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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unterscheidung Pneumonie/ akute Bronchitis



Tse Tse
30.08.2005, 08:57
Ich habe Schwierigkeiten zwischen einer Pneumonie und einer gewöhnlichen akuten Bronchitis zu unterscheiden. Hat denn jemand von euch einen Tipp, auf was ich bei der Auskultation und Anamnese achten muss ?
Ich finde das ähnelt sich beides sehr.
Das andere ist, manchmal fängt man doch schon mit einer Antibiotika-Therapie an, ohne dass der Erreger-Nachweis da ist. Aber wie unterscheide ich vorab zwischen bakterieller und viraler Pneumonie ?

Grüße Tse

Evil
30.08.2005, 16:22
Bei einer Pneumomie hast Du in der Regel einen akuten, hochfieberhaften Verlauf, CRP- und Leuko-Anstieg, feuchte RG's und Infiltrate im RöThx.

Unterteilt wird in ambulante und nosokomiale Pneumonien (und Immunstatus des Pat), dafür gibt es dann jeweils Therapieschemata wegen der Antibiotika.

Virale oder atypische bakterielle Pneumonien weichen klinisch schonmal von diesem Bild ab, genauso wie Bronchitiden. Oft haben die Patienten aber Grunderkrankungen, die zu einer Bronchitis disponieren (COPD, Bronchiektasen), was dann die Diagnose vereinfacht.

Und eine akute virale Bronchitis ist in der Regel vom klinischen Verlauf her nicht so schwer, gelegentlich gibt man aber auch dann ein AB, um eine Superinfektion zu verhindern.

ernestine
03.09.2005, 11:29
Kann man das nicht auch anhand unterschiedlicher Röntgenbilder festmachen? Atypische Pneumonie: ausgeprägter nicht lobulärer Befund, bds. flekkig- netzartig diffuse Infiltrate
Pneumokokken Pneumonie: lobäre, scharf begrenzte Verschattung

FataMorgana
03.09.2005, 15:59
Ich habe Schwierigkeiten zwischen einer Pneumonie und einer gewöhnlichen akuten Bronchitis zu unterscheiden. Hat denn jemand von euch einen Tipp, auf was ich bei der Auskultation und Anamnese achten muss ?

Da hast nicht nur Du Schwierigkeiten, das ist einfach schwierig. Die Anamnese kann hier nicht wirklich weiterhelfen. Natürlich ist es so, dass der schwerer kranke Patient mit Schüttelfrost, hohem Fieber, schwerem Krankheitsgefühl usw. häufiger eine Pneumonie hat als der leichter kranke Patient. Eine sichere Unterscheidung ist so aber keinesfalls möglich.

Bei der Auskultation kann man, wenn man Glück hat, sog. pneumonische Rasselgeräusche hören. Das sind feuchte RGs, die "ohrnah" oder "klingend" beschrieben werden. Man kann dies nur lernen, indem man immer wieder selbst am Patienten übt und die RGs mit radiologischen Befunden korreliert. Es gibt diese pneumonischen RGs wirklich. Ich habe sie relativ selten bei Patienten mit einer Pneumonie hören können. Wenn sie aber da sind, ist die Diagnose so gut wie gesichert.

Oftmals ist der Auskultationsbefund auch bei Patienten mit Pneumonie unspezifisch, d. h., man hört z. B. ein verschärftes Atemgeräusch ("bronchitische RGs") oder unspezifische feuchte Rasselgeräusche.

In vielen Fällen wird daher die Diagnose der Pneumonie erst radiologisch durch den Nachweis eines Infiltrats gestellt. Aber auch das ist nicht so sicher, wie es klingt.

In der Praxis bleibt es oft bei einer Gruppierung wie "bronchopulmonaler Infekt", ohne dass man sich genau festlegt.


Das andere ist, manchmal fängt man doch schon mit einer Antibiotika-Therapie an, ohne dass der Erreger-Nachweis da ist. Aber wie unterscheide ich vorab zwischen bakterieller und viraler Pneumonie ?

Gar nicht. Die meisten Pneumonien sind bakteriell. Daher wird eine Pneumonie immer antibiotisch behandelt. Auch bei einer viralen Pneumonie ist dies sinnvoll, da bakterielle Superinfektionen häufig vorkommen. Wenn man Glück hat, gelingt bei einer viralen Pneumonie z. B. der Erregernachweis aus einem Rachenabstrich (z. B. Influenza), oder der indirekte serologische Nachweis (z. B. CMV, Masern).

Bei den bakteriellen Pneumonien wird ja auch meist kein Erreger nachgewiesen. Sputumkulturen sind meist wenig ergiebig. Ich weiß nicht, ob es überhaupt Sinn macht, sie anzulegen. Blutkulturen sollte man bei einer mit Fieber einhergehenden Pneumonie immer abnehmen, aber nur in 25-30% wächst auch tatsächlich ein Erreger. Die sicherste Methode des Erregernachweises ist die Kultur aus einer BAL, aber das ist doch schon ein recht invasives Vorgehen, das man sicherlich nicht jedem Patienten mit einer Pneumonie angedeihen lassen kann und möchte.

Ja, es gibt Faustregeln, aber wie viel taugen diese wirklich? Bei bakteriellen Pneumonien ist das CRP oft sehr hoch, aber nicht immer. Auch können einige Viren (z. B. Adenoviren) eine starke CRP-Erhöhung verursachen. Eine Neutrophilie mit Linksverschiebung könnte man als einen relativ deutlichen Hinweis in Richtung einer bakteriellen Genese werten, aber diese kann auch fehlen.

Man sieht, es ist nicht so einfach, wie es im Lehrbuch klingt. Letztlich macht es aber therapeutisch keinen so großen Unterschied, welche Diagnose letztendlich zutrifft. Das wesentliche Problem dabei ist, dass Patienten mit nicht-bakteriellen Bronchitiden zu häufig eine antibiotische Therapie erhalten. Bei einer Pneumonie (egal welcher Genese) und einer akuten bakteriellen Bronchitis ist dagegen eine Behandlung mit Antibiotika immer indiziert, daher macht es keinen so großen Unterschied. Wichtig ist hier dann vielmehr, wie Evil schon angemerkt hat, die Unterscheidung zwischen ambulant erworbener (CAP = community acquired pneumonia) und nosokomialer Pneumonie, weil die Auswahl der Antibiotika sich unterscheidet.

Zu dem Problem der unnötigen Antibiotikatherapie bei nicht-bakterieller Bronchitis gibt es einen interessanten neuen Ansatz, bei dem die Notwendigkeit einer antibiotischen Behandlung anhand der Bestimmung von Procalcitonin abgeschätzt wird (letztes Jahr im Lancet erschienen: Christ-Crain M, Jaccard-Stolz D, Bingisser R, Gencay MM, Huber PR, Tamm M, Muller B.: Effect of procalcitonin-guided treatment on antibiotic use and outcome in lower respiratory tract infections: cluster-randomised, single-blinded intervention trial. Lancet. 2004 Feb 21;363(9409):600-7. )

Tse Tse
04.09.2005, 10:21
Danke für eure Antworten !
Ich drucke mir die aus und überklebe damit die Seite in meinem Leerbuch.