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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : beta-Blocker und Leistungssport



Pünktchen
14.11.2005, 20:55
Hi :-((

Ich stehe mal wieder auf verlorenen Posten bzw auf dem Schlauch.Vielleicht kann mich jemand runterheben. Es geht um die Hypertonus-Therapie bei einem jungen Sportler (Hochleistungssportler)...die Frage stammt aus einem Prüfungsprotokoll.

Darf ich einen beta-Blocker einsetzen ja oder nein?

Als Denkansätze hatte ich, die vielleicht schon vorherrschende Bradykardie oder eine Kardiomyopathie...ersteres würde eine Kontraindikation darstellen und letzteres wäre wohl laut Karow bei HOCM gar nicht so schlecht.

*arggg*


Gruss
von kopfschmerzgeplagten (koffeininduziert?)
pünktchen :-(

alex1
14.11.2005, 21:15
Wie wär's mit einem Diuretikum?
Ich halte die immer noch für die unkompliziertesten aller Antihypertonika.

Michi5880
14.11.2005, 21:18
Also ich würde keinen Betablocker geben...
Obwohl man bei jungen Leuten zur antihypertensiven Therapie gerne als Mittel der 1. Wahl Beta-Blocker einsetzt, würde ich dies bei einem jungen Leistungssportler nur ungern tun, da die Bradykardie mir hier als vorherrschende Kontraindikation erscheint.
Außerdem würde ich nicht direkt bei einem Leistungssportler von einer HOCM ausgehen.

Ein Diuretikum würde ich nicht geben... Salz -und Wasserverlust!!!!

Hab noch folgendes Zitat gefunden:

"When pharmacological therapy is indicated in physically active people it should be, ideally: a) lower BP at rest and during exertion; b) decrease total peripheral resistance; and, c) not adversely affect exercise capacity. For these reasons, angiotensin converting enzyme (ACE) inhibitors (or angiotensin II receptor blockers in case of ACE inhibitor intolerance) and calcium channel blockers are currently the drugs of choice for recreational exercisers and athletes who have Hypertension."

aus: Pescatello et al.: "American College of Sports Medicine position stand. Exercise and hypertension."
Med Sci Sports Exerc. 2004 Mar;36(3):533-53.

alex1
14.11.2005, 21:34
Interessant, allerdings muß ich leider folgendes zitieren:
http://jama.ama-assn.org/cgi/content/abstract/289/19/2534?etoc

Health Outcomes Associated With Various Antihypertensive Therapies Used as First-Line Agents
...
Context Establishing relative benefit or harm from specific antihypertensive agents is limited by the complex array of studies that compare treatments. Network meta-analysis combines direct and indirect evidence to better define risk or benefit.

Objective To summarize the available clinical trial evidence concerning the safety and efficacy of various antihypertensive therapies used as first-line agents and evaluated in terms of major cardiovascular disease end points and all-cause mortality.
...
Data Synthesis Data were combined from 42 clinical trials that included 192 478 patients randomized to 7 major treatment strategies, including placebo.
...
Conclusions Low-dose diuretics are the most effective first-line treatment for preventing the occurrence of cardiovascular disease morbidity and mortality. Clinical practice and treatment guidelines should reflect this evidence, and future trials should use low-dose diuretics as the standard for clinically useful comparisons.


Ich muß leider sagen, daß ich immer noch ein richtiger Fan dieser "alten" Medikamentengruppe bin. Zwar ist ein ACE Hemmer viel "moderner", ob er tatsächlich das Standardmedikament für die breite Masse ist, ist abzuwarten.

Michi5880
14.11.2005, 21:43
...dass Diuretika für die breite Masse gar nicht so schlecht sind, will ich hier ja nicht bestreiten!!!

Im beschriebenen Fall mit dem Leistungssportler würde ich sie aber nicht als Mittel der 1. Wahl einsetzten.

Miramis
14.11.2005, 21:44
Conclusions Low-dose diuretics are the most effective first-line treatment for preventing the occurrence of cardiovascular disease morbidity and mortality. Clinical practice and treatment guidelines should reflect this evidence, and future trials should use low-dose diuretics as the standard for clinically useful comparisons.

Könnte jemand mir als Laien erklären, warum ein Diuretikum indiziert wäre? Bei nem Ödem leuchtet es mir ja ein, aber bei nem Hypertonus? Wie ist da die Wirkung?

Sebastian1
14.11.2005, 22:03
Nen ß-Blocker würde ich gerade bei einem Sportler eigentlich - so mir andere Mittel noh zu Verfügung stehen - gern vermeiden wollen, denn ich muss die Einstellung des Medikaments nach Ruhepuls machen, und wenn der im Zielbereich von 50-60/min ist dann hab ich ne wunderbare chronotrope Inkompetenz, die sich mit Sport nicht wirklich vereinbaren lässt. Zumal auch Impotenz eine nicht seltene UAW der ß-Blocker ist (Stichwort: junger Patient). Wenn keine KI gegen andere Medis bestehen und keine Begleiterkrankungen vorliegen dann denke ich dass man zunächst mittels Diuretikum (HCT) oder ACE-Hemmer respektive AT-II-Blocker behandeln können sollte. Man möge mich korrigieren, wenn ich Stuss rede.

Doktor_No
14.11.2005, 22:04
diuretika senken aufgrund der erhöhten ausscheidung die vor- und nachlast des herzens, es muss also weniger arbeit verrichten, der druck sinkt. im letzten jahr sind diuretika wieder in die first-line empfehlungen eingegangen, waren ein bisschen "aus der mode".
da bei leistungsssportlern und bei jugendlichen manchmal ein av-block 1. grades vorliegen ist ein betablocker hier nicht erste wahl. eine gute basisdiagnostik muss sein, gerade im hinblick auf ausschluss von phäochromozytom odr nierenarterienstenose.
diuretika sind praktikabel, wenn der wasser- und elektrolythaushalt gut überprüfbar sind, da ist die compliance des patienten gefragt genauso wie ein gut betreuender kardiologe:-)
ace-hemmer sind für so einen patienten gut geeignet, wenn er husten bekommt dann kann man immer noch einen at-blocker versuchen.
ace-hemmer gibt es auch in der kombi mit diuretikum, eine monotherapie ist aber anzustreben.

Miramis
14.11.2005, 22:48
Danke :-)

Wie ist das eigentlich bei einem älteren männlichen Hypertonus-Patienten, der zusätzlich Probleme mit der Prostata hat? Wäre das ne Kontraindikation für ein Diuretikum?

Tombow
14.11.2005, 23:05
Zu später Stunde doch auch noch mein Senf zum Thema(vor allem, weil sie auch heute aktuell ist):

Betablocker werden im Leistungssport eingesetzt und danach wird auch kontrolliert. Auch wenn sie die rein körperliche Leistungsfähigkeit herabsetzen, wegen ihrer antiadrenergen Wirkung sind sie bei Präzisionssportarten geradezu das ideale Dopingmittel. Man denke nur an Sportschießen, Bogenschießen oder(vielleicht weit weit hergeholt) Fechten, wo jede Bewegung auf dem Zehntelmilimeter genau sitzen muß. Da kann man wohl kaum einen Sportler gebrauchen, der am Schießstand steht und dessen Nebennieren die volle (Über)dosis Katecholamine ins Kreislauf pumpen.

Es gab ja auch bei den olympischen Spielen in Sidney ein Vorfall, wo ein chinesischer Bogenschütze zusammengesackt ist. Und(wie böse Zungen behaupten), sind die Chinesen ziemlich weit in der Entwicklung von Betablockern, die nicht mit den bei Dopingkontrollen verwendeten Tests erfaßt werden. Und da für die Chinesen Sporterfolge ziemlich wichtig sind(politisch) würde ich schon stark vermuten, daß an der Sache auch wahres dran ist.

Um von den Chinesen zurück zum Thema zu kommen - Betablocker sind Dopingmittel und werden wohl im Leistungssport eingesetzt. Auf die Sportart kommt es auch an.

Last but not least, die Sportler - ner Frau wäre es egal, aber es gibt ja auch durchaus Männer, die auch ein Bißchen Impotenz im Kauf nehmen würden für den Weltrekord oder die olympischen Medaille. Ehrgeiz kennt halt keine Grenzen.

test
15.11.2005, 00:41
Die Diuretika wirken wohl auch auf irgendeine Weise langfristig auf die Gefäßwandspannung oder so ähnlich. Genauer MEchanismus ist glaube ich nicht klar. Aber soweit ich weiß hat man rausgefunden, dass nach längerer Diuretikabehandlung das Volumen wieder normal ist, die antihypertensive Wirkung aber weiter besteht.
Ansonsten würde ich bei nem jungen Patienten als erstes Antihypertonikum nen ACE Hemmer bzw. bei Hustenproblemen nen AT-I-Antagonist.
Diuretika sind glaube ich wegen dem Wasserlassen nervig. Beta Blocker mindern LEistungsfähigkeit zumindest bei Ausdauersport oder ähnlichem und Impotenz is auch nich zu verachten als NW.

Tombow
15.11.2005, 05:35
Achtung, böse Falle !

Diuretika werden auch im Leistungssport als Dopingmittel eingestuft - es ist in der Vergangenheit oft passiert, daß damit stärkere(und schwerere) Sportler vor größeren Wettkämpfen(Olympische Spiele, WM) in die nächstniedrigere Gewichtsklasse "runtergepinkelt" wurden.

Ich glaube, zum Thema würde es sich lohnen, die offiziellen Richtlinien der IAAF oder des IOC durchzuschauen, da wäre man dann schlauer.

hottentotte
15.11.2005, 06:13
Mist, jetzt ist mir Tombow zuvorgekommen, kann wohl nicht schlafen ;-)
( Viel Glück und Erfolg an dieser Stelle!!!)
Diuretika und meines Wissens nach auch Betablocker sind im Leistungssport auf der Liste- ein ACE-Hemmer glaub ich nicht.
mfg
/ h

Doktor_No
15.11.2005, 11:26
okay, vielleicht wäre es interessant zu wissen, was für ein sport denn in diesem fall betrieben wird, wenn es sich bspws um sprintwettkämpfe handelt, nützt die antiadrenerge wirkung der betablocker wenig ;-)

Pünktchen
15.11.2005, 13:32
*kränker als gestern*schnief*

wow...danke ersteinmal...ok im Prüfungsprotokoll war keine Sportart angegeben, aber ich denke es ging um Ausdauersportarten.



OT:
Zum HOCM-Ansatz: Ich denke derzeit leider in Fallbespielen und Schlagwörtern, werde versuchen mich zu bessern :-lesen.
beta-Blocker - Wirkung - Nebenwirkung - Herzerkrankungen
Junger Mann, Leistungssport (Fussball), Herzerkrankung -> HOCM

Funktioniert auch sehr gut mit:
Junger Mann - Basketballer - Thorakaler Schmerz -> DDAortendissektion



Gruss
pünktchen, das sich wieder schlafen legt...

Evil
15.11.2005, 19:11
denn ich muss die Einstellung des Medikaments nach Ruhepuls machen, und wenn der im Zielbereich von 50-60/min ist dann hab ich ne wunderbare chronotrope Inkompetenz, die sich mit Sport nicht wirklich vereinbaren lässt.
:-dafür

Durch den Betablocker verliert der Sportler sämtliche Leistungsreserven, denn die Sympathikuswirkung auf das Herz wird ja blockiert. Von daher ist es ziemlich unsinning, diese Antihypertonika primär einzusetzen.
Das mag bei bestimmten Sportarten keine so große Rolle spielen, aber bei allem, was Kraft oder Ausdauer erfordert, senkt es logischerweise das Leistungsniveau.

Ich hab letztens noch die Wirkung bei einem Bergsteiger beobachten können: in der Ebene war er ziemlich flott, aber sobald es steiler wurde, ging es nur noch im Kriechtempo voran.