PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was wäre wenn...



Seiten : [1] 2

Pünktchen
05.11.2005, 14:01
Von den Unruhen in Paris "inspiriert" habe ich mir folgende Frage gestellt. Was wäre wenn das in Deutschland passieren würde, genug soziale Brennpunkte gäbe es ja.

Wäre das denkbar?
Wenn ihr das Sagen hättet (sämtliche Autoritäten hättet und auch euer Land noch repräsentieren müsstet), welche Konsequenzen würdet ihr ziehen?Welchen Vorbildcharakter hätte Frankreich?

Doktor_No
05.11.2005, 14:34
warum soll es in deutschland nicht auch mal so krachen? auch hier ist doch vielerorts eine ghettoisierung zu beobachten, faktisch rechtsfreie räume en masse, eine multikulturelle vision die gescheitert ist, überforderte ordnungskräfte. in frankreich ist es rund um paris sicherlich noch extremer, auch wegen der zentralistischen struktur des staates, aber die probleme gleichen sich doch in zentralen punkten sehr. herr sarkozy sollte mal überlegen, ob er nicht mal über eigene versäumnisse nachdenkt bevor er alles auf "perfekt organisierte" gruppen schiebt.

Evil
05.11.2005, 15:20
Naja, in D sind die Menschen "im Durchschnitt" weniger rebellisch, aber dafür obrigkeitshörig, insofern wird es hier länger dauern, bis so etwas passiert.

Grundsätzlich finde ich, dann muß man aber erstmal nach Ursachen suchen... diese Unruhen sind ja bloß ein Symptom für bestehende Mißstände...

...und daß da nur böse Anarchisten hinterstecken ist eine dumme Politiker-Ausrede... :-???

Lava
05.11.2005, 20:47
Naja, in D sind die Menschen "im Durchschnitt" weniger rebellisch, aber dafür obrigkeitshörig, insofern wird es hier länger dauern, bis so etwas passiert.


Die Deutschen mit Sicherheit, aber ich glaub nicht, dass das auch auf Einwanderer abfärbt. ;-)

Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass hier sowas in nächster Zeit passieren wird. Selbst an Brennpunkten, wo immer wieder mal Gewalt auftritt, gibt's noch genug "normales Volk", als dass es so dermaßen eskalieren könnte. Denke ich jedenfalls.

funny
05.11.2005, 22:47
vielleicht passiert dies irgendwann nicht mehr nur vor den Toren; in den Ghettos irgendwelcher Großstädte, sondern auch vor den Toren Europas. Was soll man machen, wenn man keine Perspektive hat? Das ist doch immer die zentrale Frage. Wie umgehen mit dieser gewaltigen Wut???

Tse Tse
06.11.2005, 16:34
Ich kann meine Meinung nur auf die Berichterstattung in den Medien stützen,
aber ich hatte nachdem man die Bilder aus New Orleans gesehen hatte gedacht, dass im Rahmen einer Naturkatastrophe Szenen von bürgerkriegsähnlichen Zuständen in den Straßen nicht vorstellbar sind. Ich dachte eher, dass dabei der Zusammenhalt einer Gesellschaft zu Tage kommt und die besten Werte sichtbar werden – Hilfe, Solidarität.

Wenn ich jetzt Bilder aus Frankreich sehe (natürlich keine vom Himmel gefallene Naturkatastrophe), dann denke ich mir, die Gesellschaft dort ist in Teilen ebenso verroht. Nicht nur die Jugendlichen, die dort Autos anzünden, sondern auch all jene eiskalten Politiker, die über diese nun urteilen und beschimpfen.

Ich finde das zeigt wohin wir steuern könnten, wenn Teile der Gesellschaft einfach nicht in eben diese Gesellschaft eingebunden sind. Diese Teile wachsen auch bei uns. Von daher halte ich all dies auch in Deutschland für vorstellbar.

Welche Konsequenzen? Eine üble könnte sein, das Recht die Bundeswehr auch im Inneren einsetzen zu können. Eine andere, zu versuchen die Ursachen anzugehen (ja, das sagt sich so einfach).

Und Vorbild? Eine Warnung an all jene die auch bei uns stetig an der Abwärtsspirale drehen, zu zeigen, dass sich dies nicht ohne "Kollateralschäden" an Eigentum, Personen, gesellschaftlichen Werten machen lässt.

Doktor_No
07.11.2005, 11:33
unter dem eindruck der bilder aus frankreich habe ich gestern zufällig eine reportage im ersten über eine kinderküche namens "arche" in berlin-hellersdorf gesehen. vielleicht eine umgebung, die für ebensolche gewaltausbrüche irgendwann anfällig sein wird, auch wenn überwiegend deutsche dort leben. die probleme sind die selben: arbeitslosigkeit, kriminalität, armut, gleichgültigkeit, perspektivlosigkeit, gewalt, alkohol und anderer drogenmissbrauch. erschreckend, wenn ein kind auf die frage, warum es in dieser küche isst antwortet: "weil meine mutter im bett liegt und "vera am mittag" guckt". ich habe jedenfalls den entschluss gefasst mich zu informieren ob und wo es etwas ähnliches in hannover gibt und mich dort zu engagieren. im rettungsdienst hatte ich regelmässig die schnauze voll, wenn es mal wieder an den rand der gesellschaft ging, dorthin wo es "weh tut". ist jetzt vielleicht an der zeit, mal selber was zu machen...

funny
07.11.2005, 11:54
@ Dr. No,

ich glaube, daß ist so ziemlich der beste Effekt, den eine solche Sendung / Nachrichten haben kann. Finde ich gut!!!

synosoph
07.11.2005, 12:14
vielleicht eine umgebung, die für ebensolche gewaltausbrüche irgendwann anfällig sein wird, auch wenn überwiegend deutsche dort leben.Was soll die Aussage mit den "ueberwiegenden Deutschen"? Die Unruhen in Frankreich haben weniger mit der Nationalität, sondern mehr mit der sozialen Verrohung zu tun. Hier im Osten Deutschlands gibt es genuegend Problemghettos - und zwar ohne einen einzigen ausländischen Jugendlichen. Wenn hier in Deutschland so was passiert wie in Frankreich, dann wahrscheinlich als erstes in den östlichen Bundesländern.

Doktor_No
07.11.2005, 12:56
die aussage ist als vergleich zu den französischen ghettos gemeint, in denen fast ausschliesslich marokkaner, algerier und magrebiner leben, die in der französischen gesellschaft sehr diskriminiert werden.

Kackbratze
07.11.2005, 14:04
Äh, in Berlin und Bremen hats auch heute Nacht gebrannt und keinen hats wirklich interessiert...

Mal sehen was passiert, ich denke, die Staatsgewalt wird für Frieden sorgen, ansonsten sag ich mal, Herzlich willkommen Bürgerwehr...

Wenns um meine Familie und meine Bude geht, und der Staat ohnmächtig zuschaut, muss ich selber was machen.

Nix mit Solidarität mit den Steineschmeissern... :-meinung

funny
07.11.2005, 14:47
Na mal sehen, ob das die Staatsgewalt auch schafft

THawk
07.11.2005, 15:16
@No
Den Film hab ich auch gesehen - fand ihn ganz schön erschütternd. Wie die Eltern so ohne weiteres ihre Kinder leiden lassen. Am Anfang hatte ich gedacht - naja, warum machen die diese Betreuung wenn sie doch nur ausgenützt werden und die Eltern sich auf die faule Haut legen. Aber der Pastor hat natürlich völlig recht: Man kann die Kinder nicht für die Einstellung der Eltern bestrafen, sondern muss ihnen helfen.
Ein tolles Projekt!

Doktor_No
07.11.2005, 15:27
mich hat dieser junge sehr beeinduckt, der auf den hubschrauber spart und dessen mutter sich abschuftet für weniger als hartz IV (und die mich auch beeindruckt hat). wenn der sich das ding klauen würde hätte ich vollstes verständnis dafür, aber er macht es eben nicht, da kann ich nur den hut ziehen. solchen kids zu helfen oder zumindest einmal am tag zu zeigen dass sie einem nicht egal sind finde ich einfach klasse. und der pastor war mal ein handfester typ, nicht einer von diesen "unsere heutige kollekte geht an die xy-gemeinde in diesem land das keiner kennt und jetzt hole ich meine gitarre raus und wir fassen uns alle an den händen"-typen. es gibt direkt um die ecke so viel schei**e, nur hingehen will fast keiner (ist ja auch normal). kackbratzes argument kann ich auch verstehen, ich will auch nicht dass mir was passiert oder mein auto brennt. umso wichtiger, im vorfeld was zu tun.

GOMER
07.11.2005, 15:35
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß es zu Krawallen in ähnlichem Ausmaß, wie in Frankreich, kommen könnte. Das Potential und die Gewaltbereitschaft, welche in den letzten zwei Wochen eskaliert sind, ist in Frankreich absolut nichts Neues, in den Banlieus gibt es schon seit Jahrzehnten Viertel in die sich die Polizei kaum noch traut, vor der Gefahr, die sich da zusammen gebraut hat, hat man einfach die Augen verschlossen. Außerdem sind offener Rassismus und Ghettobildung in der franz. Bevölkerung viel mehr akzeptiert, als in Deutschland, diese Fakten dürften eine große Mitschuld an der Entwicklung haben, zusätzlich zu der Tatsache, daß die meisten der Täter ja auch franz. Staatsbürger sind.

Pünktchen
07.11.2005, 19:47
hmmm...was die Durchsetzung von Härte bringt sieht man ja jetzt schon die 11.Nacht in Folge...aber ich frage mich was soll man tun???

Ich denke nicht das die meisten der Randalierer organisiert sind und alle versuchen einzufangen und einzusperren bringt glaub ich auch keinen Frieden das ist eine Sisyphus-Arbeit.

Was wäre, wenn man mal eine Fernsehansprache durch Minister hält, die nicht in Beschimpfungen enden, sondern sich der Problembewältigung anders nähert?

Tschaikowski
07.11.2005, 19:50
Was wäre, wenn man mal eine Fernsehansprache durch Minister hält, die nicht in Beschimpfungen enden, sondern sich der Problembewältigung anders nähert?

Das wäre denke ich schon mal ein guter Ansatz.

Kackbratze
07.11.2005, 20:41
haben Ansprachen oder sowas bei den 1. Mai Krawallen in Berlin Kreuzberg geholfen?

funny
07.11.2005, 21:25
nein, aber keine Ansprache hilft auch nicht. Das "etwas tun" hat immer noch mehr minimale Chancen, irgendetwas zu bewirken als das "gar nichts tun". Und ernstgenommen + angesprochen fühlt sich jeder gern.

Christoph_A
08.11.2005, 20:17
Ich denke, daß das einzig sinnvolle eine zweigleisige Strategie sein dürfte- einerseits mit voller Härte gegen Randalierer und Gesetzesbrecher vorgehen, andererseits aber den Standpunkt der enttäuschten menschen verstehen und versuchen, etwas an der Situation zu ändern-geht zwar nicht schnell, aber mit der Zeit kann man ganz gewaltig was bewegen-denkt an Rudy Giuliani und seine " broken window theory" in New York in den 90ern. ich denke, daß da Potential auch für Paris drin liegt.