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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ethikantrag für "Tote"?



Hanni
30.07.2005, 11:41
Hallo,

ich habe meine Doktorarbeit in der Rechtsmedizin fast fertig und mir wurde wiederholt von Mitarbeitern versichert, daß ich keinen Ethikantrag für die Arbeit mit forensischem Material benötige. Jetzt habe ich aber auch gegenteilige Meinungen gehört. Meine Suche in Ethikprotokollen im Internet war bisher erfolglos.

Wisst Ihr aus sicherer Quelle, ob man für die Arbeit mit bereits fixiertem, archivierten Gewebe von Leichen einen solchen Antrag braucht?
Ich weiß, eine sehr spezielle Frage, aber vielleicht hatte ja einer von Euch schon damit zu tun.

Danke, Hanni

blanko
30.07.2005, 19:36
Kann Dir leider auch keine sichere Angabe geben. Das kann nur die Ethikkomission Deiner Uni, bei der man vielleicht vorsichtig antasten könnte. Eigentlich müsste aber Dein Doktorvater/Betreuer Bescheid wissen bzw das geklärt haben.
ich denke, dass auch bei forensischen Materialien ein Ethikantrag notwendig sein müsste (genau wie bei der Verarbeitung von Blutproben z.B.), da auch hier verschiedene Rechtsprinzipien wie der Datenschutz greifen.

Wie gesagt, für eine sichere Antwort die Ethikkomission befragen. Sollte allerdings ein ethikantrag notwendig sein, so ist der Probengewinn erst nach Antragszustimmung zulässig.

Froschkönig
30.07.2005, 22:58
Ich bin mir da auch nicht sicher, allerdings kann es schon sein, daß ein solcher Antrag HIER nicht nötig ist/war...bei Blutproben, klinischen Studien etc. braucht man ja das OK der Ethikkommission um damit grünes Licht für Untersuchungen und Blutabnahmen zu bekommen - soll heißen: Was man tut ist vertretbar und im Sinne des Patienten und führt nicht zu Untersuchungen die vielleicht unnötig oder gar schmerzhaft für den Patienten sind und dabei gar noch Schaden anrichten....wenn man etwas an Gewebe untersucht, welches bereits präpariert vorliegt (und das aus einem völlig anderern Grund als zu Gunsten der Durchführung dieser Doktorarbeit) so könnte es sein, daß man dazu die Ethikkommission nicht braucht. Die Frage des Datenschutzes ist meine Erachtens davon lösgelöst, der Datenschutz ist immer zu wahren solange bis ein Patient etwas gegenteiliges Erlaubt und das gilt über den Tod hinaus, dafür alleine braucht man imho keine Ethikkommission, das ist so oder so klar. Aber wirkliche Sicherheit gibt Dir wirklich nur ein OK von oberster Stelle deiner Uni, sprich also von DEINER zuständigen Ethikkommission


Der Frosch

Hanne
03.08.2005, 01:30
Mir fällt dazu die Auseinandersetzung über die weitere wissenschaftliche Verwendung des Gehirns von Ulrike Meinhof ein. Das Gehirn wurde 1976 nach ihrem Selbstmord gerichtsmedizinisch zur Klärung der Todesursache asserviert. 1997 wurden weitere Forschungen durch einen anderen Gerichtsmediziner vorgenommen,die sich, abweichend vom staatsanwaltichen Auftrag (Abklärung der Todesursache), mit einer wohl 1962 (post)operativ erworbenen Schädigung des Limbischen Systems und der daraus sich ergebenden Persönlichkeitsveränderung Ulrike Meinhofs (der Hinwendung zur terroristischen Gewalt) befaßten. Als die neuerlichen Forschungen öffentlich wurden, entschied eine Ethikkomission, daß eine Forschung über den staatsanwaltlichen Auftrag hinaus nicht statthaft sei (da auch keine Zustimmung für wissenschaftliche Untersuchungen von Ulrike Meinhof und ihren Angehörigen vorliege).
Anders ist das wohl bei Patienten in der Pathologie: bei manchen Unikliniken unterschreibt der Patient bereits bei der Aufnahme seine Bereitschaft zur (u.U.passiven) Mitwirkung an Forschung und Lehre, was ausdrüchlich (im Kleingedruckten) auch die Entnahme von Gewebeproben neben Blut,Urin usw.zur wissenschaftlichen Verwendung umfaßt.