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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was Ärzte Patienten antun



Lava
10.08.2005, 19:27
Sagt mal, habt ihr euch jemals Gedanken darüber gemacht, dass Ärzte Patienten mitunter auch erheblichen Schaden zufügen? Ich meine dabei nicht einmal Pfusch durch vergeigte Operationen oder so, sondern eher alltägliche Dinge. Heute "durfte" ich mit ansehen, wie bei einem Pat eine Lumbaldrainage gelegt wurde. Zuerst versuchte es die PJ-Studentin und nachdem sie zweimal gestochen und die dicke Nadel bestimmt 10cm in den Rücken des armen Kerls geschoben hat, aber nichts als Blut kam, hat es der Stationsarzt versucht. Bestimmt 5 oder 6 mal haben sie die Nadel rausgezogen und wieder reingeschoben und so richtig heftig rumgestochert. Der Patient hat so gebrüllt vor Schmerzen!!! Der hat mir so leid getan! Aber nun waren wir schon mal dabei und die Drainage musste ja irgendwie angebracht werden. Der Pfleger wurde schon nervös und plädierte dafür, einen erfahreneren Arzt zu holen. Letztendlich lag die Nadel doch richtig und eskam nur kein Liquor, weil der Pat ziemlich leer war (hatte auch ne Drainage am Kopf, die Liquor gefördert hat). Jedenfalls fand ich das ganze szenario viehisch. Keine Lokalanästhesie (bringt angeblich nichts, weil sie ja nur oberflächlich wirkt), nix.

Ein anderes Beispiel war ein refraktärer Schizophreniepatient, der uns in der spez Pharma VL vorgestlelt wurde. Der hatte Dyskinesien. Und da saß ich so da und dachte "das haben ihm Ärzte angetan". Sicher mit den besten Absichten, aber ganz offensichtlich wurde er jahrelang (!) ohne Erfolg mit Haldol behandelt...

Froschkönig
10.08.2005, 20:12
Das habe ich mir auch schon oft bei den diversesten praktischen Tätigkeiten gedacht....ein Problem ist jedoch, daß jeder irgendwann mal mit solchen Dingen anfangen muß, sonst sterben die, die es können ja irgendwann aus ;-) Daß dabei sehr oft der Patient derjenige ist, der das Lehrgeld bezahlt ist aber leider allzu wahr. Ein auch sehr gutes Beispiel ist wie ich finde die intravenöse Applikation von dingen wie Furosemid....das wirkt (hoffentlich bekanntlich ;-) ) ototoxisch und sollte daher möglichst langsam appliziert werden. Ein Internist sagte mal zu mir: "Blödsinn, hab ich noch nie erlebt daß jemand davon schwerhörig wurde"...ja klar...denn zu welchem Arzt geht der Patient 2 Wochen später mit Hörverlust ? genau..zum HNO-Kollegen...so manche Maßnahme finde ich schon auch oft vermeidbar bzw. in der Art wie sie durchgeführt wird verantwortungslos....


Gruß,
Der Frosch

Loish
10.08.2005, 20:22
Schlecht gemachte Lumbalpunktionen finde ich auch grausam.... :-oopss :-peng :-(( :-(( :-oopss
Ich leide da richtig mit, und jedes Mal wenn nach nem neuen Rumgeschiebe doch kein Liquor kommt schüttelts mich so richtig.... :-(( Aua, aua, aua, aua... :-(
Andererseits.... irgendwann muss mans halt lernen, und was will man machen?
Man kann nicht immer nur die Leute ranlassen, dies schon super-toll können, sonst lernens die neuen jungen halt auch nie. :-nix

Evil
11.08.2005, 16:13
Keine Lokalanästhesie (bringt angeblich nichts, weil sie ja nur oberflächlich wirkt), nix.
Das ist ganz offensichtlich nicht lege artis.
Bei jeder Spinalanästhesie oder PDA wird vorher örtlich betäubt, natürlich tut das sonst schweineweh!! Ich setz den Patienten da eine Hautquaddel mit 2-3 ml Lokalanästhetikum, so eine richtig fette Beule.

@ Frosch: Wann gibt man denn außer im akuten Lungenödem Lasix i.v.?
Und dann sind Gehörprobleme ja eher zweitrangig...

Pietschie
11.08.2005, 17:11
Ich hab solche Sachen auch schon oft gesehen (schwierige Knochenmarkpunktionen, ZVK's mit x-Versuchen usw.).
Es ist klar, dass wir nur am Patienten lernen können und das es zu Beginn nich gleich alles klappt. Aber wenn ich z.B. 2x was versucht hab (egal was) und es hat nich funktioniert, möchte ich nicht, dass der nächste ankommt und rumprobiert. Ich versuch dann schon jemanden zu finden, von dem ich weiß dass er es kann, damit der Patient nicht noch mal leiden muß.
Den meisten geht es schon dreckig genug, da müssen sie nich noch ewig als Versuchskaninchen herhalten.
Diese Einstellung hat mir aber auch schon den ein oder anderen Tadel eingebracht. Aber ich würd ewige Rumstocherei auch nich ewig mitmachen.

Aber man muß da gar nicht soweit denken. Meist sind Ärzte auch im Umgang mit Patienten nicht sonderlich einfühlsam und hier vor allem die erfahreneren Ärzte.
Da reicht mir schon, wie manche Patienten in Vorlesungen im wahrsten Sinne vorgeführt werden.
Hab neulich auch erlebt, wie ein OA aus der Chirurgie ne Patientin ohne Grund runtergeputzt hat. Er hat sich dann noch so über sie aufgeregt (ohne ersichtlichen Grund), dass er mir hinter ihrem Rücken nen Vogel gezeigt hat.
Noch einer der nich kapiert, dass man Patienten nich dafür bestrafen kann, dass man selbst gestreßt is.
:-meinung
Ein Endlosthema...

@ Evil:
Immer dann, wenn es dem Patienten, aus welchem Grund auch immer, nicht möglich ist, Tabletten zu schlucken. (während und nach Chemotherapien z.B.)

Evil
11.08.2005, 17:14
Immer dann, wenn es dem Patienten, aus welchem Grund auch immer, nicht möglich ist, Tabletten zu schlucken. (während und nach Chemotherapien z.B.)
Langzeittherapie mit Furosemid ist aber auch nicht gerade optimal, da gibt es bessere Diuretika... es sei denn, der Patient ist kurz vor der terminalen NI.

Smartinchen
11.08.2005, 18:26
Aber kann man das nicht wenigstens so machen, wie Pitschie sagt und nach 2-3 Versuchen endlich den Patienten "erlösen"?
Oder einige Dinge, die eigentlich nicht jeder Medizinstudent später machen muss, erst in der jeweiligen Assistenzzeit beibringen?? Zum Beispiel Spinal/Peridural-Anästhesie, gewisse Punktionen, was weiß ich...? Das muss doch z.B. ein Hautarzt sowieso nie machen, oder? Da würd man vielen, vielen Patienten einiges ersparen...

Mir ist auch aufgefallen, dass vor allem ältere Ärzte da sehr abgehärtet sind und Schreie schon garnicht mehr hören (wollen)...
Ich kann das auch nicht haben, wenn ein Patient so leidet :(

FataMorgana
11.08.2005, 18:39
@ Frosch: Wann gibt man denn außer im akuten Lungenödem Lasix i.v.?

Herzinsuffizienztherapien werden meiner Erfahrung nach häufig mit Furosemid i. v. eingeleitet. Und das nicht nur, wenn es bereits bis zum Lungenödem gekommen ist! Furosemid i. v. ist halt gut nach Bilanz steuerbar, die orale Bioverfügbarkeit ist mies und Torasemid ist einfach viel teurer.

Lava
11.08.2005, 19:10
Jepp, Schleifendiuretika sind indiziert ab NYHA III und ab NYHA III, wenn Thiaziddiuretika allein es nicht bringen.

Hm, also werd ich das wenn möglich mal probietren mit LA vor Lumbalpunktion. Vielleicht sollte ich mir das mal von einem Anästhesisten zeigen lassen.


Mir ist auch aufgefallen, dass vor allem ältere Ärzte da sehr abgehärtet sind und Schreie schon garnicht mehr hören (wollen)...

Das stimmt zwar, aber ich hab eingesehen, dass es auch bis zu einem gewissen Grad absolut notwendig ist. Es lässt sich nicht umgehen, Patienten weh zu tun und deshalb MUSS man es ab können, wenn sie jammern. Beim Blut abnehmen oder Zugang legen darf man auch keine Hemmungen haben, ein bisschen herumzustochern, wenn man die Vene nicht gleich trifft. Früher konnte ich das auch nicht mit ansehen, aber es erspart eventuell einen weiteren Piekser. :-top

Froschkönig
11.08.2005, 20:21
@ Frosch: Wann gibt man denn außer im akuten Lungenödem Lasix i.v.?
Und dann sind Gehörprobleme ja eher zweitrangig...
Äh...so ziemlich bei jeder dekompenisierten Herzinsuffizienz ??? Und ich finde nicht daß gehörprobleme zweitrangig sind nur weil du meinstest du müßtest das lasix in 3 sekunden statt innerhalb von 2 minuten applizieren.....

20charlotte06
12.08.2005, 15:53
Bei uns auf Station wurde neulich dann auch mal festgestellt: Hey, Combi mit Lasix zusammen am ZVK bewirkt, dass Lasix ausflockt und mal ganz schnell den gesamten Zugang dichtmacht - ist ja aber auch egal, schließlich hats keiner gemerkt, Patient lag eh halb im Koma - was solls also?!?

milz
12.08.2005, 21:20
Es ist eigentlich ganz einfach: Behandle die Leute so, wie du dich selbst oder deine Angehörigen behandelt sehen willst. Kann doch nicht so schwer sein! Einfach mal annehmen, das wär jetzt die eigene Oma, die man vor sich hat. Würde man mit der auch so umspringen?


Bei uns auf Station wurde neulich dann auch mal festgestellt: Hey, Combi mit Lasix zusammen am ZVK bewirkt, dass Lasix ausflockt und mal ganz schnell den gesamten Zugang dichtmacht - ist ja aber auch egal, schließlich hats keiner gemerkt, Patient lag eh halb im Koma - was solls also?!?
Sollte man eigentlich wissen! In dem Krankenhaus wo ich war gabs auf der IPS eine Liste, mit den Sachen, die sich nicht vertragen. Würde dort mal nachfragen. In der Allgemeinen Pharma hat uns über solche Interaktionen leider auch keiner was erzählt (Oder wo sonst könnte das Erwähnung finden?) Dafür wird aber jeder andere unwichtigste Scheiß gelesen, den man sich mühelos aus dem Lehrbuch aneignen kann. Das Studium macht einen wirklich fit für die Praxis, hab ich manchmal den Eindruck... :-keks

ehemalige Userin 24092013
12.08.2005, 23:13
Lasix und Heparin zusammen geht aber über einen Schenkel.


(nur mal so als Hinweis, wenn man net mehr weiss, wo noch was an zu basteln geht...)


Wobei es da auch wieder schwankt, ich hab mal gesehen, dass auf keinen Fall Lasix und Actrapid zusammen sein durfte, einzeln durfte jedes aber mit jedem laufen.....

20charlotte06
13.08.2005, 09:09
Ja, der arme Kerl hatte dann einen zweischenkligen ZVK und zusätzlich noch ne Braunüle.

Neely
13.08.2005, 14:22
Es ist eigentlich ganz einfach: Behandle die Leute so, wie du dich selbst oder deine Angehörigen behandelt sehen willst. Kann doch nicht so schwer sein! Einfach mal annehmen, das wär jetzt die eigene Oma, die man vor sich hat. Würde man mit der auch so umspringen?


Aber wenn man an Angehörige denkt, ist man dann nicht zu sehr gehemmt? Mit wurde beim Blutabnehmen einmal erzählt, am meisten tue man dem Patienten weh, wenn mann zu gehemmt und ängstliche rangehe, entweder man mache es ordentlich oder gar nicht. Sobald Gefühle wie Angst, Hemmung und MitLEID ins Spiel kommen, verliert man doch die Konzentration oder? Mit Schweißperlen auf der Stirn und Nervosität fängt man an zu zittern und unpräzise zu arbeiten, das weiß ich nicht, weil ich schon so viel medizinische Erfahrung habe, aber in allen anderen Bereichen ist es genau so. Wenn man ein Instrument spielt und den ersten Fehler macht, ist man oft nur noch am Stolpern und wird immer nervöser, das muss man psychisch ausblenden können, um erfolgreich zum Ende zu kommen. Glaube ich zumindest.

HonorisCausa
13.08.2005, 15:20
... Mit Schweißperlen auf der Stirn und Nervosität fängt man an zu zittern und unpräzise zu arbeiten, das weiß ich nicht, weil ich schon so viel medizinische Erfahrung habe, aber in allen anderen Bereichen ist es genau so. ....


ohne Worte ;-)

Evil
14.08.2005, 16:04
Äh...so ziemlich bei jeder dekompenisierten Herzinsuffizienz ??? Und ich finde nicht daß gehörprobleme zweitrangig sind nur weil du meinstest du müßtest das lasix in 3 sekunden statt innerhalb von 2 minuten applizieren.....
Also, wenn das ein akuter Notfall ist, und der Patient gerade massive Atemprobleme hat, dann ist mir das Gehör im Moment nicht so wichtig, das meinte ich. Ansonsten hast Du natürlich recht.

@ Fata: Daß Schleifendiuretika i.v. gegeben werden, habe ich wie gesagt nur bei akuten Lungenproblemen bislang erlebt... kann man ansonsten die Therapie nicht oral einleiten?

FataMorgana
14.08.2005, 16:10
@ Fata: Daß Schleifendiuretika i.v. gegeben werden, habe ich wie gesagt nur bei akuten Lungenproblemen bislang erlebt... kann man ansonsten die Therapie nicht oral einleiten?

Man kann, tut aber oft nicht. Die Probleme habe ich ja schon genannt: Furosemid hat eine schlecht und vor allem inkonstante orale Bioverfügbarkeit. Mit Torasemid haben viele Ärzte Berührungsängste, da sie es noch nicht so gut kennen, die Dosis nicht so gut einschätzen können und es zudem teuer ist. Und zu guter letzt ist auch ein rascher Therapieerfolg nötig, damit die Patienten zufrieden sind und so schnell wie möglich wieder entlassen werden können (die DRGs lassen grüßen). Das erreicht man nun mal mit häufiger Bilanz und dementsprechender Anpassung der i.v.-Furosemiddosis am besten. Die Wirkung setzt eben so ziemlich unmittelbar ein, so dass man vor Dienstende noch schnell das Lasix spritzen kann. Würde man eine Torasemidtablette verordnen, müsste der Patient die halbe Nacht zur Toilette rennen.