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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : GP 2b/3a Anatagonisten und Plavix beim ACS



Zoidberg
09.11.2005, 17:46
zu den GP 2b/3a Anatagonisten und Plavix beim ACS gibt es ja verschiedene Meinungen und Leitlinien, wie werden die denn bei euch eingesetzt, bzw. was habt ihr für Erfahrungen gemacht?

Plavix gleich bei jedem ACS oder nur bei pos. Trop oder nur bei PTCA? Dazu die GP 2b/3a Anatagonisten nur bei instabiler AP oder auch bei NSTEMI und STEMI?

Tombow
09.11.2005, 18:50
Meine Erfahrungen(bzw. wie es dort gemacht wurde, wo ich mein PJ-dasein genossen habe):

-Plavix: routinemäßig nach PTCA/Stentimplantation, post infarktem mal ja, mal nein. Nach hause entlassen wurden solche Patienten meistens auch mit einer Plavix-Dauermedikation. Kein Plavix bei ACS(die meisten Patienten bekamen stattdessen Aspisol iv).

-Tirofiban: Bei schwereren PTCA/Stentimplantationen(Restenosen in der Vorgeschichte, Akutergebnis nicht so doll) zusätzlich zu Plavix über Perfusor. im Falle eines ACS eher nicht, bei STEMI/NSTEMI/Trop-T-positivem Falle sofort. Wurde meistens nach ca. 24-48 Stunden nach dem Ereignis abgesetzt und die Patienten (solange nicht geschehen) auf Plavix eingestellt.

FataMorgana
09.11.2005, 19:55
In dem Haus, in dem ich zuletzt in der Inneren gearbeitet habe, wurde jeder Patient mit einem ACS sofort nach Diagnosestellung mit einer oralen Clopidogrel-Loading-Dose von 300 mg behandelt, egal ob STEMI oder NSTEMI. Die Leitlinien empfehlen dies ja kurioserweise offentsichtlich beim NSTEMI, doch wieso sollte man diese Therapie gerade einem STEMI-Patienten vorenthalten? ACS wurde bei uns allerdings als STEMI + NSTEMI definiert, die troponin-negative instabile Angina haben wir nicht mit Clopidogrel behandelt. Zusätzlich zu Clopidogrel bekamen die Patienten selbstverständlich die Standardtherapie mit ASS i. v., Nitro in Abwesenheit von Kontraindikationen, Sauerstoff, Heparin, ggf. Betablocker, ggf. Morphin, ggf. Benzodiazepin.

Bei uns wurde aber auch bei jedem ACS-Patienten eine zügige PCI in einem externen Haus angestrebt. Im Zusammenhang mit der voraussichtlichen PTCA + Stent machte die frühzeitige Gabe von Clopidogrel dann auf jeden Fall Sinn. Nach den Ergebnissen der PCI-Cure-Studie bietet es ja offensichtlich Vorteile, beim NSTEMI unabhängig von der Intervention für 9-12 Monate Clopidogrel zu verabreichen.

Clopidogrel als Alternative zu ASS habe ich bisher nirgends als Therapie der akuten KHK gesehen. Es wurde immer zusätzlich gegeben. Eine Ausnahme waren da nur Patienten mit absoluten ASS-Kontraindikationen.

In Einzelfällen wurde von dieser Vorgehensweise abgewichen, z. B. bei älteren Patienten mit eher unsicherer Diagnose und ungünstiger PCI-Verfügbarkeit (Wochenende, nachts...). Dann hat man sich manchmal zu einer Hinhaltestrategie mit Tirofiban entschieden, um den "Thrombus weich zu halten für die eventuelle spätere PCI". Abciximab wird hingegen meines Wissens nur in Häusern mit PCI-Verfügbarkeit periinterventionell gegeben.

Lava
09.11.2005, 21:47
*klugscheißmodusON*

An dieser Stelle kann ich vielleicht mal anmerken, dass die GPIIb/IIIa Antagonisten als Ligandmimetika (sie ähnelen der RGD Region von Fibrinogen) entwickelt wurden. Was man dabei nicht bedacht hat, ist, dass die Bindung eines Liganden an den Rezeptor intrazellulär Signalkaskaden auslöst, die die Thrombos auch aktivieren können. Experimentell kann man zeigen, dass sich Thrombos bei geringer Voraktivierung sogar ganz erheblich durch die GPIIb/IIIa Blocker aktivieren lassen. Das scheint ein Grund zu sein, warum es bei den oralen GPIIb/IIIa Blockern in bis zu 30% der Fälle zu ischämischen Insulten kam und sie deshlab alle vom Markt genommen wurden. Bei den iv. Medis ist das nicht so ausgeprägt, aber eine bekannte Nebenwirkung.
Das nur mal so am Rande.

*klugscheißmodusOFF*

Froschkönig
09.11.2005, 22:12
*klugscheißmodusON*

An dieser Stelle kann ich vielleicht mal anmerken, dass die GPIIb/IIIa Antagonisten als Ligandmimetika (sie ähnelen der RGD Region von Fibrinogen) entwickelt wurden. Was man dabei nicht bedacht hat, ist, dass die Bindung eines Liganden an den Rezeptor intrazellulär Signalkaskaden auslöst, die die Thrombos auch aktivieren können. Experimentell kann man zeigen, dass sich Thrombos bei geringer Voraktivierung sogar ganz erheblich durch die GPIIb/IIIa Blocker aktivieren lassen. Das scheint ein Grund zu sein, warum es bei den oralen GPIIb/IIIa Blockern in bis zu 30% der Fälle zu ischämischen Insulten kam und sie deshlab alle vom Markt genommen wurden. Bei den iv. Medis ist das nicht so ausgeprägt, aber eine bekannte Nebenwirkung.
Das nur mal so am Rande.

*klugscheißmodusOFF*
Das ist ja nicht neu, daß "vielversprechende" Medikamente nach der ersten Euphorie ein ganz anderes Gesicht zeigen. Jüngstes Beispiel sind die selektiven COX-II inhibitoren gewesen, welche nach totalem Hype plötzlich weitgehend nach intensivierter Studien vom Markt verschwunden sind. Andererseits ist die prothrombogene Wirkung der GP2b/3a-Hemmer unterm strich nix anderes als die generelle Nebenwirkung ALLER Antiarrhythmika: Proarrhythmogen :-D

Im Notfall blieben allen plötzlich verpönten Pharmazeutika ja noch die bekannten "Nebenwirkungsrevivals", welche wir von den initialen Antihistaminika heute als Einschlafhilfen und von Thalidomid als anti-Lepra-Mittel kennen...

Gruß,
Der Frosch

Lava
09.11.2005, 22:22
Das muss ja nicht heißen, dass die nächste Generation auch prothrombotisch sein muss! Man muss das halt nur etwas schlauer anstellen ;-)

Froschkönig
09.11.2005, 22:28
Das muss ja nicht heißen, dass die nächste Generation auch prothrombotisch sein muss! Man muss das halt nur etwas schlauer anstellen ;-)
Ich wollte damit auch in keinerlei weise auf die "prognose" der wirkstoffgruppe hinaus...allerdings ist es beim eingriff in komplexe physiologische prozesse eher ein glücksfall, wenn man ganz einfach mal etwas von einer zur nächsten generation so viel "schlauer" bekommt ;-)

Tombow
09.11.2005, 23:59
...allerdings ist es beim eingriff in komplexe physiologische prozesse eher ein glücksfall, wenn man ganz einfach mal etwas von einer zur nächsten generation so viel "schlauer" bekommt ;-)

Hast Recht. Allerdings, solche Fälle gibt es - siehe Nebivolol oder Pregabalin.

Evil
10.11.2005, 17:18
Jüngstes Beispiel sind die selektiven COX-II inhibitoren gewesen, welche nach totalem Hype plötzlich weitgehend nach intensivierter Studien vom Markt verschwunden sind.
Das sind aber Wiedergänger! :-D In der Charité nutzen sie Celebrex schon wieder bei der postoperativen Therapie in der Fast-Track-Surgery... :-notify

Lava
10.11.2005, 20:13
Andererseits ist die prothrombogene Wirkung der GP2b/3a-Hemmer unterm strich nix anderes als die generelle Nebenwirkung ALLER Antiarrhythmika: Proarrhythmogen

Übrigens vergleichst du da Äpfel mit Birnen! Nicht jedes Medikament verursacht auch, wogegen es sein soll.... das wäre ja der Beweis für die Richtigkeit der Homöopathie!!!! :-D