PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : «Doc, atmet er etwa?»



T4N3M1
26.03.2005, 17:40
Gefunden bei yahoo.de...


--
«Doc, atmet er etwa?»
Ingleside/USA (AP) Larry Green tauchte so plötzlich aus der Dunkelheit auf, dass das Auto noch nicht mal Bremsspuren hinterließ. Bei dem Zusammenstoß flogen seine Schuhe, Socken und eine ungeöffnete Bierdose durch die Luft, und der 29-Jährige blieb am Rande eines Grabens an der Bundesstraße 401 im US-Staat North Carolina liegen. Green wurde von Rettungssanitätern untersucht. Sie erklärten ihn für tot. Sein Körper wurde für zweieinhalb Stunden in einen schwarzen Leichensack gesteckt und im Leichenschauhaus in ein Kühlfach geschoben.

Doch Green war nicht tot. Zwei Wochen nach dem Unfall liegt er gelähmt auf der Intensivstation und klammert sich an sein Leben. Seine Angehörigen und andere Bewohner des Ortes Ingleside fragen sich jetzt, wie es zu dem Fehler kommen konnte - und ob schon früher Lebende für tot erklärt wurden.

Der Abend des 24. Januars war kalt. Green und ein paar Freunde kauften gegen 20.45 Uhr in einem Laden Bier und wollten zu seinem Wohnwagen zurückgehen. Green kam aber niemals dort an. Nach Berichten der Polizei und der Staatsanwaltschaft konnte eine 36-jährige Autofahrerin ihren Wagen nicht mehr anhalten und erfasste Green.

Um 20.54 Uhr traf der Rettungssanitäter Randy Kearney an der Unfallstelle ein, der nicht im Dienst war. Er stellte beim Unfallopfer weder Atmung noch Herzschlag fest. Um Greens Schädel hatte sich bereits eine Blutlache gebildet. Als die Sanitäter Paul Kilmer und Katherine Lamell ankamen, erfuhren sie von Kearney, dass Green tot sei. Er forderte Kilmer aber auf, den Körper nochmals zu untersuchen. Kilmer antwortete, dass ihm sein Urteil ausreiche. Das sagten später Kearney und zwei Feuerwehrleute aus. Kilmer selbst kann sich nach eigenem Bekunden zwar nicht daran erinnern, bestreit es aber auch nicht. Gegen 21.00 Uhr war Greens Körper mit einem weißen Tuch bedeckt.

Der Leichenbeschauer J.B. Perdue untersuchte Green eine halbe Stunde später. Er hob das gebrochene rechte Bein an, rollte den Körper zur Seite und tastete mit Handschuhen den Spalt im Schädel ab. «Das ist mehr, als ich sehen muss», rief Sanitäterin Lamell.

Als Perdue die Jacke öffnete, bemerkten Feuerwehrleute Bewegungen in Greens Brust und Bauch. Kearney fragte: «Doc, atmet er etwa?» Perdue sagte, dass nur Luft entweiche oder sich im Körper bewege. Green wurde von Sanitätern ins nahe gelegene Louisburg gebracht, wo ihn Perdue erneut untersuchte. Er nahm eine Blutprobe, überprüfte die Augenlider und untersuchte den Mund nach Alkoholgeruch.

Die Sanitäterin Pamela Hayes glaubte, ein Zucken in Greens rechtem Augenlid zu sehen, und wies Perdue darauf hin. Er sagte, dass das Zucken ein Krampf sei «wie ein Froschbein, das in der Pfanne springt». Später fragte Hayes ein zweites Mal nach. Greens Körper wurde schließlich bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt gelagert.

Der Mann hätte wahrscheinlich noch länger in dem Stahlcontainer gelegen, wenn nicht der Polizeibeamte Tyrone Hunt gegen 23.20 Uhr ins Leichenschauhaus gekommen wäre. Hunt wollte klären, von welcher Seite Green angefahren wurde. Diesmal bemerkte Perdue eine leichte Bewegung, konnte aber an Hals, Oberschenkel und Handgelenk auch mit einem Stethoskop keinen Puls feststellen. Die herbeigerufenen Sanitäter registrierten jedoch mittels EKG einen schwachen Herzschlag.

Greens Angehörige wachen an seinem Bett auf der Intensivstation. Nach ihren Beobachtungen flattern manchmal seine Augen, und er scheint Personen zu erkennen. Unklar ist, ob die Lähmung von dem Unfall oder den Stunden danach stammt.

Die Sanitäter Kearney, Kilmer, Hayes und Lamell wurden binnen Tagen vom Dienst suspendiert. Die Aufsichtsbehörde für den Rettungsdienst entzog außerdem Kearney und Kilmer die Zulassungen. Sie wurden entlassen. Ihre Kollegen müssen zum Lehrgang, bevor sie wieder arbeiten dürfen. Kearney will sich zu dem Fall nicht äußern, die anderen sind nicht erreichbar.

Für den 34-jährigen Perdue soll der Fall keine Konsequenzen haben. Er habe alles getan, was das Gesetz verlange, erklärt der der leitende Leichenbeschauer von North Carolina, John Butts. Perdue sei zur Unfallstelle gefahren, weil er eine Todesmitteilung erhalten habe. «Er hatte weder Arzttasche noch Stethoskop dabei. Er hatte Papier und Bleistift dabei, um Informationen zu sammeln», sagt Butts.

Auch Perdue bestätigt, dass er niemanden für tot erklären könne. «Natürlich fühle ich mit der Familie», sagt er. Er hoffe, dass sich Green erhole.