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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Säure-Basen-Haushalt



Curryhuhn
05.07.2005, 21:36
Argl ... ich komme grade nicht weiter; muss ein Brett vor dem Kopf (oder vielleicht auch mehrere) haben. Kann das jemand bitte vorsichtig abnehmen? :-dafür

1) In dem Schmidt/Thews steht (29. Auflage), dass die Lunge nicht in der Lage sei eine Azidose dauerhaft zu kompensieren. Die Begründung dafür ist, dass mit jedem mol CO2, dass abgeatmet wird, auch ein mol HCO3- verbraucht wird. Jetzt frage ich Schussel mich: Wo ist überhaupt der Sinn und Zweck dieser ganzen Aktion? Denn nach der Henderson- Hasselbalch- Gleichung errechnet sich der pH über das Verhältnis der Konzentration von HCO3- zu CO2. Wenn jetzt aber mit jedem CO2 auch ein HCO3- verschwindet, dann verändert sich ja das Verhältnis gar nicht ?!?!

2) Wie reguliert die Niere die HCO3- Ausscheidung? Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wird HCO3- vollständig in den Glomerula filtriert und im proximalen Tubulus wieder resorbiert (H+- Sekretion gegen Natrium -> dann bildet sich CO2, dass in die Tubuluszelle aufgenommen wird -> dort bildet sich wieder H+ und HCO3- -> HCO3- gelangt schließlich über einen Na+/HCO+- Symport ins Blut).
Nur wie wird dieser Vorgang reguliert? Wie kann die Niere mehr oder weniger HCO3- ausscheiden?

3) Der in 2) erwähnte Na+/HCO3- Symport in der basolateralen Seite der Zelle des proximalen Tubulus soll laut Schmidth/Thews durch das Zellmembranpotential am Leben gehalten werden. Nur wie kann das Zellmembranpotential einen solchen Symport anfeuern, wenn netto +/- 0 Ladungen transportiert werden?

4) Warum heißt NatriumBIcarbonat eigentlich BIcarbonat? Das ist doch NaHCO3. Woher kommt denn da das bi? Müsste es nicht Natriumhydrogencarbonat heissen?

Freue mich schon auf eure Antworten! Ist bestimmt alles ganz logisch und einfach; und ich bin einfach nur bissel panne ;-)

Notdoc
05.07.2005, 21:40
4) Warum heißt NatriumBIcarbonat eigentlich BIcarbonat? Das ist doch NaHCO3. Woher kommt denn da das bi? Müsste es nicht Natriumhydrogencarbonat heissen?
Das ist ein Trivialnamen. Der chemisch korrekte ist Natriumhydrogencarbonat.

Curryhuhn
05.07.2005, 21:44
Da ist der erste Stein schon einmal gefallen. :-top

Annika1
05.07.2005, 22:14
Zur Regulation der Niere:Bei einer Azidose ist ja die Konzentration von H+-Ionen erhöht, wodurch auch die Konzentration in der Tubuluszelle ansteigt und die Ionen vermehrt sezerniert werden. Dadurch wird die Rückresorption von Bicarbonat gesteigert, die ja von der H+-Sekretion abhängig ist ( Na+/H+-Antiport), und der pH seigt an.
Bei einer Alkalose mangelt es dagegen an H+-Ionen, als Folge davon nimmt die Sekretion ab. Da diese aber Voraussetzung für Bicarbonat-Resorption ist, wird bei Alkalose vermehrt HCO3 ausgeschieden und der pH-Wert sinkt.

THawk
05.07.2005, 22:47
ad 1:

respiratorische Kompensation läuft ja bei metabolischer Störung. D.h. du haust dem Organismus von irgendwo her nen paar Säureteilchen in den Blutkreislauf (z.B. über die Dissoziation von Milchsäure zu Lactat; Glucose schließlich war ja noch nicht sauer).
Jetzt kommt das Bicarbonat-Gleichgewicht ins Spiel:

HCO3- + H+ <---> CO2 + H2O

Durch die H+-Zugabe verschiebst du das Gleichgewicht nach rechts, es wird also aus einem Hydrogencarbonat-Ion ein CO2 (und ein H2O, aber weils da soviel von gibt ist es egal). Da der pCO2 ja jetzt über die Atmung konstant gehalten wird, wird dieses gerade entstanden CO2-Molekül jetzt über die Atmung verschwinden.
Resultat: Du hast ein H+ von irgendwo reingegeben, das wurde sozusagen mit dem Hydrogencarbonat in die schwache Säure CO2 (bzw. genauer H2CO3) umgewandelt, diese schwache Säure hast du aus dem Gleichgewicht entfernt (abgeatmet) -> du hast ein Hydrogencarbonat "verloren".

Okay?

Wichtig ist vielleicht noch das: Der Vorteil im schwachen Säure-Base-System (also in Puffersystemen) ist ja, dass zwischen den beiden Teilen ein Gleichgewicht besteht. D.h. wenn ich einiges an Säure zugebe bildet sich wieder ein Gleichgewicht -> Henderson-Hasselbalch-Gleichung: Der Quotient ändert sich relativ wenig -> fast keine pH-Änderung. Und genau das möchtest du ja erreichen!

Na, alles verstanden? :-top

Curryhuhn
05.07.2005, 23:08
ad 1:
Na, alles verstanden? :-top

Jein. Also eigentlich ist mir das Prinzip ja klar aber wenn ich das Kleingedruckte auf Seite 799 im Schmid/Thews lese, dann bin ich verwirrt. ;-)

Also entweder entsteht mehr H+ als die Niere ausscheiden kann (z.B. Laktat), was man dann metabolische Azidose nennt, oder die Niere ist in der Fähigkeit H+ auszuscheiden beschränkt, dann wären wir bei einer renalen Azidose; richtig?

Könnte vielleicht noch einer mit seinen Worten erklären, warum die Lunge eine Azidose nur verzögern kann und nicht verhindern? Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich kurz vor davor stehe aber den letzten Schritt nicht gemacht bekomme.

Die Zellen produzieren z.B. H+ durch Laktat. Diese geben sie an das Blut ab. Dort werden sie von HCO3- abgepuffert und es entsteht CO2. Das CO2 wird wiederum über die Lunge abgeatmet und aus dem Gleichgewicht entfernt. Jedoch wurde ja ein HCO3- mitentfernt. Dadurch bleibt der Quotient der Konzentrationen von HCO3- und CO2 gleich -> der pH-Wert ändert sich nicht.... oder kaum. Wenn der H+- Überschuss anhält, verarmt der Extrazellulärraum an HCO3- und das Puffern klappt nicht mehr?

In dem Schmidt/Thews steht halt auch was davon, dass Ventilation deutlich stärker ansteigt als es für das ursprüngliche Mehr an H+ nötig werde. Eben wegen der Verarmung an HCO3- ... das muss dann auch wieder kompensiert werden. Scheint irgendwie so ein Circulus vitiosus zu sein. Dieser kann wohl erst durchbrochen werden, wenn die Niere mehr H+ ausscheidet und dadurch auch mehr HCO3- resorbiert.

THawk
05.07.2005, 23:18
okay, mal eine kurze Zusammenfassung (sorry, wenn du auch diese Basics bereits voll kapiert hast):

Respiratorische Acidose / Alkalose: Entstehen dadurch, dass du zuwenig / zuviel CO2 abatmest.

Metabolische Acidose / Alkalose: Alle anderen Entstehungen von einer pH-Störung außer der Lunge. Das kann kommen aus: Muskel (Lactat bei anaerober Glykolyse), Niereninsuffizienz (mangelnde Ausscheidung etc.), etc. Wenn der Grund wirklich in der Niere liegt kann man die Schose auch renale Acidose / Alkalose nennen (renal ist also eine Unterform von metabolisch!)

Kompensierung tut jeweils die andere Gruppe. Also bei Lungenstörungen musst die Kompensation immer über die Niere laufen, bei renalen Störungen wird respiratorisch kompensiert. Hierbei wichtig: Die respiratorische Kompensation verläuft wesentlich schneller (ist ja nur die schnelle Diffusion).

Zu dem 4. Absatz: Soweit alles richtig. Du musst dann nur noch beachten, dass es ja auch noch den "Nicht-Bicarbonat-Puffer" gibt, also z.B. die Proteine. Die können je nach pH auch ein H+ an die sauren / basischen Aminosäuren binden. Wichtigstes Protein hierbei: Das Hämoglobin. D.h. es gibt noch eine zweite Puffergleichung:

Protein- + H+ <----> Protein-H

So können die Proteine auch noch einen gewissen Teil mit puffern. Aber bedeutsamer ist auf jeden Fall der Bicarbonatpuffer!


und ließ nicht zu viel Kleingedrucktes, ich hab auch den S-T, aber alles hab ich mir davon nicht antun können (manchmal ist ein etwas oberflächlicheres Wissen vielleicht besser :-blush )

Curryhuhn
05.07.2005, 23:23
und ließ nicht zu viel Kleingedrucktes, ich hab auch den S-T, aber alles hab ich mir davon nicht antun können (manchmal ist ein etwas oberflächlicheres Wissen vielleicht besser :-blush )

hehe...das stimmt wohl. das keingedruckte wird man sich in der Regel eh nicht auf dauer merken. aber ich habe irgendwie die macke, dass ich alles nachrechnen und verstehen muss
:-blush

auf jeden fall vielen dank für deine / eure hilfe bis hierher!