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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : wirklich Medizin?



boccaccio
12.07.2005, 17:03
Hallo ihr lieben!

ich hab ein kleines Problem...Eigentlich war ich mir sicher, dass ich Medizin studieren will. Schon seit der Oberstufe...Entspricht auch meinen Neigungen, interessiere mich für die Naturwissenschaften, Bio/Chemie als LK, willmit Menschen zu tun haben etc.

Hab dann nach dem Abi ein FSJ im Rettungsdienst gemacht. Hab da viel gesehn, hab meinen RS gemacht und bin dann sowohl KTW als auch bissle RTW gefahrn...Hat mir auch alles super Spaß gemacht...
Wollte dann eigtlich zum Sommersemester anfangen, dachte mit meinen 1,6 könnte des ganz gut klappen...hat aber nicht, also hab ich beschlossen mein Pflegepraktikum zu machen.

Bin jetzt seit Mai auf ner inneren Station mit onko und kardio Schwerpunkt..macht auch Spaß soweit, nur sagen mir alle, Schwestern wie Ärzte, dass ich doch bitte die Entscheidung Medizin zu studieren sehr gut überdenken soll...schlechte Arbeitsbedingungen, kaum Freizeit, wenig Geld und als Frau sehr schwer Kinder da mit einzubinden...
Jetzt hatte ich auch noch Nachtschicht ne Woche lang, und das hat mich vollens aus der Bahn geworfen. Hatten nen Aids Patienten der am Sterben war, und noch 4 Andere, die am Sterben waren, sowie MRSA und Tuberkulose auf der Station. Der HIV Patient ist dann in der woche nachts auch gestorben, aber war nicht sehr schön wie er gestorben ist...hat mich ziemlich mitgenommen...

Alles in allem bin ich durch das Ganze jetzt echt verunsichert, ob Medizin wirklich das richtige ist...träum inzwischen auch schon von der schönen Nachtschicht...
Hab mich alternativ fürs Wintersemster für Bioingenieurswesen beworben, hört sich auch ganz spannend an, aber war ja mal ursprünglich net das was ich machen wollte....
Bin echt am verzweifeln....würd gern einfach mal hören was ihr dazu meint...oder ob es jemanden schon ähnlich ergangen ist...
Grüßsche:-)

Fyrion
12.07.2005, 17:07
naja ich denke zimperlich solltest du nicht sein. ein arzt muss immer den balanceakt versuchen zwischen nähe und distanz zum patienten. einerseits muss du nah genug sein damit er dir vertraut und du dein beses geben kannst, andererseits musst du genug abstand haben damit dich das schicksal eines patienten nicht deine leistung gegenüber anderen patienten oder privat beeinflußt.

im endeffekt musst du es selbst enscheiden, aber was die freizeit angeht stimmt es wohl, davon hat man als arzt nicht viel.

astridos
12.07.2005, 17:12
ich weiß nicht was ich dazu sagen soll...

eine frage , wieso bekommst du mit nem 1,6 keinen studienplatz??
das kann einfach nicht sein...
wann hast du denn abi gemacht??

Ist ja auch alles schlimm, was du da erlebt hast.
Aber es ist ja nicht schlimm, dass dich das alles mitgenommen hat.
Wenn man Arzt ist, sollte man auch bissi Gefühl zeigen...

Aber dir muss bewusst sein, dass du als Arzt so etwas erleben wirst und musst!
Meine Mutter hat in ihren jungen Jahren auch schreckliche Einsätze gehabt. Besipeilsweise musste sie einem Menschen versuchen wiederzubeleben, als dieser vom Blitz getroffen wurde!
Das war auch nicht einfach...
wenn du ein recht sensibler Mensch bist, dann ist Medizin vielleicht nicht ganz das richtige für dich.

Überlegs dir einfach nochmal... schreib dir positive dinge über das Fach medizin auf und negative...

schau was überwiegt u versuch dich einfach zu entscheiden

medimädchen
12.07.2005, 17:17
Hallo ihr lieben!

ich hab ein kleines Problem...Eigentlich war ich mir sicher, dass ich Medizin studieren will. Schon seit der Oberstufe...Entspricht auch meinen Neigungen, interessiere mich für die Naturwissenschaften, Bio/Chemie als LK, willmit Menschen zu tun haben etc.


Also ging mir auch so - ich wollte schon immer Medizin machen, weil es mich auch fachlich interessiert, einem vielseitige Einsichten ermöglicht und man ja nicht zwangsweise im Klinikum enden muss, indem man zb. in die Forschung oder Pharmaindustrie geht (auch wenn das nicht so mein Ding wäre).



Hab dann nach dem Abi ein FSJ im Rettungsdienst gemacht. Hab da viel gesehn, hab meinen RS gemacht und bin dann sowohl KTW als auch bissle RTW gefahrn...Hat mir auch alles super Spaß gemacht...


find ich gut, das du dir gleich was gesucht hast um dich "weiterzubilden" bzw. mit der Materie zu beschäftigen. Das würde es dir sicher vielfach erleichtern.

Und was den Rest angeht: Klar Medizin ist nicht nur ein Spaßjob, sondern auch harte Arbeit. Man begleitet Menschen durch Tiefpunkte oder sogar in den Tod. Aber man sollte auch die vielen schönen Momente nicht vergessen. Die Dankbarkeit der Patienten haut mich immer wieder um. Ich finde das ist allein die Mühe wert.
Außerdem finde ich, Medizin ist kein Beruf sondern Berufung - man muss den Job wohl einfach lieben. Ich könnt mir nix anderes vorstellen und jetzt, nachdem ich auch meine Famulaturen gemacht habe gilt das mehr und mehr.

Was die Sache mit den Schichten angeht denke ich, da kommt man irgendwie rein. Teilweise machst du als Doc ja keine Wochenlangen Nachtschichten, sondern "nur" Dienste....ok, obwohl es das an manchen Kliniken auch anders gibt....aber da gewöhnt man sich dran (hab ich zumindest von anderen gehört).

Und was die familiäre Situation angeht kenne ich viele erfolgreiche Ärztinnen, die auch sehr gute Mütter und Ehefrauen sind. Das eine schließt das andere nicht aus. Das ist alles eine Frage des timings. Auch wenn du mal Kinder hast - das läßt sich alles regeln.
Einige Kommilitonen haben sogar während des Studiums Nachwuchs bekommen und handeln das grandios....könnt ich mir kaum vorstellen.

Naja und am ENde musst du schauen was dich interessiert. Negative Dinge (Tod, Tbc, MRSA unc co) gehören zum Alltag, aber das ist bei weitem nicht alles.
Die Phase, das ich mir unsicher war hatte ich knapp 2 Wochen vor meiner Unibewerbung auch und ich muss aus heutiger Sicht sagen: auch wenn es nicht immer so leicht ist, ist es doch die beste Entscheidung, die ich getroffen habe.
:-meinung

Annika1
12.07.2005, 17:24
Hallo Boccaccio,

es wär doch sehr schade, wenn Du nun alles hinschmeißt. Du hast Interesse an Naturwissenschaften, möchtest mit Menschen arbeiten und die Arbeit im Rettungsdienst hat Dir auch gefallen. Die Erfahrung, die Du während Deiner Nachtschicht gemacht hast, ist sicher keine schöne, aber dennoch eine wertvolle. Ich glaube, viele hier wären von diese Bilder nicht so schnell wieder losgekommen. Wie hat Dir denn der Rest des Praktikums gefallen? Hast Du auch schöne Erfahrungen gesammelt, die für ein Medizinstudium sprechen? ich finde es gut, wenn Du Dich schon vor dem Studium kritisch mit all dem auseinandersetzt. Aber gib Deinen Traum nicht so schnell auf!

boccaccio
12.07.2005, 17:36
Danke für die schnellen Antworten! Und für die Erfahrungen...:-winky

@astridos: bin um 4 Plätze rausgerutscht bei der Vergabe nach Note und war dann beim Auswahlgespräch in Tübingen, hatte auch ein ganz gutes Gefühl, aber wollten mich irgendwie nicht...das mit der Liste ist ne gute Idee, hab ich aber schon neben mir liegen...positives überwiegt, ganz knapp...

Ich finds eben auch schwierig aus jetztiger Sicht zu sagen ob ich den ganzen Med-Alltag auch noch in 10,20 Jahren aushalt, oder ob mir irgendwann zu viel wird...oder ichs gleich gar nicht pack, soweit zu kommen...

Nur will ich eben auch auf gar keinen Fall nen "langweiligen" 8-4 Job, sondern will schon ne Herausforderung haben! Und gerade das denk und hoff ich ist die Medizin schon...Gerade auch die menschliche Seite...nur hab ich eben auch Angst, dass ich die Trennung zum Privaten nicht hinbekommen könnt...

@medimädchen: wie hast du denn dann deine Unsicherheit überwunden? Und hast dann net manchmal im Studium gedacht, hätt ichs doch lieber nicht gemacht....?

@annika: Das Praktikum sonst macht mir echt Spaß...! Und darf auch viel machen, und hab auch schon viel gelernt...Bis zu der Nachtschicht war es nur das Gerede von den Ärzten und Schwestern das mich bissle verunsichert hat...

medimädchen
12.07.2005, 17:57
Danke für die schnellen Antworten! Und für die Erfahrungen...:-winky


@medimädchen: wie hast du denn dann deine Unsicherheit überwunden? Und hast dann net manchmal im Studium gedacht, hätt ichs doch lieber nicht gemacht....?



Ganz klar ich habe mir überlegt, das Medizin das einzige ist, das ich seit dem Kindergarten schon machen wollte und das diese Überzeugung immer felsenfest für mich stand. Wenn ich all die Jahre dafür arbeite warum soll ich es dann wegen einer Laune, einer Unsicherheit oder durch einene Einfluß wegwerfen?
Letzlich ist es das was ich immer machen wollte und wenn man dann kurz davor steht, das es wahr wird gibt es immer Unsicherheiten - die aber normal sind und der Entscheidung nicht im Weg stehen sollten.

Auch während des Studiums habe ich mich oft gefragt (speziell im 2. Semester , Leipzig *hölle* :-oopss ), warum ich mir das alles antue, den Streß, die Nerven, das Gelerne und so. Aber das ist ein Teil des Studiums und man lernt sehr viel mehr auch über sich selbst. Ich hätte manchmal nicht gedacht, das ich die Klausur schaffe oder das ich so viel Kraft und Energie zum Lernen aufbringen kann....aber es ging. Man lernt ein wenig auch, seine Grenzen zu erweitern.
Es ist ein harter Weg, aber ein Weg, den ich nicht missen möchte. Und nach dem Physikum fand ich es einfach nur noch klasse *gg* - naja nach neuer AO wird das ein bissel stressiger.

Kopf hoch - Tiefs haben wir alle mal, aber die gehören dazu. :-stud