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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Humangenetik- Fragen



Rugger
29.06.2005, 11:53
Angesichts der nahenden Humangenetik- Klausur wollte ich hier ein paar Fragen aus Altklausuren zur Diskussion stellen, zu denen ich zwar eine Idee, jedoch keine eindeutige Antwort habe. Mal sehen, was ihr dazu meint!

1) Bei einigen X- chromosmal dominant vererbten Erkrankungen wie zB. dem OFD finden sich nahezu ausschliesslich weibliche Patienten. Erklären sie kurz.

2) Ein Paar mit unerfülltem Kinderwunsch möchte eine in-vitro Fertilistaion in Anspruch nehmen. Im Rahmen der Abklärung der Ursachen für eine Unfruchtbarkeit findet sich beim Mann ein auffälliges Spermiogramm und eine Aplasie der Samenleiter. Welche genetische Zusatzuntersuchung ist jetzt indiziert?

Weitere Fragen werden mit Sicherheit folgen!

Rugger

Sebastian1
29.06.2005, 12:18
1) Bei einigen X- chromosmal dominant vererbten Erkrankungen wie zB. dem OFD finden sich nahezu ausschliesslich weibliche Patienten. Erklären sie kurz.


Liegt daran, dass die männlichen Feten nicht lebensfähig sind. Weibliche Feten schon, da das X doppelt vorliegt und halt zufällig eins inaktiviert wird, also nicht alle Zellen den dominanten Gendefekt auch aktiv aufweisen. Männliche Feten dagegen können nur das defekte Genprodukt bilden.

test
29.06.2005, 14:59
Zu Frage 2:

ich würde sagen ein Karyogram des Mannes ist indiziert, da die auffälligen Befunde in Zusammenhang mit nem Klinefelter Syndrom stehen können.

Rugger
29.06.2005, 15:12
3) Die Schwester eines Patienten mit CF hat Kinderwunsch und fragt nach dem Wiederholungsrisiko für eigene Kinder. Wie hoch ist das Risiko ohne Kenntnis des Mutationsstatus im CFTR- Gen bei einer Heterozygotenfrequenz von 1:20 in der Allgemeinbevölkerung?

4) Ein kleiner Junge entwickelt im Alter von fünf Jahren eine Schwerhörigkeit und kurz darauf apoplex- ähnliche Symptome, die sich spontan zurückbildeten. Im Laufe des nächsten Jahres entwickelte er eine progrediente psychomotorische Retardierung und eine Gangunsicherheit. Vier Jahre später entwickelte er einen Diabetes mellitus.
Für welche genetisch bedingte Krankheitsgruppe ist dieser Verlauf typisch?

5) Wie hoch ist das Wiederholungsrisiko für die Eltern eines Patienten mit Prader- Willi- Syndrom (PWS)?

test
29.06.2005, 15:39
Frage 3:

die eltern müssen beide heterozygot sein. Die betroffene Frau ist damit, da ich nach dem text davon ausgehe, dass sie gesund ist zu 2/3 heterozygot und zu 1/3 homozygot gesund. Dass ihr partner heterozygot ist hat ne Wahrscheinlichkeit von 1/20. Also haben die Eltern ne 2/3 und 1/20 wahrscheinlichkeit heterozygot zu sein. Die wahrscheinlichkeit, dass 2 heterozygote Eltern ein homozygot krankes Kind bekommen ist 1/4 -> daraus folgt die Wahrscheinlichkeit ist 2/3*1/20*1/4= 1/120 wenn ich mich nicht verrechnet habe :-))

test
29.06.2005, 15:43
Frage 4 klingt nach ner Mitochondropathie.
Habe gerade glaube ich auch ne passende gefunden MELAS -> http://www.dgn.org/98.0.html

test
29.06.2005, 15:47
Zu Frage 5: bei Prader Willi gibt es meines WIssens verschiedene Möglichkeiten der Entstehung, bei denen unterschiedliche Wiederauftretenswahrscheinlichkeiten bestehen. Wüßte nicht, wie man die Frage generell beantworten kann :-nix

EDIT: hier noch ein Link dazu den ich gerade gefunden habe: http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/078-010.htm

Rugger
29.06.2005, 20:35
Zuerstmal: vielen Dank an Test! Das ist ja ein Super- Service!!! Ihr müsst einen wirklich guten Kurs gehabt haben...

Darüber hinaus will ich noch kurz die von mir angedachten Lösungen zur Diskussion stellen, da ich insbesondere bei 2) von Test abweiche.

Also:
2) ich hätte hier jetzt ein Mutationsscreening / Sequenzierung aller CTFR- Gene angegeben, da ich in diesem Fall auf eine CBAVD als alleinige Manifestation einer CF getippt hätte
4) hier hätte ich Myotone Dystrophie angegeben, aber der Link von Test hat mich überzeugt.
5) für mich nicht beantwortbar - oder soll ich den bekloppten Humangenetikern jetzt auch noch die einzelnen Mutationen auswendig aufdröseln???! Aber: gute Idee, da mal bei AWMF vorbeizuschauen!

R.

test
29.06.2005, 20:50
Hatte eigentlich gar keinen Humangenetik Kurs, war bei uns nurn Sitzschein in der Vorlesung. Habe das ganze zeug nur für USMLE Step 1 gelernt ;-)
Zu Punkt 2)
Ich hätte jetzt primär an Klinefelter gedacht, ist auch häufiger als alleine CBAVD als CF Manifestation, soweit ich weiß. Ansonsten würde ich auch beim Verdacht auf CBAVD erstmal Schweißtest machen, bevor ich alle Mutationen screene. :-nix

Wobei ich das auffällige Spermiogram etwas wenig aussagekräftig finde. Bei CBAVD wären ja gar keine Spermien zu erwarten oder? Finde, dass die da auch etwas mehr Informationen hätten geben können um näher an die Diagnose zu kommen.

Rugger
29.06.2005, 21:01
Hatte eigentlich gar keinen Humangenetik Kurs, war bei uns nurn Sitzschein in der Vorlesung. Habe das ganze zeug nur für USMLE Step 1 gelernt ;-)
Ah, deshalb! Und: Was würde ich um einen Sitzschein geben...
Zu Punkt 2)
Ich hätte jetzt primär an Klinefelter gedacht, ist auch häufiger als alleine CBAVD als CF Manifestation, soweit ich weiß. Ansonsten würde ich auch beim Verdacht auf CBAVD erstmal Schweißtest machen, bevor ich alle Mutationen screene. :-nix Ja, der Schweisstest wäre auch meine erste Massnahme gewesen! Ich hatte mich beim Klinefelter jetzt halt darauf eingeschossen, das die Patienten eher durch den Phänotyp auffallen würden. Aber gut, das kann natürlich auch diskret sein.
Naja, in der Klausur würde ich dann wohl mal beides erwähnen, wenn denn die Frage nochmal kommt.

R.

test
29.06.2005, 21:14
Der größte Teil der Klinefelter Patienten bleibt undiagnostiziert, weil der Phänotyp oft nicht so ausgeprägt ist wie auf den Bildern in den Lehrbüchern. Die meisten fallen erst durch die Infertilität im höheren Alter auf, wenn dann nen Karyogram gemacht wird.
Allerdings wäre vermutlich, wenn wirklich keine Spermien zu sehen wären CBAVD die wahrscheinlich gewünschte Antwort. :-nix
Beim Klinefelter wäre ne Azoospermie typisch.

Rugger
29.06.2005, 21:23
Allerdings wäre vermutlich, wenn wirklich keine Spermien zu sehen wären CBAVD die wahrscheinlich gewünschte Antwort. :-nix
Beim Klinefelter wäre ne Azoospermie typisch.Tja, da komme ich auch nicht weiter... Ich hatte halt primär auch beim Schlagwort "Aplasie der Samenleiter" erstmal direkt an CBAVD gedacht... Ist jetzt halt die Frage, ob die Dinger nun komplett zu sind oder halt nur zum Teil... Wobei: dann müssten die betroffenen Männer sich doch auch durch Hodenbiopsie fortpflanzen können... Naja, das werde ich dann morgen mal erkunden.

R.

Rugger
30.06.2005, 15:11
Also, ich habe das Thema heute mit einigen Kommilitonen und Pädiatern diskutiert, ohne zu einem endgültigen Schluss zu kommen. Eine Pädiaterin meinte, daß es sich bei der CBAVD ja um vom mukösen Schleim verschlossene Samenleiter handeln würde, wobei es sich ja per Definition bei der CBAVD um aplastische Samenleiter (Def. Aplasie: das Ausbleiben der Entwicklung eines Körperteils aus der embryonalen Organanlage) handelt.
Ein anderer Pädiater meinte, daß in der Ambulanz durchaus auch Paare auftauchen, bei denen der Mann von CBAVD betroffen ist und die trotzdem Nachkommen haben - wobei dann meist jedenfalls der Frage nicht nachgegangen wird, ob es sich tatsächlich um den leiblichen Vater handelt.
Sicher scheint jedoch eine Befruchtung per ICSI möglich zu sein, aber ob die Betroffenen das klinische Bild einer Azoospermie aufweisen, kann ich nicht sagen.
Hier jedenfalls das, was die AWMF dazu sagt (zT. leicht gekürzt):

Congenitale bilaterale Aplasie der Samenleiter (CBAVD)
Nicht zuletzt durch die zunehmende Möglichkeit der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) zur Erzielung einer Schwangerschaft bei Partnerinnen eines Betroffenen mit Azoospermie wird in immer stärkeren Maße auch bei Männern mit CBAVD die molekulargenetische Untersuchung des CFTR-Gens durchgeführt (...). In den meisten Fällen liegen einer CBAVD ohne gleichzeitige Nierenbeteiligung (...) Mutationen im CFTR-Gen zugrunde, wobei sich das Spektrum der Mutationen deutlich von dem der typischen CF unterscheidet (...). (...) . Darüberhinaus finden sich gehäuft (allerdings deutlich weniger als bei der CBAVD) Mutationen im CFTR-Gen auch bei Betroffenen einer einseitigen Aplasie der Samenleiter (CUAVD) und bei Betroffenen einer obstruktiven Azoospermie mit beidseitig tastbaren Samenleitern.Quelle (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/078-005.htm)
und:

Bei nicht obstruktiver Azoospermie oder schwerer Oligoasthenoteratozoospermie wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt empfohlen, vor Beginn der ICSI-Behandlung eine Chromosomenanalyse bei beiden Partnern durchzuführen. Die molekulargenetische Untersuchung Y q 11 (Azoospermiefaktor, AZF) kann bei gesicherter obstruktiver Azoospermie) und hochgradiger Oligozoospermie angeboten werden. Bei kongenitalem beidseitigem Verschluß der ableitenden Samenwege (CBAVD, Congenital Bilateral Aplasia of the Vas Deferens) sollte eine Beratung des Paares durch einen medizinischen Genetiker erfolgen. In diesem Fall sind eine detaillierte Mutationsanalyse im Gen für die Zystische Fibrose (CFTR-Gen) und gegebenenfalls ein Schweißtest sowie eine Ultraschalluntersuchung der Nieren notwendig.Quelle (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/015-016.htm)

Letztlich würde ich aufgrund der Erwähnung der Aplasie und des "auffälligen Spermiograms" (kann ja auch das vollständige Fehlen von Spermien bedeuten!) in der Klausur nun ziemlich sicher zur CBAVD und somit zur Mutationsanalyse tendieren.

Rugger :-(( :-nix

Rugger
30.06.2005, 15:15
6) Welche Risikokonstellationen bezüglich Hämophilie liegen für die männlichen Kinder eines Bluters vor?

eatpigsbarf
30.06.2005, 21:23
"eines Bluters"? Wenn der Papa Haemophilie A hat (also was x-chromosomal rezessives) und die Mama homozygot gesund ist, dann kriegen die maennlichen Kinder davon nichts ab, weil die ihr X-Chromosom von der Mutter bekommen.
Ist die Mutter Haemophilie erkrankt, so liegt bei einer heterozygoten Erkrankung das Risiko fuer den Sohn bei 50% (da die Mutter ja nur eines der beiden Chromosomen an den Sohn vererbt und das also entweder das kranke oder das gesunde sein kann).
Ist die Mutter krank (was ja bedeutet, dass sie homozygot ist), dann liegt das Risko bei 100% - da beide X-Chromosomen die Krankheit tragen.