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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Akustikusneurinom Nachbehandlung



Mirona
21.04.2005, 09:12
Hi,Leute.

Ich hätte mal eine Frage: Wenn man einen Patienten mit einer otochirurgischen transtemporalen Akustikusneurinomexstirpation hat, wie oft bestellt man ihn postoperativ zur Kontrolle der Wundverhältnisse ein? Und was kontrolliert man eigentlich genau? Bei der Naht verwendet man doch eher resorpierbare Fäden,oder? Kann mir am Innenohr net wirklich einen Fadenzug vorstellen.

Grüßle, Mirona

Big Fish
21.04.2005, 13:40
Das interessiert mich ...weiß jemand die Antwort ?

avicenna
21.04.2005, 16:52
Hmmmm, als am Innenohr hat der Operateur hoffentlich nicht operiert......das wäre ja ein Kunstfehler...
Akkustikusneurinome sind Tumore die der Markscheide des N. vestibularis und finden sich haupsächlich im Kleinhirnbrückenwinkel. Meist wird Aufgrund der der Überlegenheit ein retroaurikulärer Hautschnitt mit anschließender lateral-subokzipitalen Kraniotomie und retrosigmoidalem Zugang favorisiert. Eine andere gute Möglichkeit ist ein transpetrosaler Zugang entlang des Felsenbeins.
Bei keiner dieser operativen Zugänge sollte das Innenohr je verletzt werden. Prinzip: Dura auf, Tumor raus, Dura zu (außer transpetrosal, hier reicht ein Fettpropf), Deckel drauf und normaler Verschluß mit fassen der Galea mit resorbierbaren Fäden der Stärke 2-0, anschließend Hautverschluß mit nicht resorbierbaren Fäden (stärke je nach Operateur) oder mittels Klammern.

Nachkontrolle:Hauptkomlikationen sind Liquorfisteln mit einer Häufigkeit von 1-2%

Fäden oder Klammern Ex nach 7 Tagen. Nachkontrolle nach 3 monaten bei komlikationslosem Verlauf.

Auch bei einem tanstemporalen zugang (wäre aber eher ungewöhnlich) würde man nicht das Innenohr eröffnen.

Es gibt 2 möglichkeiten: Entweder du hast hier mit dem Akkustikusneurinom was verwechselt oder mit der Art des Zugangs.


Habe die Ehre
Avicenna (der gerne Köpfe aufbohrt)

alex1
24.04.2005, 17:15
Aber ich dachte AKNs haben als 1. Prädilektionsstelle nicht den KHBW, sondern den inneren Gehörgang.

Morgagni
25.04.2005, 08:27
*ratlos guck*
Ich dachte, daß AN meist im KHBW entstehen habe nachgeguckt und...

Das MSD-Manual (6. Aufl.) schreibt: "Nimmt der Tumor an Grüße zu, wächst er vom inneren Gehörgang in den Kleinhirnbrückenwinkel vor und komprimiert Kleinhirn und Hirnstamm."

Aber:

Spez. Patho-Buch (C. Thomas: Spezielle Pathologie) schreibt: "Der Tumor entsteht meist im Kleinhirnbrückenwinkel."

Irgendjemand eine Idee? :-nix

avicenna
25.04.2005, 11:38
Akkustikusneurinome sind sog. Schwannome (niemals mit Neurinomen verwechseln) und entstehen von der oberen Division des N. vestibularis (es gibt hier einen oberen und einen unteren) am häufigsten geschieht dies an dem Übergang von zentralem zu peripheren Myelin, der sog. "Obersteiner-Redlich Zone", welche circa 8-12mm vom Hirnstamm entfernt liegt (next to the Porus acusticus).
Sicherlich könne sie in den Porus acusticus entlang der Myelinscheide einwachsen. Der Porus acusticus internus ist aber nicht der primäre Entstehungsort.

Grüsse Avicenna :-))

alex1
25.04.2005, 13:33
Meine HNO Checkliste (Thieme) sagt: "Bevorzugte Lokalisation im inneren Gehörgang, dann im Kleinhirnbrückenwinkel..."

Und die AWMF Leitlinie sagt:
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/017-013.htm
"Benigne, langsam wachsende Geschwulst der Schwannschen Zellen des N. vestibularis. Bevorzugte Lokalisation initial im inneren Gehörgang, dann im Kleinhirnbrückenwinkel."

avicenna
25.04.2005, 14:30
Auch viele Lehrmeinungen sind voller Fehler........könnte hier einiges nennen was in diversen Büchern und Leitlinien einfach grundlegend falsch dargestellt wird.......Würde so eine Frage auch sicher nicht mit in die Wertung einer Prüfung nehmen (mal ganz davon abgesehen, das ich sie in einem Studentenkurs nicht stellen würde), da die Antwort in der Literatur in verschiedener Weise ausgelegt wird.
Die von mir dargelegte Version ist Lehrmeinung der AANS und somit für mich aussagekräftiger als irgendeine HNO Leitlinie. Aber so in etwa würde auch der HNOler argumentieren, nur mit der Ausnahme, dass der so gut wie nie ein Akkustikusneurinom operieren wird.

Grüsse Avicenna
:-meinung

alex1
25.04.2005, 15:46
Die AWMF-Leitlinie die ich gepostet hab ist Teil von:
"Leitlinien der Dt. Ges. f. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie"
und somit meiner Meinung ebenso gültig wie die neurochirurgische Leitlinie.

Hast du irgendwelche Statistiken wieviele Akustikusneurinome von HNO-Ärzten operiert, wieviele von Neurochirurgen operiert und wieviele bestrahlt werden?

avicenna
25.04.2005, 16:29
Hi alex,
du scheinst ja sehr interessiert an diesem Thema.... :-lesen
Da Akkustikusneurinome zu den Tumoren des Nervensystems gerechnet werden und innerhalb des Kraniums liegen gehören Sie eindeutig in das Gebiet der Neurochirurgie (wird dir auch jeder HNOler bestätigen).
Gemeinsame Operationen mit Neurochirurg und HNO-Chirurg kommen dann zum tragen wenn die Tumore wie oben beschrieben in den porus acusticus internus einwachsen und das Innenohr erreichen. Das Innenohr ist nämlich Eindeutig die Domäne der HNOler.
Kein HNOler operiert an Tumoren die im KBW liegen. In manchen Kliniken führen die HNOler bei transnasalen Zugängen zu Hypophysenadenomen noch die Operationsschritte bis zur Eröffnung der Dura durch. Grundsätzlich kann man sagen, dass alle Prozesse inerhalb der Dura in das Gebiet der Neurochirurgie fallen.
Grüsse Avicenna (der hier eigentlich keine Grundsatzdiskussion starten wollte)

avicenna
25.04.2005, 16:56
Noch ein Nachtrag zur Bestrahlung:
Behandlungsmöglichkeiten:
- Externe Bestrahlung
- Stereotaktische Radiochirurgie
- Chirurgisch über:
1. retrosigmoidalen Zugang
2 transpetrosalen Zugang (ohne Innenohreröffnung)
3. extradural subtemporaler Zugang (nur extrem kleine AN)
Wobei hier die Wahl des Zugangs unter Berücksichtigung der N.vestibularis und der N. fascialis Funktion getroffen werden muß.

Wie man ein Akkustikusneurinom nun letztendlich behandelt hängt von mehreren Faktoren ab:
1. Tumorgröße
2. Wie gut hört der Patient noch
3. Wie ist der AZ

Große Tumore (> 3cm) müssen durch Chirurgenstahl beseitigt werden und sollten bei inkompletter Resektion von aussen nachbestrahlt werden.
Bei kleinen Tumoren (< 1.5cm) gibt es leider nur retrospektive Studien, die belegen sollen, dass die stereotaktische Radiochirugie hier Vorteile hat (nicht an jedem Haus verfügbar). Hier bleibt abzuwarten was randomisierte Studien zeigen werden.

Siehe hierzu:
"Outcome analysis of acousticus neuroma managment: a comparison of microsurgery and stereotactic radiosurgery" potlock et al 1995

"treatment of acousticus neuromas" Pitts, Jackler 1998

Gruß Avicenna

alex1
25.04.2005, 18:26
Ich kenne die Studie von Pollock.

Und ich würde sagen, daß sie stereotaktische Strahlentherapie in jedem Fall deutliche Vorteile aufweist laut der Studie.

Für all die, die die Studie nicht kennen, nochmal die Eckdaten:

RT vs OP

Tumorkontrolle: 94% vs 97%
Hörfunktion intakt nach 36 Monaten: 75% vs 14%
Facialis Funktion nach 36 Monaten: 83% vs 63%

Bei vergleichbarer Tumorkontrolle scheint die RT deulich weniger Nebenwirkungen auszuweisen.

Tatsächlich ist die Radiochirurgie nicht in jedem Haus verfügbar, vor allem wenn man über gamma-Knifes redet. Allerdings lassen sich mit LINACs und Ringsysteme mit der entsprechenden Software diese Behandlungen in den meisten Strahlentherapiekliniken durchführen. Wenn man noch bedenkt, daß es sich um einmalige oder extrem hypofraktionierte Schemata handelt, ist die Therapie leicht durchzuführen. Der Patient müsste meistens für einen Tag in die Klinik (inlusive Planung) und könnte am nächsten Tag nach Hause entlassen werden.

Ausserdem könnte man im Prinzip so gut wie jedes AKN bestrahlen und die OP ganz vergessen. Zwar gibt es eine deutliche Grenze, denn wenn die Zielvolumina zu groß werden, sind Einmalbehandlungen oder extrem hypofraktionierte Schemata nicht einfach durchzuführen und können toxisch wirken. Jedoch denke ich daß gerade in dem Bereich eine Menge noch offen ist. Wenn man sich die exzellenten ersten Ergebnisse anschaut, die die Heidelberger Strahlentherapie bei der Behandlung von Chordomen der Schädelbasis mit schweren Kohlenstoffionen vorweist, wird einem klar, daß die RT auch bei langsmam wachsenden Prozessen ein Wörtchen zu reden hat. Vor allem, wenn es um hohe-LET RT geht.
Wer weiß, vielleicht operiert keiner AKNs in 10 Jahren.

avicenna
26.04.2005, 10:43
Hmmmmmmmm, alles schön und gut nur leider beruht dieser Artikel auf einer retrospektiven Datensammlung und seine Wertigkeit geht (Evidence based) gegen null. Deswegen habe ich ja geschrieben , das normalerweise nach einer retrospektiven Studie eine randomisierte prospektive Studie angeschlossen werden muss um Hypothesen (und mehr ist der Artikel nicht) zu beweisen.

Weiterhin sollte man noch klarstellen, dass idie stereotaktische Bestrahlung nicht das Allheilmittel ist. Sie eignet sich nur für kleine (< 3cm) Lesionen und hat ihre Hauptberechtigung in der Bestrahlung chirurgisch nicht erreichbarer Läsionen.

Es gibt hierzu eine Studie wo 111 Akkustikusneurinome (< 3cm) mittels stereotaktischer Bestrahlung behandelt worden. 44% verloren an volumen, 42% veränderten sich nicht und 14% nahmen sogar an Volumen zu.
Nicht zu vergessen, dass 15% der Patienten nach Bestrahlung eine Fazialisschwäche vorwiesen.
Siehe hierzu:
"Audiological findings after stereotactic radiosurgery in acoustic neurinomas"
Hirsch A, Noren G.

AN werden in Deutschland und den USA momentan meist nur bei Patienten mit schlechtem Zustand, hohem Alter, bei Ablehnung der chirurgischen Intervention oder subtotaler Resektion mit stereotaktischer Bestrahlung behandelt.
Therapie der Wahl ist auch laut der DGNC das Messer.

Grüsse Avicenna

:-))

alex1
26.04.2005, 16:25
Hmmmmmmmm, alles schön und gut nur leider beruht dieser Artikel auf einer retrospektiven Datensammlung und seine Wertigkeit geht (Evidence based) gegen null. Deswegen habe ich ja geschrieben , das normalerweise nach einer retrospektiven Studie eine randomisierte prospektive Studie angeschlossen werden muss um Hypothesen (und mehr ist der Artikel nicht) zu beweisen.
Stimmt nur teilweise. Ich glaube nicht daß man alle retrospektive Studien so schnell als nutzlos abstempeln soll.



Weiterhin sollte man noch klarstellen, dass idie stereotaktische Bestrahlung nicht das Allheilmittel ist. Sie eignet sich nur für kleine (< 3cm) Lesionen und hat ihre Hauptberechtigung in der Bestrahlung chirurgisch nicht erreichbarer Läsionen.
Das ist aber wahrscheinlich gerade weil alle Patienten mit operierbaren Tumoren erstmal operiert werden. Denn die NCH/HNO-Ärzten kriegen ja alle Patienten als Erste zu sehen. Strahlentherapeuten werden nur bB hunzugezogen. Es ist überall ähnlich so. Siehe auch fortgeschrittene Kopf-Hals-Karzinome oder Prostatakarzinome. Beide Erkrankungen haben ähnliche Kontrollraten durch OP oder RT. Jedoch werden weiterhin die meisten Patienten erstmal operiert. Der Trend Richtung RT kommt nur langsam in Deutschland in Schwung. Deutschland ist einfach ein operatives Land in der Tumorbehandlung.



Es gibt hierzu eine Studie wo 111 Akkustikusneurinome (< 3cm) mittels stereotaktischer Bestrahlung behandelt worden. 44% verloren an volumen, 42% veränderten sich nicht und 14% nahmen sogar an Volumen zu.
Nicht zu vergessen, dass 15% der Patienten nach Bestrahlung eine Fazialisschwäche vorwiesen.
Siehe hierzu:
"Audiological findings after stereotactic radiosurgery in acoustic neurinomas"
Hirsch A, Noren G.

Das Volumen ist kein geeignetes Kriterium für die Remission. Es geht viel mehr um die Symptome der Patienten. Vernarbtes Tumorgewebe kann seht oft als Stable Disease misinterpretiert werden. 15% ist recht wenig wenn man sich die Daten von Pollock ansieht. Da gibt es Facialisparesen bei 37% der Patienten.



AN werden in Deutschland und den USA momentan meist nur bei Patienten mit schlechtem Zustand, hohem Alter, bei Ablehnung der chirurgischen Intervention oder subtotaler Resektion mit stereotaktischer Bestrahlung behandelt.
Stimmt, aber ich habe ja auch nur über den Ausblick geredet.
Wenn man vergleichbare Tumorkontrollraten mittels OP oder RT hat, was ja nicht ausgeschlossen werden kann, denn es sieht tatsächlich danach aus erstmal bis ein prospektive Studie auftaucht.



Therapie der Wahl ist auch laut der DGNC das Messer.

Und AKNs haben als erste Prädilektionsstelle den Inneren Gehörgang, laut DGHNOKC.

:-)) :-)) :-))