005, 12:28
Wenn es funktioniert, so wäre das einerseits schon gut, andererseits gibt es bei gentechnisch veränderten Pflanzen meiner meinung nach folgendes Problem:

Niemand kann abschätzen, wie sich das auf das zugehörige Ökosystem auswirkt ! Menschen neigen nunmal dazu, Probleme sehr punktuell anzugehen und dabei größere Zusammenhänge wenig zu beachten. Irgendwo müßten diese genveränderten Obst und Gemüsesorten ja angebaut werden und eben dort wird es auch irgendwo dazugehörige Schädlinge oder Schmarotzer geben, die meisten davon wohl aus der Insektenecke. Selbige werden dann wieder von anderen Tieren gefressen und unser toller Impfstoff gelangt auf diese Weise die gesamte Nahrungskette hinauf. Ich schätze aber, daß mir grad keiner beantworten kann, was das Zeug mit den Tieren macht und ob es etwas verändert oder nicht und wenn ja: Zum guten oder zum schlechten ?

Es gibt oder gab mal das Projekt "Goldener Reis", welches zum Ziel hatte, Eine Reissorte zu züchten, die Vitamin A enthält, damit all die unter der Armutsgrenze lebenden Reisbauern, welche selber kaum was anderes zu essen haben als eben Reis nicht alle ihr Augenlicht auf Grund von chronischen Vitamin A Mangel einbüßen. Nun ist Vitamin A aber ein relativ ubiquitär Vorkommender Stoff, welchen die meisten lebewesen ohnehin in irgendeiner Form aufnehmen, somit ist es da nicht ganz so bedenklich, bei einem in Pflanzen integrierten Arzneistoff sieht die Sache aber schon wieder anders aus.

:-meinung

test
19.03.2005, 12:31
Ein großes Problem ist meiner Meinung nach, dass Proteine im Verdauungstrakt denaturiert werden, wie soll also eine Immunantwort generiert werden?
Der orale Polio Impfstoff ist ein attenuiertes (abgeschwächtes) Virus gewesen, daher konnte man ihn oral geben.
Abgesehen davon wird im Text von einer Impfung gegen das tödliche E.coli Bakterium geredet. E.coli ist normaler Bestandteil der Darmflora. Wie soll dann eine Immunantwort durch den Impfstoff gemessen werden?? Außerdem gibt es überhaupt keinen parenteralen Impfstoff gegen E.coli (wofür auch??).
Zudem kommt der Text dann auch drauf zu sprechen, dass ja dann doch Anbau, Dosierung und Verabreichung wieder durch Fachpersonal erfolgen müßten, insofern wohl doch nicht alles so einfach wie gedacht. :-notify
Alles in allem bleibt dann so gar kein Argument mehr dafür übrig, da die kosten dafür dann ja wohl eher sogar höher sein werden, als bei nem herkömmlichen impfstoff. :-nix

eatpigsbarf
19.03.2005, 13:19
Ich sehe schon Bananenmonokulturen im Sudan und Kongo..... Mal davon abgesehen: wie sollen denn die ganzen armen Laender sich genmanipulierte Baeume und Fachpersonal leisten, wenn sie ja, wie in dem Text beschrieben, das Geld fuer eine Impfdosis Hepatitis, die $1 kostet, nicht haben?
Und soweit ich weiss, haben die in vielen Laendern eine so starke Armut, dass die kein Feuerholz haben (da frage ich mich dann, wie kommt der Setzling ueberhaupt bis dahin, dass er Bananen traegt?)...
Auch sehe ich wie die anderen das Problem, dass wohl das Impfprotein sehr schnell in seine Bestandteile zerlegt wird. Klingt also sonderbar. Und man muesste sich von Anfang an absichern, dass es da auch nicht zu irgendwelchen stummen Ausscheidern kaeme, die das manipulierte Genmaterial verbreiten und sich da durch irgendwelche Mutationen wieder ansteckende oder sonstwelche gefaehrlichen Veraenderungen fuer den Menschen ergeben.

Froschkönig
19.03.2005, 13:22
Der orale Polio Impfstoff ist ein attenuiertes (abgeschwächtes) Virus gewesen, daher konnte man ihn oral geben.
Abgesehen davon wird im Text von einer Impfung gegen das tödliche E.coli Bakterium geredet. E.coli ist normaler Bestandteil der Darmflora. Wie soll dann eine Immunantwort durch den Impfstoff gemessen werden?? Naja, dieses Problems war sich der werte Herr anscheinend bewußt :

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=14551732

Froschkönig
19.03.2005, 13:28
...wenn sie ja, wie in dem Text beschrieben, das Geld fuer eine Impfdosis Hepatitis, die $1 kostet, nicht haben?
Äh 1$ ?
Bei uns Kostet ne einmaldosis gegen Hep B 60€.....

test
19.03.2005, 13:36
Naja, dieses Problems war sich der werte Herr wohl bewußt :

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=14551732


Eine Lösung hat er trotzdem nicht dafür. Steht ja nirgends da, dass die gekoppelten Proteine wirklich irgendeine Immunantwort ausgelöst hätten. :-nix
Zudem halte ich es für fraglich, selbst wenn eine Immunantwort auslösbar wäre, dass diese auch gegen Erreger, die außerhalb des Darmes sitzen so effektiv wäre. :-nix
Ich glaube ehrlich gesagt Forschung mit dem Ziel der günstigeren Herstellung bisheriger Impfstoffe wäre effektiver. :-nix
Die Idee ist natürlich ganz nett, allerdings noch sehr weit von der Marktreife weg, würde ich sagen. Und das ganze unter dem Ziel zu verkaufen die gesamte Welt mit günstigen Impfstoffen versorgen zu wollen, halte ich für etwas reißerisch.
Aber als Methode zur Impfung vor Erregern die vom Darm aus angreifen halte ich es schon eher für interessant. :-meinung

Froschkönig
19.03.2005, 13:50
Eine Lösung hat er trotzdem nicht dafür. Steht ja nirgends da, dass die gekoppelten Proteine wirklich irgendeine Immunantwort ausgelöst hätten. :-nix
Es wird ja auch laut dem ersten Artikel an der entwicklung gearbeitet ;-)

Neujahrsrakete
19.03.2005, 14:09
Diesen Beitrag gibt es nun nicht mehr.

Scrotum
19.03.2005, 14:52
So meine lieben.

Als beste Quelle in diesem Zusammenhang möchte ich euch http://www.checkbiotech.org/root/index.cfm empfehlen! Ist das grösste Portal über Biotech. Ein bisschen Eigenwerbung muss sein ;-)

Ich habe mich recht intensiv mit plant based pharmaceuticals beschäftigt. Ich denke, dass die Herstellung von Impfungen hierbei eine der realistischsten Anwendungen ist.

Die Erzeugung einer ausreichenden Immunogenität ist bei vielen Impfstoffen nicht das primäre Problem. Erst kürzlich wurde eine (meiner Meinung nach sehr wichtige) Publikation über einen klinischen Versuch in PNAS publiziert.

Yasmin Thanavala, Martin Mahoney, Sribani Pal, Adrienne Scott, Liz Richter, Nachimuthu Natarajan, Patti Goodwin, Charles J. Arntzen, and Hugh S. Mason
Immunogenicity in humans of an edible vaccine for hepatitis B
PNAS 102: 3378-3382; published online before print as 10.1073/pnas.0409899102

Link: Artikel in PNAS (http://www.pnas.org/cgi/content/full/102/9/3378)

Ich erlaube mir mal das Abstract reinzustellen:

"A double-blind placebo-controlled clinical trial evaluated the immunogenicity of hepatitis B surface antigen (HBsAg) expressed in potatoes and delivered orally to previously vaccinated individuals. The potatoes accumulated HBsAg at 8.5 µg/g of potato tuber, and doses of 100 g of tuber were administered by ingestion. The correlate of protection for hepatitis B virus, a nonenteric pathogen, is blood serum antibody titers against HBsAg. After volunteers ate uncooked potatoes, serum anti-HBsAg titers increased in 10 of 16 volunteers (62.5%) who ate three doses of potatoes; in 9 of 17 volunteers (52.9%) who ate two doses of transgenic potatoes; and in none of the volunteers who ate nontransgenic potatoes. These results were achieved without the coadministration of a mucosal adjuvant or the need for buffering stomach pH. We conclude that a plant-derived orally delivered vaccine for prevention of hepatitis B virus should be considered as a viable component of a global immunization program. "

In meinen Augen hat der Versuch eindrücklich gezeigt, dass eine oral verabreichte Hepatitis B Impfung zu einer adequaten Immunantwort führen kann.

Problematisch ist momentan einzig die Ablehung in einigen Kreisen gegen gentechnisch modifizierte Organismen an sich. Ich denke aber, dass man hierbei auch Nutzen und Risiko abschätzen muss. Wenn hunderttausende von Menschenleben gerettet werden können, muss man ein kleines Restrisiko (!)eingehen können. Ganz ausschliessen kann man eine Vermischung des Erbguts nie. Meiner Meinung nach ist diese Gefahr aber vermeidbar und das Risiko ist verglichen mit anderen Eingriffen in die Natur, die wir ohne mit der Wimper zu zucken durchführen, eher marginal.

Liebe Grüsse vom Sack

test
19.03.2005, 16:11
Danke für den Abstract, gibt es eine solche Studie auch bei der das gleiche an nicht immunisierten Patienten getestet wurde?

Scrotum
19.03.2005, 16:14
Danke für den Abstract, gibt es eine solche Studie auch bei der das gleiche an nicht immunisierten Patienten getestet wurde?

Weiss ich nicht. Kenne bei Hepatitis B nur dieses kleine "proof of concept". Pubmed wird dir sicher helfen. ;-)

test
19.03.2005, 16:25
Weiss ich nicht. Kenne bei Hepatitis B nur dieses kleine "proof of concept". Pubmed wird dir sicher helfen. ;-)

Ich finde es nämlich ehrlich gesagt sehr erstaunlich, dass die publizierte Studie mit immunisierten Patienten arbeitet. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass das gleiche auch mit nicht-immunisierten durchgeführt wurde. ;-)

eatpigsbarf
19.03.2005, 20:36
@Froschkoenig,
wie, ich glaube von Neujahrsrakete schon angemerkt, die $1 kommen aus dem 1. Artikel. Auch kann man die Preise fuer Medikamente in 3. Welt-Laendern nicht mit den hier erhaeltlichen vergleichen, da die dort sehr gesponsort werden (daher ja auch ein Teil der ganzen Diskussionen ueber HIV-Medikamente in den letzten Jahren). Waeren dort die gleichen Preise wie hier, waeren dort keinerlei Massenimpfungen moeglich, die aber dort durchgefuehrt werden, um Endemien zu verhindern.

Da man aber ganz bestimmt irgendwelche mutierten Bananenbaeume nicht wirklich fuer unter $1 bekommt, sehe ich da immernoch das finanzielle Problem. Wobei: ein kleiner Baumsetzling produziert bestimmt mehr als nur 1 Banane... :-)) - wenn er es eben schafft, nicht abgeholzt zu werden...

Ich weiss auch nicht, wie es zum Beispiel mit sich entwickelten Lebensmittelallergien aussehen koennte. Da es durch diese Genmutationen ja zu neuen Proteinen kommt, koennte es ja auch zu neuen Lebensmittelallergien kommen - wenn tatsaechlich die Impfstoffe nicht schon von Anfang an zersetzt werden wuerden.

Froschkönig
20.03.2005, 19:03
ein kleiner Baumsetzling produziert bestimmt mehr als nur 1 Banane... :-)) - wenn er es eben schafft, nicht abgeholzt zu werden...
Vergiss doch mal das Abholzungsargument, Du glaubst doch nicht im ernst, daß die ihre teuer hergestellten transgeno-setzlinge in Timbuktu einfach im Wald verstreuen und dann wieder heimfahren oder ? ;-)

Resi-B
23.03.2005, 21:24
Hallo!
Wow, schonmal vielen lieben Dank für eure Antworten!
Also laut den Sachen die ich gelesen habe, sind schon Testpatienten mit den Kartoffeln gefüttert worden und es hat tatsächlich geklappt.
Bedenklich finde ich, dass es doch unmöglich sein dürfte nur 1 Feld mit gentechnisch veränderten Pfalnzen zu bepflanzen, oder? Die Samen dürften sich doch auch auf andere Felder verbreiten, so dass man später gar nicht mehr weiß, ob man jetzt eine Impf-Banane ist oder nicht.
Wenn noch mehr meinungen da sind, bitte schreibt was das Zeug hält!
Daaaanke!

Froschkönig
24.03.2005, 05:31
Also laut den Sachen die ich gelesen habe, sind schon Testpatienten mit den Kartoffeln gefüttert worden und es hat tatsächlich geklappt.
Hast Du dazu nen link ? War das ein "bild-Zeitungs-Artikel" oder was vernünftiges ?
Ansonsten hab ich ja schon gesagt, daß ich es porblematisch finde, da ja die verbreitung des Genmaterials schwerlich zu kontrollieren sein dürfte, wie du ganz richtig annimmst.

test
24.03.2005, 07:34
Ich muß ehrlich sagen, dass ich das ganze mehr für Spielerei halte als für einen wirklichen Versuch einen für alle zugänglichen Impfstoff herzustellen. :-meinung
Die Kosten werden so auch nicht niedriger sein, da trotzdem noch das Fachpersonal nötig ist und bei spritzen hat man nicht das Problem mit den genetisch veränderten Pflanzen, die eventuell ihr Material verbreiten.
Man hat genügend gut funktionierende herkömmliche Impfstoffe, man muß sie nur noch den Leuten zur Verfügung stellen, da liegt das Problem und ne Impfkartoffel, die genau dosiert und richtig verabreicht werden muß, hilft da auch niemandem.
Interessant wären solche Impfstoffe meiner Meinung nach nur für Erreger der auch über den Darm angreifen um so falls es überhaupt klappt auch eine IgA Antwort an dne Schleimhäuten auszulösen.

Honigkaefer
24.03.2005, 08:24
Bedenklich finde ich, dass es doch unmöglich sein dürfte nur 1 Feld mit gentechnisch veränderten Pfalnzen zu bepflanzen, oder? Die Samen dürften sich doch auch auf andere Felder verbreiten, so dass man später gar nicht mehr weiß, ob man jetzt eine Impf-Banane ist oder nicht.

Also wenn mich mein Bio-LK Wissen nicht vollkommen im Stich lässt haben sich Kulturbananen die Fortpflanzung "abgewöhnt". Ursprünglich hatte die Banane zwar Kerne aber naja... ihr kennt sie ja auch. Also ich glaube alleine fortpflanzen tut sie sich nur noch per Trieb.

Aber grundsätzlich bin ich auch eher gegen Gen-Technik. Und solange das was ich da aus meiner Gedächtnis-Hinterstube gekramt habe nicht garantiert werden kann, sollte man da auch vorsichtig sein.

Resi-B
27.03.2005, 18:26
Hallo!
Aalso.. ich bin jetzt langsam mit meiner Facharbeit durch und kann euch daher jetzt voll auf den Stand der aktuellen Forschung, bzw. dem, was die Quellen so sagen bringen.
1. Ja, es wurden Antikörperreaktionen bei Probanden nachgewiesen. Diese Info stammt aus mehreren seriösen Quellen. Allerdings war der Effekt bei manchen auch schnell wieder weg, es wurden also nicht immer gedächtniszellen gebildet.
Mit transgenen Milchsäurebakterien klappt das besser, weil die ja auf jeden Fall den Darm erreichen und dort eine Abwehrreaktion hervorrufen können.
2. Durch die Verwendung des Plastidentranferverfahren (Fremdgen mit Genkanone auf die Chloroplasten schießen) kann man die Verbreitung der transgenen DNA auf andere Felder unterbinden, weil die Chloroplasten nicht in den Pollen sind.
Tschüüüß