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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Stifneck bei Krampfanfall?



thorsten83
10.06.2005, 21:39
Ich hätte mal folgendes Beispiel (es ist frei erfunden, habe meine Frage in dieses Beispiel gepackt, damit sie verständlicher ist):

Ein Patient erleidet auf dem Gehsteig einen Krampfanfall (welcher Art ist hierbei egal). Dabei stürzt er natürlich zu Boden und schlägt mit dem Kopf auf. Nach kurzer Zeit enden die Krämpfe, der Patient bleibt jedoch somnolent am Boden liegen. Ein zufällig vorbeifahrender Arzt sieht den Patienten und legt ihm zur HWS-Immobilisation eine Halskrause (Stifneck) an => der Patient schlug ja mit dem Kopf auf den Boden auf. Nun kommts ;-) . Nachdem das Stifneck angelegt ist, beginnt der Patient von neuem zu krampfen. Ist es nun sinnvoll das angelegte Stifneck so schnell wie möglich wieder abzubekommen, oder kann es am Patienten bleiben. Hat da jemand Erfahrungen?

Ich hätte folgende Ansätze:
Verbleibt das Stifneck während eines Krampfanfalls am Patienten, so könnte es eventuell brechen und ihm noch schwerwiegendere Verletzungen zuführen.
Oder ist es gerade sinnvoll, dass der Kopf durch das Stifneck fixiert ist? Schützt das Stifneck hierbei vor weiteren Verletzungen? Würde mich mal interessieren.

Dr. Pschy
10.06.2005, 22:04
Das ist ne sehr interessante Frage, zu der mir spontan keine Lehrmeinung einfaellt.

Fakt ist, das eine Stifneck nicht sicher vor weiteren Verletzungen schuetzt. Zwar wird eine Rotationsbewegung ausgeschlossen, in der vertikalen Ebene sind Bewegungen jedoch noch moeglich, und mit dem Hinterkopf mehrmals auf dem Pflaster aufschlagen stell ich mir auch nicht gerade gesund vor.

Was sicher ein Problem ist ist die Tatsache, dass ein Freimachen der Atemwege mit Stifneck schlecht geht, da ich ja z.B. den Kopf nicht ueberstrecken kann. Auch eine stabile Seitenlage wird hierdurch erschwert. Erbricht der Patient, hab ich das naechste Problem.

Mir faellt gerade auf, dass ich einen solchen Fall noch nie hatte. Und ich komme zu dem Entschluss, dass eine Sicherung der Vitalfunktionen der Schienung der HWS vorgeht - ich wuerde in einem solchen Fall deshalb keine Stifneck verwenden.

Kim
10.06.2005, 22:18
Ist wirklich sehr hypothetisch, aber egal.
Primär wichtig wäre es ja den Patienten in die stabile Seitenlage wegen Aspirationsschutz (gestörte Bewusstseinslage- Nachschlaf, evt. Zungenbiss) zu legen. Mit so einem "geraden Hals" in der Stifneck aspiriert es sich ja noch besser.
Das die Stifneck kaputt geht glaube ich nicht. Sie geht höchstens ab, weil der Klettverschluss nicht hält.
Stifneck höchstens in Verbindung mit Absaug- und Intubationsbereitschaft- falls dein Arzt so was auch noch im Auto dabei hat. :-))
Ich habe noch keinem Pat. Z.n. Krampfanfall eine Stifneck drangemacht. Obwohl man natürlich argumentieren kann- Sturz- Koplawu- HWS- Verletzung nicht auszuschließen.
Aber die Bewusstseinslage geht definitiv vor.

Hellequin
10.06.2005, 22:57
Eigentlich soll man doch die Extremitäten des Pat. während des Krampfanfalls nicht fixieren/festhalten, da es sonst durch die extreme Anspannung der Muskeln zu Frakturen kommen kann. Im Zweifelsfall, würde ich davon ausgehen, das für einen Stifneck das gleiche gilt.

Dr. Pschy
11.06.2005, 08:45
Rein praktisch gesehen glaube ich jetzt nicht, dass bei extremer Anspannung der Hals- und Nackenmuskulatur eine Fraktur eines Halswirbelkoerpers zu befuerchten waere, da sich, wie schon erwaehnt, vorher der Klettverschluss loesen wuerde.

Ich hab nochmal drueber nachgedacht und kann meine erste Meinung (und die von Kim) nur bekraeftigen. Entweder Absaugung + Intubation (hab ich bei nem "normalem" Krampfanfall aber noch nie gebraucht, hoechstens im Status) und dann Stifneck, oder Seitenlage und Freihalten der Atemwege ohne Stifneck.

T4N3M1
11.06.2005, 09:04
... gescheiter wär's dem pat. ne nadel zu legen und ihm was zu spritzen...

FataMorgana
11.06.2005, 09:12
... gescheiter wär's dem pat. ne nadel zu legen und ihm was zu spritzen...

Während des Krampfanfalls? Hast Du das schon mal versucht? Viel Spaß...

nduester
11.06.2005, 12:42
Während des Krampfanfalls? Hast Du das schon mal versucht? Viel Spaß...
Ja, mit mehreren Leuten geht das. Ging zumindest schon mehrmals, was sicherlich kein "geht immer" zu sagen erlaubt.


Zum Beispiel: So hypothetisch finde ich das nicht, muß allerdings Dr. Psych zustimmen: bei keinem der auf der Straße aufgelesenen Krampfpatienten mit Krampfanfall oder Z.n. habe ich jemals einen Stiffneck angelegt. Im Zweifelsfall ist jedoch die Priorität stets Atemwegsmanagement VOR Querschnittsgefahr.

Gruß, Nils

Duncan84
18.06.2005, 16:15
Ich würds vielleicht mal aus dem Blickwinkel betrachten:
Sobald der Patient wieder mit Krampfen anfängt, ist die Wirkung des Stifnecks eh obsolet. So stabilisierend ist der Stifneck nun auch wieder nicht, dass er die HWS eines Krampfenden so imobilisieren würde, dass keine Schäden auftreten würden (wenn wir davon ausgehen, dass eine HWS-Verletzung vorliegt).

Fazit: ein positiver Effekt liegt keinesfalls vor, ein negativer eventuell (siehe die anderen Postings) => Halskrause ab

DoktorW
18.06.2005, 16:17
Während des Anfalls halte ich es für klar kontraindiziert. Danach kann man durchaus darüber nachdenken, ist in meinen Augen aber nur bei entsprechender Anamnese notwendig. Man sollte bedenken, dass der Patient auch nach dem Anfall noch vigilanzgestört ist! Rückenlage ist dann mit Vorsicht zu geniessen!