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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die vergessene Medizin?!



Rugger
10.11.2005, 22:47
Die Zeit (http://www.zeit.de) (mal wieder... ;-) ) startet heute eine neue Serie: "Die vergessene Medizin".
Es geht um (stigmatisierte) Krankheiten, welche in der Öffentlichkeit ein schlechtes Image haben, nichts desto trotz aber genauso Volkskrankheiten sind (Einführung hier (http://www.zeit.de/2005/46/S-Moden-Aufmacher), erster Artikel hier (http://www.zeit.de/2005/46/S-Herzklappen), Statistik hier (http://www.zeit.de/2005/46/S-Herzklappen_Kasten)).

Eine sehr interessante (vielleicht auch notwendige!) Serie, wie ich finde.
Warum, zum Beispiel, verbinden die wenigsten Patienten mit Herzinsuffizienz und deren Angehörigen Lebensgefahr mit ihrer Erkrankung, obwohl die Erkrankung im Verlauf der ersten fünf Jahre nach der Diagnose ähnlich tödlich ist wie viele Krebsarten? Warum wird hoher Blutdruck oftmals immer noch verharmlost, obwohl er, wie schon in vielen Studien gezeigt werden konnte, direkt ursächlich für viele durchaus dramatische Erkrankungen (Schlaganfall, Herzinfarkt) ist? Gut, mein Hausarzt meint halt, wenn Blutdruck (und Diabetes u.v.m.) wehtun würden, wären sich viel mehr Patienten der Gefahr bewusst - aber kann es das allein sein?
Ist es allein die erwähnte gesellschaftliche Stigmatisierung oder ist es Aufgabe der Ärzteschaft, da mehr Bewusstsein zu schaffen?

Aber warum die COPD stigmatisiert ist und der Herzinfarkt nicht: das muß mir erst mal jemand erklären...

Rugger

Kackbratze
11.11.2005, 06:37
Werbung der Pharmaindustrie ist zumindest bei Herzsachen da groß am "Imagemachen".

HIV ist ja dank der Pharmaindustrie auch "heilbar" geworden...noch Fragen?!?

Das Image verändert sich mit der Therapie, sowie es eine gibt, gilt die KRankheit als "normal" auch wenn sie kausal nicht beherrscht werden kann.
Aber man nimmt ja Tabletten dagegen...

Tse Tse
12.11.2005, 12:27
Das Argument, dass Blutdruck, Zucker, Blutfette nicht weh tun, ist wirklich ein Problem.
Das impp hat das mal als kognitive Dissonanz abgefragt. :-oopss

Der Patient fühlt sich eigentlich nicht wirklich krank, geht zum Arzt, bekommt eine Diagnose die er so eigentlich nicht haben möchte/versteht und soll nun seine Gewohnheiten umstellen.
Seine Ernährung ändern, Sport machen, Tabletten nehmen – vielleicht fühlt er sich durch diese Maßnahmen auch schlechter als zuvor. Von den Medikamenten wird ihm schwindlig, er ist oft müde etc.

Dass die Medien auf solche Themen nicht so anspringen kann ich mir schon vorstellen, aber für die Pharmaindustrie ist das doch ein großer Markt!
Letztendlich ist es wohl Aufgabe des Arztes den Patienten so weit wie möglich zu informieren.

Ich bin mal gespannt was das nächste Thema in der 'Zeit' ist.

Tse Tse
12.11.2005, 15:52
Mir ist noch was in den Sinn gekommen.
Das manche Krankheiten ein schlechtes Image im Bewusstsein der Bevölkerung haben, könnte auch damit zusammenhängen, dass einige leichter als andere auf den Lebenswandel des Patienten zurückgeführt werden (können). "Aha, er hat geraucht wie ein Schlot, ernährt sich ungesund etc., dann sind COPD, Diabetes ja kein Wunder".
Es im Grunde damit abtut, dass diese Krankheiten mehr od. weniger die Quittung für den Lebenswandel sind.
Man müsste vielleicht dahin kommen, zu erkennen, dass womöglich die Abhängigkeit von Substanzen, die falsche Ernährung etc. eigentlich schon eine Art Erkrankung darstellen – oftmals reicht es nicht diesen mit bloßer Willensstärke zu begegnen, sondern es braucht auch hier eine gute Therapie.
Mit diesem Wissen und einer sich daraus ergebenden Ernsthaftigkeit diesen 'schlechten Angewohnheiten' zu begegnen, könnte auch das Bewusstsein gestärkt werden, dass die dadurch bedingten Folgeerkrankungen eben den Betroffenen gerade nicht (unbedingt) zum Vorwurf zu machen sind!!
Und somit das Image ein anderes wird.
So oder so ähnlich…

Doktor_No
12.11.2005, 16:02
tja dann hätte man ja so etwas wie den mündigen patienten, das ist einfach zu schön um wahr zu werden...

Tse Tse
12.11.2005, 16:36
Hmm, mit der geforderten Ernsthaftigkeit hab ich eigentlich mehr an die Ärzte gedacht.
Im Krankenhaus ist das sicherlich schwer zu machen, jemanden von seinen Angewohnheiten abzubringen od. plötzlich mit einer Entwöhnung anzufangen; Dinge, die sich vor Jahren eingeschliffen haben. Was will ich denn machen, wenn mir ein Pat. sagt, er raucht so-und-so-viel, trinkt.
Auch wenn ich's nicht wirklich weiß, aber beim Hausarzt werden diese Themen bestimmt auch nicht immer Ernst genommen, obwohl da der geeignete Rahmen wäre.

Vielleicht fühlt sich mancher dem auch hilflos gegenüber, "ja, ich kann dem Patienten einen Rat zu gesunder Lebensweise geben, aber was sind denn darüber hinaus meine Mittel, die ich in der Hand habe, um auf dessen Lebensgewohnheiten einzuwirken?"
Aber gerade beim Rauchen gibt es einiges an Therapien, was simpel ist, aber Erfolge zeigen könnte…