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Scrotum
25.07.2005, 17:29
Was haltet ihr vom Vorgehen der englischen Polizei? Siehe Artikel: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,366729,00.html

Ich persönlich halte das Verhalten für schlicht und ergreifend falsch. Der durch Attentate geschürte Hass darf unsere Kultur und unseren Rechtsstaat nicht zerstören. Ich habe während meiner Schiessausbildung gelernt, dass auf den Kopf nicht geschossen wird. Will man jemanden stoppen, so schiesst man auf die Beine. Zuvor natürlich ein Warnruf ein obligater Warnschuss! Aus diesem Grund halte ich die Londoner Polizisten für Mörder, die vor Gericht gestellt gehören und mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden sollten. 5 Kopfschüsse aus nächster Nähe haben nicht mit Verhältnismässigkeit zu tun, das war eine Hinrichtung!

Ich bin selbst sehr traurig darüber, dass laut Umfragen 85% der Engländer das Verhalten der Polizisten als richtig bezeichnen.

Wie seht ihr das?

DoktorW
25.07.2005, 17:42
Ich habe keine Schießausbildung genossen (und bin auch froh darüber, aber dies nur nebenbei). Dennoch habe ich in gewissem Masse Verständnis für das Handeln der Spezialeinheit.
Die Angst in London ist enorm. Da hat einfach zu viel zusammengepasst: Dunkler Mantel im Sommer, Davonrennen von der Polizei, über eine Absperrung springen...
Keine Frage, es ist ein Menschenleben was hier ausgelöscht wurde, dies ist tragisch. Aber der Vorfall wird auch von allen Seiten bedauert!
Und soweit ich das mitbekommen habe, war der Kopfschuß die einzige Lösung einen potientiellen Selbstmordattentäter auszuschalten. Mit einem Knieschuß kann man auch Bomben noch zünden!

Scrotum
25.07.2005, 17:53
Die Angst in London ist enorm. Da hat einfach zu viel zusammengepasst: Dunkler Mantel im Sommer, Davonrennen von der Polizei, über eine Absperrung springen...
Keine Frage, es ist ein Menschenleben was hier ausgelöscht wurde, dies ist tragisch. Aber der Vorfall wird auch von allen Seiten bedauert!
Und soweit ich das mitbekommen habe, war der Kopfschuß die einzige Lösung einen potientiellen Selbstmordattentäter auszuschalten. Mit einem Knieschuß kann man auch Bomben noch zünden!

Okay, wie wahrscheinlich ist es, dass jemand, den man von der Haustür weg verfolgt, zufälligerweise eine Bombe auf sich trägt? Auch wenn er eine dicke Jacke trägt.. Wenn ein Patient zu dir kommen würde und dirdas erzählen würde, würdest du doch vermutlich dick "Paranoia" in die Akte reinschreiben.

Zumal der Junge ja scheinbar nicht von den Bullen weglief (weil er garnicht gemerkt hatte, dass er verfolgt wird), sondern sich schlicht und ergreifend beeilen musste und daher rannte. Mache ich hin und wieder auch - muss ich von nun an befürchten, dass ich das nächste mal erschossen werde, wenn ich das tue?

Es ist ja schön und gut, dass der Vorfall bedauert wird. Aber es darf nicht sein, dass die Praxis nicht geändert wird. Es gibt nunmal keine Möglichkeit, mit Sicherheit zu sagen, dass jemand ein Attentäter ist. Das sieht man doch nicht etwa jemandem an? Wie hoch kann die Wahrscheinlichkeit denn maximal sein? Sagen wir mal, der Verdächtige hat nen Rucksack dabei, spricht arabisch und hat nen Bart --- wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass in den Rucksack ne Bombe ist? Das steht einem doch nicht ins Gesicht geschrieben!

Ich denke, selbst wenn alle Indizien eindeutig sind, ist die Wahrscheinlichkeit vielleicht maximal 10%. Und dann schiesst man auf den??? Das ist doch Blödsinn. Die Wahrscheinlichkeit müsste doch in der Nähe von 100% sein, um so ein Verhalten zu akzeptieren.

Das Problem ist, dass die Leute nicht fähig sind einzusehen, dass man diese Anschläge eben nicht verhindern kann. Zumindest nicht mit solchen Mitteln. Aber Blair und ko versuchen halt auf Kosten von unschuldigen Menschenleben Sicherheit zu vermitteln. "Wir haben mehrere Hundert Undercover Agenten mit Schusswaffen in der U-Bahn...blablabla... Shoot to kill... blablabla"

Solange es keinen Weg gibt Attentäter von Normalbürgern zu unterscheiden, sind diese Massnahmen so notwendig wie ein Kropf.

DoktorW
25.07.2005, 18:00
ok, Du hast hier noch wesentlich mehr Fakten, die ich nicht kannte, die das Ganze natürlich doch etwas mehr beleuchten.
Wie gesagt, ich finde es tragisch und traurig, dass es passiert ist. Dennoch kann ich verstehen, dass die Nerven blank liegen.
Es war ja tatsächlich so, dass es neue Anschläge gab und man hat diese Angst weiterhin. Daher sind auch immer noch Spezialeinheiten in U Bahnen unterwegs und ich denke, sie würden ähnlich handeln, wenn die Situation es erfordert.

netfinder
25.07.2005, 18:05
bei 5!!! Kopfschuessen kann mir keiner was von Vorsichtsmaßnahme erzaehlen, sowas laeuft bei mir unter Hinrichtung.

Rico
25.07.2005, 18:06
Okay, wie wahrscheinlich ist es, dass jemand, den man von der Haustür weg verfolgt, zufälligerweise eine Bombe auf sich trägt? Auch wenn er eine dicke Jacke trägt.. So wie ich das verstanden hab ist er doch aus einem Haus herausgekommen, das im Zusammenhang mit den versuchten Anschlägen vom Donnerstag beschattet wurde... so gesehen war es nicht ganz so unwahrscheinlich, daß er eine Bombe hat, wie wenn es einfach jemand gewesen wäre, der in einer dunklen Jacke ist irgendwo auf der Straße rumläuft.

Von daher liegt hier sicher ein Verkettung unglücklicher Umstände vor... aber die Beamten haben IMHO korrekt gehandelt - auch wenn das Ende eher tragisch war.

Leggo1
25.07.2005, 18:43
Ich habe während meiner Schiessausbildung gelernt, dass auf den Kopf nicht geschossen wird. Will man jemanden stoppen, so schiesst man auf die Beine. Zuvor natürlich ein Warnruf ein obligater Warnschuss! ?

Das stimmt in diesem Zusammenhang eben nicht. Die Polizei ging davon aus, dass es sich um einen Selbstmordbomber handelt, der unmittelbar davor stand, sich in die Luft zu jagen. Diese Option wäre ihm auch bei einem Warnschuss oder Beinschuss erhalten geblieben, bzw. es hätte ihn dazu provoziert sich gerade in dem Moment in die Luft zu jagen. Als blieb nur der Kopfschuss ihn zu stoppen.

Die Mörder dieses Mannes sind die Terroristen, denn ohne sie würde er noch leben.

Aber mal abgesehen davon finde ich es beängstigend, wenn jetzt auf jeden scharf geschossen wird, der irgendwie verquer in der Landschaft steht und sich vermeintlich verdächtigt macht. D.h. jeder, der nicht der Jahreszeit entsprechend gekleidet ist, der wild im Zeugs herumrennt, der Furcht vor der Polizei zeigt, der Ähnlichkeiten mit den gesuchten Rucksackbombern hat... Naja, es ist eben ein Klima der Angst.
Für mich ist die Aktion verständlich, aber traurig und nicht 100% richtig aber auch nicht verurteilungswürdig in dem Sinne, als man den Schützen die Schuld zuweisen darf.

salamanca
25.07.2005, 19:54
bei 5!!! Kopfschuessen kann mir keiner was von Vorsichtsmaßnahme erzaehlen, sowas laeuft bei mir unter Hinrichtung.Wären das wirklich die Attentäter oder einer ihrer Drahtzieher gewesen. Ich glaube mein Mitleid hielte sich in Grenzen... Und in diesem Fall wäre das Vorgehen der Polizei erst Recht alles andere als unverhältnismässig!



Aber zurück zur Umfrage:
Meiner Meinung nach hat sich der Brasilianer ziemlich unbedacht verhalten. Und er hatte auch allen Grund dazu vor der Polizei wegzulaufen: sein Visum war abgelaufen... (siehe hier (http://www.sueddeutsche.de/,tt1l1/ausland/artikel/348/57291/)) In den USA oder in Sao Paolo (siehe vorherigen Link) hätte einem das unter diesen Umständen auch passieren können. Und zwar JEDERZEIT auch ohne Terrorismusverdacht!
Trotz allem mein aufrichtiges Beileid an die Hinterbliebenen. Ein weiteres Opfer geht auf das Konto der Islamisten...

Die Lösung muss heissen alle Massnahmen zu ergreifen um weitere Terrorattentate in Zukunft zu verhindern und dazu gehört, dass Selbstmordattentäter kompromisslos zur Strecke gebracht und islamistische Gruppierungen zerschlagen werden!Ob dieses Ziel in Deutschland unter den derzeitigen politischen Vorzeichen mit ausreichender Konsequenz verfolgt werden kann sei dahingestellt...

luckyblue
25.07.2005, 20:33
Ich kann scrotum nur beipflichten!


[...] Die Polizei ging davon aus, dass es sich um einen Selbstmordbomber handelt, der unmittelbar davor stand, sich in die Luft zu jagen. Diese Option wäre ihm auch bei einem Warnschuss oder Beinschuss erhalten geblieben, bzw. es hätte ihn dazu provoziert sich gerade in dem Moment in die Luft zu jagen. Als blieb nur der Kopfschuss ihn zu stoppen.

Das klingt zwar plausibel und ist wohl auch die gängige Argumentation (erinnert mich auch an eine Szene in "Die Dolmetscherin"). Problem ist: Der Verfolgte lag laut Augenzeugenbericht bei der Erschießung schon am Boden (und das nach Lage der Verletzungen offenbar auf dem Bauch), der Schütze stand über ihn. In dieser Situation hätte es mildere Mittel gleicher Eignung gegeben zur Verhinderung der Tat.

Im übrigen glaube ich nicht, dass es eine Warnung gegeben hat. Dies widerspräche ja gerade der Intention, den "Selbstmörder" im Wege der "Ausschaltung seines Hirns" an der Tat hindern zu wollen.

Wer einmal in London U-Bahn gefahren ist, müsste wissen, dass das Überspringen der Ticket-Absperrung bei jungen Leuten durchaus en vogue ist.

Hier ist den Polizisten die Sicherung dermaßen durchgeknallt, und es gibt keine Rechtfertigung dafür. Ihr Vorgehen ist unentschuldbar und gehört härtestens bestraft.

salamanca
25.07.2005, 20:39
@luckyblue

Ich habe gedacht er sei vorher zu Boden geworfen worden. Und eine Bombe kann man doch auch im Liegen zünden, oder sehe ich das falsch?
(In dieser Hinsicht habe ich leider keine Erfahrung...:-)))

Leggo1
25.07.2005, 20:43
@luckyblue

Ich habe gedacht er sei vorher zu Boden geworfen worden. Und eine Bombe kann man doch auch im Liegen zünden, oder sehe ich das falsch?
(In dieser Hinsicht habe ich leider keine Erfahrung...:-)))

Ja, davon gehe ich auch aus.
@lucky: Eine Warnung die hat es wohl nicht gegeben, da gehe ich einig mit Luckyblue, wäre auch unsinnig gewesen. Tja ich möchte dich mal sehen, wie du dich fühlst, wenn du über einem Mann steht, von dem du ausgehst, dass er eine Bombe zündbereit auf seinem Körper trägt: ob du denn höflich bittest folgsam zu sein oder ihm das Hirn aus dem Schädel pustet - sonst fliegst du nämlich gleich mit ins jenseits.
Oder gehst du davon aus, dass die Bullen absichtlich diesen Brasilianer unter Ausnutzung der allgemeinen Terrorstimmung abgeschlachtet haben??

Smibo
25.07.2005, 20:46
So wie ich das verstanden hab ist er doch aus einem Haus herausgekommen, das im Zusammenhang mit den versuchten Anschlägen vom Donnerstag beschattet wurde... so gesehen war es nicht ganz so unwahrscheinlich, daß er eine Bombe hat, wie wenn es einfach jemand gewesen wäre, der in einer dunklen Jacke ist irgendwo auf der Straße rumläuft.

Von daher liegt hier sicher ein Verkettung unglücklicher Umstände vor... aber die Beamten haben IMHO korrekt gehandelt - auch wenn das Ende eher tragisch war.

Das zeigt doch, dass die Wahrscheinlichkeit eben doch höher ist einen unschuldigen zu töten als einen potentiellen Selbstmordattentäter. Das kann einfach nicht sein, dass diese Praxis zum Alltag wird und man nun jede Person, die so aussieht als könne sie ein Selbstmörder sein, einfach so hinrichten.

salamanca
25.07.2005, 20:55
Das zeigt doch, dass die Wahrscheinlichkeit eben doch höher ist einen unschuldigen zu töten als einen potentiellen Selbstmordattentäter. Das kann einfach nicht sein, dass diese Praxis zum Alltag wird und man nun jede Person, die so aussieht als könne sie ein Selbstmörder sein, einfach so hinrichten.

Du übersiehst allerdings, dass die Polizei bei weitem mehr Verdachtsmomente hatte als nur das aussehen...

Scrotum
25.07.2005, 20:57
"Die Beamten verfolgten Menezes bis in den U-Bahn-Station Stockwell, wo er in einen wartenden Zug stolperte und am Boden liegend mit fünf Kopfschüssen getötet wurde. "

Nett... hab ich nichtmal gewusst. Man hätte den Typen also problemlos verhaften können, auch ohne ihm vorher 5 Kugeln ins Hirn zu ballern. Ne Bombe ist ja auch nicht in 0.05 Sekunden gezündet - dauert ja auch, Jacke aufmachen, Zünder scharf machen, zünden...

Scrotum
25.07.2005, 20:58
Du übersiehst allerdings, dass die Polizei bei weitem mehr Verdachtsmomente hatte als nur das aussehen...

Dann fang mal an...

Wenn man im gleichen Haus wie ein Mörder wohnt, erhöht das auch nicht die Wahrscheinlichkeit, dass man selber ein Mörder ist...

Ausserdem sind Attentäter doch Meister in unauffälligem Verhalten. Schon deshalb wäre er wohl als Verdächtiger ausgeschieden... ;-)

salamanca
25.07.2005, 21:15
@ scrotum
ein verdachtsmoment hast du ja selbst bereits erwähnt...

2. der wintermantel den der brasilianer angeblich getragen haben soll und als prächtiges versteck für einen sprengstoffgürtel gedient haben könnte

3.die vorangegangene verfolgungsjagd (überspringen der Ticketschalter etc.) in der U-Bahn und die fluchtreaktion des verdächtigen (wohl das stärkste verdachtsmoment)

mehr kann wohl keiner von uns dazu sagen... oder war jemand dabei?




Ne Bombe ist ja auch nicht in 0.05 Sekunden gezündet - dauert ja auch, Jacke aufmachen, Zünder scharf machen, zünden...

Weiss ich nicht... Glaubst Du die Attentäter haben die Sprengsätze mit einer Eieruhr gezündet...:-))? Eine Handgranate kann man z.B. meines Wissens nach ziemlich schnell und zuverlässig zünden.... mit einem ruck sozusagen...

Scrotum
25.07.2005, 21:18
Man muss die Handgranate aber auch erst rauswühlen und in die Hand nehmen... immer noch massig Zeit für nen Kopfschuss, wenn die Waffe erstmal geladen und entsichert ist.

Hellequin
25.07.2005, 21:18
Zitat aus dem Spiegel online:"Nach einem fünfminütigen Fußmarsch kam der 27-Jährige an die Bushaltestelle Tulse Hill Road. Er stieg in die Linie 2 in Richtung Baker Street. ... Doch weil die U-Bahn-Station dort an diesem Tag geschlossen war, musste Menezes seine gewöhnliche Route ändern und stieg erst nach einer Viertelstunde Fahrt an der U-Bahn-Station Stockwell aus."

Sehr professionel von der Polizei einen "mutmaßlichen" Selbstmordattentäter 20 Minuten durch London fahren zu lassen und das noch in einem vollbesetzten Bus. Hört sich für mich halt schon nach Schutzbehauptungen an, nachdem da bei den Polizisten die Sicherung durchgebrannt ist.

salamanca
25.07.2005, 21:27
Zitat aus dem Spiegel online:"Nach einem fünfminütigen Fußmarsch kam der 27-Jährige an die Bushaltestelle Tulse Hill Road. Er stieg in die Linie 2 in Richtung Baker Street. ... Doch weil die U-Bahn-Station dort an diesem Tag geschlossen war, musste Menezes seine gewöhnliche Route ändern und stieg erst nach einer Viertelstunde Fahrt an der U-Bahn-Station Stockwell aus."

Sehr professionel von der Polizei einen "mutmaßlichen" Selbstmordattentäter 20 Minuten durch London fahren zu lassen und das noch in einem vollbesetzten Bus. Hört sich für mich halt schon nach Schutzbehauptungen an, nachdem da bei den Polizisten die Sicherung durchgebrannt ist.

also deiner meinung nach hätte die polizei den brasilianer gleich an der haustür erschiessen sollen... :-(( ?
(womit natürlich dass 3. Verdachtsmoment wegfallen würde...:-)))

Hellequin
25.07.2005, 21:36
also deiner meinung nach hätte die polizei den brasilianer gleich an der haustür erschiessen sollen... :-(( ?
Das habe ich wo geschrieben?:-???
Ich finde es nur sehr auffällig das es keinen Versuch einer Festnahme im Vorfeld gab, sondern das man gewartet hat bis er sich dort befunden hat wo er den größeren Schaden anrichten kann.