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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : "Bleib wach! Du darfst nicht einschlafen!"



Rugger
01.04.2005, 12:38
Man sieht es in Filmen und Serien immer wieder:
Patienten, die nach Unfall oder ähnlichem akut lebensbedroht, aber noch ansprechbar sind. Dazu einen Helfer / Betreuer / Arzt, der wieder und wieder sagt: "Du darfst jetzt nicht einschlafen! Bleib wach!"
Beruht das eigentlich auf einem realen Hintergrund? Oder, anders gefragt: korreliert der Erhalt des Bewusstseins (bei hypothetisch angenommenen vergleichbaren Kreislaufparametern) mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit?

Rugger

ehemalige Userin 24092013
01.04.2005, 12:47
Naja, so lang dieser Mensch da noch wach ist, kann er sagen, was "los ist" und ein wacher Mensch beruhigt den "Helfer" in soweit, dass dieser meint,es ist noch alles einigermaßen o.k.
Bewusstlos = eh alles vorbei, das macht das Ganze schwieriger.
Ich glaube allerdings nicht, dass ein Wachbleiben tatsächlich die Überlebenschancen erhöht - obwohl, Ausnahmen bestätigen die Regel.

ehec
01.04.2005, 12:50
wache patienten aspirieren ihr erbrochenes nicht so haeufig wie bewusstlose. mehr faellt mir da aber auch nicht zu ein. oder kann es sein, dass wache patienten gegenueber bewusstlosen einen erhoehten blutdruck haben?

ehemalige Userin 24092013
01.04.2005, 13:00
Einen erhöhten BD vielleicht net, aber zumindest einen höheren, als ein Bewusstloser.
Die Aspirationsgeschichte ist natürlich auch nicht zu verachten.

Dr. Pschy
01.04.2005, 13:00
Mit dem Blutdruck hat das nicht zwingend was zu tun.

Die Aussage mit der Aspiration ist allerdings sehr richtig, ein bewusstseinsklarer Patient hat erhaltene Schutzreflexe, ein Bewusstloser nicht mehr. Das kann in der Tat lebenserhaltend sein!

Bei einem Laien als Ersthelfer hat das aber wohl wirklich was mit der eigenen Beruhigung zu tun. Ist der Patient wach, ist das eine kleine Beruhigung fuer den Helfenden, weil dann "ja alles nicht so schlimm ist", zumindest wird das unterbewusst so wahrgenommen. Deshalb die Aufforderung, wach zu bleiben.

Was mir grad noch einfaellt ist der Aspekt der psychischen Betreuung: Oftmals weiss der Helfende 1. nicht, was er sonst sagen soll, und 2. fordert er damit unterbewusst den Patienten, aktiv an der Rettung teilzunehmen, wenn er ihm das Gefuehl gibt, selbst auch was tun zu koennen.

Rugger
01.04.2005, 13:03
Ja, das mit dem Aspierieren und dem Auskunft geben ist mir klar.
Worauf es mir ankommt, ist allein die Frage, ob erhaltenes Bewusstsein einen Benefit für den Patienten darstellt.
Also, rein hypothetisches Beispiel:
zwei Patienten, gleiches Alter, Geschlecht, Konstitution, Unfallgeschehen, Kreislaufparameter. Akut lebensbedroht, keine Komplikationen. Einziger Unterschied: der eine ist bei Bewusstsein, der andere nicht. Überlebt der mit Bewusstsein eher?

R.

FataMorgana
01.04.2005, 13:07
Worauf es mir ankommt, ist allein die Frage, ob erhaltenes Bewusstsein einen Benefit für den Patienten darstellt.

Ich kenne auch keine Studie, aber so rein intuitiv hat der Patient schon einen Benefit, wenn er nicht aspiriert. Zusätzlich fällt mir noch ein, dass das Risiko z. B. einer Verletzung beim Transport geringer ist, wenn der Pat. bei Bewusstsein ist, denn er kann sich dann melden, wenn's irgendwo "klemmt".

Man wird auch Komplikationen immer eher erkennen, wenn der Pat. wach und anamnestizierbar ist.

ehec
01.04.2005, 13:08
ein beruhigendes "mach ruhig die augen zu, schlaf nur ein, bald ist alles wieder gut" kennt man ja auch eher aus szenen, in denen z.b. ein waidwunder frontsoldat in liebevollen kameradenarmen haengt und gerade sein leben fuer gott und vaterland aushaucht - und da dass dann auch das unfallopfer weiss, waere es sicherlich etwas beunruhigend:-)

nochmal kurz zum rr: wer wach ist, nimmt den eventuell vorhandenen schmerz natuerlich auch bewusster wahr, und schmerzempfinden treibt den blutdruck hoch. von daher sind ruggers voraussetzungen bei den beiden patienten dann irgendwann doch nicht mehr gleich, was schon zu einer leicht unterschiedlichen ueberlebenswahrscheinlichkeit fuehren kann.

ehemalige Userin 24092013
01.04.2005, 13:21
Also, rein hypothetisches Beispiel:
zwei Patienten, gleiches Alter, Geschlecht, Konstitution, Unfallgeschehen, Kreislaufparameter. Akut lebensbedroht, keine Komplikationen. Einziger Unterschied: der eine ist bei Bewusstsein, der andere nicht. Überlebt der mit Bewusstsein eher?




Ich kenn dazu auch nur die allgemeinen Prognosen, und da hat derjenige erstmal die Besseren, der bei Bewusstsein ist.
Auf lange Sicht gesehen, muss das nicht so sein, es kommt immer auf die Verletzung (oder den Grund der Lebensgefahr an) und den weiteren Verlauf an.
Ich denke nicht, dass man das so ganz pauschal sagen kann.

RettungsElch
01.04.2005, 19:38
Wobei rein grundsätzlich die "bleib-wach-nicht-einschlaf-Geschichte" doch eigentlich nix mit bewußtlos zu tun hat!?!
Gegen eine Bewußtlosigkeit kann man (meines Wissens) auch nicht bewußt - na gut ich sag lieber: "willentlich" angehen...

Aber um die konkrete Frage zur Bewußtlosigkeit weiß ich leider auch nix genaues - kann mich da nur den Vermutungen meiner VorrednerInnen anschließen. :-nix

Resi-B
01.04.2005, 23:07
Mm.. also ich bin ja nichtmal Mediziner, aber soviel ich weiß, soll man insbesondere bei möglichen Kopfverletzungen nicht "einnicken". Was da jetzt genau hintersteckt weiß ich auch nicht, aber zumindest kann man den Patienten dann fargen, an was er sich noch erinnert oder so .. glaub ich *g*

Gersig
02.04.2005, 02:13
schmerzempfinden treibt den blutdruck hoch

Jepp, so isses! Ausserdem führt Pat. schütteln zu einem leichten Anstieg des Pulses (hab im OP gelernt, dass es bei Bradykardien gut hilft, Pat. zu "ärgern" durch leichtes Schütteln)

Werwolf
02.04.2005, 13:36
Wach vs. bewußtlos ist meines Erachtens unterschiedlich, was die Prognose angeht. Bewußtsein geht ja in die GCS ein, und die wiederum gibt ja irgendwie statistisch darüber Auskunft, wie´s dem Patienten so geht bzw. wie die Prognose ist. :-meinung

(Von den bereits erwähnten psychischen Geschichten, die sich zwischen Ersthelfer und Patienten abspielen und vom physiologischen Geschehen von wegen Schmerzwahrnehmung und Kreislauf etc. mal ganz abgesehen...)

Goborg
13.04.2005, 23:51
Ich hab lange erfahrungen im rettungsdienst und da ist mir aufgefallen, dass vor allem kardiale patienten, die unter schmerzen, stress und anspannung standen und nicht wirklich stabil waren, nach sedierung und analgesie die grätsche machten.

anscheinend ist die adrenerge stimulation schon "lebenserhaltend" auch wenn sie
für die kardiale situation prima vista ungünstig erscheint.

evtl. kann man das auch auf traumatisierte schockpatienten übvertragen werden: fällt die adrenerge stimulation weg (einschlafen), kann das schockgeschehen dekompensieren.

aber mal abseits der medizinischen aspekte: es klingt halt dramatischer und engagierter wenn man sagt" bleib wach - du darfst nicht einschlafen" als jemand, der daneben sitzt und nen protokoll ausfüllt :-D

in dem sinne kann man ja mal untersuchen, obs was bringt, den patienten bei der reanimation anzuschreien: komm schon !!! KOMM SCHON !!! ATME !!! :-))