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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Physiologie: Herz Kreislauf



sunny03
26.09.2005, 10:10
Ich sitze vor meinem Physiobuch und lese mir zum x-ten Mal Herz- und Kreislaufsystem durch, verstehe aber in ein paar Punkten momentan irgendwie nur Bahnhof :-nix :-blush

Also ich habe per Suchfunktion schon einen Thread "Strompuls vs. Druckpuls" gefunden, allerdings verstehe ich noch nicht wirklich den Unterschied. Es wäre ganz lieb, wenn mir jemand erklären könnte, worum es sich dabei handelt und warum beide sich von Aorta zur Peripherie wie verändern.
In einem anderen Buch bin ich in dem Zusammenhang übrigens auch auf den Begriff "Pulswellengeschwindigkeit" gestoßen, was mir dann den Rest gegeben hat, weil ich jetzt nicht wusste, ob dieser Begriff identisch mit Strom- oder Druckpuls ist (weiß nur das besagte Geschwindigkeit schneller ist als die Strömungsgeschwindigkeit) :-nix :-nix
Was ich auch nicht ganz verstehe: warum der mittlere Blutdruck von der Aorta zu den großen Arterien hin abfällt, aber der systolische Druck in den großen Arterien (z.B. A. femoralis) größer als in der Aorta ist.

Ich weiß, es sind viele Fragen -die manch einem bestimmt dumm/lächerlich vorkommen- aber Physio (v.a. Kreislauf) ist nicht gerade meine Stärke und ich möchte wirklich versuchen das ganze auch zu verstehen (wobei mich das Durchlesen des Kapitels in sämtlichen Physiobüchern nur noch mehr verwirrt hat...).
Bin für jegliche Erklärungen dankbar ;-) :-top

SidVicious
26.09.2005, 10:24
Hi,

da kann ich nur sagen KEINE AHNUNG! Hab ich auch noch nie verstanden.
Auf wissende Antworten bin ich gespannt.

Gruß
SidVicious

Zoidberg
26.09.2005, 10:53
zu Druck vs Strompuls: stell dir das wie beim Armdrücken vor, die beiden Kontrahenten strengen sich an und beide drücken ihre Arme gegeneinander. Wenn nun sich die Arme zur Seite senken, weil einer der beiden stärker ist, entspricht das dem Strompuls, da sich dort auch zwei Kräfte überlagern, die Welle hin und die reflektierte Welle zurück und somit der Strompuls geringer ist, als die maximale Welle. Der Druckpuls entspricht dem Druck, den beide Armdrücker zusammen aufbringen, die Kräfte addieren sich also.

Herr_Kaffeetrinken
26.09.2005, 10:55
nagut, ich versuch es mal.
Also der Strompuls ist bezieht sich auf die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes, der Druckpuls auf den Blutdruck.
Da der Blutauswurf aus dem Herzen nicht gleichmäßig, sondern intermittierend geschieht, kommt es zu veränderungen der Stromstärke. Kurz vor Ende der Systole kommt es zu einem kurzzeitigen Rückstrom des Blutes, da sich die Aortenklappe schließt, zu erkennen an der Inzisur.

Um doch einen möglichst kontnuierlichen Blutstrom vom Herzen zu gewährleisten, sollte man an die Windkesselfunktion der Aorta denken. Diese verhindert das Abfallen das Druckes nach der Systole auf nahezu null. So erhalten wir einen systolischen (max Druck in der Systole) und den diastolischen Druck (Druck Beginn des systolischen Druckanstiegs). Die Differenz ist jetzt die Blutdruckamplitude. Der mittlere Blutdruck ist der Mittelwert über eine bestimmte Zeit und liegt näher am diast. Druck (Dauer der Diastole!).

Auch beim Druckpuls lässt sich herznah eine Inzisur feststellen, herzfern hingegen verschwindet sie. Hier finden wir als typisches Merkmal die Dikrotie. Dies kommt durch in der Peripherie reflektierte Pulswellen zustande, die das art. Gefäßsystem retrograd durchlaufen, an der geschlossenen Aortenklappe reflektiert werden und in der peripherie den zweiten Gipfel des Druckpulses hervorrufen.

Wie jetzt die Erhöhung des systolischen Druckes in der peripherie zu erklären ist, weiß ich nicht mehr so genau. Denke aber, dass das irgendwas mit dem peripheren Widerstand zu tun hat.

Ich hoffe ich habe keine Fehler gemacht und alles verständlich beschrieben.

Gruß

sunny03
26.09.2005, 11:45
Schonmal vielen Dank Zoidberg und Herr_Kaffeetrinken, dass ihr versucht mir die ganze Sache zu erklären :-top

Nochmal zur Bestätigung:
Strompuls= hierunter verstehe ich die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes, die von der Aorta aus nach peripher kontinuierlich abnimmt, weil die reflektierten Wellen die herannahenden Wellen quasi auslöschen

Druckpuls= bezieht sich auf Druck des Blutes(?); verhält sich umgekehrt zu Strompuls; von der Aorta aus nimmt er peripherwärts zu da die reflektierten Wellen an der Aortenklappe nochmals reflektiert werden und sich quasi summieren (das würde das erklären, was ich mit Pulswellengeschwindigkeit gelesen habe, die soll ja in der Aorta: 3-5 m/s und in der A. radialis bereits 5-12 m/s betragen)

Richtig???
Korrigiert mich bitte, wenn ich doch etwas missverstanden haben sollte, aber eure Erläuterungen bringen mich schon ein großes Stück weiter.
Falls mir jetzt noch jemand die zweite Frage erklären könnte, wäre ich echt happy :-)) ;-) Ich zitiere mal kurz:
"Obwohl der Mitteldruck von der Aorta zu den großen Arterien hin abfällt, ist der systolische Druck in großen Arterien (z.B. A. femoralis) gewöhnlich höher als in der Aorta. Der Grund hierfür ist ihre (im Vgl. zur Aorta) verminderte Compliance."
Mir ist klar, dass der systolische Druck steigen muss, da eine verminderte Comliance ja mit einem erhöhten peripheren Widerstand (TPR) einher geht. Aber warum fällt denn bloß der mittlere Blutdruck ab - ich finde das irgendwie wiedersprüchlich... :-blush
Wäre froh, wenn mir hier auch jemand auf die Spünge helfen könnte.

Zoidberg
26.09.2005, 12:39
der mittlere Druck ist ja ungefähr "diast+1/3 (systole-diastole)"

THawk
26.09.2005, 19:49
Hast du so eine Druckpuls-Kurve vor Augen, bzw. in einem Buch abgebildet? Der art. Mitteldruck entspricht dann einer waagerechten Linie, die die Druckpuls-Kurve so teilt, dass die Flächen ober- und unterhalb der Linie gleich groß sind.
In den peripheren Gefäßen ist jetzt zwar der systolische Druck größer (also der höchste Punkt der Kurve liegt höher), aber Anstieg und Abfall zu diesem Punkt sind auch steiler (auch mit der verminderten Compliance erklärbar?!). Um wieder gleich große Flächen zu bekommen musst du die Kurve bei einem niedrigeren Druck teilen -> der art. Mitteldruck liegt niedriger.

Ich hoffe, das war verständlich?

Lars

P.S. Achso, daher verwendet man auch zwei verschiedene Formeln für herznahe und periphere Gefäße: pm = diast. + 1/2 * syst. und pm = diast. + 1/3 * syst.

sunny03
27.09.2005, 09:45
Hallo Lars,
danke für deine Erklärung :-top
Habe mir das gerade mal ganz in Ruhe im Buch angesehen.
Also sinkt der Mitteldruck letztlich nur, damit die Flächen über und unter der Mitteldrucklinie trotz des steileren Anstiegs und Abfalls des systolischen Druckes in der Peripherie gleich groß bleiben?!
Das hätte ich jetzt so verstanden.
Allerdings werden in den Büchern verschiedene Angaben für die Erhöhung des systolischen Druckes gemacht: In einem stand, die verminderte Compliance der Gefäße sei der Auslöser und in einem anderen stand, dass der erhöhte systolische Druck durch eine Erhöhung des Schlagvolumes zustande kommt und nur der diastolische Druck durch Erhöhung des TPR steigt. Ersters finde ich allerdings viel plausibler.

THawk
27.09.2005, 11:28
Hi Sunny.
Du hast es genau richtig verstanden (oder zumindest genau so wie ich ;-) ).

Deine zwei möglichen Erklärungen für die systolische Steigerung sind - wenn ich's richtig verstehe - zwei grundlegend verschiedene Sachen:
These 1 erklärt imho warum peripher der psyst höher liegt als zentral (also das wodrum's dir eigentlich geht).
These 2 hat damit nichts zu tun. Schließlich ist das Schlagvolumen eine Messgröße des Herzens und ist immer gleich - sowohl für ein zentrales wie auch für ein peripheres Gefäß. Diese These beschäftigt sich wohl eher mit der Leistungsphysiologie - bei körperlicher Arbeit erhöhst du das Schlagvolumen -> in Folge dessen hast du einen erhöhten systol. Druck (im Vgl. zur körperlichen Ruhe). In dem Zusammenhang sagt man dann, dass sich der diastol. Druck abhängig vom TPR verändert. Da sich bei der Arbeit die Muskeldurchblutung oft noch stärker erhöht als das Splanchnikusgebiet geringer druchblutet wird kann der TPR sogar sinken -> der diast. Druck bleibt recht konstant oder sinkt sogar etwas -> daher wird bei körperlicher Arbeit die Differenz zwischen syst. und diast. größer.
Vielleicht schaust du unter dem Aspekt noch mal ins Lehrbuch, hab jetzt keine Bücher hier wo ich nachschauen könnte. Ist also alles nur aus dem Kopf zusammengewurschtelt. Hoffe, es passt trotzdem.

Machs gut, Lars

sunny03
27.09.2005, 11:49
Nochmals danke :-))
Ich halte an These 1 aus dem Taschenatlas fest, weil das einfach logischer ist.
Im Klinke/Silbernagl habe ich besagte These 2 gefunden: dort stand unter der schematische Darstellung des arteriellen Druckpulses, dass eine "Erhöhung des SV überwiegend zu einer Steigerung des systolischen Blutdrucks und eine Erhöhung des TPR überwiegend zur Steigerung des diastolischen Blutdruckes (führt)." Das hat mich halt etwas verwirrt, da ich im Silbernagl keine anderen Gründe -siehe These 1- finden konnte. Aber nach einigem überlegen, bin ich zum Schluss gekommen, dass sich das ganze nicht auf die Veränderung von zentral nach peripher bezieht, sondern einfach als momentane Zustandsänderung in einem betrachteten Gefäßabschnitt gilt (SV steigt - systol. Druck in allen Gefäßabschnitten steigt auch)... naja so habe ich mir das jetzt zumindest erklärt :-blush

Na dann werde ich jetzt mal ein bisschen kreuzen, mal sehen, ob ich es wirklich verstanden habe ;-)

THawk
27.09.2005, 11:59
Gern geschehen.
Ich zumindest stimme voll und ganz mit deiner Erklärung überein.

Viel Spaß beim Kreuzeln :-angel :-D :-oopss

RettAss
11.10.2005, 15:04
Hi!

Ist es nicht etwas keck, einem Druckwert zu sagen, er soll sich so verhalten, damit die Kurve stimmt? Hat der abfallende MAP nicht etwas mit dem größeren Gesamtquerschnitt der Gefäße zu tun? Ich hab dummerweise nicht das Skript von unserem Physiologen Bauer (war mal Inschenör, der macht sich nur Gedanken um so Sachen) da, sonst könnt ich mal genauer schaun.
Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Sys BP zunahme wg der Widerstandsgefäße, vorher ist ja elastisch. Je nach Körperregion sieht das auch sehr unterschiedlich aus, ich denke, dass sowohl die Reflektion als auch der hydrostatische Druck da mit eingehen.

Greedz,

RettAss

synosoph
11.10.2005, 15:28
Auf jeden Fall ist der Abfall des mittleren peripherien arteriellen Druckes auf eine Erhöhung des Gesamtdurchschnitts der Gefäße zurückzuführen. Hinzu kommt noch, daß die Gefäße kleiner werden, was auch die Wandreibungkräfte erhöht.

Wäre ja auch schlecht für die Peripherie, wenn das Blut durch die kleinen Gefäße mit einem mittleren Druck von 100mmHg hindurchspritzt. Wie soll es da zum Stoff- und Wärmeaustausch kommen.

THawk
11.10.2005, 20:33
Hi!

Ist es nicht etwas keck, einem Druckwert zu sagen, er soll sich so verhalten, damit die Kurve stimmt? Hat der abfallende MAP nicht etwas mit dem größeren Gesamtquerschnitt der Gefäße zu tun?

Hallöle,
ich weiß nicht genau auf was du dich beziehst, ich denke mal auf meine Erklärung dass die Flächen ober- und unterhalb des MAP gleich sein müssen? Das find ich nicht "keck" ;-) - soweit ich von unseren MedPhysikern damals gehört habe ist das schlicht und einfach die Definition des mittleren arteriellen Druckes. Den kannst du ja nicht direkt messen, er ist also ein mathematisches Konstrukt, genauer gesagt eine Art arithmetisches Mittel über längeren Zeitraum (Integrale lassen grüssen). Dementsprechend ist eine Änderung des MAP nur die Folge einer Änderung der Druckkurve - entweder deren Maxima / Minima (also wenn sich der psyst oder pdiast ändern) oder deren Verlauf (langsamerer / schneller Anstieg oder Abfall) oder beides zusammen.
Das Mittelungsverfahren ist eigentlich recht typisch für Mittelungen über einen längeren zeitlichen Verlauf. Du verschiebst den MAP so lange nach oben oder unten bis die Flächen ober- und unterhalb des MAP bis zur Druckkurve gleich groß sind. Anders gehts nicht.