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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der große Ärzte-Streik



Lava
03.08.2005, 20:06
Hm..... da findet seit langer langer Zeit mal wieder ein großer Ärztestreik statt und hier im forum wird kaum ein Wort darüber verloren!

Ich war heute jedenfalls Solidarität zeigen und bin mit den Ärzten der Uniklinik auf die Straße gegangen. Ich kann schlecht schätzen, wieviel es waren, aber es könnten schon 200 gewesen sein.. vielleicht mehr, vielleicht weniger. Mit vielen Transparenten und Trillerpfeifen ging es dann vom Klinikum Richtung Innenstadt und durch die beliebtesten Straßen und größten Kreuzungen Freiburgs.
Ein paar ganz Findige haben sich Schilder umgehängt "suche Nebenjob" und bei den Autos die Scheiben gewischt. Nette Idee, oder? Wir hatten Glück, dass das Wetter so gut war. Die Menschen in den Straßen wirkten auch recht interessiert und neugierig. aber als ich mir einmal einen Kaffee zum Mitnehmen geholt habe, habe ich ein paar Gespräche mitgehört und muss sagen, dass viele wohl nicht so recht verstehen, wieso wir Ärzte streiken... so viel würden wir doch nicht arbeiten und ein Stundenlohn von 10€ sei auch schamlos untertrieben...

Etwas enttäuscht war ich übrigens von meinen Kommilitonen! Bei der Demo liefen viele Ärzte mit, die ich kannte und sogar einige Oberärzte - aber Kommilitonen hab ich nur eine handvoll gesehen. Dabei wurde uns in der letzten Woche vor jeder Klausur gesagt, wir sollen auch kommen. Und mir kann keiner erzählen, dass die alle im Urlaub sind!!! Auf dem Heimweg von der Demo hab ich mindestens 3 Leute aus meinem Sem gesehen, die NICHT mit bei der Demo waren... dabei ist das doch das mindeste, wenn man sich sonst schon nicht engagiert (da schließe ich mich mit ein)!

Was war heute also die Demo in Freiburg. Der streik läuft noch bis Ende der Woche (wem soll das eigentlich weh tun außer den Patienten???). Am Freitag wird eine Freiburger Delegation in Berlin anreisen. Bin mal gespannt, wieviele Ärzte da zusammen kommen.... wenn es weniger als 1000 sind, bin ich enttäuscht. ;-)

Meint ihr eigentlich, das bringt was??? Zumidnest müssen wir mal mehr Öffentlichkeitsarbeit machen und da war das heute ein guter Anfang.

Ein Link dazu: Stuttgarter Zeitung (http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/966633)
Und in München (http://www.sueddeutsche.de/muenchen/artikel/973/57916/) wurde wohl auch demonstriert.

DanielOliver
04.08.2005, 10:58
Naja, also meiner Beobachtung nach waren ca. ein fünftel der Demonstrierenden PJ-ler oder Studenten aus den höheren Semestern.

Horny
04.08.2005, 13:24
Hab ich in der Zeitung gelesen und auch in den TV Nachrichten. Sehr gute Aktion, bitte mehr davon und auch in anderen Städten.

Schade, dass nur wenige deiner Mitstudenten auf die Strasse gegangen sind. Zeigt nicht gerade von Engagement.

Studiert es sich sonst gut in Freiburg? Ich werde wohl leider in Hamburg anfangen müssen (dank ZVS) und hatte vor, nach dem Physikum zu wechseln. Wärst du so lieb und könntest mir ein paar Zeilen über Freiburg schreiben (gern als P.M.)? Wäre nett. Insbesondere auch ob, man das Studium dort schnell in der Klinik bewältigen kann, ohne unnötige und zusätzliche Semester. Danke.

Gruß

die chondropathia
04.08.2005, 13:53
Hab ich in der Zeitung gelesen und auch in den TV Nachrichten. Sehr gute Aktion, bitte mehr davon und auch in anderen Städten.

Schade, dass nur wenige deiner Mitstudenten auf die Strasse gegangen sind. Zeigt nicht gerade von Engagement.

Studiert es sich sonst gut in Freiburg? Ich werde wohl leider in Hamburg anfangen müssen (dank ZVS) und hatte vor, nach dem Physikum zu wechseln. Wärst du so lieb und könntest mir ein paar Zeilen über Freiburg schreiben (gern als P.M.)? Wäre nett. Insbesondere auch ob, man das Studium dort schnell in der Klinik bewältigen kann, ohne unnötige und zusätzliche Semester. Danke.

Gruß

Wieso LEIDER Hamburg? Hamburg ist die geilste Stadt Deutschlands und du wirst ein großartiges Studium dort haben!

echelle, gebürtig Hamburger ;-)

Horny
04.08.2005, 14:39
Wieso LEIDER Hamburg? Hamburg ist die geilste Stadt Deutschlands und du wirst ein großartiges Studium dort haben!

echelle, gebürtig Hamburger ;-)

Vielleicht, bin mir da noch nicht sicher.
Zwar soll die Uniklinik umgebaut (2006?) und somit wohl auch verbessert werden aber insgesamt war sie "bisher" recht schlecht. Laut vieler Studenten aus meinem Pflegepraktikum.
Sie sind gerade in einem -nach ihren Worten- harten Kampf, um die Studienbedingung zu verbessern.

Ich mag auch Hamburg und wohne hier seit meinem 5. Lebensjahr aber wollte auch nochmal etwas anderes sehen. Werde also vielleicht nach dem Physikum wechseln, steht aber noch nicht fest. Zunächst brauch ich überhaupt mal einen Platz.
Viele Studenten sagten mir, dass die Situation in Süddeutschland um einiges besser sei?!

Eine Frage an dich:
Wie sieht es später mit Niederlassung nach dem Facharzt aus. Wie wird es geregelt, ob man eine Praxis in einer Großstadt aufmachen darf (z.B. HH)? Hat es Vorteile, wenn ich komplett hier studieren würde? Danke.

Gruß

die chondropathia
04.08.2005, 14:43
Wie sieht es später mit Niederlassung nach dem Facharzt aus. Wie wird es geregelt, ob man eine Praxis in einer Großstadt aufmachen darf (z.B. HH)? Hat es Vorteile, wenn ich komplett hier studieren würde? Danke.
Keine Ahnung...öhm. Bitte. :-))

Horny
04.08.2005, 17:58
Bist du schon fertig echelle3? Hast du dein ganzes Studium hier in HH absolviert? Wäre über ein paar Infos über das Med Studium in der schönen Hansestadt dankbar, wenn du die Zeit dafür entbehren kannst. ;-)

Miss
04.08.2005, 18:14
Immerhin fand ichs schon mal ganz gut, daß "wir" im Heute Journal (oder Tagesthemen?) gelandet sind...und da haben sie ja auch mal was zu den Arbeitsbedingungen erzählt. Ist halt wirklich so, daß viele noch denken, wir verdienen uns ne goldene Nase, da bleibt einem nichts anders als Aufklärung...immer und immer wieder.

Endspurt
04.08.2005, 19:32
Ich finde es auch gut, dass die Probleme der Ärzte hinsichtlich Arbeitsbedingungen etc. endlich mal öffentlich dargestellt werden. Aber irgenwie kommt das nicht so ganz optimal rüber. So stand bei uns in der Zeitung, dass die Ärzte gegen die 42 Stunden Woche protestieren und zurück zur 38,5h Woche wollen. Aber die 42h sind doch gar nicht so dass Problem, sondern die 50, 60 und nochmehr Stunden, oder?
Und dann wurden auch die oft befristeten Arbeitsverträge erwähnt. Naja, dass hört sich jetzt so nach einem 2 Jahres Vertrag an und die gibt es ja auch in anderen Branchen... Aber zumindest hier bei uns an der uni haben die Assis zum Teil nur 2 Monats Verräge!!!!! :-dagegen

die chondropathia
04.08.2005, 21:09
Aber zumindest hier bei uns an der uni haben die Assis zum Teil nur 2 Monats Verräge!!!!! :-dagegen
Wat? Das kann doch gar nicht sein. Darf man so kurz befristete Verträge eigentlich machen?

Endspurt
05.08.2005, 09:05
Bin mir auch nicht sicher, ob man das eigentlich darf. Rechtlich ist es vermutlich nicht wirklich zulässig. Aber hier in Giessen an der Uni gibt es jedenfalls definitiv Assistensärzte mit 2 Monatsverträgen!!!! :-((

die chondropathia
05.08.2005, 09:09
Bin mir auch nicht sicher, ob man das eigentlich darf. Rechtlich ist es vermutlich nicht wirklich zulässig. Aber hier in Giessen an der Uni gibt es jedenfalls definitiv Assistensärzte mit 2 Monatsverträgen!!!! :-((
Ein Idiot, wer da zeichnet, IMHO !

fatman
05.08.2005, 18:38
Hey, hab da mal ne frage, v.a. an die Leute, die sich ein wenig mit dem Marburger Bund und den Tarifverhandlungen auskennen: Warum hat der Marburger Bund sein Verhandlungsmandat an ver.di übertragen? Sind die Ärzte nicht in einer ganz anderen Lage als viele, die auch vom Tarifvertrag der Länder mit eingeschlossen werden?
Was haben Ärzte mit einem Angestellten des Finanzamts zu tun. Nichts gegen Angestellte, aber die haben doch meist weder das Problem mit Diensten und 70-Stundenwochen noch mit einem im europäischen Mittel recht niedrigen Gehalt zu kämpfen (korrigiert mich wenn ich mich irre). Natürlich ist es auch für die nicht schön wenn sie 42 Stunden arbeiten müssen und WG und UG wegfällt, aber die Probleme der Ärzteschaft scheinen mir doch ein wenig dringlicher. Wieso arbeiten wir also mit denen zusammen und treten nicht alleine für unsere Interessen ein, so wie das z.B. Piloten oder Fluglotsen auch tun? Ich bin überzeugt dass man als "kleine" spezialisierte Berufsgruppe viel besser seine Interessen vertreten kann als wenn man sich einer (Achtung, wird ein wenig polemisch) großen, trägen und ideologisch belasteten Gewerkschaft anschließt. Was meint ihr dazu?

Hez
06.08.2005, 10:22
Zitat FAZ: "Mit Kundgebungen, einem Demonstrationszug in die Innenstadt und einer Fahrt zum Wiesbadener Landtag wollten sich die Mediziner gegen den geplanten neuen Tarifvertrag wenden, der am 1. Oktober in Kraft treten soll und der mit Lohneinbußen von bis zu 15 Prozent sowie einer unbezahlten Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 42Stunden verbunden sei.."

Bitte was? Unglaublich...

Was mich so ankotzt ( sorry ) ist, dass man von Ärzten immer verlangt, dass sie sich für Patienten aufopfern und keine Forderungen stellen. Sie hätten sich schließlich den Patienten verpflichtet. Ja verdammt nochmal, ein Handwerker hat sich auch den Kunden verpflichtet, und wenn meine (nicht vorhandene ) Waschmaschiene kaputt ist und der Handwerker aber Feierabend hat, dann habe ich schließlich auch Pech gehabt. Wieso denkt man, Ärzte könnten ohne Probleme und für das gleiche Geld immer die gleiche gute Arbeit leisten?
Es geht ja nicht bei jedem Menschen um Leben und Tod, und um diese kümmert man sich ja auch...
Es ist einfach unglaublich...

Goldbeere
06.08.2005, 14:45
Auf ProSieben oder RTL lief in den Nachtnachrichten ein echt guter Bericht in den Nachrichten. Dort wurde wahrheitsgetreu auf alle Missstände aufmerksam gemacht. Es wurde auch gesagt, dass viele Menschen, dass gar nicht so sehen und als PAtienten sich auch keine Gedanken darüber machen. War echt nen super Bericht. Es ist acuh gesagt worden, das nur Chef- und Oberärzte ganz gut verdienen, da nur sie Privatpatienten behandeln dürfen. Auch wurde gesagt, dass Assistenzärzte 1600-1800 € verdienen und 60-80 Stunden die Woche arbeiten.
Auf den drohenden Ärztemagnel wurde auch eingegangen. Es wurde gesagt, dass viele Jungärzte aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen ins Ausland gehen.
War alles in allem ein echt guter Bericht. Fürchte nur, dass den nicht so viele gesehen haben, da es eben schon Mitternacht war...Aber vielleicht ist der Tagsüber auch schon mal gelaufen....
Viele Grüße
Goldbeere

Leelaacoo
06.08.2005, 16:43
38,5 h... :-wow ...WO bitteIch finde nicht mal so sehr die langen Arbeitszeiten so furchtbar schlimm, es ist nun mal so, daß man im KH keine Stechuhr einführen kann...aber daß der Papierkrams mittlerweile über 50% der Arbeit ausmacht ist nimmer normal...wir studieren ja Medizin und nicht Rechnungs/Verwaltungs/etc.-Wesen. :-???
Und die Bezahlung natürlich...wir haben fast nur noch Ärztinnen in unserer Abteilung (natürlich außer dem Chef und den OAs :-??? )...und zuletzt eine Disskussion darüber. Da meinte der OA, es sei ja ganz normal, daß bald nur noch Frauen im KH arbeiten werden, den Männern wäre der Lohn einfach zu wenig...und Frauen haben ja meist einen Partner, der mitverdient...KLASSE!
Unsere Jung-Assis bekommen ca. 1300 - 1500 € netto (neues Schichtmodell)...klar kann davon leben, aber manch ungelernter Arbeiter bringt mehr heim. Und Überstunden sollen zwar abgefeiert werden, aber die Arbeit, die dadurch liegenbleibt, doch bitte trotzdem hopp hopp erledigt werden...und davon ist genug da, will man nicht noch die Visite und den Patientenkontakt komplett streichen. Am besten, man schafft den Patienten komplett ab und schreibt nur noch Zettel...DAS ist die Lösung :-top :-???


LG Lee (wäre in Stuttgart gerne mitmarschiert, war aber nicht im lande)

Endspurt
08.08.2005, 13:58
38,5 h... :-wow ...WO bitteIch finde nicht mal so sehr die langen Arbeitszeiten so furchtbar schlimm, es ist nun mal so, daß man im KH keine Stechuhr einführen kann...aber daß der Papierkrams mittlerweile über 50% der Arbeit ausmacht ist nimmer normal...wir studieren ja Medizin und nicht Rechnungs/Verwaltungs/etc.-Wesen. :-???



Wieso eigentlich keine Stechuhr??

Ich glaube wir sind hier in D einfach schon so an die katastrophalen Arbeitsbedingungen gewöhnt, dass wir es uns "normal" gar nicht vorstellen können.

Hier einige Beispiele, dass es auch anders gehen kann:


Bei einer Famulatur an der Uni-Klinik in Graz, Österreich wurde der Stationsärztin gegen 15:30 Uhr mitgeteilt, dass gleich noch eine Aufnahme auf Station kommen wird. Da antwortete diese der Schwester: "Dann funken Sie am besten gleich mal den Kollegen XY an, der hat nämlich heute Dienst. Ich schaffe die Aufnahme nicht mehr bis 16 Uhr und da habe ich schließlich Feierabend."


Eine andere Famulatur habe ich in der Gynäkolgie in Bozen, Italien gemacht und dort gab es Stechuhren. Und zwar für jeden: Pflegepersonal, Chefarzt, Arzt und Famulant und. und, und....
Es war Pflicht, jeden Mittag mindesten 1/2 Stunde Pause zu machen, zu der man sich ausstechen musste. War das einmal (z.B. wegen einer OP) nicht möglich, dann musste das schriftlich mit Begründung festgehalten werden und vom Chef gegengezeichnet werden.


Bin ja jetzt nicht unbedingt dafür, dass wir in D die Stechuhren einführen sollen und jeder Arzt pünktlich zum Feierabend das Stethoskop fallen lässt. Ich wollte eben nur mal sagen, dass das in unseren Nachbarländern auch anders geht. :-dafür

Notdoc
26.08.2005, 15:51
Und weiter gehts...


Die Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) hat mit einer neuen Streikwelle an Universitätskliniken gedroht, wenn die Bundesländer nicht umgehend Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen einleiten.

http://aerzteblatt.de/v4/news/newsdruck.asp?id=21165