PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nebenwirkungen von Sortis



Dr. Sziget
11.11.2005, 18:49
Hi allerseits,
ich hätte mal ne allgemeine Frage zu den Nebenwirkungen von Sortis. Was wisst ihr über den Zusammenhang von Sortis und einem Anstieg der Creatinkinase ?
Welchen Einfluss hat sportliche Betätigung auf die Medikamentengabe und bis zu welchem Wert ist die CK unbedenklich in Bezug auf die Nierenfunktion ?

Liebe Gruesse
Dr. Sziget

Leggo1
11.11.2005, 18:56
kann schlimmstenfalls eine Rhabdomyolyse machen -->CK-Anstieg.

Dr. Sziget
11.11.2005, 19:00
auch ohne das zusammenspiel mit fibraten oder anderen medis ?

Leggo1
11.11.2005, 19:10
Also bei Fibraten ist das Risiko sicherlich höher. Aber ist auch eine UAW bei den Statinen.

Tombow
11.11.2005, 19:31
Es sind auch(seltene) Fälle beschrieben von temporärem Gedächtnisverlust/TGA-ähnlichen Zuständen unter Atorvastatin. Waren(glaube ich, erinnern kann ich mich nicht so genau) ca 10 Fälle, und bei den meisten handelte es sich auch um eine Kombimedikation, aber mit welchem Medikament? Daran kann ich mich auch nicht mehr erinnern....leider :-nix

Doktor_No
11.11.2005, 20:01
alle statine haben als uaw die möglichkeit der rhabdomyolyse. leistungssport sollte man vermeiden. hier ein paar textzitate:

Muskelschäden durch Cholesterinsynthese(CSE)-Hemmer: Ein 53-jähriger Schauspieler leidet nach
dreijähriger Einnahme von Simvastatin (DENAN u.a.) an intensiven Muskelkrämpfen, die über Monate immer wieder
auftreten. Innerhalb eines Tages steigern sie sich und werden
in halbminütigem Abstand so stark, als würde „mit der Kreissäge in den Fuß geschnitten”. Der hinzugezogene Arzt kann
die Krämpfe deutlich sehen, misst erhöhte Kreatinkinase- und
Kreatininwerte und setzt den CSE-Hemmer ab, worauf die
Symptomatik verschwindet (NETZWERK-Bericht 10.639).
In unserem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION dokumentieren wir zwei weitere Berichte
über Muskelkrämpfe in Verbindung mit Simvastatin (6.657,
8.925) und einen unter Cerivastatin (LIPOBAY u.a.; 9.891).
Bei jeder vierten der 224 Meldungen zu Statinen werden unerwünschte Wirkungen am Muskel genannt. 35 Patienten klagen über Muskelschmerzen, bei 25 steigt die Kreatinkinase
an, zwölfmal wird eine Myopathie diagnostiziert, davon
sechsmal speziell die lebensbedrohliche Rhabdomyolyse (Simvastatin 6.962, 9.465, Cerivastatin 9.586, 10.770, Pravastatin
[PRAVASIN u.a.] 10.487, Atorvastatin [SORTIS] 10.869,
vgl. a-t 1998; Nr. 6: 60). Auch bei der Schweizerischen Arzneimittelnebenwirkungszentrale (SANZ) ist der Muskel bei
25 von 121 ausgewerteten Berichten zu CSE-Hemmern das
am häufigsten betroffene Organ (HARTMANN, G. et al.:
Schweiz. Ärzteztg. 1999; 80: 2064-6). In 4.883 Spontanberichten an das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) werden mit insgesamt 1.009 Nennungen bei etwa jedem fünften Patienten Schäden am Muskel-Skelett-System genannt (BfArM: Schreiben vom 26. Okt.
2000). Das Risiko wird durch Interaktionen verstärkt, beispielsweise mit Fibraten oder Ciclosporin (SANDIMMUN).
Die Fachinformationen erwecken den Eindruck, dass es sich
um eher seltene Nebenwirkungen handele. Zudem werden
Muskelkrämpfe beispielsweise bei LOCOL (Fluvastatin) und
LIPOBAY nicht erwähnt.

RHABDOMYOLYSE DURCH CSE-HEMMER –
CERIVASTATIN BESONDERS RISKANT?

Die australische Arzneimittelbehörde warnt vor Rhabdomyolyse in Verbindung mit dem CSE-Hemmer Cerivastatin
(LIPOBAY, ZENAS). Rhabdomyolyse ist als Komplikation
unter allen Statinen bekannt. Die Gefahr steigt bei gleichzeitiger Einnahme von Fibraten. Die Australier äußern den
Verdacht, dass das relativ neue Cerivastatin riskanter ist als
die anderen Statine. Siebzehn (18%) von 95 Berichten zu Cerivastatin betreffen Rhabdomyolyse. Bei den anderen CSE-
Hemmern liegt der Prozentsatz zwischen 0,3% und 1,2%. In
sieben von 15 Meldungen mit Dosisangaben werden Tagesdosierungen von 400 µg Cerivastatin und höher verwendet,
bei zwei Patienten ist die Dosis kurz zuvor auf 800 µg gesteigert worden. Zehn Patienten haben gleichzeitig Gemfibrozil (GEVILON) eingenommen.1

Ein ähnliches Bild ergeben die Verdachtsberichte an das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte2 seit
1990. Auf den jüngsten CSE-Hemmer, der im September
1997 eingeführt wurde, entfallen die meisten Meldungen
(n=46). Dabei rangiert Cerivastatin 1999 mit 88 Mio. Tagesdosierungen (DDD) erst an dritter Stelle der Verordnungshäufigkeit3 nach Atorvastatin (SORTIS; 223 Mio.
DDD, seit März 1997 im Handel, 11 Meldungen) und Simvastatin (DENAN, ZOCOR; 142 Mio. DDD, seit 1990 im
Handel, 24 Meldungen). Der älteste CSE-Hemmer Lovastatin (MEVINACOR) wird 12-mal verdächtigt, Pravastatin
(PRAVASIN u.a.) 5- und Fluvastatin (CRANOC, LOCOL)
6-mal.

quelle: www.arznei-telegramm.de

Doktor_No
17.11.2005, 12:59
hier nur noch was ganz aktuelles expilizit zu sortis nachgereicht:

ATORVASTATIN (SORTIS) BEI AKUTEM KORONARSYNDROM:
ZWEIFEL AN VALIDITÄT DER PROVE IT-STUDIE

Die vergangenes Jahr publizierte PROVE IT*-Studie bei akutem Koronarsyndrom lässt einen Vorteil von täglich 80 mg Atorvastatin (SORTIS) gegenüber Pravastatin (PRAVASIN u.a.) in Standarddosis (40 mg) erkennen. Bei frühzeitiger Einnahme nach dem akuten Ereignis soll das Risiko, innerhalb von zwei Jahren zu sterben oder eine vaskuläre Komplikation zu erleiden, von 26,3% auf 22,4% sinken. Unklar bleibt, ob die Ergebnisse auf die hohe Dosis oder besondere Stoffeigenschaften von Atorvastatin zurückzuführen sind. Unklar bleibt auch, ob eine Therapiedauer von zwei Jahren tatsächlich erforderlich ist. Gemäß Subgruppenanalysen profitieren zudem nur jüngere Patienten ohne ST-Hebungsinfarkt und ohne Statinvorbehandlung (1). Uns erschien auf der Basis der PROVE IT-Studie eine zweijährige Hochdosistherapie mit Atorvastatin allenfalls für diese Patienten vertretbar (a-t 2004; 35: 41-2).

Jetzt äußert das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Rahmen einer vergleichenden Nutzenbewertung der Statine Zweifel an der Validität der PROVE IT-Daten. Das Institut findet beträchtliche Ungereimtheiten in den Angaben zur Zahl der Patienten, die bei der Nachbeobachtung verloren gingen. Im Text der PROVE IT-Studie heißt es, dass - bei geplanter und anscheinend auch eingehaltener Mindestbeobachtung von 18 Monaten - nur 8 (0,2%) der 4.162 Patienten verloren gingen. Dagegen fehlen nach den Daten einer Grafik, aus der die Ergebnisse berechnet wurden, bereits nach 12 Monaten etwa 267 Teilnehmer. Diese Zahl überwiegt bei weitem die für den primären Endpunkt angegebene Differenz zwischen Atorvastatin und Pravastatin von absolut 3,9% oder circa 80 Ereignissen. Nimmt man an, dass tatsächlich mindestens 267 Patienten aus der Nachbeobachtung herausgefallen sind, hält das Ergebnis einer so genannten Worst-case-Analyse** nicht stand. Die Angabe, dass nur 8 Patienten verloren gegangen sind, steht außerdem im Widerspruch zu einer späteren Veröffentlichung (3) der Autoren, in der von 63 Patienten die Rede ist, die ihre Einwilligung in die Nachbeobachtung zurückgezogen hätten (2).

Eine Stellungnahme von Seiten der PROVE IT-Autoren fehlt bislang. Solange sich für die erheblichen Vorwürfe des IQWiG keine befriedigende Erklärung findet, halten wir die bislang auch vom a-t mit Einschränkung positiv bewerteten Daten der PROVE IT-Studie nicht mehr für ausreichend valide. Für die frühzeitige Statintherapie im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms sehen wir somit beim derzeitigen Kenntnisstand keine hinreichende Begründung mehr.

Mit der PROVE IT-Studie kippt die zentrale Säule in der Argumentation des Atorvastatin-Herstellers Pfizer, der im Streit um die seit Jahresbeginn für CSE-Hemmer geltenden Festbeträge für sein Statin einen Sonderstatus beansprucht (a-t 2004; 35: 135-6). Wie die Nutzenbewertung des IQWiG auf der Basis randomisierter kontrollierter Doppelblindstudien mit klinischen Endpunkten bestätigt, liegen bei stabiler koronarer Herzkrankheit ohnehin für Pravastatin (PRAVASIN u.a.) und Simvastatin (DENAN u.a.), bei Diabetes für Simvastatin die besseren Nutzenbelege vor (2).

1


CANNON, C.P. et al.: N. Engl. J. Med. 2004; 350: 1495-504

2


Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Nutzenbewertung der Statine unter besonderer Berücksichtigung von Atorvastatin, 15. Aug. 2005; zu finden über http://www.iqwig.de

3


CANNON, C.P. et al.: N. Engl. J. Med. 2004; 351: 714-7

*


PROVE IT = Pravastatin or Atorvastatin Evaluation and Infection Therapy

**


Worst-Case-Analyse = Szenario, in dem man den für die Intervention schlechtesten Fall annimmt, um die Robustheit eines Ergebnisses zu prüfen. Im Fall der PROVE IT-Studie wird dann bei allen in der Atorvastatingruppe verlorenen Patienten ein Ereignis des primären Endpunktes angenommen, dagegen keines bei den verlorenen Patienten im Pravastatinarm. Das Ergebnis würde sich in diesem Fall umkehren.

Tombow
17.11.2005, 13:13
@No,

Danke für den Update. Auch wenn die Nachricht schon wichtig ist, überraschend ist sie für mich nicht, sondern viel eher das Abbild einer gängigen Erscheinung in der modernen Medizin, nämlich die Schattenseiten der EBM .

Zugegeben, EBM ist etwas feines, wenn es richtig eingesetzt wird, aber von den großen Pharmaherstellern wird es zunehmend mißbraucht. Wer hat schon die Ressourcen und die Zeit, sich damit auseinanderzusetzen und eventuell undurchsichtige Studiendesigns, statistischer Kunstflug beim Bearbeiten der Ergebnisse zu überschauen und zu erkennen. Ganz besonders, wenn das ganze auch durch noch undurchsichtigere Metaanalysen verschleiert wird.

Die Frage ist nur, ob dies nur eine Randerscheinung ist oder zunehmend die Regel. Für mich ist es zweiteres, vor allem weil schon früher sowas passiert ist(man denke daran, wie die Coxibe zuerst in höchsten tönen gelobt wurden, bis sich herausgestellt hat, daß sie doch nicht so COX-2-selektiv sind oder an die erhöhte Mortalität bei Sartanen).

Und wie man sich wohl in so einer Situation verhält? Was darf man jetzt glauben? Es sieht so eher aus, als wäre gesundes Mißtrauen angebracht und daß man sich auch EBM-kundig machen müßte. Oder, wie es ein alter Chirurgie-Professor mal in seiner Vorlesung gesagt hat: "Glauben sie nichts und niemandem, selbst mir nicht. ABER, wenn sie was nicht glauben, versuchen sie zu beweisen und zu ergründen, wieso nicht."

Doktor_No
17.11.2005, 13:33
100%ige zustimmung meinerseits. aber mal ehrlich: haben wir im studium gelernt, studien richtig zu lesen und zu hinterfragen? biomathe ist für die allermeisten eine qual ohne ende, daher finde ich es super, dass es (noch) unabhängige stellen gibt, die auf solchen junk hinweisen. ebm ist eine feine sache, wenn man es den anwendern der medikamente die da beforscht werden beibringt, dieses tool adäquat zu nutzen. ansonsten lädt ebm auch gen zum bescheissen ein.