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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wieso sind Leute nur schwer zu mobilisieren?



ehemalige Userin 24092013
12.10.2005, 17:18
Angenommen es gibt ein Problem, wo sich unheimlich viele Leute drüber aufregen....richtig aufregen.
Angenommen, man könnte dieses Problem lösen, in dem man mal eine grosse Aktion ( Demo, Streik ect. ) organisiert, oder zumindest "angenehmer" machen.
Angenommen die Leute, die so tolle Positionen haben, dass es wirklich was nützen würde, wenn sie bei der Sache mitmachen - regen sich auch so über dieses Probelm auf und finden so Aktionen wie ne Demo toll.....


Wieso zum Teufel tut dann niemand wirklich was?????
Wieso sind am Ende alle brav und ziehen nicht mehr mit, trotz aller Wut?
Haben die wirklich so schiss vor Konsequenzen?????
Wie sollen die denn aussehen? Eine Massenbestrafung von 1000 Leuten?
Glauben die echt, sowas gibts noch?????

*argh*

milz
12.10.2005, 17:26
Um was gehts? Vielleicht mal dazuschreiben. ;-)

Tschaikowski
12.10.2005, 17:30
Angenommen es gibt ein Problem, wo sich unheimlich viele Leute drüber aufregen....richtig aufregen.
Angenommen, man könnte dieses Problem lösen, in dem man mal eine grosse Aktion ( Demo, Streik ect. ) organisiert, oder zumindest "angenehmer" machen.
Angenommen die Leute, die so tolle Positionen haben, dass es wirklich was nützen würde, wenn sie bei der Sache mitmachen - regen sich auch so über dieses Probelm auf und finden so Aktionen wie ne Demo toll.....


Wieso zum Teufel tut dann niemand wirklich was?????
Wieso sind am Ende alle brav und ziehen nicht mehr mit, trotz aller Wut?
Haben die wirklich so schiss vor Konsequenzen?????
Wie sollen die denn aussehen? Eine Massenbestrafung von 1000 Leuten?
Glauben die echt, sowas gibts noch?????

*argh*

Das Problem ist einfach mal immer das gleiche, egal ob vor Demonstrationen oder einfach nur vor einer anstehenden Wahl. Jeder denkt sich: "Ich alleine kann ohnehin nicht viel ausrichten. Ob ich nun dabei bin oder nicht, ändert kaum was." Dabei wird nur leider nicht beachtet, was passiert, wenn 100, 500 oder mehr Leute gleichzeitig so denken. Das summiert sich nämlich und ändert am Ende doch was, nämlich den Verlust einer stimmkräftigen Mehrheit. :-((

LaraNotsil
12.10.2005, 17:37
1. Ich glaube, das hat am Ende auch was damit zu tun, dass man als geborener Pessimist ab nem bestimmten Punkt auf die Idee kommt, dass, wenn Konsequenzen anstehen, man der einzig Betroffene sein könnte. Nach dem Motto: Die greifen auf alle Fälle mich ab und Ärger kann ich mir nicht leisten.
2. Außerdem ist es wesentlich leichter, ne große Klappe zu riskieren, als den Hintern hoch zu bekommen. Denn die Ausführung der Demo, die Anreise und was weiß ich alles, ist ja alles in dem Sinne Arbeit. Und ich denk, gerade diese schreckt ab, weil ja "immer noch genug andere da sind, wobei es dann auf nen einzelnen nicht mehr ankommt". Nur leider denken ja das dann viele Leute und am Ende schrumpft die Zahl der Demoteilnehmer auf ne "jämmerliche" Zahl herunter.
3. Natürlich könnte es auch wirklich sein, dass die Meckerer sich denken, die Demo bringt letztendlich doch nichts, weil ne "Minderheit" nichts bewegen kann.

Das sind meine möglichen Ideen bei der Sache. Mehr fällt mir auch nicht ein.

Notdoc
12.10.2005, 17:41
Die anderen sollen mal die "Drecksarbeit" machen, wenn sie Erfolg haben profitiere ich auch davon, wenn nicht habe ich keine Konsequenzen zu befürchten, ausserdem gehöre ich ja dann zu den "Guten".

Es lebe das soziale Bewusstsein.:-(

Lava
12.10.2005, 19:42
Ganz einfache Antwort: blanke Faulheit.

netfinder
12.10.2005, 20:17
stimmt, ich kann da ja aus erfahrung sprechen

medimädchen
12.10.2005, 20:23
Warum soll ich mich anstrengen, wenn´s die anderen schon machen....schlechte Einstellung, aber weit verbreitet.

oder


Da lehn ich mich lieber nicht so weit aus dem Fenster - es könnte ja dem Ruf, Ansehn oder Kariere schaden.

:-nix

Werwolf
12.10.2005, 22:17
Also, wo wir gerade dabei sind- HHs Ärzteschaft bemüht sich gerade nach Kräften. Mal sehen, wie viele Weißkittel nächste Woche tatsächlich auf der Straße sind. Meine Klinik wird sich jedenfalls ganz ordentlich beteiligen. :-top

Und das sagt der MB:

Aufruf
zum Warnstreik und Demonstration
am 19.10.2005

Der Marburger Bund ruft die Ärzte und Ärztinnen an den Krankenhäusern des LBK/Asklepios zum befris-teten Warnstreik am 19. Oktober auf!

Mit der Kündigung und dem Austritt aus der AVH ist ein tarifloser Zu-stand eingetreten.
Der Marburger Bund lehnt den TVöD mitsamt seinem Tarifvertrag für die „Zukunftssicherung für Krankenhäuser“ (eine Art Notlagentarifvertrag) ab!
Die Arbeitgeberrichtlinien, die am LBK/Asklepios gelten, sind noch schlechter als der TVöD!
Deshalb fordert der Marburger Bund in Hamburg und bundesweit eigene Tarifverhandlungen für ärztespezifische Verträge.
Damit die Ärzteflucht an deutschen Krankenhäusern gestoppt wird!
Damit die Patienten nicht mehr von gehetzten und erschöpften Ärz-ten behandelt werden müssen!
Die Stärke unserer Verhandlungsposition und der Erfolg unserer Tarif-verhandlungen wird nicht ohne Arbeitskampfmaßnahmen zu erreichen sein und kann nur durch Ihre Beteiligung an Warnstreik und Protestakti-onen sichtbar getragen werden!

Beginn der Demonstration am UKE um 10.30 Uhr
Wir marschieren zum Gänsemarkt

Der MB wird für den 19.10.2005 eine Notdienstvereinbarung mit dem Vorstand LBK/Asklepios schließen (u. a. ZNA- und Intensivbereiche sowie Notfallmedizin sind vom Warnstreik ausgenommen, alle anderen Bereiche wer-den wie Sonn- und Feiertag besetzt.)

V.i.S.d.P. Vorsitzende des MB LVHH
Dr.F.U.Montgomery, Dr. M.Helbig-Geigenberger

So. Die Eier gammeln schon seit zwei Wochen auf der Fensterbank, Benzin und Flaschen stehen bereit, Farbbeutelchen und faule Tomaten sind in Auftrag gegeben. :peace:
Und unsere Notaufnahme hat geschlossen. Wer eins mit´m Gummiknüppel verbraten kriegt, vom Wasserwerfer angekarrt wird oder Pfefferspray in irgendeine Körperöffnung bekommt, muß sich bis zum 20. gedulden. Da wird nachgearbeitet ;-) :-))

Smibo
12.10.2005, 22:24
Oder die Situation ist noch nicht so erbärmlich, wie viele es behaupten

Oder die deutschen Ärzte können sich sehr gut an erbärmliche Situationen gewöhnen (hauptsache ich bin nicht arbeitslos)

Oder die deutschen Ärzte haben null Temperament im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn

Hades
12.10.2005, 23:11
Das ist eine Sache die ich an Deutschland nie verstanden habe. Jedes andere Land ,wenn es denn Streiks hat, streikt über Tage Wochen wenn es sein muß und es wird nichts angekündigt, es wird gestreikt.
Muß man sich nur mal die Franzosen angucken, den LKW-Fahrern passt was nich, die sperren die komplette Autobahn, nur PKW durften durchfahren, so hat man die Bevölkerung nicht allzusehr verärgert, aber damit den Chefs gezeigt, dass man ihnen ordentliche Verluste einfahren kann wenn man nur will. (is einige Jahre her)

Neanderthal_Man
13.10.2005, 23:16
Bei den "Montagsdemos" gegen Hartz IV - man mag davon halten was man will - sind ja z.B. eine Menge Leute immer wieder auf die Strassen gegangen, es waren auch promintente Politiker dabei.

Im übrigen (ich zitiere hier mal frei nach Terry Pratchet): Jemand, der etwas für "die Leute" tun will, oder "dem Willen des Bürges entspricht" hat oft keine Ahnung, von dem, was "der Bürger" nun wirklich will, oder einzelne, oder wer auch immer. Was dem einen eine Zumuntungerscheint, nimmt der andere, der ohnehin in 3 Monaten im Ausland arbeiten wird, sehr viel Gelassener.

Grade die Ärzte tun sich echt schwer, mal aufzumucken - man hats ja nicht anders gelernt. Jahrelanges Studium und Bücher büffeln, dann unbezahlte Sklavenarbeit (PJ) oder Arbeitstier im Praktikum...
dazu kommt die Praxis, Jungärzten über lange Jahre nur Zeitverträge anzubieten...
Da machen die Gahltskürzungen dann auch nix mehr aus :-(
Ausserdem ist es immer noch ein Unterschied, ob ein Betrieb keine Glühbirnen mehr produziert, real kein frisches Gemüse mehr hat, oder ob es gilt, die Kranken zu versorgen.
Man kann eben die Intensivstation nicht unbesetzt lassen, die Herzinfarkte müssen sofort versorgt werden, und der akute Bauch kann auch nicht einfach "auf die lange Bank" geschoben werden.
Ein echter Arbeitskampf geht ja über Tage und Wochen - das verbietet einem doch die Menschenwürde.
Schande über die Krankenkassen und die Klinikverwaltungen in ihren dicken S-Klassen. Aber sie kommen damit durch.
:-(

So 100% druchblicke ich das aber alles nicht. Wenn nun plötzlich doppelt so viele Ärzte eingestellt werden, wie bisher, weil die Arbeitszeit auf EU-Rechtliche 48h pro Woche beschränkt wird (sprich: Schichtdienst), dass wäre doch gar nicht so schlecht..

moonshine
14.10.2005, 02:06
Wieso zum Teufel tut dann niemand wirklich was?????

*argh*

Weil wir alle hoffnungslose Pessimisten sind ? Weil wir Feiglinge sind ? Weil wir Angst vor Verantwortung haben ? Weil wir... .

Wegen schlechter Erfahrungen? Wenn wirklich alle an einem Strang ziehen, dann könnte man echt was bewegen ,aber "wenn das Wörtchen WENN nicht wäre" - ich habe schlechte "Geschichten" in Erinnerung - da findet z.B. ein Elternabend ohne Lehrer statt, und es wird ein "Vorgehen" beschlossen - und wenn es dann soweit ist, und man Worten Taten folgen lassen möchte, stellt man plötzlich fest, daß Mann/Frau nahezu alleine dasteht.

Aber es gibt noch diesen kleinen Funken Hoffnung, daß man das System doch noch von unten aufrollen könnte.

Wäre es nicht prinzipiell möglich, die Studiengebühren zu verhindern, indem man "blockiert" ? Wenn 20000 Studenten zusammenhalten würden,und keinen Cent locker machen würden, meint ihr im Ernst, die würden die ganze Universität exmatrikulieren ????

ABER: es gibt immer welche, die es nichts angeht (was kümmert mich.... darüber muß ich mir keine Sorgen machen, weil ...) ; die von vornherein denken, das bringt nichts etc.

Hee, hat "Du bist Deutschland" nichts in unseren Herzen bewegt ?

Evil
14.10.2005, 16:15
Angenommen die Leute, die so tolle Positionen haben, dass es wirklich was nützen würde, wenn sie bei der Sache mitmachen - regen sich auch so über dieses Probelm auf und finden so Aktionen wie ne Demo toll..... Das wird oft gesagt.

Ich glaube aber eher, daß die Leute in den "tollen" Positionen ihre Position so halten wollen wie sie ist, und daher gar kein wirkliches Interesse an Veränderungen haben.
Womit wir wieder bei der Lobbysituation in D wären, die meiner Meinung nach DER Hauptgrund für den Stillstand ist. :-(

Werwolf
14.10.2005, 21:05
Wenn nun plötzlich doppelt so viele Ärzte eingestellt werden, wie bisher, weil die Arbeitszeit auf EU-Rechtliche 48h pro Woche beschränkt wird (sprich: Schichtdienst), dass wäre doch gar nicht so schlecht..

Wer soll das denn bezahlen? (Die Einstellung von doppelt so vielen.) Und wovon sollen sich die Ärzte, die dann keine Mehreinnahmen mehr durch Dienste haben, ernähren? (OK, verhungern wird wohl keiner, aber wenn Du Dein Leben mit einem bestimmten Gehalt geplant hast (z.B. Hauskauf auf Kredit, etc.) und Dir das dann wegbricht, was dann? :-(( :-nix )
Und wie soll man in halbwegs angemessener Zeit eine Facharztausbildung z.B. als Chirurg machen, wenn man plötzlich nur noch die Hälfte der Zeit auch dann in der Klinik ist, wenn die OPs laufen? Dann hat man seinen OP-Katalog erst nach 10 Jahren voll- super! :-((

Nee, ich kann mir nicht vorstellen, daß Schichtdienst der Weisheit letzter Schluß ist. Ich fänd´s gut, wenn ich weiter so arbeiten könnte wie bisher. Aber mit etwas mehr Personal und dementsprechend weniger Überstunden. Und mit angemessener Vergütung! Siehe europäischer Vergleich... :-meinung