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Lava
31.08.2005, 17:35
1. Allgemeine Daten zur Klinik
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- Stadt: Freiburg
- Klinik: Universitätsklinik, Neurozentrum
- Abteilung: Allgemeine Neurochirurgie
- Chefarzt: Prof. Dr. Zentner
- Ansprechpartner: Frau Weisel, Sekretariat, e-mail: [email protected], Tel: 0761/270-5012 (Anruf genügt)
- Postalische Adresse der Klinik: Neurozentrum, Breisacher Str. 64, D-79106 Freiburg i.Br.
- Internetadresse der Klinik: http://neurochirurgie.uniklinik-freiburg.de/


2. Betreuung und Arbeitsklima
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- Von wem wurdest du betreut?
Jeder Famulant wurde einer Station zugewiesen und da wurde ich hauptsächlich von den beiden Assistenzärzten betreut. Ich durfte bei allem dabei sein, was sie auf Station gemacht haben: Visite, Aufklärungen und verschiedene kleinere Eingriffe wie Minibohrlöcher, ZVK legen oder Lumbalpunktionen. Als Famulant hat man eigentlich Narrenfreiheit, d.h. ich durfte wann immer ich wollte in den OP gehen. Dort habe ich dann jeden mit Fragen gelöchert, der mir über den Weg lief und so aussah, als würde er mir Fragen beantworten wollen.

- Wie schätzt du die Betreuung ein?
Ich schätze die Betreuung ausgezeichnet ein. Die beiden Assis meiner Station waren supernett, haben mir sehr viel erklärt und gezeigt und hatten eigentlich immer ein offenes Ohr für mich. Im OP habe ich wie schon erwähnt auch oft anderen über die Schulter geschaut und sie ausgefragt. Besonders positiv möchte ich dabei den leitenden Oberarzt, Dr. Rosahl, hervorheben, der mir wirklich immer meine Fragen beantwortet hat. Selbst bei schwierigen Operationen hat er sich teilweise die Zeit genommen, mir am Bildschirm die Topographie zu erklären.

- Gibt es Famulanten oder PJler auf Station im Haus?
Ja, es gab eine PJlerin, die mir ebenfalls viel erklärt und gezeigt hat und drei andere Famulanten. Da die allgemeine Neurochirurgie insgesamt 5 Normal- und eine Intensivstation hat, haben wir uns gegenseitig keine Arbeit weggenommen.

- Wie war der Umgang im Team?
Neurochirurgie ist ein extremes Fach und bisweilen trifft man hier auf extreme Charaktere. Unser Stationsarzt z.B. hatte schon einen sehr ruppigen Ton am Leib teilweise, war aber im Grunde trotzdem ein netter Kerl, von dem man viel lernen konnte, wenn man sich erstmal seinen Respekt erarbeitet hatte. Der Chef selbst ist sympathisch, wenn er gut gelaunt ist, aber im OP ist er ein ausgesprochener Choleriker. Im Grunde seines Herzens ist er aber kein böser Mensch.
Ich habe mich alles in allem wirklich sehr wohl im Team gefühlt und wurde von den meisten gut aufgenommen. Nach einiger Zeit merkt man aber schon, dass insbesondere unter den Assistenten ein gewisser Konkurrenzkampf herrscht. Als Famulant hat man damit aber eigentlich keine Probleme. Was die Oberärzte angeht, merkt man auch schnell, wem man Fragen stellen kann und wem man eher ein Klotz am Bein ist. Richtig unfreundlich war nie jemand zu mir.
Ganz besonders toll fand ich auch das Pflegepersonal auf meiner Station. Nachdem ich mich brav am ersten Tag jedem vorgestellt hatte, waren alle sehr freundlich zu mir.
Das OP Personal war, wie man es wohl aus jedem OP kennt: am Anfang wird man erstmal alle 2 Minuten darauf hingewiesen, dass man sich gefälligst fern halten solle von allen blauen Tüchern. Nachdem ich aber auch hier ab und zu mit einer helfenden Hand zur Seite stand, wenn die Springer gerade mal überfordert waren, war die Atmosphäre gut. Man sollte sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen, aber auch nicht so tun, als wüsste man schon alles über das Verhalten im OP. Fragen stellen kommt immer gut an.


3. Praktische Tätigkeiten / Aufgaben / Tagesablauf
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- Welche Vorkenntnisse hattest du?
Ich hatte 4 klinische Semester hinter mir, allerdings noch keinen Chirurgiekurs. Am hilfreichsten waren meine Kenntnisse in Chirurgie durch meine erste Famulatur, Neurologie durch den Neurokurs inkl. Untersuchungskurs und Pharmakologie.

- Dein Aufgabengebiet
Im Prinzip das Übliche: Blut abnehmen, Zugänge legen, Verbandswechsel, Drainagen ziehen, Aufnahmen. Wenn man einen Patienten aufgenommen hat, gehört es dazu, den Fall auch kurz in der Nachmittagskonferenz vorzustellen. Ich halte das für eine exzellente Übung, sich auf die wichtigen Fakten zu beschränken und strukturiert vorzutragen.


- Arbeitszeiten
Der Stationsbetrieb beginnt um 7Uhr und meistens hab ich so zwischen 16 und 17:30Uhr den Heimweg angetreten. 9 oder 10 Stunden Arbeit waren es eigentlich jeden Tag. Wenn es abends noch eine besondere Fortbildung gab, ging es auch mal bis 19Uhr. Selbstverständlich sind diese Arbeitszeiten kein Zwang. Man kann im Prinzip kommen und gehen, wann man will, aber wenn man was lernen will, muss man etwas länger bleiben. ;-)

- Beschreibe kurz deinen Tagesablauf
Um 7Uhr findet die Übergabe statt, bei der die Pflege kurz von den Patienten berichtet. Um 7:30Uhr ist der wichtigste Termin des Tages: die Morgenkonferenz. Da sind alle Ärzte inkl. Chef und einem Oberarzt aus der Neuroradiologie anwesend. Zuerst werden die Fälle aus dem Nachtdienst und Chirurgie Dienst besprochen, danach gibt es ein kurzes Update über alle Patienten der Intensivstation. Anschließend wird der OP Plan für den Tag vorgelesen und unklare Fälle noch mal kurz besprochen. Die Frühbesprechung dauert in der Regel eine bis anderthalb Stunden. Danach waren wir immer frühstücken und ich habe auf Station erledigt, was es zu erledigen gab: Blutabnahmen und Zugänge legen. Nach 10Uhr trudeln so langsam die Aufnahmen ein, aber sehr oft hat man wenig bis nichts zu tun und hängt herum. Deshalb bin ich nach den Blutabnahmen fast immer in den OP gegangen. Dort gibt es 4 Säle, in denen pro Tag jeweils 2 bis 3 OPs stattfinden. Auf dem OP Plan habe ich mir die interessanten Sachen herausgesucht und sie mir meist von Schnitt bis Naht angesehen. Nach dem Mittagessen bin ich zurück auf die Station gegangen, um vielleicht noch einen Neuzugang aufzunehmen. Um 14Uhr ist normalerweise Visite – aber da der Stationsarzt und die Oberärzte zu der Zeit oft noch im OP sind, wird die Visite nicht selten nach hinten verschoben. Um 15Uhr dann der zweitwichtigste Termin des Tages: die Nachmittagskonferenz. Hier werden alle neu aufgenommenen Patienten und die OP Fälle für den nächsten Tag besprochen. Da kann man als Famulant glänzen, wenn man seinen eigenen Patienten vorstellt. ;-) Die Nachmittagskonferenz dauert auch oft eine Stunde, direkt anschließend ist Visite mit dem gesamten Ärztepack auf der Intensivstation. Eine ziemlich sinnlose Aktion, wie ich finde. Die mehr als 20 Weißkittel passen nicht mal alle in die Zimmer hinein und als Famulant hat man auf der Intensivstation eh wenig zu suchen und kennt die Patienten kaum. Wie schon erwähnt kam nach der ITS Visite oft noch die Visite auf der Normalstation. Wenn da irgendwas angeordnet wurde, z.B. Verbandswechsel oder Anmeldungen für Konsile und Untersuchungen, haben die Assis und ich das noch erledigt und dann war mein Tag zu Ende.

4: Drumherum
Die Aufnahmen sind im Prinzip sehr einfach: eine kurze Anamnese zum aktuellen Problem und danach eine relativ grobe neurologische Untersuchung. Oft sind die Patienten schon bekannt, so dass man sich eine lange Anamnese sparen kann und neurologische Feindiagnostik mit Stimmgabel oder dergleichen wird auch nicht verlangt.
An Operationen gab es eigentlich immer spannende Sachen zu sehen. Das Übliche sind natürlich Bandscheibenvorfälle und Spinalkanalstenosen, aber daneben eben auch Hirntumore wie Meningeome, Glioblastome, Kavernome, Neurinome und Metastasen, Hypophysentumoren, Hämangiome am Rückemark, Läsionektomien bei Epilepsie und so weiter. Hirnblutungen werden auch versorgt, aber da die als Notfälle eintreffen, muss man „Glück“ haben, eine miterleben zu dürfen. Ich hatte einmal das Glück, bei so einer Not-OP zusehen zu können.
Dreimal durfte ich auch assistieren. Das mit dem Assistieren ist aber nicht selbstverständlich. Einerseits weil Eingriffe am ZNS immer heikel sind und andererseits weil die Assistenten operieren müssen, um ihren Katalog voll zu bekommen. Als Famulant bleibt einem also nur übrig, dem Chef oder einem Oberarzt bei den Privatpatienten zu assistieren…
Wenn man mal an den Tisch möchte, muss man denjenigen ansprechen, der den OP Plan erstellt und das ist meistens Dr. Rosahl. Wenn man den ordentlich nervt, setzt er einen irgendwann auf den Plan. ;-) Eine andere Möglichkeit ist, den operierenden Assi zu fragen, ob man an den Tisch darf und dann den assistierenden Facharzt fragen, ob der einverstanden ist. Zwar übernimmt der Facharzt irgendwann die Assistenz, wenn die OP in die heiße Phase kommt, aber man darf eventuell am Ende nähen.
Es bleibt noch zu sagen, dass man viel machen darf, wenn man nur danach fragt!!! Ich beiße mir bis heute in den Hintern, dass ich nicht mit mehr Nachdruck gefragt habe, ob ich mal einen ZVK legen, lumbal punktieren oder gar ein Minibohrloch machen darf. Ich hätte nämlich gedurft, nur ergab sich dann leider keine Möglichkeit mehr gegen Ende meiner Famulatur. Wie gesagt: erstmal muss man zeigen, dass man was drauf hat und wenn man das Vertrauen der Ärzte genießt, darf man solche Sachen machen. Fragen, frage, fragen! Man hat nichts zu verlieren.

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- Verpflegung
Muss man alles selbst bezahlen. Das Personalcasino befindet sich gegenüber der Klinik. Ein Mittagessen mit Vorsuppe und Salat kostet 3€, ein belegtes Brötchen in der Cafeteria zwischen 0,69€ und 2,10€ und ne Butterbrezel 70 Cent.

- Möglichkeit der Unterkunft für Auswärtige/Verkehrsanbindung
Es gibt für Auswärtige die Möglichkeit, im Schwesternwohnheim zu wohnen. Oder man sucht sich etwas über das Studentenwerk oder mietet sich zur Zwischenmiete in einer WG ein.

- Arbeitskleidung
Wird gestellt. Sogar mit Namensschild.

5: Resümee / Fazit
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- Was hat dir sehr gut gefallen?
Ich hab mich superwohl dort gefühlt! Meine beste Famulatur bisher. Wenn ich könnte, würde ich morgen dort anfangen zu arbeiten. Ich hab viel gesehen, einiges gelernt und es war einfach nie langweilig! Man hat sich gut um mich gekümmert und vielleicht war ich sogar eine kleine Hilfe manchmal. Ich wäre gern noch länger geblieben und auch die Ärzte hätten sich darüber gefreut, aber leider ging das zeitlich nicht.

- Was hat Dir überhaupt nicht gefallen?
Hmm… ich hätte gern öfter am Tisch gestanden im OP. Aber ich verstehe auch, dass das nicht so leicht möglich ist. Sonst war alles gut.

- Wenn Du Deinen "Zustand" (emotional und in Bezug auf fachliche Kenntnisse) vor dem ersten und nach dem letzten Tag vergleichst, wie würdest Du die Entwicklung während der Famulatur einschätzen?
Ich habe vieles gelernt. Zum Beispiel konnte ich vor der Famulatur nicht mal ein CT von einem MRT unterscheiden, während ich nach 4 Wochen zweimal täglich Konferenz mittlerweile T1 von T2 gewichteten Aufnahmen unterscheiden kann, Kontrastmittelaufnahmen erkenne und auf den Bildern auch was sehe, z.B. Vorfälle, Stenosen, Tumoren, Ödeme, Blutungen oder Zysten.
Im OP habe ich viel gelernt durch Fragen stellen oder Zuschauen: wie man bei bestimmten Operationen vorgeht, einige Besonderheiten der NCH und ein kleines bisschen Instrumentenkunde.
Neurologische Untersuchen konnte ich ein wenig üben und das Vorstellen von Patienten in einer Konferenz.
Außerdem bin ich insgesamt einfach sicherer geworden im Umgang mit Patienten, Ärzten und dem Pflegepersonal. Ich komme mir nicht mehr ganz so doof und störend vor.

- Dinge, die Dir sonst noch so spontan einfallen, sind z.B. [...]
Eine sehr empfehlendwerte Stelle für eine Famulatur, wenn man sich ein bisschen für Chirurgie und Neurologie interessiert! Allerdings empfehle ich dringend, dies erst im späteren Verlauf des Studiums zu machen. Dann hat man einfach mehr davon! Je mehr man nämlich schon kann, umso mehr darf man auch machen und umso mehr nimmt man an Wissen mit.