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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Anfallsleiden in Schwangerschaft



HonorisCausa
25.09.2005, 21:36
Mir zittern immer noch die Hände, weil ich gerade vom Dienst komme und wir einen Vorfall hatten:

Junge schwangere Patientin mit Hydrocephalus und bekannter Epilepsie in der 28 Schwangerschaftswoche klingelt und sagt: "Mir ist so schwindelig, ich glaube ich brauche jetzt mein Diazephan aber bitte nicht so viel sonst verliere ich mein Augenlicht"

Nur eine Minute später bietet sie einen fokalen Krampfanfall der etwa fünf Minuten dauert. Nach den ersten Maßnahmen wie Medikamenten und Pulsoxi,CTG,... krampft sie ein weiteres Mal, wieder etwa fünf Minuten...
Nachdem die Situation sich so verschärft hat kommt sogar der Herzalarm. Nach weiteren fünf Minuten stabilisiert sich die Situation, zumindest subjektiv, da kein EEG bis jetzt beweisen konnte, ob der Anfall wirklich zu Ende ist... Patientin wird etwas später Verlegt und vermutlich intubiert...

Kennt ihr vergleichbare Situationen (Schwangerschaft und Epilepsie)?
Wie sind die Chancen?
Was passiert mit dem Kind?

Leggo1
08.10.2005, 01:30
Kennt ihr vergleichbare Situationen (Schwangerschaft und Epilepsie)?
Wie sind die Chancen?
Was passiert mit dem Kind?

Wenn beim Anfall eine Hypoxie entsteht und solche Anfälle gehäuft auftreten, kann dies durchaus eine Gefährdung für das Kind darstellen. Da muss man dann das teratogene Risiko der Antiepileptika mit dem Risiko durch die Anfälle aufwiegen.

Rico
08.10.2005, 13:19
Kann mir mal einer erklären, wieso es bei einem fokalen Anfall zur Hypoxie kommen soll (außer das Atemzentrum krampft, was ja eher selten ist ;-))? Oder hat sie dann sekundär generalisiert gekrampft?
Ich glaub, unser Herzalarmteam hätte einem den Defi über den Schädel gezogen, wenn die wegen einer fokal krampfenden Patientin durch's Haus gejagt worden wären...

HonorisCausa
08.10.2005, 14:14
Kann mir mal einer erklären, wieso es bei einem fokalen Anfall zur Hypoxie kommen soll (außer das Atemzentrum krampft, was ja eher selten ist ;-))? Oder hat sie dann sekundär generalisiert gekrampft?
Ich glaub, unser Herzalarmteam hätte einem den Defi über den Schädel gezogen, wenn die wegen einer fokal krampfenden Patientin durch's Haus gejagt worden wären...

Grundsätzlich waren in ihrer Historie nur fokale Anfälle bekannt, aber so wie sich der Anfall darstellte muss das ein generalisierter gewesen sein.
Alles was ich danach noch herausfinden konnte ist, dass es sich wohl um einem Status Epilepticus gehandelt hat, trotzdem hat man das auch ohne Intubation hinbekommen...

Tombow
08.10.2005, 15:19
Ich habe bisher eine Patientin gesehen, die trotz behandlungspflichtiger Epilepsie zwe gesunde Kinder geboren hat. Daß dies nicht als Regelfall angesehen werden kann, ist mir klar. Allerdings scheint das Problem doch verhältnismäßig gut erforscht zu sein und es sind zum Teil auch Leitlinien (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15948072&query_hl=8) zur Epilepsiebehandlung in der Schwangerschaft ausgearbeitet worden(siehe auch hier (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15610193&query_hl=8) , hier (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15557546&query_hl=8) und hier (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15379300&query_hl=8))

Dabei setzt sich die Problematik aus drei Faktorenkomplexen zusammen:
1. Behandlungsbedürftigkeit der Epilepsie bei der Mutter - man kann wohl schwer einer Patientin in der Schwangerschaft ihre Medikation verweigern oder sie zu weit herunterdosieren. Das wäre sowohl für Mutter als auch für das Kind gefährdend.
2. Effekte der Antikonvulsiva auf das Embryo/Foetus/Neugeborene - Einige Antiepileptika sind bekannt für ihre teratogene Wirkung. Anderes Problem ist das neonatale Entzugssyndrom, falls die Mutter während der Schwangerschaft bestimmte Antiepileptika eingenommen hat. Dies könnte auch Anfälle bei ansonsten gesunden neugeborenen triggern oder zu psychomotorischen Auffälligkeiten führen. Auch gehen einige Antiepileptika in die Muttermilch über.
3. Epilepsie und Schwangerschaft - Schwangerschaft ist(um meinen Gyn-Prof zu zitieren "ein Ausnahmezustand für das Organismus der Mutter"). Daher ist es kein Wunder, daß manchmal erst die Schwangerschaft einen erstmaligen Anfall triggern kann oder eine bestehende Epilepsie verschlechtert. Und eine (Prä)eklampsie führt oft zu Anfallartigen Zuständen.

Generell ist aber eine Epilepsie keine Kontraindikation (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=12821994&query_hl=8) für eine Schwangerschaft, jedoch erfordert sie eine besondere Versorgung. Und, last but not least, es gibt auch Schwangerschaften mit weitaus höherem Risiko, die heute eher als die Regel angesehen werden und erfolgreich versorgt werden.